Download der aktuellen Ausgabe als pdf - Kunsthalle Bremen
Download der aktuellen Ausgabe als pdf - Kunsthalle Bremen
Download der aktuellen Ausgabe als pdf - Kunsthalle Bremen
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Hanna Koschinsky<br />
16. Juni – 29. September 2013<br />
Gerhard-Marcks-Haus<br />
Beispiel einer bislang ungeschriebenen Geschichte von Bildhauerinnen<br />
Lässt sich eine Kunstgeschichte nur<br />
anhand einzelner, prominenter Namen<br />
schreiben? Diese Frage stellt sich das<br />
Gerhard-Marcks-Haus angesichts <strong>der</strong> Ausstellung<br />
einer heute nahezu vergessenen<br />
deutschen Bildhauerin: Hanna Koschinsky<br />
(1884–1939). Die in Breslau geborene und<br />
an <strong>der</strong> dortigen, von Münchner Künstlern<br />
geprägten Akademie für Kunst und<br />
Kunstgewerbe unterwiesene Künstlerin<br />
erkannte schon bald für sich, dass es nicht<br />
eine einzelne Lehrerpersönlichkeit o<strong>der</strong><br />
die in Akademien vermittelten stilistischen<br />
Schulen sind, die den künstlerischen Weg<br />
ebnen, son<strong>der</strong>n die Inspiration eines<br />
kreativen kulturellen Umfelds. Paris war<br />
demnach ihr erstes Ziel. Von 1909 bis zum<br />
Ausbruch des Ersten Weltkriegs lebte und<br />
arbeitete die Bildhauerin in <strong>der</strong> Kunstmetropole.<br />
Sie entwickelte in den Pariser<br />
Jahren eine Formensprache, mit <strong>der</strong> sie<br />
über sich verselbständigende Volumen zu<br />
einer radikalen Formvereinfachung fand.<br />
Nach einem kurzen Aufenthalt in Berlin<br />
verbrachte sie weitere Jahre in Norwegen,<br />
um sich dann in <strong>der</strong> Künstlersiedlung<br />
Gauting bei München endgültig nie<strong>der</strong>zulassen.<br />
Aus nur wenigen überlieferten<br />
Werken und schriftlichen Dokumenten,<br />
die dem Gerhard-Marcks-Haus in Form<br />
einer Schenkung überlassen wurden, lässt<br />
sich eine selbstbewusste künstlerische Position<br />
rekonstruieren. Hanna Koschinskys<br />
Leben und Werk sind ein Kapitel in einer<br />
bislang noch ungeschriebenen Geschichte<br />
von Bildhauerinnen, eine Geschichte, die<br />
weit reicher zu sein scheint, <strong>als</strong> die bislang<br />
in Forschung und Ausstellungen immer<br />
wie<strong>der</strong> auftauchen<strong>der</strong> Namen.<br />
Yvette Deseyve<br />
Hanna Koschinsky, Sitzende Frau, um 1912, Gerhard-<br />
Marcks-Stiftung <strong>Bremen</strong><br />
Michelangelo schultern<br />
16. Juni – 29. September 2013<br />
Gerhard-Marcks-Haus<br />
Last, Kraft, Bild in Skulptur und Fotografie<br />
Der Florentiner Kunstschriftsteller Giorgio<br />
Vasari vergleicht in seinen „Viten“ das<br />
Entstehen einer Marmorskulptur mit dem<br />
Auftauchen einer Figur aus einem Bad.<br />
Vasaris Erzählung gehört zu den stärksten<br />
Metaphern <strong>der</strong> Kunstgeschichte, da sie<br />
mit dem Namen eines genialen Bildhauers<br />
verbunden wurde: Michelangelo. Der<br />
Künstler, <strong>der</strong> den Stein bearbeitet, lege<br />
Ebene für Ebene ein Bild frei, das in diesem<br />
Stein enthalten ist. In <strong>der</strong> in unzähligen<br />
Varianten überlieferten Metapher<br />
über Michelangelo sind somit zwei Ideen<br />
verschachtelt: erstens das Auftauchen<br />
eines Bildes aus einer undefinierten Masse<br />
und zweitens die Idee, dass <strong>der</strong> Künstler in<br />
einem Material ein bestimmtes Bild findet.<br />
Wie ist aber die Verbindung zwischen Material<br />
und Bild heute? Sieht man das Bild<br />
im Material o<strong>der</strong> umgekehrt: Sieht man<br />
im Bild noch das Material? Die Frage nach<br />
dieser Beziehung ist für die Bildhauerei<br />
sehr grundsätzlich, sie gilt aber auch für<br />
an<strong>der</strong>e Medien. Dietrich Heller und Athar<br />
Jaber, zwei Bildhauer, die in Marmor arbeiten,<br />
und Emma Critchley, eine Fotografin<br />
und Videokünstlerin, die das Medium<br />
Wasser nutzt, bilden die Versuchsanordnung<br />
<strong>der</strong> Ausstellung „Michelangelo<br />
schultern“. Alle drei Künstler stellen die<br />
Wahrnehmung des menschlichen Körpers<br />
und das Hervortreten <strong>der</strong> Figur aus einer<br />
räumlichen Masse ins Zentrum ihrer Arbeit<br />
– und kommen dabei zu sehr unterschiedlichen<br />
Ergebnissen.<br />
Ein verbinden<strong>der</strong> Faktor ist <strong>der</strong> große<br />
materielle Aufwand, den die drei Künstler<br />
leisten, <strong>der</strong> beim Material Marmor offensichtlich,<br />
jedoch auch bei <strong>der</strong> Fotografie<br />
sichtbar wird. Sehen Menschen nur Bil<strong>der</strong><br />
Emma Critchley, Surface 3, 2011, c-type, photografic<br />
print<br />
und Konzepte o<strong>der</strong> nehmen sie auch diese<br />
Entstehungsbedingungen wahr? Damit<br />
stellen die drei die (auch gesellschaftlich)<br />
grundsätzliche Frage nach <strong>der</strong> Beziehung<br />
zwischen Aufwand und Wirkung.<br />
Arie Hartog<br />
Gerhard-Marcks-Haus<br />
Am Wall 208, 28195 <strong>Bremen</strong><br />
Tel.: 04 21 / 32 72 00 · www.marcks.de<br />
Di – So 10 – 18 Uhr, Do 10 – 21 Uhr<br />
7