Vorwort - Gröne und Wolter, Rechtsanwälte und Notare
Vorwort - Gröne und Wolter, Rechtsanwälte und Notare
Vorwort - Gröne und Wolter, Rechtsanwälte und Notare
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<strong>Vorwort</strong><br />
Dieses Heft ist in Zusammenarbeit mit unserer Vertragsanwaltskanzlei <strong>Gröne</strong> <strong>und</strong> <strong>Wolter</strong><br />
aus Datteln entstanden. Die Darstellung <strong>und</strong> der mit ihr einhergehenden<br />
Vortrag wendet sich nicht an den Jurastudenten, nicht an den<br />
Rechtsanwalt oder gar an den Notar <strong>und</strong> erhebt auch keinen<br />
wissenschaftlichen Anspruch.<br />
Jeder von uns kann nur über einen Zeitraum von maximal 20 Minuten für ihn völlig neue<br />
Informationen entgegen nehmen <strong>und</strong> verarbeiten. Alles, was darüber hinaus geht, führt zur<br />
allgemeinen Verwirrung <strong>und</strong> dient der Sache nicht. Also möchten wir den Versuch starten,<br />
die Gr<strong>und</strong>strukturen schwieriger juristischer Themen in annehmbaren Umfang so<br />
darzustellen, dass der Leser mit seinem gewählten Rechtsberater eine kompetente<br />
Diskussion führen kann.<br />
Wer darüber hinaus Spass <strong>und</strong> Freude an diesem Rechtsgebiet findet, soll mit dieser<br />
Darstellung den Einstieg finden. Unser Bestreben ist es, schwer verdaubare juristische Kost<br />
leicht <strong>und</strong> bekömmlich darzustellen <strong>und</strong> der Juristerei endlich den ihr vorauseilende Ruf<br />
des „ unverständlichen juristischen Kauderwelsch „ zu nehmen.<br />
Siegfried Papenfuss
D i e P a t i e n t e n v e r f ü g u n g<br />
Hans <strong>Gröne</strong>, Rechtsanwalt <strong>und</strong> Notar a.D.<br />
Die Patientenverfügung ist zwischenzeitlich vom Gesetzgeber seit dem 1.09.2009 in den §§ 1901 a ff BGB geregelt.<br />
Der Gesetzgeber hat mit den gesetzlichen Neuregelungen auf die Diskussionen in der Öffentlichkeit reagiert <strong>und</strong><br />
erstmalig gesetzlich geklärt, wie eine Patientenverfügung auszusehen hat <strong>und</strong> wie eine solche in der Praxis umgesetzt<br />
wird.<br />
Ursprung der Patientenverfügung<br />
Unsere gesellschaftliche Wertvorstellung ist ein freies<br />
Leben, letztlich auch mit der Konsequenz, dieses Leben<br />
beenden zu können. Selbstverständlich steht es<br />
uns frei, über unsere körperliche Integrität selbst entscheiden<br />
zu können. Stellt ein Arzt uns eine schwerwiegende<br />
Diagnose <strong>und</strong> erklärt uns die medizinischen<br />
notwendigen Behandlungsschritte, so können wir dazu<br />
„ Ja „ oder „ Nein „ sagen. Dazu benötigen wir auch<br />
keine Geschäftsfähigkeit, sondern eine Einwilligungsfähigkeit.<br />
Das ist eine partielle Geschäftsfähigkeit. Wir<br />
müssen also einsichtig sein <strong>und</strong> abwägen können,<br />
welche Konsequenzen eine medizinische Behandlung<br />
für uns hat. Kein verantwortungsvoller Arzt wird uns<br />
ohne unsere ausdrückliche Einwilligung behandeln.<br />
Tut er es dennoch, so verstösst er gegen unsere<br />
Rechtsordnung <strong>und</strong> macht sich strafbar. Das dürfte<br />
nichts Neues sein <strong>und</strong> jedem ohnehin bekannt. Auf<br />
diesem Gebiet gab es nie ein Problem.<br />
Handeln durch Betreuer<br />
Wie ist es aber nun, wenn dieselbe Person die Antwort<br />
„ Ja „ oder „ Nein „ nicht mehr abgeben kann, <strong>und</strong> ein<br />
anderer für ihn die Entscheidung treffen muss. Das<br />
Gesetz sah <strong>und</strong> sieht auch heute noch für diesen Fall<br />
die Bestellung eines Betreuers vor. Schon vor der<br />
Gesetzesänderung ergab sich den Betreuungsvorschriften,<br />
dass – unabhängig von gerichtlichen Genehmigungserfordernissen<br />
– ein Betreuer eine<br />
Entscheidung abgeben konnte, wobei der mutmassliche<br />
Wille des Betroffenen zu berücksichtigen war,<br />
wenn er einen solchen zuvor geäußert hatte. Damit<br />
erkannte das Gesetz auch vor der Neuregelung im<br />
September 2009 die Patientenverfügung, Äußerung<br />
eines hypothetischen Willens, geäußert zu einsichtsfähigen<br />
Zeiten, an.<br />
Handeln durch Vertrauensperson<br />
Auf Gr<strong>und</strong>lage dieser Erkenntnis ging man einhellig<br />
davon aus, dass dann auch prinzipiell eine gewillkürte<br />
Vertretung möglich sein muss, wenn der eigentlich<br />
Betroffene zum Zeitpunkt der Diagnose <strong>und</strong> Beginn der<br />
medizinisch notwendigen Behandlung nicht mehr einsichtsfähig<br />
ist, aber zu einem Zeitpunkt, indem er noch<br />
einsichtsfähig war, einen hypothetischen Willen k<strong>und</strong><br />
getan <strong>und</strong> eine Vertrauensperson bevollmächtigt hat,<br />
anstelle eines Betreuers tätig zu werden. Das war der<br />
Beginn der Patientenverfügung nebst Umsetzung<br />
durch Bevollmächtigung, die insbesondere in Notariaten<br />
Einzug hielt.<br />
Merke:<br />
Jeder kann frei entscheiden , ob er in eine<br />
Helbehandlung einwilligt oder nicht, auch<br />
wenn seine Entscheidung zum sicheren<br />
Tod führt. Der Gesetzgeber verlangt das<br />
Vorliegen der Einwilligungsfähigkeit. Der<br />
Betroffene muss wissen, welche<br />
Konsequenzen die Entscheidung für ihn<br />
hat.<br />
Merke:<br />
Der Gesetzgeber erkannte bei einer<br />
Entscheidung durch Dritte den<br />
mutmasslichen Willen des Betroffenen<br />
schon immer an, wenn er in Zeiten der<br />
Einwilligungsfähigkeit einen solchen<br />
geäußert hatte.<br />
Merke:<br />
Schon vor der Gesetzesänderung war<br />
unstreitig, dass anstelle eine gesetzliche<br />
bestellten Betreuers auch ein vom<br />
Betroffenen zuvor, in ges<strong>und</strong>en Zeiten,<br />
bevollmächtigte Vertrauensperson<br />
entscheiden konnte.
Am Anfang bestand die Patientenverfügung aus einer<br />
Generalvollmacht. Man übertrug einer<br />
Vertrauensperson für den Fall des Fehlens der<br />
Einwilligungs- / Einsichtsfähigkeit sämtliche Rechte aus<br />
der Personensorge. Hier schaltete sich der BGH recht<br />
frühzeitig ein <strong>und</strong> verlangte zumindest eine<br />
Aufgliederung des Bereiches <strong>und</strong> genaue Angaben,<br />
welche Behandlung abgelehnt wird. In einen dieser<br />
frühen Entscheidungen ging der BGH auch davon aus,<br />
dass viel für die Schriftform der Patientenverfügung<br />
spreche. Patientenverfügungen erfreuten sich – auch<br />
angetrieben über die öffentliche Diskussion in den<br />
Medien – großer Beliebtheit. Das letztlich führte zu einer<br />
Vielzahl von Rechtstreitigkeiten, in denen<br />
schwerpunktmäßig um folgende Fragen ging:<br />
Kann man wirklich von einem hypothetischen Willen<br />
ausgehen, wenn der Betroffene diesen Willen in<br />
einem ges<strong>und</strong>en Zeitpunkt geäußert hat ?<br />
Spricht nicht einiges dafür, dass er in dem Zeitpunkt<br />
der Erkrankung anders entschieden hätte ?<br />
Muss eine solche Verfügung aktuell sein ?<br />
Kann man auf eine Verfügung, die der Betroffene vor<br />
z.B. 10 Jahren getroffen hat, ernsthaft zurückgreifen ?<br />
Der BGH hat in den Jahren 2003 <strong>und</strong> 2005 in sehr<br />
spektakulären Entscheidungen über die<br />
Patientenverfügung gr<strong>und</strong>sätzlich geurteilt <strong>und</strong> hat<br />
geklärt, dass die Stellvertretung in diesen Bereichen<br />
zulässig sei. Zwar sei es kein Fall der<br />
rechtsgeschäftlichen Vertretung, aber<br />
selbstverständlich sei es möglich, einen Willen, den der<br />
Betroffene in einsichtsfähigen Zustand ausgedrückt<br />
habe, durch einen Dritten transportieren <strong>und</strong> diesen<br />
umsetzen zu lassen. In diesen Entscheidungen wurde<br />
erstmalig statt Vertretung der Begriff Umsetzungen<br />
benutzt. Vor diesen richtungsweisenden<br />
Entscheidungen war nie ganz geklärt, wie die<br />
Umsetzung der Patientenverfügung zu erfolgen hatte.<br />
Bis zu diesen Entscheidungen spielten sich Umsetzer<br />
<strong>und</strong> Arzt den jeweils „ schwarzen Peter „ zu <strong>und</strong> am<br />
Ende wollte weder der eine noch der andere die<br />
Entscheidung treffen. In diesen Entscheidungen klärte<br />
der BGH erstmalig, dass es nicht Sache des Arztes sei,<br />
eine Entscheidung zu treffen. Vielmehr richte sich die<br />
Verfügung an den Umsetzer. Der Arzt sei lediglich der<br />
Adressat der Erklärung. Der Arzt sollte nicht sein<br />
eigener Richter werden. Der Umsetzer sei derjenige,<br />
der den Willen des Betroffenen transportiere <strong>und</strong> er<br />
müsse unter Zugr<strong>und</strong>elegung des hypothetisch<br />
geäußerten Willens die Entscheidung treffen <strong>und</strong> den<br />
Arzt anweisen. Der BGH klärte auch, dass eine<br />
Erneuerung der Patientenverfügung nicht<br />
notwendig sei. Wer einmal seinen Willen abgegeben<br />
habe, sei nicht verpflichtet, diesen zu bestätigen<br />
oder zu erneuern, solange er diese nicht widerrufen<br />
habe. Für den Widerruf gab der BGH keine<br />
Formerfordernisse vor. Während er sich bzgl. der<br />
Verfügung für die Schriftform aussprach, sollte diese<br />
aber für den Widerruf nicht gelten. Hier reicht es aus,<br />
wenn der Betroffene sich möglicherweise auch nur<br />
durch Gesten äußert.<br />
Merke:<br />
Der BGH nahm in den Jahren 2003 <strong>und</strong><br />
2006 gr<strong>und</strong>sätzlich zu dem Thema Stellung<br />
<strong>und</strong> stellte höchstrichterlich fest:<br />
- selbstverständlich gibt es eine<br />
Patientenverfügung, einen geäußerten<br />
hypothetischen Willen des Betroffenen,<br />
wie er – wäre er im Fall der Fälle noch<br />
einsichtsfähig – entscheiden würde.<br />
Der BGH favorisierte die Schriftform<br />
einer solchen Erklärung, hielt aber den<br />
Widerruf formlos für möglich.<br />
- eine gewillkürte Vertretung durch eine<br />
Vertrauensperson zur Umsetzung des<br />
Willens anstelle eines gesetzlich zu<br />
bestellenden Betreuers ist möglich.<br />
- Der Vertreter / Betreuer ist derjenige,<br />
der umsetzt <strong>und</strong> nicht der Arzt.<br />
Letzterer ist nur Adressat.
