31.10.2013 Aufrufe

No 9-10, Sept,/0ct. 1971

No 9-10, Sept,/0ct. 1971

No 9-10, Sept,/0ct. 1971

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Umweltsclnulz,<br />

eine Erziehungslrage<br />

_}:<br />

An einem Dorfbach hält eine Limousine. Die<br />

Scheinwerfer verlöschen Ein Atemzug lang ist es<br />

still. Dann steigt jemand aus und öffnet den Kofferraum.<br />

Klatschend landet etwas Undefinierbares<br />

im Wasser und am Ufferrand. Die Türen klappen<br />

zu, der Motor heult auf und rasch verschwindet<br />

der Wagen. Bei Tageslicfrt wird sichtbar, was<br />

geschehen ist. Berge von Papier und Plastikabfälle,<br />

ein altes Fahrrad, eine zerfetzte Matraze, haben<br />

ihre letzte Ruhestätte am Bachrand gefunden<br />

Wieder ist ein Bachlauf zum Abfallplatz geworden.<br />

Längs der großen und kleinen Straßen,<br />

die an ihrn vorbeiführen, türmen sich in der Nähe der Dörfer und S1ädte schon<br />

Berge von Unrat und nur selten gelingt es, die "private Müllabfuhr" auf frischer<br />

Tat zu ertappen. Ahnlich sieht es im Umkreis von Waldschneisen und Eisenbahngeleisen<br />

aus. Schaut man sich das Sammelsurium von Abfall an, das dort die Landschaft<br />

verziert, so fragt man sich allen Ernstes, wo all dieser Schmutz herkommt.<br />

Wen immer man im privaten Kreis anspricht, der wird diese gedankenlose Art<br />

der Abfallbeseitigung für sich selbst weit von sich weisen. Trotzdem muß es Hunderte,<br />

ja Tausende geben, die so handeln. Vieles davon geschieht unbedacht, vieles<br />

jedoch in voller Absicht. Wie oft kann ein Autofahrer beobachten, daß aus anderen<br />

Wagen Reste von Obst einfach den Weg durch das Fenster auf die Straße finden<br />

Schon diese vergleichweise harmlose Art von ungeregelter Müllabfuhr wird in<br />

vielen Ländern, die oft noch weit mehr freien Raum genießen und so zum Wegwerfen<br />

von Unrat geradezu einladen könnten, mit harten Geldstrafen belegt. Hierzulande<br />

geschieht recht wenig.<br />

<strong>No</strong>twendig<br />

- und rasch notwendig ist ein intensiver Erziehungsprozeß, eine<br />

neue Denkweise, die gelernt werden muß. - Bei den Kindern fängt es an. Es gilt<br />

iängst keine Entschuldigung mehr dafür, wenn Eltern ihren Sprößlingen außerhalb<br />

des Hauses gestatten, was sie in ihren vier Wänden niemals erlauben würden.<br />

Aber wie sollen die Kleinen lernen, ihr Schokoladenpapier nicht einfach in den<br />

Straßengraben, in den Bach, zu werfen, wenn derVater bei der Sonntagswanderung<br />

oder beim Fischfang Butterbrotpapier oder leere Hanftüten dort "deponiert" hat?<br />

Was an schlechten Vorbildern gar nicht erst zu sehen ist, kann auch keine<br />

guten Sitten verderben. Erziehung zum Umweltschutz muß ebenso Selbsterziehung<br />

sein, zu einer Logik und zu einer Fähigkeit des Abschätzens von Ursache und Wirkung,<br />

die den technischen Möglichkeiten unseres Zeitalters ebenbürtig sind. Die<br />

Nachlässigkeit und Gedankenlosigkeit jedes einzelnen in Umweltfragen hat ihre<br />

Wurzel nämlich fast immer darin, daß viele Bürger noch nicht bereit sind, dem Maß<br />

zivilisatorischer Annehmlichkeiten, das sie genießen, mit dem Mobilisieren einer<br />

angemessenen Portion von Intelligenz zu entsprechen.<br />

Das Prinzip "lch darf alles', das der Umwelt gegenüber zu oft angewendet<br />

wird, beweist geistigen Kurzschluß, denn wenn jeder alles darf, werden bald alle<br />

147

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!