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4. Symphoniekonzert - Staatskapelle Dresden

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Maurice ravel am Klavier mit Vaslav Nijinsky (Paris, 1911)<br />

Gegenwelt zu der urbanen Eleganz Das G-Dur-Konzert ist ein sehr<br />

des Seitenthemas, und wenn es schwieriges Werk, vor allem wegen<br />

nicht ins Baskenland verweist, dann des zweiten Satzes, wo der Solist<br />

zurück in die märchenhaften Gefilde<br />

der »Ballets russes« im Paris Ich sprach mit Ravel über meine<br />

keine einzige Ruhepause hat.<br />

um 1912, zu Ravels eigenen Kompositionen<br />

oder zu Igor Strawinskys vollen und brillant orchestrierten<br />

Furcht, nach dem so phantasie-<br />

Märchenfigur Petruschka.<br />

ersten Satz auf dem Piano allein die<br />

Der zweite Satz dagegen Kantabilität der Melodie während<br />

entführt in die zurückgezogene, einer so ausgedehnten und langsam<br />

stille Welt eines Zimmers. Das Orchester<br />

schweigt und das Klavier ren zu können. »Diese fließende<br />

fließenden Phrase nicht fortfüh-<br />

spielt eine raffiniert einfache Musik, Phrase!«, rief Ravel. »Wie habe ich<br />

aus der Wolfgang Amadeus Mozart daran gearbeitet, Takt für Takt! Ich<br />

und Erik Satie gleichermaßen grüßen.<br />

Die erste Hälfte dieses Kla-<br />

bin fast daran verzweifelt!«<br />

viersolos ist wieder rein diatonisch, Marguerite Long<br />

erst dann treten sehr sparsam Versetzungszeichen<br />

dazu. Die Melodie entwickelt sich zunächst ganz engräumig,<br />

traumverloren, wie tastend. Verfremdend wirkt die Begleitung, in der,<br />

wenn man die Vorstellung einer traumartigen Atmosphäre ernst nimmt, der<br />

Freud’sche Begriff der Verschiebung ganz wörtlich genommen erfahrbar<br />

wird. Das vertraute Muster »um-ta-ta, um-ta-ta« erscheint hier ganz schematisch<br />

durchgeführt, aber gegenüber der Melodie konsequent verschoben<br />

und durch Ravels ungewöhnliche Notation nochmals verunklart.<br />

Im Schlusssatz wird mit einem Trommelwirbel die Stimmung des<br />

ersten Satzes wieder aufgenommen. Das Klavier setzt mit virtuosen Fanfaren<br />

ein, es dominieren kleine rhythmische Zellen wie im Eingangssatz, ein<br />

perkussiver Impuls ergreift Klavier und Orchester. Hörner und Trompeten<br />

erinnern an Gesten der Jagdmusik, so dass nach den Straßen der Großstadt<br />

und der Zurückgezogenheit des Zimmers jetzt eine von fröhlichen Menschen<br />

belebte Naturszenerie heraufbeschworen wird. Ravel nannte sein<br />

G-Dur-Konzert »ein Konzert im echten Sinne des Wortes: ich meine damit,<br />

dass es im Geiste der Konzerte von Mozart und Saint-Saëns geschrieben<br />

ist. Eine solche Musik sollte meiner Meinung nach aufgelockert und brillant<br />

sein und nicht auf Tiefe und dramatische Effekte abzielen. Man hat von<br />

bestimmten großen Klassikern behauptet, ihre Konzerte seien nicht ›für‹,<br />

sondern ›gegen‹ das Klavier geschrieben. Dem stimme ich gern zu. Ich hatte<br />

eigentlich die Absicht, dieses Konzert mit ›Divertissement‹ zu betiteln. Dann<br />

aber meinte ich, dafür liege keine Notwendigkeit vor, weil eben der Titel<br />

›Concerto‹ hinreichend deutlich sein dürfte.«<br />

<br />

Martin Wilkening<br />

22 23 <strong>4.</strong> SYMPHONIEKONZERT

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