Diese BGH Entscheidungen waren der Entwurf für das<br />
heutige Gesetz. Mit den seit 1.09.2009 eingefügten<br />
Gesetzesänderungen wurde ein Leitfaden für die<br />
Patientenverfügung entwickelt, an dem man sich als Gestalter<br />
<strong>und</strong> auch als Umsetzer zu halten hat.<br />
Unser Gesetz seit dem 1.09.2009<br />
§ 1901 a BGB<br />
(1)<br />
Hat ein einwilligungsfähiger Volljähriger für den Fall seiner<br />
Einwilligungsunfähigkeit schriftlich festgelegt, ob er in<br />
bestimmten, zum Zeitpunkt der Festlegung noch nicht<br />
unmittelbar bevorstehenden Untersuchungen seines<br />
Ges<strong>und</strong>heitszustandes, Heilbehandlungen oder ärztliche<br />
Eingriffe einwilligt oder sie untersagt ( Patientenverfügung<br />
), prüft der Betreuer, ob diese Feststellungen auf die aktuelle<br />
Lebens- <strong>und</strong> Behandlungssituation zutreffen. Ist dies der Fall,<br />
hat der Betreuer dem Willen des Betreuten Ausdruck <strong>und</strong><br />
Gestaltung zu verschaffen. Eine Patientenverfügung kann<br />
formlos widerrufen werden.<br />
(2)<br />
Liegt keine Patientenverfügung vor oder treffen die<br />
Feststellungen einer Patientenverfügung nicht auf die<br />
aktuelle Lebens- <strong>und</strong> Behandlungssituation zu, hat der<br />
Betreuer ( Bevollmächtigte über Abs. 5 ) die<br />
Behandlungswünsche oder den mutmaßlichen Willen<br />
des Betreuten festzustellen <strong>und</strong> auf dieser Gr<strong>und</strong>lage<br />
zu entscheiden, ob er in eine ärztliche Maßnahme nach<br />
Abs. 1 einwilligt oder untersagt. Der mutmaßliche Wille<br />
ist aufgr<strong>und</strong> konkreter Anhaltspunkte zu ermitteln. Zu<br />
berücksichtigen sind insbesondere frühere mündliche<br />
oder schriftliche Äußerungen, ethische oder religiöse<br />
Überzeugungen oder sonstige Wertvorstellungen des<br />
Betroffenen<br />
§ 1901 b BGB<br />
(1) Der behandelnde Arzt prüft, welche ärztlichen<br />
Maßnahme im Hinblick auf den Gesamtzustand <strong>und</strong><br />
die Prognose des Patienten indiziert ist. Er <strong>und</strong> der<br />
Betreuer erörtern die Maßnahme unter Berücksichtigung<br />
des Patientenwillens als Gr<strong>und</strong>lage einer für die<br />
nach § 101 a BGB zu treffenden Entscheidung.<br />
(2) Bei der Feststellung des Patientenwillens nach §<br />
1901 a (1) oder der Behandlungswünsche oder des<br />
mutmaßlichen Willens nach § 1901 a Abs. 2 soll nahen<br />
Angehörigen <strong>und</strong> sonstigen Vertrauenspersonen<br />
des Betreuten Gelegenheit zur Äußerung gegeben<br />
werden, sofern dieses ohne erhebliche Verzögerungen<br />
möglich ist.<br />
§ 1904 BGB<br />
(1) Die Einwilligung des Betreuers ( Abs.. 5 Bevollmächtigter<br />
) in eine Untersuchung des Ges<strong>und</strong>heitszustandes<br />
oder einen ärztlichen Eingriffs bedarf der<br />
Genehmigung des Betreuungsgerichtes, wenn begründete<br />
Gefahr besteht, dass der Betreute aufgr<strong>und</strong> der<br />
Maßnahme stirbt oder schweren <strong>und</strong> länger dauernden<br />
ges<strong>und</strong>heitlichen Schaden erleidet.<br />
Ohne die Genehmigung darf die Behandlung nur<br />
durchgeführt werden, wenn mit dem Aufschub Gefahr<br />
verb<strong>und</strong>en ist.<br />
(4) Einer Genehmigung nach den Abs. 1 <strong>und</strong> 2 ist<br />
nicht erforderlich, wenn zwischen Betreuer ( Abs. 5<br />
Bevollmächtigter ) <strong>und</strong> behandelnden Arzt Einvernehmen<br />
besteht, dass die Erteilung, die Nichterteilung<br />
oder der Widerruf der Einwilligung dem nach<br />
§ 1901 a festgestellten Willen des Betreuten entspricht.<br />
Wichtig ist, dass man diesen Regelungsmechanismus<br />
verstanden hat. Nur wenn Arzt <strong>und</strong><br />
Betreuer/ Bevollmächtigter nicht zu einer Entscheidung<br />
kommen, wird das Gericht angerufen. Das gilt auch für<br />
Entscheidungen, die unweigerlich zum Tod des Betroffenen<br />
führen.<br />
Merke:<br />
Der Arzt prüft nunmehr - nachdem der<br />
Betreuer/ Bevollmächtigte ihm die<br />
Entscheidung mitgeteilt hat, ob er aus<br />
medizinischer Sicht zu derselben<br />
Entscheidung kommt. Ist dieses so,<br />
so bedarf es keiner Genehmigung<br />
durch das Gericht. Das gilt auch<br />
dann, wenn die Entscheidung zum<br />
Tod führt.<br />
Einer Entscheidung durch das<br />
Gericht bedarf es erst dann, wenn<br />
Betreuer/ Bevoll-mächtigter <strong>und</strong> Arzt<br />
nicht zu derselben Entscheidung<br />
kommen. Dann bedarf es einer<br />
gerichtlichen Entscheidung.<br />
In Kurzform:<br />
- Patientenverfügung sollte so genau <strong>und</strong> konkretisiert<br />
wie möglich sein<br />
- Betreuer entscheidet<br />
- Betreuer muss sich mit Arzt besprechen<br />
- Legt der Arzt die Erklärung anders aus, wird das<br />
Betreuungsgericht angerufen.<br />
Für den Betroffenen:<br />
- keine Patientenverfügung aus dem internet<br />
unterschreiben<br />
- Konsultierung eines Beraters, der sich mit der<br />
gesetzlichen Materie auskennt
Notarielle Beurk<strong>und</strong>ung oder Beglaubigung<br />
Das Gesetz sieht nur die Schriftform vor. Gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
bedarf die Patientenverfügung <strong>und</strong> auch die damit<br />
verb<strong>und</strong>ene Vollmacht an eine Vertrauensperson keiner<br />
Beurk<strong>und</strong>ung oder Beglaubigung. Trotzdem kann<br />
es ratsam sein, diese Form zu wählen.<br />
Bei einer selbst formulierten Patientenverfügung mit<br />
Bevollmächtigung kann es streitig werden, ob die<br />
betreffende Person bei Verfassung einwilligungsfähig<br />
war. Der Notar ist verpflichtet, die Geschäftsfähigkeit<br />
einer Person zu prüfen. Mit dem Tätigwerden eines<br />
Notars, wenn er in der Urk<strong>und</strong>e keine Zweifel bzgl. der<br />
Geschäftsfähigkeit aufführt, wird die Geschäftsfähigkeit<br />
vermutet.<br />
Bei einer notariell beurk<strong>und</strong>eten Patientenverfügung mit<br />
Bevollmächtigung scheidet gr<strong>und</strong>sätzlich die Bestellung<br />
eines Betreuer aus. Die notarielle Vollmacht hat<br />
Vorrang.<br />
Er hat damals schriftlich mitgeteilt,<br />
dass er jede Art von Bluttransfusionen<br />
ablehnt. Er möchte lieber sterben. - muss schriftlich erteilt werden (<br />
keine Beurk<strong>und</strong>ungspflicht )<br />
????????<br />
- kann jederzeit formfrei<br />
widerrufen werden, auch Gesten<br />
reichen aus<br />
- ohne Genehmigung des<br />
Gerichtes ( Abstellen der Geräte )<br />
möglich, wenn Umsetzer <strong>und</strong> Arzt<br />
einer Meinung sind.
