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FORUM FRAGT FORUM FRAGT 38 1 Die heimliche Messrevolution EINMANN-MESSTRUPP UND DURCHGÄNGIGER DATENFLUSS Fernbedienung und berührungsloses Messen mit der Totalstation, 3-D-Laserscanning, Echtzeitkoordinatenbestimmung mit SAPOS, außendiensttaugliche Handheld-Compu- ter und durchgängiger Datenfluss … Die geodätische Messtechnik hat sich in den vergan- genen Jahren bemerkenswert entwickelt und eröffnet vielfältige Möglichkeiten für tech- nologische und organisatorische Veränderungen. Technisch ist zum Beispiel ein Einmann-Messtrupp denkbar. Auf die FORUM-Fragen haben geantwortet: Ein FORUM-Interview ÖbVI Herbert Horst aus Bremen | ÖbVI Jens Gabler aus Jena | ÖbVI Werner Flüssmeyer aus Osnabrück | ÖbVI Mathias Kaden aus Teltow | ÖbVI Kai Grünhagen aus Schönberg FRAGE 1 FÜR WELCHE AUFGABEN KÖNNTEN SIE SICH EINEN EINMANN-MESSTRUPP VORSTELLEN BZW. FÜR WELCHE AUFGABEN SETZEN SIE EINEN SOLCHEN TRUPP EIN? Horst | Für mich bedeutet Vermessung immer Teamarbeit, und aus dem Grund will ich mir den Einmann-Messtrupp gar nicht vorstellen, obwohl ich natürlich weiß, dass Kollegen ihn einsetzen. In einigen wenigen speziellen Fällen, bei einfachenGebäudeinnenaufmaßen ohne Tachymeter, nur mit einem Handentfernungsmesser, geht natürlich auch in unserem Büro nur ein Mann in den Außendienst. Schließlich kommt man dem Kunden gegenüber in Erklärungsnot, welche Aufgabe der zweite Mitarbeiter eigentlich hat. Dann kann ich mir noch eine topographische Geländeaufnahme in einfachem, übersichtlichem Gelände und ohne Beeinträchtigung durch Publikum als Aufgabe vorstellen. Als dritte und letzte Aufgabe sehe ich ein Geländeaufmaß, bei dem selbst ein Einmanntachymeter bei unübersichtlichem Gelände aus wirtschaftlichen Gründen gar nicht in Betracht kommt und man nur mit einer SAPOS-Ausrüstung, dann auch als Einmann-Trupp, zum Ziel gelangt. Bei all diesen Außeneinsätzen muss meines Erachtens dem Unfallrisiko besonderes Augenmerk geschenkt werden, weil keine zweite Person zu Hilfe kommen kann. Gabler | Wir experimentieren in unserem Büro seit vielen Jahren an solchen Lösungen. Wir haben die technischen Voraussetzungen schon lange gehabt und die technischen Schwierigkeiten der ersten Jahre miterlebt. Die neuen Geräte sind jetzt zuverlässiger. Der Einmann-Messtrupp wird bei Ingenieurvermessungen, Entwurfsvermessungen, Lageplänen, großen Höhenrastern, Massenermittlungen oder ähnlichen Arbeiten eingesetzt. Das berührungslose Messen ist sicherlich an Fassaden sinnvoll oder z. B. bei einer Felssicherung, bei der wir Felsen abgerastert haben. Auch Laserscanning haben wir z. B. für ein Gelän- demodell zur Hochwassersimulation eingesetzt. Das passiert aber immer im Zusammenhang mit normalen, klassischen Messverfahren. Der Einmann- Trupp wird genau dann eingesetzt, wenn eine spezielle, dafür sinnvolle Aufgabe vorhanden ist. Das ist in meinem Büro aber nicht der Regelfall. Flüssmeyer | In meinem Büro ist in den Abteilungen Liegenschaftsvermessung und Technische Vermessung seit längerem bei entsprechenden Aufgaben der Einmann- Messtrupp Realität. Gute Erfahrungen haben wir gemacht in großräumigen Gebieten und bei lang gestreckten Anlagen. Im technischen Bereich erfolgt der Einsatz im offenen Gelände bei der topographischen Erfassung von Sandgruben und Deponien. Kaden | In meinem Büro setzen wir auf die Einmanntechnologie. Ich kann mir grundsätzlich den Einsatz eines Einmann-Messtrupps für jede Auftragsart vorstellen, außer bei Nivellements, wo es technisch nicht möglich ist. Der Einsatz