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Der Umgang mit der NS-Vergangenheit in der Bundesrepublik in ...

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34<br />

anstaltete im Studienjahr 1962/63 e<strong>in</strong> Sem<strong>in</strong>ar über Ch<strong>in</strong>a, im WS 1964/65 e<strong>in</strong> Obersem<strong>in</strong>ar<br />

"20.7.1944", im Sommer 1965 e<strong>in</strong> Sem<strong>in</strong>ar über die Sowjetunion sowie im WS<br />

1966/67 e<strong>in</strong>es über die "Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung <strong>mit</strong> dem Nationalsozialismus aufgrund neuer<br />

Veröffentlichungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> BRD". Für das Aachener Lehrangebot können wir ab Sommersemester<br />

1968 e<strong>in</strong>e allmähliche Umorientierung konstatieren. Nun setzten auf breiter Front<br />

Veranstaltungen wie "Unruhige Jugend <strong>in</strong> Ost und West", "Politische Institutionen <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

BRD: Idee, Norm und Wirklichkeit", "USA - Weltmacht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Krise", "Deutsche Klassik<br />

und Arbeiterbewegung" e<strong>in</strong>.<br />

Das gilt <strong>in</strong> gewisser H<strong>in</strong>sicht auch für die Universität Bonn. In <strong>der</strong> Geschichtswissenschaft<br />

boten die Bonner Osteuropa-Historiker im Sommersemester 1960 e<strong>in</strong>e Vorlesung "Geschichte<br />

<strong>der</strong> Sowjetunion 1917 - 1941" an, ließen sie also <strong>mit</strong> dem deutschen Angriff enden;<br />

drei Semester später erfolgte e<strong>in</strong>e kursorische "Geschichte <strong>der</strong> deutsch-russischen Beziehungen<br />

1815 - 1945". Im Fach Neuere Geschichte gab es im Sommersemester 1962 e<strong>in</strong>e<br />

Vorlesung "Geschichte des jüdischen Volkes im 20. Jahrhun<strong>der</strong>t", <strong>der</strong>en Untertitel allerd<strong>in</strong>gs<br />

lautete: "und ihre Bedeutung für die allgeme<strong>in</strong>e Geschichte" 168 ; acht Semester<br />

später folgte e<strong>in</strong>e Vorlesung "Geschichte <strong>der</strong> deutsch-französischen Beziehungen im 19.<br />

und 20. Jahrhun<strong>der</strong>t". Im WS 1966/67 bot Franz Petri die Vorlesung "Geschichte <strong>der</strong> deutschen<br />

Westgrenze" an. Angesichts <strong>der</strong> persönlichen Geschichte dieses Gelehrten ist das<br />

Thema <strong>der</strong> Vorlesung nur delikat zu nennen. 169 Wer wollte, konnte im WS 1966/67 auch<br />

e<strong>in</strong>e Vorlesung "Zur Problematik des historischen Urteils: Son<strong>der</strong>leistungen und Son<strong>der</strong>verfehlungen<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Gesamtbilanz <strong>der</strong> deutschen Geschichte" hören. Dann folgte über drei<br />

Semester nichts, bis Professor Repgen im WS 1968/69 über "Hauptprobleme <strong>der</strong> deutschen<br />

Geschichte 1918 - 1933" las. Die Zeitmauer 1933 wurde im Sommersemester 1970 von e<strong>in</strong>em<br />

jüngeren Kollegen <strong>mit</strong> <strong>der</strong> "E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> die Tatsachen <strong>der</strong> Zeitgeschichte (1933 -<br />

1945)" übersprungen. Wer an <strong>der</strong> Universität Bonn etwas über den Komplex Nationalsozialismus<br />

/ Faschismus lernen o<strong>der</strong> sogar selbst darüber arbeiten wollte, wandte sich besser<br />

<strong>der</strong> Politologie zu. Hier nahm Karl Dietrich Bracher, Verfasser des Standardwerkes "Die<br />

Auflösung <strong>der</strong> Weimarer Republik" von 1955, ungefähr die Rolle e<strong>in</strong>, die Mehnert <strong>in</strong><br />

Aachen spielte. Bracher, <strong>der</strong> sich vergeblich nach Köln beworben hatte 170 , bot im Som-<br />

168<br />

Hervorhebung von mir/B.-A.R.<br />

169<br />

Petri war im "Dritten Reich" Haupt e<strong>in</strong>er Sprach- und Rasseforschung annexionistisch-antifranzösischer<br />

Stoßrichtung gewesen. Nach se<strong>in</strong>er Auffassung endete <strong>der</strong> Kulturraum <strong>der</strong> Germanen - also <strong>der</strong>en "Westgrenze"<br />

- ke<strong>in</strong>eswegs am Rhe<strong>in</strong>, son<strong>der</strong>n an <strong>der</strong> unteren Se<strong>in</strong>e und am Loire-Knie. Aus 'deutsch bleibt <strong>der</strong><br />

Rhe<strong>in</strong>' sollte sozusagen 'deutsch wird die Se<strong>in</strong>e' werden. Zu Petri siehe: Karl Ditt, Die Kulturraumforschung<br />

zwischen Wissenschaft und Politik. Das Beispiel Franz Petri (1903 - 1993), <strong>in</strong>: Westfälische Forschungen 46<br />

(1996), S.73-176; Peter Schöttler, Die historische "Westforschung" zwischen "Abwehrkampf" und territorialer<br />

Offensive, <strong>in</strong>: <strong>Der</strong>s. (Hg.), Geschichtsschreibung als Legitimationswissenschaft. 1918-1945, Ffm. 1997,<br />

S.204-261.<br />

170<br />

"Ehe Bracher aus Berl<strong>in</strong> auf den Bonner Lehrstuhl für Politik g<strong>in</strong>g (...), scheiterte se<strong>in</strong>e (von den Historikern<br />

unterstützte) Berufung auf Brün<strong>in</strong>gs Kölner Professur für Politikwissenschaft an vehementem klerikalkonfessionalistischen<br />

Wi<strong>der</strong>stand, dessen reaktionäre Skurrilitäten ich als Kölner Doktorand verfolgt habe."<br />

(Wehler, Geschichtswissenschaft heute, a.a.O., S.723, Fn. 19.)

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