D i e V o r s o r g e v o l l m a c h t<br />
Hans <strong>Gröne</strong>, Rechtsanwalt <strong>und</strong> Notar a.D.; z<br />
Die gerade dargestellte Patientenverfügung ist in der notariellen Praxis zumeist Teil einer Vorsorgevollmacht. Wie<br />
bereits erläutert, handelt es sich bei der Patientenverfügung nicht um eine rechtsgeschäftliche Vollmacht, sondern<br />
um eine Anweisung an einen Umsetzer, Person des Vertrauens oder auch gerichtlich bestellter Betreuer, Erklärungen<br />
des Betroffenen, soweit dieser diese aufgr<strong>und</strong> der fehlenden Einwilligungsfähigkeit nicht mehr erklären kann, für ihn<br />
entsprechend seiner Verfügung zu erklären. Adressat ist der Betreuer oder ein Bevollmächtigter, u.U. auch direkt der<br />
Arzt. Die reine Vorsorgevollmacht hingegen ist ein rechtsgeschäftliche Vollmacht, mit der ein Dritter den Betroffenen<br />
in allen Belangen rechtgeschäftlich vertreten kann. In der Praxis findet man häufig eine Kombination aus<br />
rechtsgeschäftlicher Vorsorgevollmacht <strong>und</strong> Patientenverfügung, also ein Vorsorgepaket.<br />
Eine Vorsorgevollmacht gibt die Möglichkeit, für den<br />
Fall einer Geschäftsunfähigkeit oder auch bloßen<br />
Hilfsbedürftigkeit eine andere Person mit der Wahrnehmung<br />
finanzieller <strong>und</strong> persönlicher Angelegenheiten<br />
zu bevollmächtigen. Damit bestimmt allein der<br />
Vollmachtgeber eine oder mehrere Personen, die ihn<br />
vertreten sollen, wenn er nicht mehr im Stande ist,<br />
seine Aufgaben selbst wahrzunehmen. Die Vorsorgevollmacht<br />
ist eine Generalvollmacht, mit der die<br />
Bestellung eines gesetzlichen Betreuers vermieden<br />
werden soll.<br />
Die Vorsorgevollmacht wird erteilt, wenn der Betroffene<br />
geschäftsfähig ist, wobei die Wirksamkeit der<br />
Vollmacht beginnen soll, wenn der Betroffene geschäftsunfähig<br />
wird <strong>und</strong> die Voraussetzungen für die<br />
Bestellung eines Betreuers vorliegen. Das stellt in der<br />
Praxis ein Problem dar. Gr<strong>und</strong>sätzlich kann man die<br />
Erteilung der Vollmacht unter eine Bedingung, nämlich<br />
Geschäftsunfähigkeit, stellen, was allerdings die<br />
Praktikabilität der Vollmacht ausser Kraft setzt. Jeder<br />
Vertragspartner, der eine solche Vollmacht erhält,<br />
wird den Vollmachtsnehmer auffordern, die Geschäftsunfähigkeit<br />
des Vollmachtsgeber unter Beweis<br />
zu stellen. Das wird man nur durch ein gerichtliches<br />
Verfahren, indem dann ein medizinisches Gutachten<br />
eingeholt wird, machen können.<br />
Die Praxis arbeitet mit folgenden Alternativen:<br />
Vorab:<br />
Die Vollmacht sollte schriftlich erteilt werden. Die<br />
Vorsorgevollmacht könnte aber auch - was in der<br />
Praxis nicht geschehen wird - mündlich erteilt werden.<br />
In 99 % der Fälle wird die Schriftform gewählt,<br />
damit der Vollmachtsnehmer eine Vollmachtsurk<strong>und</strong>e<br />
zum Nachweis der Bevollmächtigung erhält. Eine<br />
Vollmacht, die in einer Vollmachtsurk<strong>und</strong>e verbrieft<br />
wird, bleibt solange verbindlich bestehen, bis die<br />
Vollmachtsurk<strong>und</strong>e zurückgegeben oder die Vollmachtsurk<strong>und</strong>e<br />
für kraftlos erklärt wird.<br />
In der notariellen Praxis bleibt die Originalurk<strong>und</strong>e in<br />
der Urk<strong>und</strong>ensammlung des Notars. Die vom Notar<br />
erteilte Ausfertigung ersetzt das Original. Jede an<br />
einer Beurk<strong>und</strong>ung beteiligte Person hat einen Anspruch<br />
auf Erteilung einer Ausfertigung, die die Originalurk<strong>und</strong>e,<br />
die beim Notar bleibt, ersetzt.<br />
Eine Vollmacht ist eine einseitige Erklärung. Das<br />
bedeutet, dass gr<strong>und</strong>sätzlich der Vollmachtsgeber<br />
nur einen Anspruch auf Erteilung einer Ausfertigung<br />
hat. Selbstverständlich kann der Vollmachtsgeber<br />
aber auch bestimmen <strong>und</strong> den Notar anweisen, eine<br />
Ausfertigung an eine Person zu erteilen, die der<br />
Vollmachtsgeber dem Notar benennt. In der Regel<br />
wird dieses der Vollmachtsnehmer sein, damit dieser<br />
überhaupt für den Vollmachtsgeber tätig werden<br />
kann. Die Erteilung dieser Ausfertigung kann ( an<br />
den Vollmachtsnehmer ) kann unter eine Bedingung<br />
gestellt werden <strong>und</strong> zwar dergestalt, dass der Vollmachtsnehmer<br />
nur dann aufgr<strong>und</strong> der Anweisung<br />
eines Ausfertigung beanspruchen kann, wenn er<br />
den Bedingungseintritt nachweist. Zumeist ist die<br />
Bedingung die Vorlage eines amtsärztlichen Attestes,<br />
aus dem die Geschäftsunfähigkeit hervorgeht.<br />
Damit kann man einen Missbrauch der Vollmacht zu<br />
einem früheren Zeitpunkt vermeiden.<br />
Ansonsten - insbesondere bei einer privatschriftlichen<br />
Vollmachtsurk<strong>und</strong>e - bleibt nur der Weg, das<br />
zugr<strong>und</strong>eliegende Auftragsverhältnis zu beschränken.<br />
Das nützt aber recht wenig im Aussenverhältnis.<br />
Schon aus diesem Gr<strong>und</strong> kann sich in manchen<br />
Fällen die notarielle Beurk<strong>und</strong>ung empfehlen, da<br />
man über die Anweisung der Erteilung von Ausfertigungen<br />
schon den Mißbrauch erheblich reduzieren<br />
kann.<br />
Betreuungsverfügung:<br />
Die Betreuungsverfügung ist von der Vorsorgevollmacht<br />
<strong>und</strong> der Patientenverfügung zu unterscheiden.<br />
MIt der Betreuungsverfügung wendet sich der<br />
Betroffene an das Betreuungsgericht <strong>und</strong> äussert<br />
den Wunsch, der durchaus für das Betreuungsgericht<br />
verbindlich sein kann, dass eine bestimmte<br />
Person für den Fall des Eintritts der Betreuung Betreuer<br />
werden soll.<br />
Ablieferungs- <strong>und</strong> Informationspflicht<br />
§ 1901c BGB<br />
Schriftliche Betreuungswünsche, Vorsorgevollmacht<br />
Wer ein Schriftstück besitzt, in dem jemand für den
Fall seiner Betreuung Vorschläge zur Auswahl des<br />
Betreuers oder Wünsche zur Wahrnehmung der Betreuung<br />
geäußert hat, hat es unverzüglich an das<br />
Betreuungsgericht abzuliefern, nachdem er von der<br />
Einleitung eines Verfahrens über die Bestellung eines<br />
Betreuers Kenntnis erlangt hat. Ebenso hat der Besitzer<br />
das Betreuungsgericht über Schriftstücke, in denen<br />
der Betroffene eine andere Person mit der Wahrnehmung<br />
seiner Angelegenheiten bevollmächtigt hat, zu<br />
unterrichten. 3 Das Betreuungsgericht kann die Vorlage<br />
einer Abschrift verlangen.<br />
Formvorschriften:<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich ist keine notarielle Beurk<strong>und</strong>ungspflicht<br />
oder Unterschriftsbeglaubigung gesetzlich vorgesehen.<br />
Die Schriftform ist nur bei der Patientenverfügung<br />
geetzlich normiert.<br />
Es spricht aber einiges für eine notarielle Beurk<strong>und</strong>ung<br />
eines Vorsorgepaketes:<br />
Der Notar prüft die Geschäftsfähigkeit des Betroffenen.<br />
Wenn er keine Zweifel hat, gilt die Geschäftsfähigkeit<br />
als vermutet. Gerade bei Vollmachten wird immer wieder<br />
schnell behauptet, dass der Vollmachtsgeber zum<br />
Zeitpunkt der Erteilung nicht geschäftsfähig gewesen<br />
sei.<br />
Der Notar ist verpflichtet, den Betroffenen auf die Tragweite<br />
seiner Erklärung hinzuweisen <strong>und</strong> ihn zu belehren.<br />
Der Betroffene erfährt also bei einer notariellen<br />
Beurk<strong>und</strong>ung, welche rechtliche Konsequenzen sein<br />
Handeln hat.<br />
Das Gr<strong>und</strong>buchamt verlangt für Verfügungen über<br />
Immobiliarvermögen den Nachweis der Vollmacht in<br />
öffentlicher Form. Das bedeutet, dass die privatschriftliche<br />
Vollmacht nicht ausreichend für eine Eintragung<br />
ist.<br />
Gerade bei der Vorsorgevollmacht kann der Notar über<br />
die Erteilung der Ausfertigung Absicherungsmechanismen<br />
einbauen, sodass das Risiko des Missbrauchs<br />
der Vollmacht reduziert werden kann.<br />
Unabhängig davon, dass es unser tägliche Brot ist <strong>und</strong><br />
wir unstreitig mit der Beurk<strong>und</strong>ung von derartigen Erklärungen<br />
Honoraransprüche erwerben, empfehlen wir<br />
Ihnen die notarielle Beurk<strong>und</strong>ung, da der download<br />
von Vollmachten aus dem internet mit sofortiger Übergabe<br />
an den Bevollmächtigten ein ziemlich gefährliches<br />
Spiel werden kann.<br />
Merke:<br />
Seit dem 1.09.2009 wurde eine<br />
Ablieferungspflicht für Betreuungsverfügung<br />
<strong>und</strong> eine Informationspflicht<br />
bzgl. der Vorsorgevollmacht eingeführt.<br />
Diser Norm gilt aber nur für die<br />
Vorsorgevollmacht <strong>und</strong> die<br />
Betreuungsverfügung. Nicht erfasst wird<br />
die reine Patientenverfügung, weil es sich<br />
nicht an das Betreuungsgericht, sondern<br />
an den Bevollmächtigten oder Betreuer<br />
wendet. Letzteres ist aber nicht so<br />
praktisch erheblich, da zu einem grossen<br />
Teil die Pateintenverfügung in der<br />
Vorsorgevollmacht als Vorsorgepaket<br />
enthalten ist. Für Sie sollte gelten, dass<br />
sämtliche Erklärungen, die in diese<br />
Richtung gehen, den Betreuungsgericht<br />
mitgeteilt werden.<br />
Vorsorgeregister<br />
Durch das Gesetz vom 23.4.2004 zur Registrierung<br />
von Vorsorgeverfügungen, das am 31.7.2004 in Kraft<br />
trat, wurden die gesetzlichen Rahmenbedingungen für<br />
das Zentrale Vorsorgeregister der BNotK (Im Internet<br />
erreichbar unter www.vorsorgeregister.de bzw<br />
www.bnotk.de) geschaffen, in dem Vorsorgevollmachten<br />
gegen eine geringe, einmalige Gebühr von ca<br />
15 bis 25 Euro registriert (nicht: hinterlegt!) werden<br />
können. Dabei werden im Vorsorgeregister mittlerweile<br />
nicht nur notarielle, sondern auch sonstige (insbes<br />
privatschriftliche oder anwaltliche) Vorsorgevollmachten<br />
auf Antrag erfasst. Dies gilt auch für Vorsorgevollmachten,<br />
die mit Betreuungs- <strong>und</strong><br />
Patientenverfügungen kombiniert sind. Die Erfassung<br />
isolierter Patientenverfügungen ist dagegen nicht möglich.<br />
Dies wäre auch nur bedingt sinnvoll, weil sich<br />
diese primär nicht an das Betreuungsgericht, sondern<br />
an die behandelnden Ärzte (sowie an den Betreuer<br />
oder Bevollmächtigten des betroffenen Patienten) richten,<br />
denen gegenüber aber keine Auskunftsverpflichtung<br />
besteht.