hängt natürlich, wie bei jedem Messverfahren, von den konkreten Auftragsbedingungen ab. Je nach Auftragsart oder Objekt muss ausgewählt werden, welches Messverfahren bzw. welche Technologie und welches Instrument dafür am besten geeignet ist. Das heißt, dass der Einsatz des Einmann-Messtrupps nur durch örtliche Bedingungen eingeschränkt ist, also durch Bewuchs, Verkehrssituation oder Einschränkungen, die sich aufgrund von Arbeitsschutzbestimmungen z. B. auf Großbaustellen ergeben. Aber unsere Erfahrung ist, dass sowohl für die Messung von Lageplänen als auch bei Absteckungen, Gebäudeeinmessungen und auch Teilungsvermessungen der Einsatz von Einmann-Messtrupps möglich ist. Grünhagen | Wir haben den Einmann-Messtrupp seit eineinhalb Jahren produktiv im Bereich der Katastervermessung und in der Ingenieurvermessung im Einsatz. Zerlegung, Gebäudeeinmessung, aber auch Lagepläne, topographische Aufnahmen, Absteckungen o. A. werden von diesem Einmann-Trupp durchgeführt. Zum Einsatz kommen dabei eine Totalstation mit Funkfernsteuerung bzw. GPS-Empfänger mit SAPOS®. 1 39
FORUM FRAGT 40 Neue Messansätze und die Kombination von terrestrischen und GPS-Methoden bestimmen die Effizienz im Einmann-Messtrupp. FRAGE 2 WELCHE VORAUSSETZUNGEN MÜSSEN NEBEN DEN TECHNISCHEN LÖSUNGEN FÜR EINEN EINMANN-MESSTRUPP VORHANDEN SEIN BZW. GESCHAFFEN WERDEN? Horst | Es müssen besonders qualifizierte Mitarbeiter vorhanden sein, da sie wirklich auf sich allein gestellt allen Anforderungen im Außendienst gerecht werden müssen. Nicht jeder Mitarbeiter, sei er auch fachlich noch so gut, ist mental der Situation gewachsen, den ganzen Tag mit keinem anderen Menschen kommunizieren zu können. Gabler | Den Einmann-Messtrupp muss man natürlich arbeitsschutzmäßig absichern. Das bestimmt auch die Aufgaben, für die er eingesetzt werden kann. Wenn man die technischen Lösungen zur Verfügung hat, wie das bei uns der Fall ist, ist ein zusätzliches kleines Auto ganz sinnvoll. Man hat dann die Möglichkeit, einen Einmann- Messtrupp mit wenig technischem Aufwand operativ einzusetzen, wenn die anderen Truppfahrzeuge im Einsatz sind. Spezielle Voraussetzungen sind normalerweise nicht zu schaffen. Flüssmeyer | Zunächst einmal die Bereitschaft und die Motivation des Mitarbeiters. Entscheidend ist das Eindenken und Einarbeiten des Außendienstingenieurs in die Materie. Er muss die individuelle Feinabstimmung der Geräteparameter und der Software zum Ablauf der Messung verknüpfen. Dabei Hilfe von außen zu erwarten, bedeutet regelmäßig Zeitverlust. 1 Ausstattungsmäßig kann der Außendienstler wählen zwischen dem Datentransfer von GPS, Totalstation und Laptop per Funk. Kaden | Der Messtruppführer muss eine umfassende Ausbildung haben. Er muss im Außendienst allein entscheiden ohne die Möglichkeit der Rücksprache mit einem Messtruppkollegen. Er benötigt also die notwendige Qualifizierung. Und die zweite Sache ist, dass man von Objekt zu Objekt entscheiden muss. Es ist nicht möglich, auf dem Mittelstreifen der Straße des 17. Juni in Berlin eine Einmannmessung zu machen. Das ist einfach von der Verkehrssicherheit und vom Arbeitsschutz her unmöglich. Da wird man wahrscheinlich eher zu dritt arbeiten. Aber auf einer freien Fläche, in einem leeren Baugebiet, da bietet sich eine solche Technologie geradezu an. Es ist natürlich auch so, dass der Mitarbeiter irgendwo einen halben Tag alleine unterwegs ist. Und dafür muss er ein sehr hohes Maß an Selbstdisziplin mitbringen. Das heißt, dass er auch von seiner Persönlichkeit her in der Lage sein muss, so zu