Frauenstudien/Genderstudies Sommersemster 1999
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Fächerporträt<br />
Katholische Theologie<br />
Adams Rippe oder Ebenbild Gottes. Zur Stellung<br />
der Frau in Theologie und Kirche<br />
Ob Texte des II. Vatikanischen Konzils, Enzykliken oder Apostolische Schreiben<br />
- lehramtliche Aussagen über die Frau versuchen die Rolle und das Wesen<br />
der Frau zu beschreiben. Geschrieben werden diese Texte (meist) von Männern.<br />
Theologie muß die historisch gewachsene und traditionell verfestigte Stellung<br />
der Frau überprüfen und Unrechtstrukturen abändern helfen.<br />
Die biblische Überlieferung: Richterin, Prophetin, Königin,<br />
Jüngerin<br />
Das Alte Testament begegnet uns mit zwei Schöpfungsberichten. Gegenüber<br />
dem älteren (Gen 2, 4b-3) von der Erschaffung der Frau aus der Rippe des<br />
Mannes, woraus in der Theologiegeschichte völlig zu Unrecht eine<br />
Nachrangigkeit der Frau abgeleitet wurde, formuliert der jüngere Schöpfungsbericht<br />
(Gen 1,27-31) keinen Unterschied: der Mensch ist als Frau und<br />
Mann erschaffen. Es wird eine grundsätzlich positive Sichtweise beider Geschlechter<br />
als Bild Gottes geboten (Gen 5,2).<br />
Diese anthropologische Grundaussage der Bibel muß der Ausgangspunkt<br />
allen kirchlichen Redens über die Frau sein. Das Erbe der offiziellen Tradition<br />
männlicher Theologie bedarf daher einer Korrektur am „Eva-Bild“. Das ist<br />
kein Appell an eine feministische Theologie und Kirche. Frau und Mann<br />
können vielmehr nicht ungestraft eine Welt gegeneinander oder ohne einander<br />
aufbauen, auch keine Kirche, noch weniger eine Kirche Christi. Sie müssen<br />
den Widerspruch zwischen der biblischen Botschaft und den folgenden Institutionen<br />
und tatsächlichen Verhältnissen erkennen und einen befreienden<br />
Aufbruch für beide Geschlechter in der Kirche wagen.<br />
Im Alten Testament gab es Richterinnen (Debora), Prophetinnen (Mirjam<br />
und Hulda), Beraterinnen (weise Frauen aus Tekoa, 2 Sam 12), beratende<br />
Ehefrauen, Königinnen und Retterinnen (Batseba, Ester und Judith). Die<br />
Weisheit als Ratgeberin der Machthaber wird oft als Frau dargestellt (Spr<br />
8,12-16).<br />
Im Neuen Testament gehören zum engsten Kreis Jesu auch Frauen, sie harren<br />
bis zum Ende unterm Kreuz aus. Maria aus Magdala ist nach allen Evangelien<br />
Jesus bis unters Kreuz gefolgt, und wird - besonders deutlich im Johannesevangelium<br />
- erste Zeugin der Auferstehung. Ihr, einer Frau, die in der<br />
Kirchengeschichte lediglich als die, wenn auch reuige Sünderin lebendig blieb,<br />
erscheint der Auferstandene zuerst, er richtet das Wort an sie, ruft sie beim<br />
Namen. Sie wandte sich darauf hin um und antwortete auf Aramäisch<br />
„Rabbuni“ (Meister: Joh 20,1-18). Jesus selbst beauftragt sie, mit seiner<br />
Botschaft zu den Jüngern zu gehen, was ihr bereits im Mittelalter den Titel<br />
Apostola Apostolorum einbrachte. Eine Frau hat als erste verstanden, daß<br />
Jesu Botschaft in uns lebendig sein muß.<br />
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