Werkstatt Frieden & Solidarität - Friedenswerkstatt Linz
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guernica 5/2004 Euro-Militarismus/EU-Verfassung 3<br />
Für eine Volksabstimmung<br />
über die EU-Verfassung!<br />
Am 29. Oktober unterzeichneten die EU-<br />
Staats- und Regierungschefs die EU-Verfassung.<br />
Doch damit ist die Verfassung<br />
noch lange nicht in Kraft. Denn nun muss<br />
sie in allen 25 EU-Staaten ratifiziert werden.<br />
In 10 EU-Staaten sind bereits Volksabstimmungen<br />
vorgesehen. Nicht jedoch<br />
in Österreich. Warum? Offensichtlich haben<br />
die Mächtigen Angst, dass sie im Zuge<br />
einer Volksabstimmung die Inhalte der<br />
EU-Verfassung nicht mehr länger vor den<br />
Menschen verheimlichen können: Aufrüstungsverpflichtung,<br />
Kriegsermächtigung,<br />
militärische Beistandsverpflichtung,<br />
Atomförderung, neoliberale Wirtschaftspolitik,<br />
...<br />
Diese Verfassung ist gegen ein solidarisches<br />
und friedliches Europa gerichtet,<br />
sie ist die Verfassung für ein Europa der<br />
Militärs und Konzerne. Sie steht in offenem<br />
Widerspruch zur österreichischen<br />
Neutralität. Wir fordern daher eine Volksabstimmung<br />
über diese EU-Verfassung.<br />
Wenn Sie auch dieser Meinung sind, ersuchen<br />
wir Sie, diese Petition an den Nationalrat<br />
zu unterschreiben.<br />
Militärstrategen der Europäischen<br />
Union präzisieren<br />
die von Berlin angestoßeneEU-Sicherheitsstrategie<br />
und ziehen einen atomaren<br />
Erstschlag in Betracht.<br />
Bereits die von Berlin initiierte EU-<br />
Militärdoktrin - die erste in der Geschichte<br />
der EU - sieht die Möglichkeit<br />
zur Führung von Angriffskriegen<br />
(„Präventivkriegen“) ausdrücklich<br />
vor. In einem jetzt vorgelegten<br />
„European Defence Paper“, das unter<br />
Mitwirkung eines ehemaligen<br />
deutschen Staatssekretärs erarbeitet<br />
wurde, werden der EU-Erstschlagstrategie<br />
auch Atomwaffen zugeordnet.<br />
In die Präventivkriegsoption<br />
könnten britische und französische<br />
Nuklearstreitkräfte „explizit oder<br />
implizit“ einbezogen werden, heißt<br />
es.<br />
„Präventives Engagement“<br />
durch rasch einsetzbare Streitkräfte.<br />
Bei dem „European Defence<br />
Paper“(1) handelt es sich um ein<br />
von den EU-Regierungen in Auftrag<br />
gegebenes konzeptionelles Dokument<br />
zur Europäischen Militärpolitik,<br />
das vom Institute for Security<br />
Studies (ISS) erarbeitet wurde. Es<br />
soll die Anwendung der 2003 beschlossenen<br />
„Europäischen Sicherheitsstrategie“<br />
präzisieren. Die Autoren<br />
der Studie - eine Gruppe hochrangiger<br />
Militärberater - fordern<br />
eine energische, unverzügliche und<br />
umfassende Aufrüstung der EU. Ziel<br />
müsse sein, den Status einer zur<br />
Führung von Angriffskriegen fähigen<br />
Weltmacht zu erreichen: „Mehr<br />
globale Verantwortung zu übernehmen<br />
[...] und eine Strategie präventiven<br />
Engagements zu übernehmen,<br />
wird nicht erreicht werden, wenn die<br />
gegenwärtige Kluft zwischen Endziel<br />
und Mittel andauert [...] Diese<br />
Ziele rufen nach rasch einsetzbaren<br />
und auf lange Zeit aufrechtzuerhaltenden<br />
Streitkräften“.(2)<br />
Die Außenminister der EU werden<br />
sich demnächst mit diesem Dokument<br />
