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Rainer Proch Karl Liebknechts Positionen Sein Kampf gegen die ...

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Als dann am 20. August 1915, zur Reichstagssitzung, neben einer weiteren Gegenstimme<br />

<strong>Liebknechts</strong> <strong>gegen</strong> <strong>die</strong> Kriegskredite, 107 <strong>die</strong> kleine Anfrage <strong>Liebknechts</strong>, ob „bei entsprechender<br />

Bereitschaft der anderen Kriegführenden“ <strong>die</strong> Regierung bereit sei „auf Grundlage des<br />

Verzichts auf Annexionen aller Art in sofortige Friedensverhandlungen einzutreten“ verhandelt<br />

wurde, sah sich von Jagow 108 gezwungen, <strong>die</strong> Beantwortung als „zur Zeit unzweckmäßig“<br />

abzulehnen und damit indirekt ein <strong>gegen</strong>teiliges Bekenntnis abzugeben. 109<br />

Dass darüber hinaus <strong>die</strong> deutsche Sozialdemokratie in Verlegenheit geriet, als eines ihrer bekanntesten<br />

Mitglieder öffentlich <strong>gegen</strong> <strong>die</strong> Kriegszielpolitik der Regierung im Reichstag<br />

opponierte und damit <strong>die</strong> „Vaterlandstreue“ als eine Vorraussetzung des Burgfriedens und der<br />

Integration in das wilhelminische Deutschland in Frage stellte, steht außer Zweifel.<br />

Liebknecht war der personifizierte Beweis dafür, dass auch in den Reihen der Sozialdemokratie<br />

<strong>die</strong> „Vaterlandslosen Gesellen“ keinesfalls ausgestorben waren.<br />

Die „kleinen Anfragen“ sollten das Hauptagitationsmittel <strong>Liebknechts</strong> im Reichstag werden,<br />

mit dem es ihm gelang, trotz Wehr<strong>die</strong>nst aktive Oppositionspolitik zu betreiben.<br />

<strong>Liebknechts</strong> Taktik, dem Reichskanzler Fragen zu stellen, <strong>die</strong> <strong>die</strong>ser unmöglich wahrheitsgemäß<br />

beantworten konnte, um dann aus der Nichtbeantwortung öffentlich Schlüsse zu ziehen,<br />

ging auf. Der Widerstand von Regierungsseite nahm zu. Zusammen mit dem Reichskanzler<br />

versuchte der Präsident des Reichstages, Dr. Kaempf, <strong>die</strong> Anfragenflut <strong>Liebknechts</strong> zu behindern<br />

und durch Verschleppung einzudämmen. Am 30. November 1915 ging der Reichstagspräsident<br />

soweit, eine Anfrage, ent<strong>gegen</strong> der Geschäftsordnung, mit der Begründung, dass<br />

deren „Wirkung eine schwere Schädigung der Interessen des deutschen Reiches herbeizuführen<br />

geeignet ist“, 110 ganz abzulehnen.<br />

Nun konnte der Jurist Liebknecht ausholen und warf in seiner Antwort an den Reichstagspräsidenten<br />

<strong>die</strong>sem <strong>die</strong> „Negation jedes geschriebenen und ungeschriebenen Rechts [...], <strong>die</strong><br />

Nichtachtung der Geschäftsordnung, den Umsturz eines prinzipalen Verfassungsgrundsatzes<br />

[...] <strong>die</strong> Etablierung politischer Zensur“ und <strong>die</strong> „Diktatur des Präsidenten über <strong>die</strong> Abgeordneten“<br />

111 vor. Wie in <strong>die</strong> Enge getrieben musste der Reichstagspräsident sein, wenn er <strong>die</strong>sen<br />

offensichtlichen Rechtsbruch beging.<br />

107<br />

Liebknecht stimmte am 20. August 1915 zwar als einziger <strong>gegen</strong> <strong>die</strong> Kredite, der abwesende Otto Rühle erklärte aber später, er<br />

hätte <strong>die</strong> Annahme auch verweigert<br />

108<br />

Staatsminister, Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Bevollmächtigter zum Bundesrat<br />

109<br />

Debatte zur kleinen Anfrage vollständig abgedruckt in: Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED: <strong>Karl</strong> Liebknecht<br />

gesammelte Reden und Schriften, Band VIII, Dietz Verlag, Berlin, 1966, S. 297<br />

110<br />

Schreiben abgedruckt in Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED: <strong>Karl</strong> Liebknecht gesammelte Reden und Schriften,<br />

Band VIII, Dietz Verlag, Berlin, 1966, S. 412<br />

111<br />

vollständig abgedruckt in: Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED: <strong>Karl</strong> Liebknecht gesammelte Reden und Schriften,<br />

Band VIII, Dietz Verlag, Berlin, 1966, S. 414<br />

www.leistungsschein.de 26

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