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14.02.2008, Donnerstag<br />

46 <strong>Ärzteblatt</strong> <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> 21 (2010) 6<br />

Bushaltestelle 11<br />

von Dr. Iron Iker<br />

Flori holt mich pünktlich um 16.00 Uhr. Es geht los! Ab<br />

in die Karibik! Bei dem Sauwetter kaum vorstellbar, dass<br />

es auch warm sein kann.<br />

Mietwagen in Memmingen übernommen und in einer<br />

japanischen Kleinschüssel nach Halbergmoos gefahren<br />

und noch schnell voll getankt.<br />

Wagen bei Europcar am Flughafen trotz der dort herrschenden<br />

Hektik und der Gefahr, von Vorübereilenden<br />

mit dem Koffer überfahren zu werden, komplikationslos<br />

abgegeben, nachdem ich unter höchster Konzentration<br />

tatsächlich sofort die ‚rent a car return’ - Stelle gefunden<br />

hatte. Für mich schon mal ein Etappensieg.<br />

Ich rufe im Hotel an, welches ich schon gebucht hatte,<br />

um mich vom Shuttle – Service abholen zu lassen.<br />

“Schön, dass Sie bei uns anrufen. Hier ist das Hotel Tulip.<br />

Mein Name ist Melanie. Was kann ich für Sie tun?“<br />

Das dauert! Das kostet!<br />

Ich ruf’ doch per Handy an! Beschreibe, wo ich stehe:<br />

„also ich stehe da am Terminal 1, Erdgeschoß, Abflüge,<br />

Eingang D.“<br />

Die Hoteltelefonsäuseldame säuselt, ich sei schon richtig<br />

und solle jetzt zur Bus - Haltestelle 11 gehen.<br />

Ich finde Haltestellen für Shuttle – Busse. Auch der Name<br />

des Hotels, welches ich gewählt habe, ist dabei; also<br />

kann es schon mal nicht ganz falsch sein.<br />

Finde allerdings keine Bushaltestelle Nummer 11 und<br />

rufe, um ganz sicher zu gehen, dass ich richtig stehe,<br />

vorsichtshalber, keine Mühen und Kosten scheuend,<br />

noch einmal zurück.<br />

Langes läuten im Hotel. Ich friere. Dann:<br />

“Schön, dass Sie bei uns anrufen. Hier ist das Hotel Tulip.<br />

Mein Name ist Melanie. Was kann ich für Sie tun?“<br />

Beschreibe jetzt, - schon etwas entnervt - , noch einmal<br />

die Lokalität, wo ich warte und friere, sekündlich immer<br />

mehr, wie ein bis zwei Schneider.<br />

Säuselnde Antwort der jungen Dame, das sei schon in<br />

Ordnung, wo ich stehe. Ein gelber Mercedes - Bus käme<br />

sofort. „Wie sofort?“ „Halt in einigen Minuten.“<br />

„Wie viele Minuten? Ich friere!“ „Halt einige.“<br />

„Danke.“ Endlich mal eine klare, präzise Antwort!<br />

Friere mir bereits den A... ab, weil ich keinen Mantel<br />

anhabe. Nur Unterhemd, Hemd, Pulli und die blaue<br />

Lederjacke. Das muss für den Moment reichen. Was<br />

sollte ich mit dem schweren Mantel auch in der Karibik?<br />

Habe sowieso Übergepäck? Der gelbe Mercedes - Bus<br />

kommt natürlich nicht.<br />

Ich frage einen Gepäckträger, der die leeren Gepäckkarren<br />

einsammelt, wo die Bus - Haltestelle 11 ist.<br />

Die sei im Untergeschoß. Rückruf im Hotel.<br />

“Schön, dass Sie...,“ ich falle ihr ins Wort.<br />

Nochmalige Beschreibung meiner Position.<br />

Ich stehe nach ihrer Aussage richtig.<br />

Ziehe mich in den Eingangsbereich zurück und beobachte<br />

die Straße scharf. Neben mir zwei Türken, die rauchen<br />

und sich in gebrochenem Deutsch unterhalten.<br />

„Hörst du Ali! Hab’ ich ville Schemerzen gehabt und bin<br />

ich schenll bei Doktor gegangen. Doktor nicht da. Bin ich<br />

zu Krankenhaus gegangen; bin ich, - wie sagt man noch?,<br />

- rausgeschemissen worden, weil nicht von Doktor<br />

geschickt. Und ich ville Schemerzen chier,“ und er deutet<br />

auf seinen rechten Unterbauch. Ich hätte ihm schon<br />

sagen können, wochär Schemerzen gekohmen.<br />

Kein Bus. Ich gehe noch mal raus, dorthin, wo ich<br />

gefroren und keinen Bus bekommen habe.<br />

Ein Lieferwagen, der Frischwasser für die Wasserautomaten<br />

in den Geschäften heran schafft, damit die Kunden<br />

während ihres Einkaufes nicht verdursten, steht quer auf<br />

dem Trottoir, genau dort, wo, wie ich meine, eigentlich<br />

mein Shuttle ankommen sollte.<br />

Der Fahrer läuft wild gestikulierend, mit einem Handy in<br />

breitem Bayerisch laut brüllend telefonierend aufgeregt<br />

auf und ab, während er die bauchigen, blauen, leeren<br />

Wasserflaschen wütend mit der freien Hand auf den Lkw<br />

knallt. <strong>Als</strong> könnten die was dafür, dass er sauer ist.<br />

Meinen ganzen Mut zusammennehmend, versuche ich<br />

zaghaft, ihn kurz zu unterbrechen, um nach der Haltestelle<br />

11 zu fragen. Warum ich ihn als ortskundig<br />

einschätzte, ist mir heute im Nachhinein nicht mehr ganz<br />

klar. Aber Irren soll ja menschlich sein. Das sagte damals<br />

schon der Igel, als er von der Klobürste stieg.<br />

Unwirsch schreit er mich in der gleichen Lautstärke, in<br />

welcher er gerade telefoniert, an, ich sähe doch, dass er<br />

telefoniere. Da hat er Recht. War ja auch nicht zu überhören.<br />

Aber meine Frage nach der Haltestelle 11 hätte er mir<br />

dennoch zumindest mit einem entsprechenden Kopfnicken<br />

beantworten können. Aber er ist sauer und scheinbar<br />

so in Fahrt, dass es ihn auch nicht stört, im Hemd, ohne<br />

Jacke zu telefonieren. Aber vielleicht hat er auch eine

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