Gr<strong>und</strong>züge des Erbrechts<br />
Dr. jur. I. Schulze-Heiming, Fachanwältin für Familien- <strong>und</strong> Erbrecht, Datteln<br />
Das gesetzliche Erbrecht<br />
Das Erbrecht des BGB sieht in den §§ 1924 ff. ein<br />
sogenanntes´ Verwandtenerbrecht für die<br />
Hinterbliebenen des Erblassers vor.<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich wird danach auf die Blutsverwandtschaft<br />
abgestellt – in Ausnahmefällen genügt aber auch eine<br />
rechtliche Verwandtschaft, wie z. B. nach einer Adoption.<br />
Die gesetzlichen Erben erster Ordnung sind die<br />
Abkömmlinge des Erblassers. Neben adoptierten<br />
Kindern werden seit dem Erbrechtsgleichstellungsgesetz<br />
vom 16.12.1997, das zum 1.4.1998 in Kraft getreten ist,<br />
auch nichteheliche Kinder als gesetzliche Erben erster<br />
Ordnung angesehen. Ist ein direkter Abkömmling (Kind)<br />
des Erblassers bereits vorverstorben <strong>und</strong> hinterlässt er<br />
selbst eigene Abkömmlinge (Enkel), dann treten diese<br />
an die Stelle ihrer vorverstorbenen Eltern (Eintrittsrecht).<br />
Hinterlässt ein Abkömmling keine eigenen Abkömmlinge,<br />
dann wächst sein Anteil den übrigen Erben an<br />
(Anwachsung). Das Ehegattenerbrecht ( <strong>und</strong> das<br />
Erbrecht des eingetragenenen gleichgeschlechtlichen<br />
Lebenspartners ) sind im Gesetz gesondert geregelt. Im<br />
folgenden soll anhand von Beispielen das<br />
Verwandtenerbrecht erläutert werden, wobei wir mit<br />
Absicht an dieser Stelle nicht auf das Ehegattenerbrecht<br />
eingehen.<br />
Alternative 1:<br />
E hinterlässt zwei Söhne aus einer früheren Beziehung<br />
Erblasser E<br />
S 1 S 2<br />
Der Erblasser hat eigene Abkömmlinge. Er wird also von<br />
seinen Söhnen zu je gleichen Anteil beerbt. Wenn ein<br />
Sohn vorverstorben ist, aber Kinder hinterlassen hat, so<br />
treten anstelle des vorverstorbenen Elternteils dessen<br />
Kinder.<br />
Erblasser E<br />
S 1 S 2<br />
E<br />
Alternative 2:<br />
E hinterlässt keine Kinder. Seine Eltern <strong>und</strong> sein<br />
einziger<br />
Bruder leben noch.<br />
Mutter Vater<br />
Erblasser E Bruder<br />
Sind beim Tode des Erblassers keine Abkömmlinge<br />
(Kinder,<br />
Enkel, Urenkel) vorhanden, dann sind seine Eltern <strong>und</strong>,<br />
wenn<br />
diese bereits vorverstorben sind, seine Geschwister zu<br />
gesetzlichen Erben berufen (Erben zweiter Ordnung).<br />
Erben im Fall 2 werden also zu gleichen Teilen die noch<br />
lebenden Elternteile. Der Bruder würde nur dann erben,<br />
wenn ein Elternteil vorverstorben wäre. Er erhält dann<br />
den Erbteil des vorverstorbenen Elternteils.
Gesetzliche Erbfolge<br />
Alternative 3:<br />
E hinterlässt keine Kinder <strong>und</strong> keine Geschwister. Seine<br />
Eltern sind vorverstorben. Es leben aber noch die<br />
Großeltern. .<br />
Großmutter Großvater Großmutter Großvater<br />
Mutter Vater<br />
Alternative 4:<br />
Erblasser E<br />
Vater <strong>und</strong> Mutter sind vorverstorben. Der Nachlaß fällt<br />
also in die Großelterngeneration <strong>und</strong> zwar zu ½ (<br />
jeweils ¼ ) zugunsten der Großeltern väterlicherseits<br />
<strong>und</strong> zu ½ ( jeweils ¼ ) zugunsten der Großeltern<br />
mütterlicherseits.<br />
A hinterlässt keine Abkömmlinge. Vater <strong>und</strong> Mutter sind vorverstorben Der Großvater väterlicherseits ist ebenfalls<br />
vorverstorben. Die Großmutter väterlicherseits lebt noch. Die Großeltern mütterlicherseits sind beide vorverstorben,<br />
haben aber noch zwei lebende Abkömmlinge.<br />
Großmutter Großvater Großmutter Großvater<br />
Mutter Vater<br />
Erblasser E<br />
Geschwis<br />
ter<br />
Geschwis<br />
ter
Sind Großeltern vorverstorben, so vererbt sich der jeweilige Anteil wieder an ihre Kinder. Sind keine Abkömmlinge<br />
eines verstorbenenen Großelternteils vorhanden, so fällt sein Anteil an den Großelternteil derselben Linie. Erst wenn<br />
beide Großelternteile einer Linie verstorben sind <strong>und</strong> von ihnen auch keine Abkömmlinge vorhanden sind, fällt der<br />
Anteil gesamt in die andere Großelternlinie. Also:<br />
Jeweils ½ Erbanteil geht zunächst auf die Eltern des Erblassers. Diese leben nicht mehr, so dass der ½ Erbanteil<br />
von Vater <strong>und</strong> Mutter in die jeweilige Großelterngeneration geht. Der Großvater väterlicherseits lebt nicht mehr. Sein<br />
Anteil ( ¼ ) geht komplett auf die noch lebende Großmutter väterlicherseits. Diese erbt also zu ½. Auf der Seite der<br />
Mutter sind beide Großelternteile verstorben. Der je ¼ Anteil Großmutter <strong>und</strong> Großvater geht auf die noch lebenden<br />
Abkömmlinge, also Onkel <strong>und</strong> Tante des Erblassers. Von der Großmutter <strong>und</strong> Großvater bekommen die noch<br />
lebenden Abkömmlinge je ¼.<br />
Schaubild<br />
Halbgeschwister<br />
Erben 3. Ordnung<br />
Großmutter Großvater Großmutter Großvater<br />
Tanten/ Onkel<br />
Cousinen/Cousins<br />
Erben 2. Ordnung<br />
Mutter Vater<br />
Geschwister Halbgeschwister<br />
Nichten / Neffen Nichten / Neffen Nichten / Neffen<br />
Erben 1. Ordnung<br />
Erblasser<br />
Tanten/ Onkel<br />
Cousinen/Cousins<br />
Ehegatte/ eingetr.<br />
Lebenspartner<br />
Nichteheliche Kinder Eheliche Kinder Adoptierte Kinder<br />
Enkel Enkel Enkel
Ehegattenerbrecht<br />
Dem Ehegatten des Erblassers <strong>und</strong> dem eingetragenen<br />
gleichgeschlechtlichen Lebenspartner steht ein eigenes<br />
Erbrecht zu (§ 1931 BGB, § 10 Abs. 1 LPartG), um<br />
dessen Versorgung sicherzustellen. Die Höhe des<br />
Erbrechts richtet sich zum einen danach,neben welchen<br />
Verwandten (erster Ordnung, zweiter oder dritter<br />
Ordnung) die Erbfolge eintritt <strong>und</strong> zum anderen danach,<br />
in welchem Güterstand die Eheleute bzw. Lebenspartner<br />
im Zeitpunkt des Erbfalls gelebt haben. Gemäß § 1931<br />
BGB erbt der Ehegatte neben Erben erster Ordnung,<br />
also neben den Abkömmlingen des Erblassers, zu 1/4<br />
<strong>und</strong> neben den Erben zweiter Ordnung, also den Eltern<br />
<strong>und</strong> Geschwistern des Erblassers, zu 1/2. Gleiches gilt<br />
für den eingetragenen Lebenspartner. Waren die<br />
Eheleute darüber hinaus im gesetzlichen Güterstand<br />
der Zugewinngemeinschaft (also ohne notariellen<br />
Ehevertrag) verheiratet bzw. war zwischen den<br />
Lebenspartnern Ausgleichsgemeinschaft vereinbart,<br />
dann erhöht sich die Erbquote des Längstlebenden<br />
jeweils um ein weiteres 1/4, also neben den Erben<br />
erster Ordnung auf ½ <strong>und</strong> neben den Erben zweiter<br />
Ordnung auf 3/4. Sind weder Erben erster noch zweiter<br />
Ordnung vorhanden, dann wird der Längstlebende<br />
Alleinerbe, wenn auch die Großeltern des Erblassers<br />
vorverstorben sind.<br />
Beispiel:<br />
Ehemann stirbt ohne letztwillige Verfügung <strong>und</strong> hinterläßt<br />
seine Ehefrau, mit der er in dem gesetzlichen Güterstand<br />
lebt, <strong>und</strong> zwei Kinder.<br />
Erblasser<br />
Ehegatte/ eingetr.<br />
Lebenspartner<br />
¼ Erbteil ¼ Zugewinn<br />
Kind 1 Kind 2<br />
¼ Erbteil ¼ Erbteil<br />
Beispiel:<br />
Ehemann stirbt ohne letztwillige Verfügung <strong>und</strong> hinterläßt<br />
seine Ehefrau. Er hat keine Kinder. Seine Eltern leben<br />
noch.<br />
1/8 1/8<br />
Mutter<br />
Erblasser<br />
Vater<br />
.<br />
Ehegatte/ eingetr.<br />
Lebenspartner<br />
½ Erbteil ¼ Zugewinn
Erbrechtliche / Güterrechtliche Lösung<br />
Die Ehefrau kann ausschlagen <strong>und</strong> hat dennoch die<br />
Möglichkeit ihren Pflichtteil geltend zu machen. ( §§<br />
2303 Abs. 2 S.- 2 BGB iVm. § 1371 BGB ) Diese<br />
Möglichkeit sieht das Gesetz nur für den Ehegatten<br />
vor. Der Pflichtteil ist immer ½ des zustehenden Erbanspruches.<br />
Der Pflichtteil wird aber nur nach dem<br />
gesetzlichen Erbteil ( also ¼ ohne Berücksichtigung<br />
des pauschalierten Zugewinnanteils ) berechnet. Der<br />
Pflichtteil beträgt also nur 1/8. Schlägt die Ehefrau also<br />
aus, erhält sie ihren Pflichtteil <strong>und</strong> ihren tatsächlichen<br />
Zugewinn, der errechnet werden muß. In manchen Fällen<br />
kann es sinnvoll sein, zur Ausschlagung zu raten, da<br />
der Zugewinnausgleich steuerfrei ist.<br />