befassen und konkrete Entscheidungen<br />
über Stand und Perspektiven<br />
der militärischen Optionen<br />
fällen.<br />
<br />
Petition an den Nationalrat<br />
Ich fordere den Nationalrat auf, eine Volksabstimmung über die Ratifizierung<br />
des EU-Verfassungsvertrags zu beschließen, da diese Verfassung viele Lebensbereiche<br />
Österreichs betrifft.<br />
Name Adresse Geb.Dat. Datum Unterschrift<br />
Bitte rücksenden an:<br />
- <strong>Werkstatt</strong> <strong>Frieden</strong> & <strong>Solidarität</strong>, Waltherstr. 15b, A-4020 <strong>Linz</strong><br />
Weitere Unterschriftenlisten: Tel. (0732) 77 10 94, E-Mail friwe@servus.at, Internet www.friwe.at, oder:<br />
- Österreichischer <strong>Frieden</strong>srat, Rosensteingasse 69/6, A-1170 Wien, Tel./Fax (01) 485 87 56,<br />
E-Mail pax.vienna@chello.at<br />
EU auf dem Weg zur Strategie des „atomaren Präventivkriegs“?<br />
„Nukleare Präemption“. Der<br />
angestrebten Rüstungs-Zentralisierung,<br />
die mit der nun beschlossenen<br />
Rüstungsagentur einen Riesenschritt<br />
vorangekommen ist, sind aber wegen<br />
des Widerstrebens einiger Staaten<br />
immer noch Grenzen gesetzt -<br />
insbesondere wenn es um Massenvernichtungswaffen<br />
geht. Der deutsche<br />
Waffenexperte Schmitt, stellvertretender<br />
Direktor des ISS, hält<br />
daher eine Debatte über diese Beschränkungen<br />
für unvermeidlich.<br />
Auch Berliner Militärs und Regierungsberater<br />
sondieren seit einiger<br />
Zeit atomare Optionen und fordern<br />
von der Bundesregierung eine Konzeption<br />
zur Überwindung der noch<br />
bestehenden Widerstände gegen die<br />
beabsichtigte „Nuklearmacht Europa“.<br />
So forderte die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung<br />
(KAS) Anfang<br />
2004 eine „Neuausrichtung<br />
des teilweise überkommenen Völkerrechtsverständnisses“.<br />
Es müsse<br />
die „Zulässigkeit von Präventivschlägen“<br />
festgestellt und ein Angriffskrieg<br />
mit Atomwaffen legitimiert<br />
werden, heißt es bei der KAS:<br />
„Selbst die nukleare Präemption ist<br />
eine zumindest theoretisch vorstellbare<br />
Option“.(3) In einem deutschfranzösischen<br />
Strategiepapier wurden<br />
zur selben Zeit konkrete Vorschläge<br />
für den gemeinsamen Einsatz<br />
von Atomwaffen unterbreitet.<br />
Das Papier schlägt vor, Widerstände<br />
taktisch zu umgehen, um dennoch<br />
„alle Stufen der Eskalationsleiter<br />
abzurufen [...], bis hin zur Drohung<br />
eines Einsatzes nuklearer militärischer<br />
Mittel“. Urheberin des Papiers<br />
war die „Deutsche Gesellschaft für<br />
Auswärtige Politik“, Mitverfasser<br />
das erneut hervorgetretene „Institut<br />
français des relations internationales“.(4)<br />
Explizit oder implizit. Die Vorstellung<br />
eines nuklearen Angriffskrieges<br />
ist jetzt auch auf europäischer<br />
Ebene verankert worden. Lothar<br />
Rühl, ehemaliger Staatssekretär<br />
im deutschen Verteidigungsministerium<br />
und Mitautor des „European<br />
Defence Paper“, stellt zufrieden fest,<br />
dass das Thema „Präemption/<br />
Prävention“ in dem Dokument zwar<br />
vorwiegend unter dem Aspekt von<br />
Kriegseinsätzen mit konventionel-<br />
len Streitkräften und operativen<br />
Spezialkräften behandelt wird. „Immerhin“<br />
werde aber die Möglichkeit<br />
erwähnt, britische und französische<br />
