Uwe Eckardt: 400 Jahre Stadtrechte Elberfeld. - BGV-Wuppertal
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Kurfürst Johann Sigismund von Brandenburg,<br />
Schwiegersohn der ältesten Schwester<br />
Johann Wilhelms, und Pfalzgraf Johann Wilhelm<br />
von Pfalz-Neuburg, Sohn der zweiten<br />
Schwester des Herzogs, handelten in dieser Situation<br />
am schnellsten. Sie nahmen durch Bevollmächtigte<br />
die umstrittenen Länder in Besitz<br />
und einigten sich im „Dortmunder Rezess“<br />
am 10. Juni 1609 auf eine gemeinsame Regierung,<br />
um an dem Grundsatz der Unteilbarkeit<br />
des Erbes festzuhalten.<br />
Trotz anfänglichen Widerstandes fanden<br />
sich die Landstände gegen Bestätigung ihrer<br />
Privilegien und gegen Garantie der Religionsfreiheit<br />
für die drei christlichen Bekenntnisse<br />
zur Huldigung der neuen Herrscher bereit.<br />
Dadurch wurden aus den Prätendenten<br />
„possidierende“ Fürsten (lat. possidere = besitzen,<br />
innehaben). Kaiser Rudolf erklärte jedoch<br />
das Dortmunder Abkommen für nichtig,<br />
bildete eine kommissarische Regierung für die<br />
umstrittenen Länder und ernannte Erzherzog<br />
Leopold zu deren Administrator. Kaiserliche<br />
Truppen besetzten die Festung Jülich.<br />
Der Ausbruch eines europäischen Krieges<br />
um das niederrheinisch-bergische Erbe drohte.<br />
Der Tod des französischen Königs Heinrich IV.<br />
(14. Mai 1610) verhinderte vorerst den Kriegsausbruch<br />
und veränderte die europäische Mächtekonstellation<br />
grundlegend. Religionswechsel<br />
führten zu neuen Koalitionen, fast gleichzeitig<br />
traten der Brandenburger zum Calvinismus<br />
und der Pfalz-Neuburger zum Katholizismus<br />
über. Der Bruch zwischen den „possidierenden“<br />
Fürsten war unvermeidlich. Nur das energische<br />
Eingreifen Englands und Frankreichs<br />
beendete die im Frühjahr 1614 ausgebrochenen<br />
militärischen Feindseligkeiten. Die Großmächte<br />
erzwangen den Abschluss des „Xantener<br />
Vertrages“ am 12. November 1614 zwischen<br />
Brandenburg und Pfalz-Neuburg, der die Einheit<br />
der Herzogtümer Jülich- Kleve-Berg zwar<br />
im Grundsatz wahrte, de facto jedoch die endgültige<br />
Teilung einleitete.<br />
Der Pfalzgraf erhielt das vereinte Herzogtum<br />
Jülich-Berg, der Kurfürst das Herzogtum<br />
Kleve mit den Grafschaften Mark und Ravensberg<br />
und der Herrschaft Ravenstein. Trotz des<br />
Vertrages setzte sich der lokale Kleinkrieg fort.<br />
Der Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges, in<br />
dessen Verlauf die strittigen Länder trotz zahlreicher<br />
Besetzungen und Kämpfe neutral zu<br />
bleiben versuchten, zeichnete sich ab. Erst 1666<br />
wurde das Land im „Klever Hauptvergleich“<br />
endgültig geteilt. Die Beilegung der konfessionellen<br />
Streitigkeiten erfolgte 1672 im „Cöllner<br />
Religionsvergleich“. Damit endete der Jülich-Klevische<br />
Erbfolgestreit, der die Stärkung<br />
der habsburgischen Position am Niederrhein<br />
zugunsten der Wittelsbacher verhinderte. Für<br />
Kurbrandenburg war aber mit dem Erwerb der<br />
rheinischen Territorien eine wesentliche Voraussetzung<br />
für den mit Nachdruck betriebenen<br />
Ausbau seiner Vormachtstellung geschaffen.<br />
IV.<br />
Durch diesen Exkurs in die „Große Politik“<br />
werden die Umstände, denen <strong>Elberfeld</strong> die<br />
Verleihung des Stadtrechtsprivilegs von 1610<br />
verdankt, besser verständlich. Die Bemühungen<br />
um die Erlangung dieses Privilegs reichten<br />
in das Ende des 16. Jahrhunderts zurück.<br />
Eine wichtige Rolle spielte dabei der landesherrliche<br />
Besitz, auf dem die Ruinen und die<br />
nur notdürftig wiederhergestellten Bauten der<br />
1536 zerstörten Burganlage standen. Im Zusammenhang<br />
mit der bevorstehenden Einlösung<br />
des Pfandes „Burg und Herrschaft <strong>Elberfeld</strong>“,<br />
das sich seit 1530 im Besitz der<br />
Familie Ketteler befand, wurde 1598 ein Bericht<br />
über den Zustand der Burg („Schloss“)<br />
und die mit ihr verbundenen Einkünfte erstellt.<br />
Dieses „Lagerbuch“ übergab Wilhelm<br />
Ketteler am 1. Ja nuar 1599 der herzoglichen<br />
Kanzlei. Gleichzeitig wurde der Geometer Johann<br />
von der Waye mit der Vermessung und<br />
Zeichnung des Burgplatzes beauftragt, „umb<br />
zu ersehen, was für gebeuwe alda geweßen,<br />
und wie dieselben Platz under die Bürger zu<br />
bebawen aufzutheilen, und auff wieuiel geltts<br />
aufzubrenngen“. 31 Diesem Auftrag verdanken<br />
wir die erste bildliche Darstellung des Burgbezirks<br />
mit der Freiheit.<br />
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