Erbrechtliche Lösung<br />
Erblasser<br />
Kind<br />
½ Erbteil<br />
500.000 €<br />
Beispiel:<br />
Der Erblasser hat aus einer anderen Beziehung ein Kind.<br />
Er ist mit seiner überlebenden Ehefrau kinderlos<br />
verheiratet <strong>und</strong> lebte mit ihr im gesetzlichen Güterstand.<br />
In der Ehe hat der Ehemann sehr viel Vermögen<br />
erwirtschaftet. Für den Fall der Scheidung hätte sich ein<br />
Zugewinnausgleich in Höhe von 500.000,- € zugunsten<br />
der Ehefrau errechnet. Der Gesamtnachlaß des<br />
Erblassers beträgt 1000000,-€.<br />
Ehegatte/ eingetr.<br />
Lebenspartner<br />
¼ Erbteil ¼ Zugewinn<br />
500.000 €<br />
Güterrechtliche Lösung<br />
Erblasser<br />
Kind<br />
100 % Erbe,<br />
aber muß Pflichtteil <strong>und</strong><br />
Zugewinn zahlen, dh. nur<br />
375.000,- €<br />
Ehegatte/ eingetr.<br />
Lebenspartner<br />
1/8 Pflichtteil<br />
+ tatsächlichen Zugewinn<br />
125.000 € + 500.000 €
Schaubild
Wichtig:<br />
Das Voraus der Ehegatten gemäß § 1932 BGB<br />
Der überlebende Ehegatte erlangt als gesetzlicher Erbe<br />
– nicht als gewillkürter Erbe – auch noch einen Anspruch<br />
auf das Voraus, d.h. auf die zum ehelichen Haushalt<br />
gehörenden Gegenstände, soweit sie nicht Zubehör<br />
eines Gr<strong>und</strong>stückes sind, <strong>und</strong> auf die<br />
Hochzeitsgegenstände. Neben Erben der 2. Ordnung<br />
oder Großeltern steht der Anspruch dem überlebenden<br />
Ehegatten gr<strong>und</strong>sätzlich zu, neben Erben der 1. Ordnung<br />
( Kinder ) nur dann , wenn sie zur Führung eines<br />
angemessenen Haushaltes benötigt werden. Das Voraus<br />
ist kein Sondererbrecht, sondern ein schuldrechtlicher<br />
Anspruch gegen die Erben.<br />
Die Erbengemeinschaft<br />
Hinterlässt ein Erblasser mehrere Erben (nach<br />
Verwandten- oder Ehegattenerbrecht), dann kommt es<br />
im Falle seines Todes zu einer Erbengemeinschaft, wenn<br />
er kein hiervon abweichendes Testament oder keinen<br />
Erbvertrag errichtet hat. Die Erbengemeinschaft ist eine<br />
Gesamthandsgemeinschaft. Dies bedeutet, dass jedem<br />
der Miterben ein entsprechend seiner Erbquote zu<br />
bemessender Anteil am Gesamtnachlass zusteht, mit<br />
der Maßgabe, dass nur alle Erben gemeinschaftlich über<br />
den Nachlass verfügen können. Will einer der Erben über<br />
Nachlassgegenstände verfügen, diese insbesondere<br />
veräußern, so muss die Erbengemeinschaft aufgelöst<br />
<strong>und</strong> jedem Erben sein Anteil am Nachlass zugeteilt<br />
werden. Die Auflösung kann jedoch nur mit Zustimmung<br />
aller Erben gemeinsam erfolgen. Wird eine<br />
einvernehmliche Auseinandersetzung<br />
hierbei nicht erreicht, so hat jeder Miterbe das Recht,<br />
Nachlassgegenstände durch Teilungsversteigerung oder<br />
Pfandverkauf verwerten zu lassen. Der hierbei erzielte<br />
Erlös wird unter den Erben entsprechend ihrer Erbquote<br />
aufgeteilt.<br />
Anrechnungs- <strong>und</strong> Ausgleichspflichten<br />
Sie legen fest, ob <strong>und</strong> im welchen Umfang Kinder des<br />
Erblassers sich untereinander Zuwendungen zu Lebzeiten<br />
des Erblassers bei der Auseinandersetzung des<br />
Nachlasses anrechnen lassen bzw. ausgleichen müssen.<br />
Gr<strong>und</strong>voraussetzungen :<br />
1.<br />
Der Erblasser muß mehrere Kinder hinterlassen haben<br />
2.<br />
Die Kinder müssen gesetzliche Erben sein, also nicht<br />
durch Testament bestimmt. ( bei testamentarischen<br />
Erben greift die Ausgleichspflicht nur dann, wenn die<br />
Kinder zu Erben mit gleich hoher Erbquote eingesetzt<br />
wurden )<br />
Beispiel:<br />
Der Erblasser war im gesetzlichen Güterstand der Zuge-<br />
winngemeinschaft verheiratet. Er hat ein Testament<br />
hinterlassen <strong>und</strong> seine Ehefrau zu ½ <strong>und</strong> seine beiden<br />
Kinder zu einer Quote in Höhe von je ¼ eingesetzt.<br />
Eines der Kinder hat noch zu Lebzeiten des Vaters für<br />
ein Praxisgründung 50.000,- € erhalten. Der Nachlass<br />
beträgt 400.000,- .<br />
Die Kinder sind zu gleich hohen Erbquoten eingesetzt.<br />
Die Ausgleichung ist testamentarisch nicht ausge-<br />
schlossen. Im Testament befindet sich keine eindeutige<br />
Zuwendungen für<br />
Ausbildung <strong>und</strong> Beruf<br />
wie Einkommensersatz<br />
nur dann<br />
ausgleichspflichtig, wenn in<br />
Relation zu den<br />
Vermögensausbildung der<br />
Erblassers ein Übermaß.<br />
Zuwendung zur Gründung<br />
einer eigenen Existenz eines<br />
Erben sind gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
ausgleichspflichtig,<br />
unabhängig ob ein Übermaß<br />
vorliegt. ( finanzielle<br />
Unterstützung bei<br />
Geschäftsgründung,<br />
Hausbau etc. )<br />
Im Ausgangsfall ist der Betrag ( 50.000,- € ) ausgleichspflichtig.<br />
Berechnung :<br />
1. Quote der beiden Kinder: je 100.000,- €<br />
2. Quote unter Berücksichtigung der Zuwendung, je<br />
Kind 125.000,-€<br />
Kind, welches die Zuwendung nicht erhalten hat,<br />
bekommt 125.000,-€ ungekürzt. Das begünstigte Kind<br />
muß sich 50.000,-€ anrechnen lassen, erhält also<br />
75.000,-€.
Pflichtteilsrecht<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich kann jeder Erblasser über sein Vermögen,<br />
sowohl zu Lebzeiten, als auch von Todes wegen, frei<br />
verfügen. Enterbt ein Erblasser durch Testament aber<br />
einen seiner nahen Angehörigen, so steht diesem ein<br />
sog. Pflichtteilsanspruch zu (§ 2303 BGB). Das<br />
Pflichtteilsrecht steht dem Ehegatten, dem eingetragenen<br />
gleichgeschlechtlichen Lebenspartner (§ 10 Abs. 1<br />
LPartG) <strong>und</strong> den Abkömmlingen des Erblassers zu. Sind<br />
keine Abkömmlinge vorhanden, dann haben auch die<br />
Eltern des Erblassers ein Pflichtteilsrecht. Nicht<br />
pflichtteilsberechtigt sind dagegen die Geschwister<br />
<strong>und</strong> entferntere Verwandte. Der Pflichtteilsanspruch<br />
beläuft sich auf die Hälfte des gesetzlichen Erbteils <strong>und</strong><br />
bemisst sich nach der Höhe des zum Zeitpunkt des<br />
Todes vorhandenen Nachlasses. Hat der Erblasser<br />
weniger als 10 Jahre vor seinem Tod Gegenstände<br />
verschenkt, dann werden diese für die<br />
Pflichtteilsberechnung mit in den Nachlass<br />
eingerechnet, wobei Besonderheiten bei<br />
Schenkungen zwischen Ehegatten <strong>und</strong><br />
eingetragenen Lebenspartnern sowie bei Schenkung<br />
unter Nießbrauchsvorbehalt zu beachten sind. Hier<br />
bedarf es der anwaltlichen Beratung.<br />
Erbfolge durch Testament<br />
Das Testament bewirkt die unmittelbare Abänderung der<br />
gesetzlichen Erbfolge. Durch die Errichtung eines<br />
Testamentes oder Erbvertrages werden viele mit der<br />
starren gesetzlichen Erbfolge verb<strong>und</strong>ene<br />
Ungerechtigkeiten <strong>und</strong> Gefahren entschärft. Der<br />
Erblasser hat es in der Hand, den Übergang seines<br />
Vermögens exakt zu steuern <strong>und</strong> insbesondere<br />
diejenigen zu belohnen, die sich um ihn, nahe<br />
Angehörige bzw. um die Anschaffung bzw. den Erhalt<br />
seines Vermögens verdient gemacht haben.<br />
Das gemeinschaftliche Testament<br />
Ehegatten <strong>und</strong> eingetragenen gleichgeschlechtlichen<br />
Lebenspartnern gibt das Gesetz die Möglichkeit, ihre<br />
Vermögensverhältnisse im Todesfall im gegenseitigen<br />
Einvernehmen zu regeln. Hier ist es ausreichend, dass<br />
der Text des Testamentes nur von einem<br />
Ehegatten/Lebenspartner handschriftlich geschrieben<br />
<strong>und</strong> unterschrieben wird, während der andere<br />
Ehegatte/Lebenspartner nur mitunterschreibt.<br />
Eine Bindungswirkung entsteht z. B. bei gegenseitiger<br />
Erbeinsetzung sowie der Erbeinsetzung einer dritten<br />
Person bei Versterben auch des zweiten Testierenden.<br />
Der häufigste Fall ist die Erbeinsetzung<br />
ehegemeinschaftlicher Kinder sowie naher Verwandter<br />
zu sogenannten Schlusserben. Wird die Bindung nicht<br />
ausgeschlossen oder modifiziert, so kann zu Lebzeiten<br />
beider Ehegatten/Lebenspartner nur erschwert durch<br />
notariellen Widerruf eine Änderung des Testaments<br />
erfolgen. Nach dem Ableben des Erstversterbenden<br />
kann man sich nur noch durch Ausschlagung von der<br />
eingetretenen erbrechtlichen Bindung befreien.
