Walther Mann (Hg.) Erinnerungen an Odrau Band I - Alte Heimat
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Walter Türk und Ilse Schober geb. Türk:<br />
Bürgersinn und Bürgerleid<br />
Die Lebendigkeit eines städtischen Gemeinwesens hängt g<strong>an</strong>z wesentlich<br />
davon ab, wie weit die einzelnen Mitglieder sich engagieren, Ideen beisteuern<br />
und Aufgaben übernehmen. Es beginnt mit den sozialen Diensten,<br />
dem Roten Kreuz, der <strong>Alte</strong>nfürsorge, setzt sich fort bei Katastrophendienst,<br />
Feuerwehr, technischen Hilfsdiensten, sorgt für Geselligkeit in<br />
Vereinen und Clubs, und endet beim bürgerlichen Engagement bei der<br />
Verwaltung der Stadt.<br />
<strong>Odrau</strong> war eine lebendige Stadt. Es gab genügend Leute, die ihre Freizeit<br />
dafür zur Verfügung stellten, die nach Möglichkeit mitmachten und<br />
halfen. Es best<strong>an</strong>d ein ausgeprägter Bürgersinn. Nichts zeigt dies deutlicher<br />
als die Tatsache, daß selbst heute noch, mehr als ein halbes Jahrhundert<br />
nach der Vertreibung, jährliche Treffen der <strong>Odrau</strong>er stattfinden, und<br />
daß diese „<strong>Erinnerungen</strong> <strong>an</strong> <strong>Odrau</strong>“ als Gemeinschaftswerk entst<strong>an</strong>den.<br />
Am Beispiel unseres Vaters Rudolf Türk möchten wir einige dieser<br />
Tätigkeiten als engagierter Bürger aufzeigen. Wir beziehen uns dabei auf<br />
unsere eigenen <strong>Erinnerungen</strong> und auf die Aufzeichnungen unserer Mutter.<br />
Der Einsatz im Roten Kreuz war eine sehr zeitraubende Aufgabe.<br />
Unser Vater war von Jugend auf als S<strong>an</strong>itäter dabei, <strong>an</strong>f<strong>an</strong>gs mit einer<br />
fahrbaren Trage, später mit einem neu gekauften Kr<strong>an</strong>kenauto. Wir<br />
erinnern uns, wie oft er zu Kr<strong>an</strong>kentr<strong>an</strong>sporten gerufen wurde, tagsüber<br />
und nachts, wenn Schwerkr<strong>an</strong>ke oder Verletzte oder in den Wehen<br />
liegende Frauen ins Kr<strong>an</strong>kenhaus mußten, bis nach Wigstadtl und<br />
Troppau. Oft kam er völlig erschöpft heim, wenn er unterwegs im<br />
Eiltempo Schneeverwehungen freischaufeln mußte, um noch rechtzeitig<br />
ins Kr<strong>an</strong>kenhaus zu kommen.<br />
Ebenso engagierte er sich im Deutschen Turnverein. Jahrzehnte hindurch<br />
betreute er den Eislaufplatz dieses Vereins, war ver<strong>an</strong>twortlich für<br />
das Eishäusel, die Abrechnung, das Heizmaterial und für Ver<strong>an</strong>staltungen.<br />
Viele <strong>Odrau</strong>er erinnern sich noch heute <strong>an</strong> die herrlichen Kostümfeste in<br />
der Faschingszeit. Er org<strong>an</strong>isierte sogar ein Schaulaufen der berühmten<br />
Eiskunstläufer Sonja Henie, Maxie Herber und Ernst Baier in <strong>Odrau</strong>. Sie<br />
hatten 1936 olympisches Gold gewonnen. Beliebt war abends das Eislaufen<br />
der Erwachsenen bei elektrischem Licht zu den Klängen des<br />
Kuckuckswalzers. Zu später Stunde d<strong>an</strong>n mußte das Eis noch gepflegt<br />
<strong>Walther</strong> <strong>M<strong>an</strong>n</strong> (<strong>Hg</strong>.) <strong>Erinnerungen</strong> <strong>an</strong> <strong>Odrau</strong> B<strong>an</strong>d I