Als PDF-Datei herunterladen - Ärzteblatt Sachsen-Anhalt
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14.02.2008, Donnerstag<br />
46 <strong>Ärzteblatt</strong> <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> 21 (2010) 6<br />
Bushaltestelle 11<br />
von Dr. Iron Iker<br />
Flori holt mich pünktlich um 16.00 Uhr. Es geht los! Ab<br />
in die Karibik! Bei dem Sauwetter kaum vorstellbar, dass<br />
es auch warm sein kann.<br />
Mietwagen in Memmingen übernommen und in einer<br />
japanischen Kleinschüssel nach Halbergmoos gefahren<br />
und noch schnell voll getankt.<br />
Wagen bei Europcar am Flughafen trotz der dort herrschenden<br />
Hektik und der Gefahr, von Vorübereilenden<br />
mit dem Koffer überfahren zu werden, komplikationslos<br />
abgegeben, nachdem ich unter höchster Konzentration<br />
tatsächlich sofort die ‚rent a car return’ - Stelle gefunden<br />
hatte. Für mich schon mal ein Etappensieg.<br />
Ich rufe im Hotel an, welches ich schon gebucht hatte,<br />
um mich vom Shuttle – Service abholen zu lassen.<br />
“Schön, dass Sie bei uns anrufen. Hier ist das Hotel Tulip.<br />
Mein Name ist Melanie. Was kann ich für Sie tun?“<br />
Das dauert! Das kostet!<br />
Ich ruf’ doch per Handy an! Beschreibe, wo ich stehe:<br />
„also ich stehe da am Terminal 1, Erdgeschoß, Abflüge,<br />
Eingang D.“<br />
Die Hoteltelefonsäuseldame säuselt, ich sei schon richtig<br />
und solle jetzt zur Bus - Haltestelle 11 gehen.<br />
Ich finde Haltestellen für Shuttle – Busse. Auch der Name<br />
des Hotels, welches ich gewählt habe, ist dabei; also<br />
kann es schon mal nicht ganz falsch sein.<br />
Finde allerdings keine Bushaltestelle Nummer 11 und<br />
rufe, um ganz sicher zu gehen, dass ich richtig stehe,<br />
vorsichtshalber, keine Mühen und Kosten scheuend,<br />
noch einmal zurück.<br />
Langes läuten im Hotel. Ich friere. Dann:<br />
“Schön, dass Sie bei uns anrufen. Hier ist das Hotel Tulip.<br />
Mein Name ist Melanie. Was kann ich für Sie tun?“<br />
Beschreibe jetzt, - schon etwas entnervt - , noch einmal<br />
die Lokalität, wo ich warte und friere, sekündlich immer<br />
mehr, wie ein bis zwei Schneider.<br />
Säuselnde Antwort der jungen Dame, das sei schon in<br />
Ordnung, wo ich stehe. Ein gelber Mercedes - Bus käme<br />
sofort. „Wie sofort?“ „Halt in einigen Minuten.“<br />
„Wie viele Minuten? Ich friere!“ „Halt einige.“<br />
„Danke.“ Endlich mal eine klare, präzise Antwort!<br />
Friere mir bereits den A... ab, weil ich keinen Mantel<br />
anhabe. Nur Unterhemd, Hemd, Pulli und die blaue<br />
Lederjacke. Das muss für den Moment reichen. Was<br />
sollte ich mit dem schweren Mantel auch in der Karibik?<br />
Habe sowieso Übergepäck? Der gelbe Mercedes - Bus<br />
kommt natürlich nicht.<br />
Ich frage einen Gepäckträger, der die leeren Gepäckkarren<br />
einsammelt, wo die Bus - Haltestelle 11 ist.<br />
Die sei im Untergeschoß. Rückruf im Hotel.<br />
“Schön, dass Sie...,“ ich falle ihr ins Wort.<br />
Nochmalige Beschreibung meiner Position.<br />
Ich stehe nach ihrer Aussage richtig.<br />
Ziehe mich in den Eingangsbereich zurück und beobachte<br />
die Straße scharf. Neben mir zwei Türken, die rauchen<br />
und sich in gebrochenem Deutsch unterhalten.<br />
„Hörst du Ali! Hab’ ich ville Schemerzen gehabt und bin<br />
ich schenll bei Doktor gegangen. Doktor nicht da. Bin ich<br />
zu Krankenhaus gegangen; bin ich, - wie sagt man noch?,<br />
- rausgeschemissen worden, weil nicht von Doktor<br />
geschickt. Und ich ville Schemerzen chier,“ und er deutet<br />
auf seinen rechten Unterbauch. Ich hätte ihm schon<br />
sagen können, wochär Schemerzen gekohmen.<br />
Kein Bus. Ich gehe noch mal raus, dorthin, wo ich<br />
gefroren und keinen Bus bekommen habe.<br />
Ein Lieferwagen, der Frischwasser für die Wasserautomaten<br />
in den Geschäften heran schafft, damit die Kunden<br />
während ihres Einkaufes nicht verdursten, steht quer auf<br />
dem Trottoir, genau dort, wo, wie ich meine, eigentlich<br />
mein Shuttle ankommen sollte.<br />
Der Fahrer läuft wild gestikulierend, mit einem Handy in<br />
breitem Bayerisch laut brüllend telefonierend aufgeregt<br />
auf und ab, während er die bauchigen, blauen, leeren<br />
Wasserflaschen wütend mit der freien Hand auf den Lkw<br />
knallt. <strong>Als</strong> könnten die was dafür, dass er sauer ist.<br />
Meinen ganzen Mut zusammennehmend, versuche ich<br />
zaghaft, ihn kurz zu unterbrechen, um nach der Haltestelle<br />
11 zu fragen. Warum ich ihn als ortskundig<br />
einschätzte, ist mir heute im Nachhinein nicht mehr ganz<br />
klar. Aber Irren soll ja menschlich sein. Das sagte damals<br />
schon der Igel, als er von der Klobürste stieg.<br />
Unwirsch schreit er mich in der gleichen Lautstärke, in<br />
welcher er gerade telefoniert, an, ich sähe doch, dass er<br />
telefoniere. Da hat er Recht. War ja auch nicht zu überhören.<br />
Aber meine Frage nach der Haltestelle 11 hätte er mir<br />
dennoch zumindest mit einem entsprechenden Kopfnicken<br />
beantworten können. Aber er ist sauer und scheinbar<br />
so in Fahrt, dass es ihn auch nicht stört, im Hemd, ohne<br />
Jacke zu telefonieren. Aber vielleicht hat er auch eine