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JAHRBUCH - Glowfish

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14 E. Bleuler.<br />

sprechen, werden im Sinne der Grundidee uniillusioniert oder dann<br />

gar nicht apperzipiert. — Der Schizophrene mischt meist beide Welten<br />

in unlogischer Weise durcheinander; wo ihm Widersprüclie zum Bewußtsein<br />

kommen, ist ihm die Welt des Wahnes die dominierende,<br />

diejenige, der die größere Realität zukommt, und nach der er zunächst<br />

handelt. Wenn allerdings seine Energie nachgelassen hat, erlangen<br />

meist die dauernden und konsequenten Einflüsse der Umgebung wieder<br />

ein<br />

objektives — nicht subjektives — Übergewicht: der Kranke paßt<br />

sich in \aelem an den umgebenden Organismus einer Anstalt an und<br />

nimmt mit der Wirklichkeit, mit Verpflegung dritter Klasse und mit<br />

sehr untergeordneten Arbeiten vorlieb, in seinem Innern aber ist er<br />

Kaiser von Europa geblieben, um den die ganze Welt sich dreht, und<br />

für ihn ist diese Kaiserwürde nach wie vor das Wichtige, dem gegenüber<br />

das Bißchen Austaltsleben überhaupt nicht in Betracht gezogen<br />

werden kann. In sehr vielen Beziehungen, wenn auch gar nicht bei<br />

jedem (Innern oder äußern) Erlebnis verwischen sich beim Schizophrenen<br />

die Grenzen von realer und autistischer Welt so sehr, daß<br />

man oft den bestimmten Eindruck bekommt, für die Kranken bestehe<br />

dieser Gegensatz nicht mehr. Wenn auch affektiv die autistische<br />

Welt vorgezogen wird, so empfinden sie den logischen Unterschied<br />

nicht mehr, genau wie manche Schizophrene ihre Schlafträume verifizieren,<br />

auch wenn sie wissen, daß es sich nur um Traumerlebnisse<br />

handelt.<br />

Außerhalb der Schizophrenie hat der Autismus ein etwas anderes<br />

Verhältnis zur Wirklichkeit. Auch der Pseudologe denkt sich mehr<br />

oder weniger willkürlich ein Märchen und äußert dasselbe, zum Teil<br />

unter Anregung von bestimmten äußeren Situationen; er benutzt es<br />

z. B., um sich Geld zu erschwindeln. Er denkt sich dabei in seine Fabel<br />

so hinein, daß er „seine Lügen selber glaubt", sich oft längere Zeit<br />

nicht gegenwärtig ist,<br />

daß er eine ihm nicht zukommende Rolle spielt,<br />

aber, sobald er will, oder wenn die Umstände es mit sich bringen, z. B.<br />

bei einer Untersuchung, ist er imstande, in allen Beziehungen die<br />

Unrichtigkeit der Fiktion einzusehen.<br />

Die meisten normalen Menschen haben, namenthch in der Jugend,<br />

irgend ein Märchen gesponnen; sie wußten es aber immer von der<br />

Wirklichkeit zu trennen, wenn sie<br />

sich auch so gut in die geträumten<br />

Situationen hineindachten, daß sie entsprechende Affekte empfanden.<br />

Das ist normaler Autismus. Das Spiel der Phantasie an sich kann<br />

autistisch oder realistisch sein. Die Neukombination von der Wirklich-

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