4. Symphoniekonzert - Staatskapelle Dresden
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Vive la France!<br />
Jonathan Notts<br />
Kapelldebüt mit<br />
Debussy und Ravel<br />
M<br />
aurice Ravel ein Meister, Claude Debussy aber das alles<br />
überstrahlende Genie der französischen Musik seiner Zeit?<br />
Viel ist geschrieben und spekuliert worden über die Bedeutung<br />
der beiden großen Komponisten für das Musikleben<br />
ihres Landes. Ravel traf das Schicksal, ein Nachgeborener<br />
zu sein, gut dreizehn Jahre jünger als Debussy, der als Gründervater der<br />
musikalischen »Farb- und Klangkunst« in die Geschichte einging. Allzu<br />
verlockend war es, ihrer beider Schaffen unter das Schlagwort des musikalischen<br />
»Impressionismus« zu fassen, ein Begriff, den Debussy und Ravel<br />
kategorisch ablehnten. Ungeachtet dessen einte sie so mancher künstlerische<br />
Zug: das begnadete Gespür für die Nuancen und Schattierungen von<br />
Klang und Rhythmus, die Faszination durch außereuropäische Kulturen,<br />
wie sie auf der Pariser Weltausstellung 1889 zu erleben waren, die Begeisterung<br />
für den Jazz, aber auch das Bekenntnis zur französischen Tradition des<br />
17. und 18. Jahrhunderts und zur »clarté« als ästhetischer Maxime. Nicht<br />
selten aus dem Blick gerieten allerdings die fundamentalen Unterschiede<br />
zwischen den beiden »Musiciens français«: Was für Debussys Musik der<br />
flüchtige Augenblick, die vage Andeutung, das Ungezähmte und Regellose<br />
der Natur, die Tiefe des Unbewussten, ist für Ravel die hintersinnige<br />
Brillanz und das Raffinement des Ausdrucks, die technische Perfektion,<br />
das Spiel mit musikalischen Maskeraden, ironischen Brechungen und klassischen<br />
Formen, das melancholisch-süße Schwelgen in der Vergangenheit.<br />
Debussy und Ravel pflegten, so wird berichtet, lange Jahre ein<br />
durchaus freundschaftliches, wenn auch insgesamt eher distanziertes<br />
Verhältnis, sie kannten sich aus persönlichen Begegnungen in der Pariser<br />
Musik- und Künstlerszene und äußerten sehr wohl kollegiale Wertschätzung<br />
für den jeweils anderen. Auf die Probe gestellt wurde ihr Verhältnis allerdings<br />
immer wieder durch die Auseinandersetzungen ihrer Parteigänger,<br />
der »Debussysten« und »Ravelisten«, die mit einiger Ausdauer Gefallen daran<br />
gefunden hatten, ihre Favoriten gegeneinander auszuspielen. Und als in<br />
der Pariser Presse dezent verpackte, aber darum nicht weniger genüsslich<br />
angedeutete Plagiatsvorwürfe gegenüber Ravel die Runde machten, kam es<br />
zu jener »Affäre« von zweifelhafter Berühmtheit, die das zerbrechliche Kartenhaus<br />
endgültig zum Einsturz brachte. Ravel platzte sprichwörtlich der<br />
Kragen, was die ganze Angelegenheit erst recht hochkochen ließ. Dass der<br />
Kontakt zwischen Ravel und Debussy damit ein mehr oder weniger abruptes<br />
Ende fand, nahmen rückblickend beide mit Bedauern zur Kenntnis. Gleich-<br />
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