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Projekt Baden Württemberg /Hans Böcklerstiftung

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Das gilt für Südwestmetall in besonderer Weise. Der Verband profiliert sich auch im Verhältnis zu<br />

seinen Schwesterverbänden grundsätzlich als Verfechter des Flächentarifvertrags, wissend, dass<br />

„die Wertschätzung, die der Flächentarifvertrag in <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> hat und die Anstrengungen,<br />

ihn zu sichern, ja von nicht von allen anderen Schwesterverbänden gleich gesehen (werden).“<br />

(SWM) Bezogen auf den ERA betont der Verband mit Nachdruck dessen Ordnungsfunktion, die<br />

wieder hergestellt und gestärkt werden soll. Das drückt sich auch in den ERA-Regelungen aus,<br />

durch die die Betriebe in <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> in wesentlich intensiverer Art und Weise einem<br />

Überprüfungs- und Veränderungsdruck ausgesetzt werden als anderswo. Das stößt nicht unbedingt<br />

auf Gegenliebe und führte bereits im Entstehungsprozess des ERA zu Debatten innerhalb von<br />

Gesamtmetall, was man den Mitgliedsfirmen zumuten könne und wolle. War anderswo teilweise die<br />

Einstellung vorherrschend, die Betriebe (und den Verband) zu schonen, entschied man sich in<br />

<strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> bewusst für einen anderen Weg. „Wir stellen nämlich alle Entgeltkomponenten<br />

und sämtliche Entgeltdifferenzierungen grundlegend in Frage und sagen: Hier hast du eine Chance<br />

des Neuanfangs.“ (SWM) Andere Verbände verfuhren demgegenüber nach dem Motto: „Können wir<br />

nicht, bekommen die Firmen nicht hin, bekommen wir nicht umgesetzt“ (dto.) und nicht zuletzt:<br />

wollen wir nicht. Südwestmetall wollte diese „Zumutung“. Insofern ist der von den ERA-<br />

Bestimmungen ausgehende Überprüfungs- und Veränderungsdruck selbst schon Ausdruck eines<br />

„Kampfes der Linien“ über das Selbstverständnis, das Selbstbewusstsein und die Rolle, die die<br />

Arbeitgeberverbände einnehmen wollen. Im Kanon von Gesamtmetall vertritt Südwestmetall eine<br />

eigenständige Position. Der Flächentarifvertrag ist für den Verband nicht abgeschrieben. Er hat<br />

weiterhin eine Funktion, allerdings eine andere als bisher.<br />

Die eigenständige Positionierung drückt sich auch im Verhältnis zu den OT-Verbänden aus. Anders<br />

als andere Landesverbände vertritt Südwestmetall erklärtermaßen nicht die Linie, Mitglieder bzw.<br />

potentielle Mitglieder auf den OT-Verband, den es auch hier gibt, zu orientieren. Werbung für eine<br />

OT-Mitgliedschaft wird nicht gemacht. „Wir propagieren nicht offen OT-Verbände und treiben die<br />

Betriebe rein, sondern wir nehmen sie als Rekrutierungsfeld, um die (Firmen) an die Tarifverbände<br />

heranzuführen.“ (SWM) [4]<br />

Flächentarifvertrage sind für Südwestmetall nun allerdings kein Selbstzweck oder ein Mittel, als<br />

Verband Einfluss auf das betriebliche Geschehen zu behalten (wie der IG Metall unterstellt wird).<br />

Wäre es nur darum gegangen, den eigenen Einfluss auf die Betriebe zu sichern, hätte es nach<br />

Darstellung von Südwestmetall den ERA nicht gegeben. „Das wäre kein Grund gewesen, den ERA<br />

abzuschließen.“ (SWM) Anders als die Gewerkschaften könnten sich die Arbeitgeberverbände<br />

leichter mit dem Gedanken anfreunden, überflüssig zu werden. „Also wenn es uns nicht geben<br />

müsste, dann gibt es uns halt nicht. Und wenn die Betriebe den Flächentarifvertrag nicht brauchen<br />

würden und die Entgeltdifferenzierung vor Ort trotzdem vernünftig funktionieren würde, dann gibt<br />

es den halt nicht mehr.“ (SWM) Arbeitgeberverbände gingen deshalb mit dem Gedanken, dass<br />

Flächentarifverträge und sie selbst überflüssig werden könnten, „lockerer um“ als die<br />

Gewerkschaften. Südwestmetall ist bezogen auf den Flächentarifvertrag allerdings<br />

„Überzeugungstäter“. „Wir glauben daran, dass es den Betrieben wirklich etwas hilft, dass es ihn<br />

gibt.“ (SWM)<br />

Genau dies soll am Beispiel des ERA deutlich gemacht werden. Exemplarisch soll gezeigt werden,<br />

welchen unmittelbaren Nutzen Tarifverträge, wenn sie „richtig“ gemacht sind und konsequent<br />

umgesetzt werden, für die Unternehmen haben können. Der betriebliche Nutzen wird in drei<br />

Punkten gesehen:<br />

a. (Wieder-)Herstellung einer Struktur in der betrieblichen Entgeltdifferenzierung, die die<br />

Betriebe aus eigener Kraft herzustellen nicht in der Lage wären [5],<br />

b. Schaffung eines größeren Spielraums für die betriebliche Entgeltgestaltung durch eine klare<br />

Trennung von tariflichem und übertariflichem Entgelt,<br />

c. Revitalisierung der Entlohnung als personalpolitisches Führungsinstrument.[6]<br />

Südwestmetall verspricht sich mit dieser Strategie auch einen eigenen organisationspolitischen<br />

Benefit. Er liegt vor allem in der Verringerung seiner Legitimationsprobleme durch eine klare<br />

Trennung von tariflichen und übertariflichen Entgeltbestandteilen. Damit ist auch eine Klärung der<br />

Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten verbunden. Südwestmetall zeichnet verantwortlich für<br />

das Tarifentgelt, legt nun aber auch klar, was Tarifentgelt ist und was als Tarifentgelt verkleidetes<br />

Ergebnis betrieblicher Kompromissbildung. Durch Ausweisung der Differenz zwischen tariflichem<br />

und übertariflichem Entgelt soll gegenüber den Unternehmen deutlich gemacht werden, dass die<br />

Klagen über die teuren Tarifverträge unberechtigt sind und Südwestmetall nicht gewillt ist, sich die<br />

Resultate einer kompromissorientierten und auf Fehlnutzung der tariflichen Entgeltsysteme

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