Nuklearstreitkräfte „explizit oder<br />
implizit“ einzubeziehen.(5) In der<br />
Tat heißt es in dem Strategiepapier<br />
bezüglich der Kriegsszenarien der<br />
künftigen EU-Streitmacht: „Wir haben<br />
es nicht vermieden, Szenarien<br />
zu präsentieren, in denen die nationalen<br />
Atomstreitkräfte von EU-Mitgliedstaaten<br />
(Frankreich und Großbritannien)<br />
in die Gleichung entweder<br />
explizit oder implizit eingehen<br />
können“.(6)<br />
www.german-foreign-policy.com<br />
EU-Verfassung = Europa der Konzerne und Generäle<br />
Wussten Sie, dass ...<br />
... die vorgeschlagene EU-Verfassung eine Aufrüstungsverpflichtung beinhaltet.<br />
Im Artikel I-41 heißt es: „Die Mitgliedstaaten verpflichten sich,<br />
ihre militärischen Fähigkeiten schrittweise zu verbessern“ (Art. I-41, 3).<br />
Damit stehen Abrüstungsbefürworter außerhalb der Verfassung!<br />
... dass ein eigenes Rüstungsamt („Agentur für die Bereiche Entwicklung<br />
der Verteidigungsfähigkeit, Forschung, Beschaffung und Rüstung“) Verfassungsrang<br />
erhält, das die Aufrüstung der EU-Staaten kontrollieren und ankurbeln<br />
soll (Art. I-43, 3).<br />
... dass durch die EU-Verfassung der EU-Ministerrat sich das Mandat für<br />
weltweite Kriegseinsätze erteilt (Art. I-41, Art. III-307).<br />
... dass die EU-Verfassung eine militärische Beistandsverpflichtung enthält,<br />
die schärfer ist als die der NATO (Art. I-41, 7).<br />
... dass im Anhang der EU-Verfassung der EURATOM-Vertrag bekräftigt<br />
wird, der die Förderung der Atomenergie vorsieht.<br />
... dass die EU-Verfassung die Verpflichtung zu einer neoliberalen Wirtschaftspolitik<br />
in Verfassungsrang erhebt: „Die Tätigkeit der Mitgliedstaaten<br />
und der Union umfasst [...] die Einführung einer Wirtschaftspolitik, die<br />
[...] dem Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb<br />
verpflichtet ist“ (Art. III-177).<br />
... dass die EU-Verfassung der Liberalisierung und Privatisierung öffentlicher<br />
Dienste im Sozial-, Bildungs- und Gesundheitsbereich Tür und<br />
Tor öffnet. In Zukunft soll über „Grundsätze und Bedingungen“ von öffentlichen<br />
Diensten der EU-Minsterrat per Mehrheitsentscheidung beschließen<br />
können (Art. III-122).<br />
... dass die Stimmgewichte in den EU-Räten zugunsten der großen Staaten<br />
und zulasten der kleineren und mittleren verschoben werden: so<br />
steigen die Stimmgewichte Deutschlands um über 100 %, die Frankreichs<br />
und Großbritanniens um 45 %; z. B. verlieren Österreich, Schweden, Portugal,<br />
Griechenland, Belgien, Tschechien, Ungarn, Dänemark, Slowakei,<br />
Finnland, Irland zwischen 35 % und 65 % an Stimmgewichten.<br />
Nähere Informationen im Internet unter www.friwe.at<br />
Anmerkungen:<br />
(1) Institute for Security Studies, European<br />
Union: European defence. A proposal<br />
for a White Paper; Paris, May<br />
2004 (www.iss-eu.org)<br />
(2) European defence, sh. oben, S. 13<br />
(3) Vorbeugende Militäreinsätze (Preemptive<br />
Strikes). Arbeitspapier/Dokumentation<br />
Nr. 120/2004; www.kas.de<br />
(4) Zukunftsfähig? Deutsch-französische<br />
Beziehungen und ESVP; DGAP-<br />
Analyse Nr. 27. Januar 2004;<br />
www.dgap.org<br />
(5) Lothar Rühl: Lücke zwischen Mittel<br />
und Zweck. Das „European Defence<br />
Paper“; Frankfurter Allgemeine Zeitung<br />
