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JAHRBUCH - Glowfish

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4 E. Bleuler.<br />

von einer Dezillion Stellen. Mit diesen Wahnideen erfüllt sich der Patient<br />

seine Wünsche nach Liebe, nach Maclit und unheimlichem Reichtum,<br />

spaltet aber alle die Unmöglichkeiten ab, die der Wunscherfüllung<br />

im Wege stehen, z. B. den Umstand, daß die ganze Erde diesen Reichtum<br />

nicht tragen könnte; es nützt nichts, ihn auf die Hindernisse aufmerksam<br />

zu machen, obschon der Mann sonst ganz intelligent war und es<br />

in gewisser Beziehung jetzt noch ist.<br />

Im ersteren Falle mit der Prinzessin sucht der Kranke seinen<br />

AVunsch noch mit der Wirkhchkeit in Verbindung zu bringen, er präpariert<br />

sich für die Hochzeit. Im zweiten Beispiel begnügt er sich mit<br />

der Buchführung, ohne seine Forderungen geltend zu machen ; ob er denkt,<br />

daß ihm die Zukunft sein Guthaben wirklich bringe oder nicht, weiß<br />

er wohl selbst nicht. Viele Kranke aber gehen noch weiter: der Wunsch<br />

ist ihnen aktuelle Wirkhchkeit: da ist einer der Gemahl der Himmelskönigin,<br />

der Schöpfer des Himmels und der Erde; ein Widerspruch<br />

mit der Wirkhchkeit wird nicht gefühlt; der Patient macht auch<br />

keinen Versuch, im Sinne seiner Idee auf die Außenwelt einzuwirken.<br />

Solche Kranke leben, abgesehen von den einfachen Verrichtungen,<br />

wie Essen und Schlafen, nur noch in ihrer idealen Welt und fühlen sich<br />

unter Umständen darin glücklich.<br />

Das autistische Denken ist also ein tendenziöses. Es spiegelt<br />

die Erfüllung von Wünschen oder Strebungen vor, Hindernisse denkt<br />

es<br />

weg, und Unmöghchkeiten denkt es in Möglichkeiten und Realitäten<br />

um. Der Zweck wird dadurch erreicht, daß der Strebung entsprechende<br />

Assoziationen gebahnt, entgegenstehende gehemmt werden, also durch<br />

den uns von der Wirkung der Affekte her geläufigen Mechanismus.<br />

Zur Erklärung des autistischen Gedankenganges bedarf es<br />

keines neuen Prinzipes. Es ist auch selbstverständhch, daß wir hier<br />

die Affektivität im Spiele sehen, denn eine Tendenz, eine<br />

Strebung ist<br />

ja nur die zentrifugale Seite des nämlichen Vorganges, den wir von der<br />

intrazentralen Seite her als<br />

Affekt bezeichnen.<br />

Es gibt deshalb auch keine scharfen Grenzen zwischen autistischem<br />

und gewöhnlichem Denken, indem sich sehr leicht in das letztere autistische,<br />

d. h. affektive, Direktionen eindrängen.<br />

Nicht nur der Manische überschätzt sich infolge seiner krankhaft<br />

gesteigerten Euphorie, nicht nur der Melanchohker bildet sich<br />

Kleinheitsideen infolge seiner Depression, sondern auch der Gesunde<br />

zieht entsprechend seiner Gemütslage und seinen Zu- und Abneigungen<br />

nur zu oft falsche Schlüsse. Die laienhaften Ansichten über die Irren-

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