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Rainer Proch Karl Liebknechts Positionen Sein Kampf gegen die ...

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Das Agitationsfeld verlagerte sich jetzt, über <strong>die</strong> Köpfe der Parteiführung hinweg, immer<br />

mehr zu den Massen, um <strong>die</strong>se über <strong>die</strong> Ursachen des Krieges aufzuklären. Gleichsam wurde<br />

<strong>die</strong> sich auf Grund <strong>die</strong>ses Signals herausbildende breite linksradikale Opposition zur Voraussetzung<br />

der sich später herausbildenden Opposition innerhalb der Reichstagsfraktion und der<br />

Lokalorganisationen. 91<br />

Dabei von einer radikalen Wende zu sprechen, geht allerdings an der Komplexität der Handlungen<br />

vorbei. Will man <strong>die</strong> Wende zeitlich bestimmen, so muss man natürlich zugestehen,<br />

dass der Zeitpunkt der Erklärung keineswegs von Liebknecht bestimmt wurde, sondern er ein<br />

vom Belagerungszustand offen gelassenes „Zeitfenster der Redefreiheit“ während der<br />

Reichstagsdebatte, mangels Alternativen, nutzte. Auch inhaltlich wendet Liebknecht keinesfalls<br />

seine Position, sondern vertritt schon, wie auch während der Marokkokrise 1911 92 einen<br />

konsequenten Antimilitarismus. Ebenso ist eine von ihm ausgehende Tendenz zur Parteispaltung<br />

nicht zu erkennen. Offensichtlich ist allerdings <strong>die</strong> kompromisslos vertretene systemintegrative<br />

Position der Parteispitze, <strong>die</strong> alle nicht meinungskonformen <strong>Positionen</strong> mit dem<br />

Mittel der Fraktionsdisziplin aus der Öffentlichkeit hält.<br />

Resümierend beschließt <strong>die</strong> linke Opposition ihre <strong>Positionen</strong> „mit den Führern, wenn <strong>die</strong>se<br />

wollen, ohne <strong>die</strong> Führer, wenn sie untätig bleiben, trotz den Führern, wenn sie widerstreben“<br />

durchzusetzen. 93<br />

Damit verschob sich <strong>die</strong> Oppositionstaktik der Gruppe um Liebknecht und Luxemburg immer<br />

mehr, weg vom Versuch, <strong>die</strong> Fraktionsminderheit in ihrem Sinne zu verändern, zur eigenständigen,<br />

fraktionsunabhängigen Antikriegspolitik. Wenn auch über <strong>die</strong> Ablehnung der integrativen<br />

Perspektive in der Parteiopposition Konsens herrschte, vertraten sie in <strong>die</strong>sem Spektrum<br />

doch den am weitesten von der offiziellen Parteilinie entfernten Standpunkt.<br />

7. Die weiteren Versuche einer innerparteilichen und parlamentarischen<br />

Oppositionsarbeit bis zur dritten Kriegskreditabstimmung am 20. März 1915<br />

Die auf den Abstimmungseklat der Reichstagssitzung vom 2. Dezember 1914 folgende Fraktionssitzung<br />

der SPD am 2. Februar 1915, erklärte durch Zustimmung auf einen von <strong>Karl</strong><br />

Egon Frohme eingebrachten Antrag das Abstimmungsverhalten <strong>Liebknechts</strong> als „unvereinbar<br />

mit den Interessen der deutschen Sozialdemokratie“ und vertagte eine endgültige Entscheidung<br />

auf einen zukünftigen Parteitag. 94 Trotz der Vertagung führte <strong>die</strong>se Prozedere zur starken<br />

Abschwächung von <strong>Liebknechts</strong> Rechten als Fraktionsmitglied. So war es ihm ab jetzt<br />

91<br />

s. dazu Groh, Dieter: Negative Integration und revolutionärer Attentismus. Die deutsche Sozialdemokratie am Vorabend des Ersten<br />

Weltkrieges. (Ullstein 3086) Frankfurt/M., Berlin, Wien: Ullstein 1973, S. 715.<br />

92<br />

wo er <strong>die</strong> passive Haltung des Parteivorstandes scharf kritisierte, um <strong>die</strong> Position Rosa Luxemburgs zu verteidigen<br />

93<br />

Franz Mehring in den ´Labour Leader´ Briefen in Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED (Hrsg.), <strong>Karl</strong> Liebknecht<br />

Gesammelte Reden und Schriften, Band VIII, Dietz Verlag, Berlin 1966 , S. 68<br />

94<br />

s. dazu Matthias, Erich und Pikart, Eberhard: Die Reichstagsfraktion der deutschen Sozialdemokratie 1914 bis 1918, Hrsg. Von der<br />

Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien Erste Reihe 3/II, Droste, Düsseldorf, 1966, S.27.<br />

www.leistungsschein.de 22

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