01.10.2004<br />
(6) European defence, sh. oben, S. 68<br />
EURO-MILITARISMUS<br />
Forschen für den Krieg<br />
Die Europäische Kommission öffnet<br />
erstmals die gemeinsamen Forschungsetats<br />
der Europäischen Union<br />
für militärische Projekte. Bisher<br />
fördert die EU offiziell nur zivile<br />
Forschung, Ausgaben für Rüstungsforschung<br />
sind nicht erlaubt. Nun<br />
soll ab 2007 ein sicherheitspolitisches<br />
Forschungsprogramm aufgelegt<br />
werden, das die Trennung zwischen<br />
den zivilen und den militärischen<br />
Bereichen aufhebt. Dabei<br />
werden zusätzliche Milliardensummen<br />
für wissenschaftliche Arbeiten<br />
im Interesse der Rüstungsindustrie<br />
bereitgestellt. Die EU-Kommission<br />
will „bis 2007 ein umfassendes europäisches<br />
Programm für Sicherheitsforschung<br />
mit einem angemessenen<br />
Haushalt auf den Weg bringen“<br />
(EU-Konzept für Sicherheitsforschungsprogramm<br />
(IP/04/1090);<br />
europa.eu.int, 09.09.2004). Besonderes<br />
Augenmerk soll auf „zivilmilitärische“<br />
Weltraumprojekte gelegt<br />
werden.<br />
Deutsch-österreichische<br />
Schlachtgruppe vorbereitet<br />
Die Verteidigungsminister der EU-<br />
Mitgliedstaaten haben bei einem<br />
Treffen im niederländischen Seebad<br />
Noordwijk die künftige Aufstellung<br />
von europäischen Schlachttruppen<br />
(„Battle-Groups“) konkretisiert.<br />
Vorangetrieben wird das „Battle-<br />
Group“-Konzept vor allem von<br />
Deutschland, Frankreich und Großbritannien.<br />
Bis spätestens 2007 sollen<br />
neun bis zehn dieser Schlachtgruppen<br />
einsatzfähig sein. Für alle<br />
geografischen und klimatischen Bedingungen<br />
(Wüste, Dschungel,<br />
Hochgebirge, usw.) sollen spezifische<br />
Schlachtgruppen ausgebildet<br />
werden, die innerhalb von 5 bis 30<br />
Tagen rund um die Welt zum Einsatz<br />
kommen können. Das deutsche Militär<br />
will an drei der bis zu zehn<br />
„Battle-Groups“ beteiligt sein: Eine<br />
Truppe will Deutschland mit Frankreich<br />
und eventuell Spanien und<br />
Belgien zusammenstellen, an einem<br />
deutsch-niederländischen Kampfverband<br />
könnte sich Finnland beteiligen,<br />
und über den Aufbau der dritten<br />
Schlachttruppe berät Berlin derzeit<br />
mit Österreich und Tschechien.<br />
Kolonial-Gendarmerie<br />
Die Verteidigungsminister von<br />
Frankreich, Italien, Spanien, Portugal<br />
und den Niederlanden haben<br />
sich im September geeinigt, eine gemeinsame<br />
paramilitärische Truppe<br />
aufzustellen. Die 3.000 Mann starke<br />
„Europäische Gendarmerie Streitmacht“<br />
(EGF) soll dazu dienen,<br />
nach Kriegen „wie in Bosnien, Kosovo<br />
oder Elfenbeinküste“ die „öffentliche<br />
Ordnung wiederherzustellen“,<br />
wie die französische Verteidigungsministerin<br />
Michelle Alliot-<br />
Marie erklärte. Der italienische Verteidigungsminister<br />
erläutert den kolonialen<br />
Nutzen dieser Truppe:<br />
„Diese Streitkraft kann genutzt werden,<br />
um Konflikte zu verhindern, z.<br />
B. vor einer Militärintervention, sie<br />
kann dazu dienen eine Militärintervention<br />
zu unterstützen, oder sie<br />
kann auch nach einer Militärintervention<br />
zum Einsatz kommen, um<br />
die Nachkonflikt-Situation reibungsfrei<br />
zu gestalten“ (zit. nach EU-Observer,<br />
20.9.2004).