Berliner Testament<br />
Bei einem Berliner Testament setzen sich Eheleute<br />
gegenseitig zu Alleinerben ein <strong>und</strong> bestimmen gleichzei-<br />
tig einen Dritten zum Erben des Längstlebenden. Die<br />
Rechtsposition des überlebenden Ehegatten bestimmt<br />
sich danach, ob die Eheleute sich gegenseitig zu Voller-<br />
ben oder Vorerben einsetzen. Das hat schon rechtliche<br />
Konsequenzen, die im folgenden erläutert werden.<br />
Eheleute setzen sich gegenseitig zu Vorerben ein.<br />
Der von ihnen gewählte Dritte ( zumeist Kinder ) soll<br />
Nacherbe werden. Ehefrau hat schon ein eigenes<br />
Vermögen von 200.000,-€.<br />
Erblasser<br />
500.000 €<br />
Kind<br />
Kind<br />
Ehefrau<br />
200.000 €<br />
Vorerbin : 500.000 €<br />
Eigenes Vermögen: 200.000,- €<br />
Wenn auch die Ehefrau verstorben ist,<br />
erbt das Kind 500.000,- € vom Vater<br />
Und 200.000 € von der Mutter<br />
Steuerberater empfehlen dieses Modell, da sich<br />
so besser die steuerrechtlichen Freibeträge<br />
ausnutzen lassen. Nachteil der Trennungslösung (<br />
Bildung von zwei Vermögensmassen ) ist, dass der<br />
Vorerbe schon bestimmten Verfügungsbeschränkungen<br />
unterliegt. ( Er kann nur bei Befreiung über das ererbte<br />
Vermögen verfügen, ansonsten hält er mehr oder<br />
weniger den Nachlass des vorverstorbenen Ehegatten „<br />
treuhänderisch „ <strong>und</strong> hat nur ein Nutzungsrecht. Sinn<br />
<strong>und</strong> Zweck der Nach-/-Vorerbschaft ist es, den Nachlass<br />
ungekürzt in das Vermögen des Nacherben zu bringen.<br />
Wegen der Beschränkungen wünschen viele Eheleute –<br />
unabhängig von der Ausnutzung der steuerrechtlichen<br />
Freibeträge - , dass der überlebende Ehegatte Vollerbe<br />
<strong>und</strong> der gewählte Dritte nach Versterben des<br />
längstlebenden Ehegatten Schlusserbe wird.<br />
Erblasser<br />
500.000 €<br />
Kind<br />
Schenkungen zu Lebzeiten<br />
Kind<br />
Ehefrau<br />
200.000 €<br />
Vermischung: insgesamt<br />
700.000- €<br />
Wenn auch die Ehefrau verstorben ist,<br />
erbt das Kind 700.000,- € von Mutter<br />
Es entspricht einem Wunsch sowie einem Bedürfnis,<br />
seinen Kindern schon zu Lebzeiten Vermögensgegen-<br />
stände zukommen zu lassen. Viele Eltern sind zu Recht<br />
der Auffassung, dass ein Zuwarten des Vermögensü-<br />
berganges auf die Kinder bis zum Tode des längstleben-<br />
den Ehegatten wenig sinnvoll ist, da die Kinder dann<br />
selbst schon im vorgerückten Lebensalter sind <strong>und</strong> das<br />
ererbte Vermögen dann nicht mehr so dringend benöti-<br />
gen, wie dies in jungen Jahren der Fall ist. Mit lebzei-<br />
tigen Übergaben können darüber hinaus erhebliche<br />
später anfallende Erbschafts- aber auch Einkommens-<br />
steuern gespart werden. Viele möchten auch verhin-<br />
dern, dass bei einer späteren Heimunterbringung der<br />
Staat auf das Vermögen zugreifen kann. Dieses sind<br />
alles Gründe, die dafür sprechen können, zu Lebzeiten<br />
Vermögen zu übertragen.<br />
Die schenkende Generation kann man durch<br />
Rückübertragungsansprüche für bestimmte Fälle wie<br />
Vorversterben des beschenkten Kindes, Scheidung,<br />
Insolvenz etc.. absichern. Zumeist behält sich die<br />
schenkende Generation, soweit es um Immobilien geht,<br />
ein Nießbrauchrecht oder Wohnrecht vor.
Der Elternunterhalt<br />
Dr. jur. I. Schulze-Heiming, Fachanwältin für Familien- <strong>und</strong> Erbrecht, Datteln<br />
Der Elternunterhalt gewinnt aufgr<strong>und</strong> der immer<br />
älter werdenden Bevölkerung an Bedeutung. Der<br />
Elternunterhalt war in der Vergangenheit schwer<br />
zu händeln, kaum noch einem Mandanten<br />
nachvollziehbar zu erklären, weil diese Form des<br />
Unterhaltes sehr stark durch die Rechtsprechung<br />
des B<strong>und</strong>esgerichtshofes geprägt war. Zudem<br />
kam, dass auch nach dieser oftmals auch ein<br />
wenig wankenden Rechtsprechung, am Ende<br />
immer auf den Einzelfall verwiesen wurde. Das hat<br />
sich seit einer gr<strong>und</strong>legenden Entscheidung des<br />
B<strong>und</strong>esgerichthofes im November 2010 zumindest<br />
in Bezug auf die Berechnungsweise geändert,<br />
sodass man heute in der allgemeinen<br />
Beratungspraxis zumindest eine Berechnung<br />
präsentieren kann, von der man weiss, dass auch<br />
die unteren Gerichte diese Art der Berechnung<br />
anwenden. Eine gewisse Sicherheit ist damit<br />
eingetreten.<br />
Da diese Berechnung leicht verständlich <strong>und</strong> auch<br />
für den juristischen Laien nachvollziehbar ist,<br />
möchten wir - bevor es um Begriffe wie Bedarf,<br />
Leistungsfähigkeit etc.. geht - die Berechnung<br />
vorstellen.<br />
Bsp.: stark verkürzter Sachverhalt, der der<br />
Entscheidung aus November 2010 zugr<strong>und</strong>e lag.<br />
Die 96-jährige Mutter des Beklagten lebt in einem<br />
Seniorenheim. Rente, Pflegegeld, Wohngeld<br />
reichen nicht aus, um die Heimkosten zu decken.<br />
Es besthet ein Fehlbedarf in Höhe von 800,- €.<br />
Der Beklagte, selbst schon 70 Jahre, bezieht eine<br />
Altersrente in Höhe von 3000,- €. Seine Ehefrau,<br />
Berechnung des BGH: ( mit den damals geltenden<br />
Selbstbehalt )<br />
Einkommen des<br />
unterhaltspflichtigen Ehemannes: 3.000,- €<br />
Einkommen der mit ihm<br />
zusammenlebenden Ehefrau: 1.000,- €<br />
_______________________________________<br />
Familieneinkommen 4.000,- €<br />
- Selbstbehalt 2.450,- €<br />
_______________________________________<br />
verbleiben 1.550,- €<br />
- Haushaltsersparnis 10 %<br />
von 1550,- € 155,- €<br />
________________________________________<br />
bereinigt 1.395,- €<br />
davon 1/2 697,- €<br />
+ Selbstbehalt 2.450,- €<br />
_______________________________________<br />
sogenannter indiv.<br />
Selbstbehalt 3.147, 50 €<br />
Anteil des unterhalts-<br />
verpflichteten Sohn<br />
( 3000,- € / 1000,- € ) 75 %<br />
75 % des indiv. Selbstbehaltes<br />
( also von 3.147,- € ) 2.360,63 €<br />
Einkommen des unterhalts-<br />
pflichtigen Sohnes 3.000,00 €<br />
Einsetzbar für den<br />
Elternunterhalt 639, 37 €<br />
Der Sohn muss sich in Höhe von 639,37 € an dem<br />
Fehlbedarf beteiligen.<br />
Fragen Sie jetzt nicht warum, sondern akzeptieren<br />
Sie diese Berechnung <strong>und</strong> verwenden Sie diese<br />
Berechnung wie eine Art Kochrezept. Sicherlich wäre<br />
es interessant <strong>und</strong> spannend zu erörtern, warum der<br />
B<strong>und</strong>esgerichtshof letztlich zu dieser<br />
Berechnungsweise gekommen ist. Das würde aber<br />
den Rahmen einer solchen Veranstaltung sprengen.<br />
Wir haben auch in diesem Beispiel - da dieses Urteil<br />
selbst in der Bild-Zeitung veröffentlicht wurde - mit<br />
den damals geltenden Selbstbehalten gerechnet.<br />
Aktuell beträgt der Selbstbehalt für den<br />
Unterhaltsschuldner 1500,- € <strong>und</strong> 1200,- € für den<br />
mit dem unterhaltspflichtigen zusammen lebenden<br />
Ehegatten. Setzt man den neuen Selbstbehalt, 2700,-<br />
€ ein, reduziert sich der Betrag in dem zu<br />
entscheidenden Fall des BGH auf: 536,- €
Bei einer Einzelperson, mit neuen Selbstbehalt<br />
ergibt sich folgende Berechnung, wenn man von<br />
einem Renteneinkommen in Höhe von 3000,- €<br />
ausgeht.<br />
Einkommen: 3.000,- €<br />
Selbstbehalt 1.500,- €<br />
__________________________________<br />
bereinigt 1.500,- €<br />
davon 1/2: 750,- €<br />
Ein nicht verheirateter Unterhaltsschuldner müßte<br />
also in dem Beispielfall 750,- € aufwenden.<br />
Wenn die Berechnungsweise - ohne sich zu<br />
hinterfragen - klar ist, können wir uns jetzt mit der<br />
Bedarfsermittlung <strong>und</strong> der Leistungsfähigkeit des<br />
Unterhaltsschuldners beschäftigen.<br />
Bedarf des Unterhaltsgläubigers<br />
Darunter sind die tatsächlich anfallenden Kosten in<br />
der Pflegesituation zu verstehen.<br />
Darunter fallen:<br />
- Kosten der notwendigen Heimunterbringung<br />
- angemessenes Taschengeld<br />
- Mittel für den persönlichen Bedarf zur Körperpflege<br />
Im Fall der Heimunterbringung kann ein in Anspruch<br />
genommenes Kind einwenden, dass der Bedarf an<br />
Unterkunft <strong>und</strong> Pflege kostengünstiger gedeckt<br />
werden kann, wenn es dem pflegebedürftigen<br />
Elternteil zumutbar ist, auf eine kostengünstigere<br />
Alternative verwiesen zu werden.<br />
Bedarfsdeckung durch den Unterhaltsgläubiger<br />
Dann ist zu prüfen, inwieweit der Unterhaltsgläubiger<br />
durch eigene Mittel diesen Bedarf decken kann.<br />
Dazu sind sämtliche Einkünfte der Eltern zu<br />
berücksichtigen. Auch die<br />
Kindererzeihungsleistungen gemäss § 294 SGB XI<br />
sind als Eigeneinkommen zu berücksichtigen. Viele<br />
Sozialämter sehen dieses anders, weil die<br />
Kindererziehungsleistungen bei der Sozialhilfe<br />
unberücksichtigt bleiben. Es ist aber höchstrichterlich<br />
geklärt, dass diese Leistungen beim Elternunterhalt<br />
als eigenes Einkommen einzusetzen ist.<br />
Darüberhinaus sind Eltern darauf zu verweisen,<br />
vorrangige Ansprüche zur Deckung ihres eigenen<br />
Unterhalts geltend zu machen. Dazu gehören<br />
insbesondere:<br />
- Rückforderungsansprüche wegen der Verarmung<br />
des Schenkers , sofern der 10 Jahreszeitraum noch<br />
nicht vergangen ist.<br />
- Inanspruchnahme/ Verwertung dinglicher Rechte<br />
wie Niessbrauch, Leibrenten,<br />
Versorgungsversprechen usw..<br />
Einsatz des eigenen Vermögen<br />
Es muss gr<strong>und</strong>sätzlich jeder Vermögenswert<br />
verwertet werden.<br />
Irrtümer in der Praxis:<br />
Die selbst bewohnte oder noch vom Ehegatten<br />
bewohnte Immobilie ist beim Unterhalt nicht zu<br />
berücksichtigen.<br />
Falsch<br />
Ein Elternteil ist nicht bedürftig, wenn er über<br />
Immobilienvermögen verfügt, auch wenn der andere<br />
Ehegatte diese noch bewohnt. Sofern die Eltern<br />
gemeinsame Eigentümer eines Hauses sind <strong>und</strong> das<br />
Haus noch von einem Elternteil bewohnt wird,<br />
verlangt der Sozialhilfeträger in der Regel nicht die<br />
Verwertung des Hauses. Entweder gewährt er in<br />
diesen Fällen die Sozialhilfe als nicht rückforderbare<br />
Beihilfe oder gewährt ein Darlehen, welches auf dem<br />
Gr<strong>und</strong>stück abgesichert wird. In beiden Fällen ist eine<br />
Inanspruchnahme der Kinder ausgeschlossen.<br />
Wechselt ein Ehegatte ( oder auch Lebensgefährte )<br />
in ein Pflegeheim, sind wir getrennt, sodass das<br />
Einkommen des anderen Ehegatten (<br />
Lebensfgefährten ) nicht mehr in die<br />
Bedarfsgemeinschaft fällt.<br />
Falsch<br />
Der Wechsel in ein Pflegeheim führt nicht zu einer<br />
Trennung. Sozialhilferechtlich besteht weiterhin eine<br />
Bedarfsgemeinschaft.<br />
Schonvermögen der Eltern<br />
Hier geht es nur um den sogenannten Notgroschen,<br />
den das SGB XII dem im Pflegeheim untergebrachten<br />
Bedürftigen belässt. Dieser beträgt aktuell 2.600,- €<br />
zzgl. 614,- € für den Ehegatten <strong>und</strong> 256,- € für jede<br />
weitere unterhaltende Person.<br />
Ist geklärt, dass die Eltern den Bedarf nicht aus<br />
eigenen Mitteln <strong>und</strong> eigenen Vermögen bestreiten<br />
können, kommt man zur Frage, ob ein andere dem<br />
Elternteil unterhaltspflichtig ist.<br />
Unterhaltspflicht: Wer ist unterhaltsverpflichtet ?<br />
Verwandte gerader Linie sind unterhaltsverpflichtet,<br />
somit auch die Kinder gegenüber ihren eigenen<br />
Eltern.<br />
Leistungsfähigkeit des Kindes<br />
Das erwachsene Kind hat im Rahmen des<br />
Elternunterhaltes sämtliches Einkommen<br />
einzusetzen.
