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Rainer Proch Karl Liebknechts Positionen Sein Kampf gegen die ...

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Kriegskredite und damit auch formell eine bedingungslose Integration in <strong>die</strong> deutsche Einheitsfront.<br />

Der 4. August 1914 wurde der Tag der Umsetzung <strong>die</strong>ser Beschlüsse. Er wurde für <strong>die</strong> deutsche<br />

Sozialdemokratie zum „umfassenden Bekenntnis [ihrer] [...] Untertänigkeit“ 24 unter <strong>die</strong><br />

Regierungsgewalt des deutschen Kaiserreiches. Diese Unterwerfung führte soweit, dass nach<br />

dem Einspruch Bethmann Hollwegs <strong>gegen</strong> den Passus in der SPD Erklärung, dass <strong>die</strong> Fraktion<br />

den „entschiedensten Widerstand leisten werde, falls der Krieg den Charakter eines Eroberungskrieges<br />

annehmen werde“ 25 , <strong>die</strong>ser ohne nennenswerten Widerstand geändert<br />

wurde. 26 Symbolhaft ist auch das für <strong>die</strong> sozialdemokratische Fraktion sicherlich beispiellose<br />

Beklatschen und Beifallrufen einiger ihrer Abgeordneter 27 während der Reichskanzlerrede in<br />

der ersten Plenarsitzung. 28 Und so besiegelte das erstmalige Aufstehen der sozialdemokratischen<br />

Fraktion, beim gemeinschaftlich im Reichstag ausgesprochenem ’Kaiserhoch’ auf<br />

‘Volk und Vaterland‘, den Burgfriedensschluss im deutschen Reich 29 und symbolisiert<br />

scheinbar <strong>die</strong> „vollständige nationale Bekehrung“ 30 der deutschen Sozialdemokratie. Der<br />

Eindruck der Einheitlichkeit der sozialdemokratischen Haltung wurde noch dadurch bestärkt,<br />

dass <strong>die</strong> Stimmenthaltungen zweier Abgeordneter 31 in der Öffentlichkeit nahezu unbemerkt<br />

blieben. Auch das Verlesen der „pro - Kriegskredite“ Erklärung der SPD Reichstagsfraktion<br />

durch den linken Abgeordneten und Parteivorsitzenden Haase, konnte in der Öffentlichkeit<br />

nur als einhellige Bestätigung auch der linken Fraktionsseite gewertet werden. Darüber hinaus<br />

kam es dazu, dass am 4. August 1914 <strong>die</strong> Erkenntnis Kaiser Wilhelm II., „ich kenne keine<br />

Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche“, auch noch durch ein von der Sozialdemokratie<br />

mitgetragenes „Ermächtigungsgesetz“ 32 bestätig wurde, welches jegliche parteipolitische<br />

Einflussnahme auf parlamentarischer Ebene gesetzlich verhinderte und <strong>die</strong> Parteien damit zur<br />

selbstbeschlossenen Handlungsunfähigkeit verdammte und ihre Existenz, soweit man sie über<br />

ihre Handlungsfähigkeit definiert, tatsächlich aufhob.<br />

24 Ströbel, Kriegsschuld S. 9, zitiert aus Kruse, Wolfgang. Krieg und nationale Integration. Eine Neuinterpretation des<br />

sozialdemokratischen Burgfriedensschlusses 1914/15. Klartext, Essen 1993 S. 86<br />

25 Matthias, Erich und Pikart, Eberhard: Die Reichstagsfraktion der deutschen Sozialdemokratie 1914 bis 1918, Hrsg. Von der Kommission<br />

für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien, Droste, Düsseldorf, 1966S. 4 Anm. 5)<br />

26 und damit auch der einzige Satz innerhalb <strong>die</strong>ser Erklärung der von einem Gegner der Kriegskreditvorlage, nämlich Kautsky,<br />

stammte.<br />

27 Südekum, Heine, Frank, Wendel u.a.<br />

28 s. dazu Matthias, Erich und Pikart, Eberhard: Die Reichstagsfraktion der deutschen Sozialdemokratie 1914 bis 1918, Hrsg. Von der<br />

Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien, Droste, Düsseldorf, 1966S. 4 Anm. 5<br />

29 beim offiziellen Schwur anlässlich der feierlichen Eröffnung der Reichstagssession: mit dem Kaiser ´durch dick und dünn durch Not<br />

und Tod´ zu gehen, im Berliner Stadtschloss am selben Tag, war <strong>die</strong> Sozialdemokratische Fraktion nicht anwesend, <strong>die</strong>se hatte aber<br />

vorher versucht, <strong>die</strong> Verlesung der Thronrede in den Reichstag zu verlegen „dann werde <strong>die</strong> Sozialdemokratie erscheinen und sich<br />

auch vom Hoch auf den Kaiser nicht ausschließen“ Conrad Haussmann: Schlaglichter. Reichstagsbriefe und Aufzeichnungen, hg.<br />

V. u: Zeller, Frankfurt 1924, S.3<br />

30 Kruse, Wolfgang. Krieg und nationale Integration. Eine Neuinterpretation des sozialdemokratischen Burgfriedensschlusses 1914/15.<br />

Klartext, Essen 1993 S. 88<br />

31 Josef Simon und Fritz Kunert s. dazu: Kruse, Wolfgang. Krieg und nationale Integration. Eine Neuinterpretation des sozial-<br />

demokratischen Burgfriedensschlusses 1914/15. Klartext, Essen 1993 S. 250 Anm. 324<br />

32<br />

neben der Abstimmung über <strong>die</strong> Kriegskredite kam das ´Gesetz über <strong>die</strong> Ermächtigung des Bundesrates zu wirtschaftlichen<br />

Maßnahmen und über <strong>die</strong> Verlängerung der Fristen des Wechsel- und Scheckrechtes´ zur Abstimmung, welches einem Verzicht des<br />

Parlaments auf Mitwirkung an entscheidenden kriegswirtschaftlichen Fragen entspricht, s. dazu Groh, Dieter: Negative Integration<br />

und revolutionärer Attentismus. Die deutsche Sozialdemokratie am Vorabend des Ersten Weltkrieges. (Ullstein 3086) Frankfurt/M.,<br />

Berlin, Wien: Ullstein 1973, S. 685-686<br />

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