PROGRAMM
PROGRAMM
PROGRAMM
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
STUDIENTAGE DER EVP-ED-FRAKTION<br />
ZUR TÜRKEI<br />
23.-24. SEPTEMBER 2004<br />
Beitrag von Simon BUSUTTIL, Leiter der<br />
maltesischen Delegation:<br />
Zu Beginn möchte ich gerne eine unverblümte<br />
Frage in die Runde werfen: Ist es nicht schon<br />
zu spät, diese Debatte zu führen? Sind wir<br />
nicht bereits von den Ereignissen überrollt<br />
worden?<br />
Ich stelle diese Frage, weil wir mit einer harten<br />
politischen Realität konfrontiert werden.<br />
Tatsache ist nämlich, dass der Europäische Rat<br />
bereits mehr als einmal zugesagt hat, grünes<br />
Licht für die Beitrittsverhandlungen mit der<br />
Türkei zu geben, wenn die Kommission nächsten<br />
Monat eine positive Empfehlung zu den<br />
politischen Kriterien abgibt.<br />
Ich werde noch einen Schritt weiter gehen.<br />
Meiner Ansicht nach ist die Frage, ob die<br />
Türkei ein europäisches Land ist oder nicht,<br />
ebenfalls irrelevant geworden … weil auch<br />
diese Frage von den Ereignissen überholt<br />
wurde. Es ist jetzt reichlich spät, der Türkei<br />
zu sagen, sie sei nicht europäisch: Nicht,<br />
nachdem sie seit 1949 vollwertiges Mitglied<br />
des Europarates ist; nicht, nachdem ihr damals<br />
im Jahr 1963 im Rahmen des<br />
Assoziierungsabkommens die Aussicht auf<br />
Beitritt versprochen wurde; nicht, nachdem die<br />
Türkei seit 1999 EU-Beitrittskandidat ist und<br />
nicht, nachdem man ihr seit dem Europäischen<br />
Rat von Kopenhagen 2002 wiederholt erklärt<br />
hat, dass die EU unverzüglich die<br />
Beitrittsverhandlungen aufnehmen werde,<br />
sobald das Land die politischen Kriterien von<br />
Kopenhagen erfülle.<br />
Die EU kann jetzt nicht einfach diesem Land<br />
zusätzliche Bedingungen stellen oder, was noch<br />
schlimmer ist, einfach erklären, es solle sich<br />
einer anderen Staatenunion anschließen. Ich<br />
glaube, dafür ist es zu spät. Und ich glaube<br />
ebenfalls, dass unsere Glaubwürdigkeit auf<br />
36<br />
dem Spiel steht. Wir müssen die Versprechen,<br />
die wir gegeben haben, einlösen.<br />
Die Entscheidung, ob Verhandlungen mit der<br />
Türkei eingeleitet werden sollten, und<br />
gegebenenfalls, ob die Türkei Mitglied wird,<br />
muss ausschließlich auf der Grundlage der<br />
Kriterien getroffen werden, die im Falle<br />
anderer Länder, die Mitglied geworden sind,<br />
angewandt wurden. Dieser Punkt muss betont<br />
werden, denn ich habe das Gefühl, dass es in<br />
der EVP-Fraktion Mitglieder gibt, die geneigt<br />
scheinen, die Torpfosten zu versetzen und die<br />
Beitrittsbedingungen neu festzulegen. Ich bin<br />
gegen diese Vorgehensweise, und ich bin<br />
ebenfalls der Ansicht, dass es dafür zu spät<br />
ist.<br />
Das bedeutet nicht, dass die Entscheidung, die<br />
Verhandlungen aufzunehmen, uns zu einem Datum<br />
für den Beitritt der Türkei verpflichtet,<br />
oder dass wir dem Ergebnis der<br />
Verhandlungen vorgreifen sollten, oder gar,<br />
dass die EU-Mitgliedschaft der Türkei gewiss<br />
oder unvermeidlich ist.<br />
Es ist eindeutig im Interesse der Union,<br />
sicherzustellen, dass kein Land der EU beitritt,<br />
ohne ernsthafte Zusicherungen, dass die<br />
Beitrittskriterien voll und ganz eingehalten<br />
werden. Die Kriterien müssen „bis aufs letzte<br />
i-Tüpfelchen“ eingehalten werden.<br />
Letztes Jahr, nach dem Bericht Oostlander,<br />
bekräftigte das Parlament, die Reformen in<br />
der Türkei müssten anhand ihrer Umsetzung<br />
beurteilt werden. Und das ist immer noch der<br />
größte Härtetest für die Türkei - wie dies auch<br />
für alle derzeitigen und künftigen Bewerber<br />
der Fall sein sollte.<br />
Jetzt, da der grundlegende Aspekt geklärt<br />
ist, nämlich, dass die Bewerbung der Türkei<br />
entsprechend den festgelegten Kriterien<br />
behandelt werden sollte, können wir uns der<br />
Frage zuwenden, ob die Türkei auch tatsächlich