Einkommensermittlung:<br />
- Nicht Selbstständige<br />
durchschnittliches Einkommen aus den letzten 12<br />
Monaten vor Inanspruchnahme<br />
- Selbstständige<br />
durchschnittliches Einkommen aus den letzten drei<br />
Jahren<br />
- Einkünfte aus Vermietung <strong>und</strong> Verpachtung<br />
- Kapitaleinkünfte<br />
- Steuererstattung<br />
- Wohnwert der selbstgenutzten Immobilie<br />
vgl. Extra-Punkt<br />
Einkommensbereinigung<br />
- Darlehensverpflichtung, auch Konsumkredite, wenn<br />
der Kreditvertrag vor der Inanspruchnahme auf<br />
Elternunterhalt abgeschlossen wurde. ( bei Übergang<br />
auf den Sozialhilfeträger ist dieses die<br />
Überleitungsanzeige )<br />
- vorrangige Unterhaltspflichten: Darunter fallen<br />
Unterhaltsverpflichtungen gegenüber<br />
unterhaltsberechtigten eigenen Kindern, dessen Höhe<br />
nach der Düsseldorfer Tabelle ermittelt wird. Gleiches<br />
gilt für Unterhaltsansprüche gegenüber geschiedenen<br />
Ehegatten oder auch gegenüber getrennt lebenden<br />
Ehegatten.<br />
- Altersvorsorge, bei einem Angestellten in der Regel<br />
5 % des Bruttoeinkommens; bei einem<br />
Selbstständigen 20 % des Bruttoeinkommens,,<br />
jeweils mit entsprechenden Nachweis.<br />
- berufsbedingte Aufwendungen, Fahrtkosten,<br />
Anschaffungskredite für Fahrzeug,<br />
Gewerkschaftsbeitrag, Fachzeitschriften,<br />
Berufskleidung.<br />
- zusätzliche Krankenversorgung bei Beamten <strong>und</strong><br />
Selbstständigen<br />
- Zuzahlungen zur gesetzlichen Krankenversicherung<br />
- andere Versicherungen<br />
( bei Rechtschutz/ Hausrat/ Haftpflichtversicherung<br />
besteht Tendenz, dass diese Kosten aus dem<br />
Selbstbehalt zu leisten sind )<br />
wichtig: Werden Sie in Anspruch genommen,<br />
scheuen Sie sich nicht, sämtliche Ausgaben<br />
aufzulisten.<br />
Selbstgenutzte Immobilie<br />
Diese Einkommensposition ist für den rechtlichen<br />
Laien nur schwer nachvollziehbar. Es handelt sich um<br />
den Vorteil des mietfreien Wohnens. Dieser wird<br />
allgemein nach dem objektiven Wohnwert bestimmt.<br />
Nicht aber im Elternunterhalt. Hier gilt nur der<br />
subjektive Wohnwert. Der subjektive Wohnwert<br />
ist die Miete, die der Unterhaltspflichtige<br />
aufwenden müßte, wenn er eine seinen<br />
Lebensverhältnissen entsprechende Immobilie/<br />
Wohnung anmieten wollte.<br />
Die Gerichte arbeiten hier gerne mit Pauschalen <strong>und</strong><br />
nutzen den Bedarfsbetrag der für Wohnen im<br />
Selbstbehalt enthalten ist. Zumeist wird eine Kaltmiete<br />
von 440,- € , bezogen auf den Unterhaltspflichtigen,<br />
angenommen. Dieses ist aber nicht verbindlich.<br />
Von diesem Betrag werden die Zins- <strong>und</strong><br />
Tilgungslasten in vollem Umfang abgezogen, auch<br />
wenn dadurch ein negativer Wohnwert entsteht.<br />
Bezüglich der weiteren Kosten der Immoblie gilt der<br />
Gr<strong>und</strong>satz, dass nur die Kosten Berücksichtigung<br />
finden, die einem Mieter nicht auferlegt werden<br />
können. Das sind zur Zeit nur die Kosten der<br />
Verwaltung <strong>und</strong> des Geldtransfers.<br />
Schonvermögen:<br />
Kommt man im Rahmen der Unterhaltsberechnung<br />
zu dem Ergebnis, dass das in anspruch genommene<br />
Kind den Unterhalt aus den laufenden Einkünften<br />
nicht leisten kann, weil er nicht leistungsfähig ist, so<br />
stellt sich die Frage, ob er Vermögen für den<br />
Elternunterhalt verwerten muss. Gr<strong>und</strong>sätzlich muss<br />
der Unterhaltsverpflichtete auch den Stamm seines<br />
Vermögens angreifen. Ihm muss aber ein<br />
Schonvermögen bleiben. Viele Sozialämter arbeiten<br />
gerne mit Pauschalen. Die Annahme eines<br />
Schonvermögens eines Nicht Selbstständigen in<br />
Höhe von 75.000,- € darf wohl als durchschnittliches<br />
Schonvermögen angesehen werden. Ist der<br />
Unterhaltspflichtige Eigentümer/ Miteigentümer einer<br />
Immobilie, die er selbst nutzt, wird dieser Betrag auf<br />
25.000,- € reduziert. Das sind aber allenfalls<br />
Richtwerte. Die Rechtsprechung stellt auf den<br />
konkreten Einzelfall ab. Bei hohen Einkünften ist das<br />
Schonvermögen sicherlich höher anzusetzen. Die<br />
Rechtsprechung hat eine Faustformel entwickelt. Bei<br />
einem Arbeitnehmer rechnet man 5 % seines<br />
durchschnittliches Bruttoeinkommens <strong>und</strong> mulitpliziert<br />
dieses mit den Jahren bis zum Renteneintritt.<br />
Wird also ein 45 jähriger Mann, der durchschnittlich<br />
5000,- € brutto verdient, im Rahmen von<br />
Elternunterhalt in Anspruch genommen, fällt ein<br />
Betrag in Höhe von 250,- € * 12 Monate * 20 Jahre<br />
als zusätzliche Altersvorsorge in das<br />
Schonvermögen. Das wären 60.000,- €. Wie die<br />
Altersvorsorge aufgebaut wird, ist uninteressant.<br />
Dieses steht jedem frei.<br />
In diesem Bereich ist aber sehr viel streitig <strong>und</strong> unge-
klärt.<br />
Geht man davon aus, dass eine Heimunterbringung<br />
wegen einer vielleicht schon aufgetretenen<br />
Erkrankung notwendig sein wird, so besteht auch der<br />
Bedarf, eine höhere Altersvorsorge anzusparen.<br />
Ganz ungeklärt ist die Frage, wie das Schonvermögen<br />
mit zunehmenden Alter zu bewerten ist. Wird ein<br />
Rentner in Anspruch genommen, so ist dieser gerade<br />
in der Phase, seine angesparte Altersvorsorge<br />
auszugeben. Wie in diesem Fall mit einer<br />
Altersvorsorge umgegangen wird, die z.B. aus einer<br />
wertvollen, nicht selbst bewohnten Immobilie besteht,<br />
ist völlig unklar. Würde man eine solche<br />
unterhaltspflichtige Person verpflichtet sehen, den<br />
Vermögensstamm anzugreifen, so nimmt man ihr die<br />
Altersvorsorge, die gerade für das Alter<br />
aufzubrauchen ist.<br />
Hier sollte man es auf einen Streit ankommen lassen,<br />
der dann gerichtlich entschieden wird.<br />
Auch stellt sich in diesem Bereich die Frage, inwieweit<br />
z.B. Rücklagen für den Erwerb von Gegenständen,<br />
wie Erwerb eines Autos etc.., gebildet werden dürfen.<br />
Dürfen Eltern unter Anerkennung von<br />
Schonvermögen die Ausbildungskosten für ihre<br />
Kinder ansparen ( USA-Semester usw.. ) ?<br />
Das sind zum Teil wirklich ungeklärte Fragen. Aus<br />
diesem Gr<strong>und</strong> können wir nur empfehlen, sich<br />
anwaltlich beraten <strong>und</strong> den Einzelfall abklären zu<br />
lassen. Vertrauen Sie nicht irgendwelchen Internet-<br />
Seiten. Man kann pauschaliert gar keine Antwort auf<br />
diese Fragen geben. Jeder Fall ist anders <strong>und</strong> lässt<br />
auch eine andere Argumentation zu.<br />
Verwirkung des Unterhaltsanspruches<br />
Es ist möglich, sich auf eine Verwirkung des<br />
Elternunterhaltes zu berufen. Ein<br />
Verwirkungstatbestand liegt vor, wenn Eltern<br />
gegenüber ihren Kindern gröblichst ihre<br />
Unterhaltspflicht / Elternpflicht verletzt haben. Auch<br />
hier kann man keine pauschalen Beispiele anführen.<br />
Es kommt auf den Einzelfall an.<br />
Ein Verwirkung wegen Zeitablauf kommt in Betracht,<br />
wenn der Unterhaltsschuldner sich mit der<br />
Geltendmachung des Anspruches zuviel Zeit<br />
gelassen hat. So haben die Gerichte entschieden,<br />
dass bereits ein einjährige Untätigkeit ausreichend<br />
ist, um Unterhaltsansprüche , die zuvor fällig<br />
geworden sind, entfallen zu lassen.
