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Der Umgang mit der NS-Vergangenheit in der Bundesrepublik in ...

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2<br />

Gegenwart <strong>mit</strong> kapitalistischen Strukturen und 'faschistoiden' Dispositionen bildete". 7 Anti-Faschismus<br />

gehörte zu den Antriebskräften <strong>der</strong> außerparlamentarischen Opposition 8 ;<br />

Faschismusthema und Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung <strong>mit</strong> dem Nationalsozialismus, vor allem se<strong>in</strong>em<br />

personalen wie strukturellen Fortwirken, waren für die Studentenbewegung <strong>der</strong> 1960er<br />

Jahre "konstitutiv" 9 und bildeten den kle<strong>in</strong>sten geme<strong>in</strong>samen Nenner e<strong>in</strong>er vielgestaltigen<br />

Bewegung. In ihr ist <strong>der</strong> "Antifaschismus" e<strong>in</strong> Faden, aber es ist <strong>der</strong> rote Faden. Argumentgeschichtlich<br />

läßt sich auf den "1968er"-Antifaschismus noch die patzige Abfuhr an<br />

den ehemaligen Weltkriegsoffizier Helmut Schmidt zurückführen, <strong>mit</strong> se<strong>in</strong>en gepriesenen<br />

Sekundärtugenden Pflicht und Leistung könne man "e<strong>in</strong> KZ betreiben". 10<br />

<strong>Der</strong> durch das Symboljahr 1968 markierte Bruch zwischen den Generationen, so lesen<br />

wir 11 , sei <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Bundesrepublik</strong> und West-Berl<strong>in</strong> von <strong>der</strong> Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung <strong>mit</strong> <strong>der</strong> nationalsozialistischen<br />

<strong>Vergangenheit</strong> <strong>der</strong> Eltern "befeuert" worden und habe bei den Jüngeren<br />

damaliger Zeit zu e<strong>in</strong>er antifaschistischen Grund-Orientierung geführt. Zu dieser "Befeuerung"<br />

trug die für die Nachkriegszeit e<strong>in</strong>malige Generationenlagerung unzweifelhaft<br />

bei. 12 Sie war bis Mitte <strong>der</strong> 1960er Jahre durch Überalterung und e<strong>in</strong>en sehr hohen Anteil<br />

Sechzigjähriger geprägt, also durch Menschen, die häufig im Nationalsozialismus Karriere<br />

gemacht hatten und <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Bundesrepublik</strong> <strong>der</strong> APO-Zeit zum "Establishment" 13 gezählt<br />

wurden. Ab 1960 schoben sich die Zwanzigjährigen statistisch nach vorne; <strong>mit</strong>h<strong>in</strong> ist für<br />

die Zeit um 1970 e<strong>in</strong> außergewöhnlich hoher Anteil Dreißigjähriger kennzeichnend, und<br />

dieser Gruppe gelang <strong>in</strong> relativ niedrigem Alter die berufliche Etablierung - sie war im<br />

richtigen Kondratieff -, wogegen für die Jahre bis etwa 2025 von e<strong>in</strong>er zunehmenden Alterslastigkeit<br />

<strong>der</strong> deutschen Gesellschaft auszugehen ist. 14<br />

7<br />

Hans-Ulrich Thamer, Die <strong>NS</strong>-<strong>Vergangenheit</strong> im politischen Diskurs <strong>der</strong> 68er-Bewegung, <strong>in</strong>: <strong>Der</strong> gesellschaftliche<br />

Ort <strong>der</strong> 68er-Bewegung (Westfälische Forschungen 48/1998), S.39-53, S.39.<br />

8<br />

N<strong>in</strong>a Grunenberg, <strong>Der</strong> verspätete Anti-Faschismus und die 68er: die BRD, <strong>in</strong>: Dies., Antifaschismus - e<strong>in</strong><br />

deutscher Mythos, Re<strong>in</strong>bek 1993, S.145-170, S.145.<br />

9<br />

Christel Hopf, Das Faschismusthema <strong>in</strong> <strong>der</strong> Studentenbewegung und <strong>in</strong> <strong>der</strong> Soziologie, <strong>in</strong>: He<strong>in</strong>z Bude,<br />

Mart<strong>in</strong> Kohli (Hg.), Radikalisierte Aufklärung. Studentenbewegung und Soziologie <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> 1965 bis 1970,<br />

We<strong>in</strong>heim u. Mnchn. 1989, S.71-86, S.71.<br />

10<br />

Cora Stephan, <strong>Der</strong> Betroffenheitskult. E<strong>in</strong>e politische Sittengeschichte, Bln. 1993, S.104.<br />

11<br />

Ebd., S.102.<br />

12<br />

Siehe: He<strong>in</strong>z Bude, The German Kriegsk<strong>in</strong><strong>der</strong>: Orig<strong>in</strong>s and Impact of the Generation of 1968, <strong>in</strong>: Mark<br />

Roseman (Hg.), Generations <strong>in</strong> Conflict. Youth Revolte and Generation Formation <strong>in</strong> Germany 1770 - 1968,<br />

Cambridge 1995, S.290-305.<br />

13<br />

E<strong>in</strong> zeitgenössischer Term<strong>in</strong>us, <strong>der</strong> hier fortan <strong>in</strong> demselben S<strong>in</strong>n gebraucht werden soll wie um 1968:<br />

Deckbegriff für das etablierte, verän<strong>der</strong>ungsfe<strong>in</strong>dlich-verstockte und zu großen Teilen <strong>NS</strong>-verstrickte Bürgertum.<br />

14<br />

Ra<strong>in</strong>er Mackensen, Bevölkerung und Gesellschaft <strong>in</strong> Deutschland. Die Entwicklung 1945 - 1978, <strong>in</strong>:<br />

Joachim Matthes (Hg.), Sozialer Wandel <strong>in</strong> Westeuropa. Verhandlungen des 19. Deutschen Soziologentages<br />

1979, Ffm., New York, 1979, S.443-465, S.458, S.461. Diese bevölkerungsstatistische Tatsache erklärt <strong>mit</strong>,<br />

warum es Post-"1968ern" - auch dem Verf. - nicht immer leicht fällt, über "1968er" zu schreiben. He<strong>in</strong>z<br />

Bude erläutert: "The fact that immediately after this generation employment opportunities were <strong>in</strong> effect<br />

doubly hit, first because the expansion of jobs came to a rapid end, and secondly because so many of the men<br />

<strong>in</strong> senior positions were relatively young, expla<strong>in</strong>s why the members of 1968 generation are not particularly

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