Gr<strong>und</strong>züge des Erb- <strong>und</strong> Schenkungssteuerrechts<br />
Kai Hoffmann, Steuerberater, Datteln<br />
Das Erb- <strong>und</strong> Schenkungssteuerrecht ist ein sehr<br />
komplexes Thema, welches auch nur kurz angerissen<br />
werden soll. Jegliches Halbwissen auf diesem Gebiet<br />
führt oftmals zu einer wirtschaftlichen Katastrophe.<br />
Selbst <strong>Notare</strong> stellen klar, dass sie in steuerrechtlicher<br />
Sicht nicht belehrt haben, weil ihnen das Wissen <strong>und</strong><br />
insbesondere die regelmäßige Fortbildung auf dem<br />
Gebiet des Steuerrechts fehlen.<br />
Erb- <strong>und</strong> Schenkungssteuer entsteht nach § 9<br />
ErbStG. Diese Norm unterscheidet Zeitpunkte mit<br />
verschiedenen Voraussetzungen für die jeweilige<br />
Besteuerungstatbestände.<br />
Erwerb von Todes wegen, § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG<br />
Die Steuer entsteht mit dem Tod des Erblassers. Es<br />
gelten aber gewisse Modifikationen, z.B. für den<br />
bedingten Erwerb nach § 9 (1) Nr. 1 a ErbStG.<br />
Bsp.: Die Tante vermacht ihrem Neffen, dem<br />
Rechtsreferendar N, eines ihrer Mietshäuser,<br />
allerdings mit der Bedingung, dass er das<br />
Vermächtnis erst antreten darf, wenn er erfolgreich<br />
die zweite Staatsprüfung besteht.<br />
Das Vermächtnis steht hier unter einer<br />
aufschiebenden Bedingung, sodass auch der<br />
Steueranspruch erst mit Eintritt der Bedingung<br />
entsteht.<br />
Schenkung unter Lebenden , § 9 Abs. 1 Nr. 2<br />
ErbStG<br />
Die Steuer entsteht mit der Ausführung der<br />
Zuwendung. Das ist der Zeitpunkt, in dem die<br />
Vermögensverfügung endgültig ist, der Bedachte also<br />
im Verhältnis zum Zuwendenden ( Schenker ) über<br />
das Zugewandte tatsächlich verfügen kann.<br />
Berechnung der Steuer<br />
Die Erbschafts- <strong>und</strong> Schnekungssteuer ist doppelt<br />
progressiv ausgestaltet. Sie steigt mit der Entfernung<br />
der Verwandtschaft - ausgedrückt in Steuerklassen -<br />
<strong>und</strong> mit der Höhe des Vermögensanfalls -<br />
ausgedrückt in Steuersätzen.<br />
Steuerklassen<br />
Der Grad der Verwandtschaft zum Erblasser bzw.<br />
Schenker bestimmt die Belastung der<br />
Erbschaftssteuer.Das geltende Erbschaftsteuergesetz<br />
unterscheidet in § 15 (1) ErbStG noch drei<br />
Steuerklassen.<br />
I<br />
II<br />
III<br />
- Ehegatte<br />
- Lebenspartner i.S. Kinder <strong>und</strong><br />
Stiefkinder<br />
- Die Abkömmlinge der Kinder <strong>und</strong><br />
Stiefkinder<br />
- die Eltern <strong>und</strong> Voreltern bei<br />
Erwerben von Todes wegen<br />
- die Eltern <strong>und</strong> Voreltern, soweit<br />
sie nicht zur Steuerklasse I gehören<br />
- die Geschwister<br />
- die Abkömmlinge ersten Grades<br />
von Geschwistern<br />
- die Stiefeltern<br />
- die Schwiegerkinder<br />
- die Schwiegereltern der<br />
geschiedenen Ehegatten<br />
alle übrigen Erwerber ( z.B. auch<br />
Lebensgefährten)
Steuersätze<br />
bis Wert in Euro I II ab 2010 II (2009) III<br />
Freibeträge<br />
Freibeträge<br />
75.000 7 15 30 30<br />
300.000 11 20 30 30<br />
600.000 15 25 30 30<br />
6.000.000 19 30 30 30<br />
13.000.000 23 35 50 50<br />
26.000.000 27 40 50 50<br />
über 26.000.000 30 43 50 50<br />
Ehegatte 500.000 €<br />
Kinder, Stief- <strong>und</strong><br />
Adoptivkinder<br />
sowie Enkel, deren<br />
Eltern bereits<br />
verstorben sind 400.000 €<br />
Enkel, deren Eltern<br />
noch leben, Urenkel 200.000 €<br />
( Enkel haben ebenfalls<br />
Freibetrag von 400.000,-€,<br />
wenn ihr Vater/ Mutter verstorben<br />
ist )<br />
Eltern <strong>und</strong> Großeltern<br />
bei Erwerb von<br />
Todes wegen 100.000 €<br />
( sonst 20.000,- € )<br />
Personen der Steuerklasse<br />
II<br />
(z.B. Geschwister 20.000 €<br />
Neffen, Eltern, Grosseltern<br />
( mit Ausnahme Erwerb durch<br />
Tod ) , Geschiedene, Schwiegeeltern
Tarifbegrenzung beim Erwerb von<br />
Betriebsvermögen gemäß § 19 a ErbStG<br />
Die Vorschrift des § 19 a ErbStG will - über die<br />
Privilegierung nach §§ 13 a <strong>und</strong> 13 b ErbStG hinaus<br />
- dafür sorgen, dass dann, wenn eine natürliche<br />
Person, die nicht der Steuerklasse I angehört,<br />
begünstigtes Betriebsvermögen erwirbt, hinsichtlich<br />
dieses Betriebsvermögen behandelt wird, als gehörte<br />
sie zur Steuerklasse I. Diese Vergünstigung wird<br />
technisch durch einen sogenannten<br />
Entlastungsbetrag realisiert, der die Steuerbelastung<br />
des Erwerbers herabsetzt.<br />
Mehrfacher Erwerb desselben Vermögens<br />
Erwerben Personen der Steuerklasse I innerhalb von<br />
10 Jahren mehrfach dasselbe Vermögen von Todes<br />
wegen, so ergibt sich aus § 27 ErbStG eine<br />
Tarifermässigung.<br />
Zusammenrechnung von Vermögensvorteilen,<br />
Berücksichtigung früherer Erwerbe, § 14 ErbStG<br />
Mehrere innerhalb von zehn Jahren von derselben<br />
Person anfallende Erwerbe sind bei der Besteuerung<br />
des jeweils letzten Erwerb zusammenzurechnen, §<br />
14 ErbStG. Damit kommt der Freibetrag innerhalb des<br />
Zehnjahreszeitraumes nur einmal zur Anwendung.<br />
Zum anderen wird durch diese Regelung erreicht,<br />
dass sich für mehrere Erwerbe gegenüber eine<br />
einheitliche Zuwendung in gleicher Höhe kein<br />
Progressionsvorteil ergibt.<br />
Steueraufschub<br />
Unter bestimmten Voraussetzungen wird dem<br />
Steuerpflichtigen nachgelassen, die entstandene <strong>und</strong><br />
an sich fällige Steuerschuld später zu begleichen.<br />
Verfahren<br />
Nach dem Sinn <strong>und</strong> Zweck der Vorschriften der §§<br />
30 ff ErbStG soll die Anzeige eines Erwerbers das<br />
Finanzamt lediglich über das Vorliegen eines<br />
Erwerbsvorganges unterrichten <strong>und</strong> in die Lage<br />
versetzen, zu prüfen, ob ein erbschafts- bzw.<br />
schenkungssteuerbarer Vorgang vorliegt <strong>und</strong> ob<br />
deshalb die Besteuerung einzutreten ist.<br />
Anzeigepflicht des Erwerbers , § 30 ErbStG<br />
Ein der Erbschaftsteuer unterliegender Erwerb ist<br />
innerhalb von drei Monaten dem Finanzamt<br />
anzuzeigen. Anzeigepflichtig ist der Erwerber, bei<br />
Schenkungen auch der Schenker, § 30 (2)<br />
ErbStG.Einer ANzeige bedarf es nicht, wenn der<br />
Erwerb u.a. auf einer von einem Gericht oder von<br />
einem Notar eröffneten Verfügung von Todes wegen<br />
beruht <strong>und</strong> sich aus der Verfügung das Verhältnis des<br />
Erwerbers zum Erblasser unzweifelhaft ergibt oder<br />
wenn eine Schenkung unter Lebenden oder ein<br />
Zweckzuwendung gerichtlich oder notariell<br />
beurk<strong>und</strong>et ist, weil in diesen Fällen eine<br />
Anzeigepflicht der genannten Stellen nach § 34 (1)<br />
ErbStG besteht.<br />
zuständiges Finanzamt<br />
In den Fällen, in denen der Erblasser zur Zeit seines<br />
Todes oder der Schenker zum Zeitpunkt der<br />
Ausführung der Schenkung ( soweit er Inländer war<br />
) , ist das Finazamt zuständig, in dessen Bezirk der<br />
Zuwendende seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen<br />
Aufenthalt hat (te ).<br />
Steuererklärung<br />
Das Finanzamt kann die Abgabe einer<br />
Steuererklärung verlangen, § 31 ErbStG.<br />
Steuerbescheid<br />
Die Festsetzung erfolgt durch den Steuerbescheid.<br />
Die Festsetzung muss innerhalb einer<br />
Festsetzungsfrist erfolgen. Geschieht dieses nicht,<br />
tritt eine Festsetzungsverjährung ein. Die<br />
Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des<br />
Kalenderjahres, indem der Erbschaftssteueranspruch<br />
entstanden ist.<br />
aber:<br />
Anlaufhemmung, § 170 (2) S. 1 Nr. 1 AO<br />
Anzeigepflicht des Erwerbers ( Schenkers )<br />
Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des<br />
Kalenderjahres, in dem nach Aufforderung des<br />
Finanzamtes eine unterschriebene Steuererklärung<br />
oder andernfalls eine Anzeige nach §31 ErbStG<br />
eingereicht wird, spätestens mit Ablauf des dritten<br />
Kalenderjahres, das auf das Klanederjahr folgt, in<br />
dem die Steuer entstanden ist.<br />
Anzeigepflicht anderer Personen<br />
Die nicht rechtzeitige Abgabe der<br />
Erbschaftsteuererklärung durch den<br />
Testamentsvollstrecker hemmt den Anlauf der Frist<br />
für die Festsetzung der Erbschaftssteuer gegenüber<br />
dem Erben.<br />
Darüberhinaus gibt es noch steuerspezifische<br />
Anlaufhemmungen, § 170 (5) AO, auf die wir aber hier<br />
nicht eingehen können.<br />
Die Festsetzungsfrist beträgt 4 Jahre.