arbeiten. Natürlich kann man jetzt sagen, dass das zu einer »sozialen Vereinsamung« in der Arbeit führt. Ich denke, dass das bei uns nicht so ist, weil der Mitarbeiter, der draußen im Einmann-Messtrupp tätig ist, die Aufträge auch im Innendienst bearbeitet. Das heißt, er ist letztendlich von seiner wöchentlichen Arbeitszeit maximal zwei Drittel wirklich im Außendienst allein unterwegs. Grünhagen | Generell muss natürlich erst einmal die Bereitschaft zum Einsatz der neuen Technik vorhanden sein. Das heißt, es ist ein Umdenken im täglichen Messgeschäft notwendig. Andere bzw. neue Messansätze und die Kombination von terrestrischen und GPS-Methoden bestimmen die Effizienz im Einmann-Messtrupp. Nicht vergessen werden darf dabei die Bereitschaft des Truppführers bzw. des einzigen Mannes in diesem Trupp, auch mal körperlich anzupacken. Immerhin bedeutet der Einmann-Messtrupp ja schließlich ebenfalls, die Arbeiten des Messgehilfen mit zu übernehmen. FRAGE 3 HABEN SIE ERFAHRUNGEN ZUR WIRTSCHAFT- LICHKEIT EINER SOLCHEN TECHNOLOGIE IM VERGLEICH ZUM HERKÖMMLICHEN ZWEI- (ODER VIELLEICHT SOGAR DREI-) MANNTRUPP ODER WELCHE WIRTSCHAFTLICHEN EFFEKTE MÜSSTEN BEIM EINSATZ EINES EINMANN-TRUPPS EIN- TRETEN, DAMIT SEIN EINSATZ FÜR SIE SINNVOLL WIRD? Horst | Bis auf das einfache Gebäudeaufmaß und eine größere Geländeaufnahme mit einer SAPOS-Ausrüstung (auch ein Einmanntachymeter kam wegen mangelnder Anschlusssichten nicht in Frage) haben wir keine Erfahrungen mit dem Einmann-Messtrupp. Natürlich scheint es auf den ersten Blick wirtschaftlicher zu sein, wenn nur eine Person in den Außendienst geht. Ich glaube allerdings, dass die benötigte Zeit bei einem Einmann-Trupp eher höher ausfallen wird als bei einem Zweimanntrupp. Wenn dann der zweite Mann ein »preiswerter« Messgehilfe ist, sieht es mit der Wirtschaftlichkeit schon schlechter aus, da die höheren Anschaffungskosten für die Einmann-Ausrüstung ja auch berücksichtigt werden müssen. Auch im Hinblick auf die Arbeitsmarktpolitik muss nicht um jeden Preis das Personal verringert werden. Gabler | Aus unserer Erfahrung, und das aus vielen Jahren, spart man bei einem optimalen Einsatz maximal 25 % der Personalkosten. Ein optimaler Einsatz ist in der Ingenieurvermessung z. B. die Aufnahme eines Höhenrasters, die Lageplanherstellung oder eine Trassenvermessung. Der Mitarbeiter, der allein mit einem Instrument unterwegs ist, benötigt zwar mehr Zeit als ein Zweimann-Messtrupp, aber es wird der zweite Mann eingespart. Ein Fahrzeug mit Equipment wird natürlich wie sonst auch benötigt. Ein anderer Effekt ist, dass man mit dem vorhandenen Personal in der gleichen Zeit mehr schafft. Wir hatten z. B. bei größeren Ingenieurvermessungen wie bei einer 25 km langen Ortsumgehung sehr viele Geländeaufnahmen, zum Teil auch mehrfach für Massenberechnungen etc. zu erledigen, und da habe ich dann abschnittsweise parallel Einmann- Messtrupps eingesetzt, entweder mit SAPOS Rover oder mit einer Einmannstation. Das war natürlich wirtschaftlich sehr sinnvoll. Flüssmeyer | Der reine Einmann-Messtrupp ist in meinem Büro, wie gesagt, die Ausnahme. Denn es stellt sich die Frage, wie ich den in der Regel zugewiesenen Mess- gehilfen in der Zeit effektiv anderweitig einsetze. Länger einzuplanende und umfangreiche topographische oder Massenaufnahmen werden allerdings als echter Einmann-Trupp erledigt. Somit besteht – vielleicht widersprüchlich – der eigentliche Einmann- Messtrupp aus zwei Personen, um getrennte Auf- gaben zu erledigen. Während der Ingenieur die Arbeiten wie ein Einmann-Messtrupp ausführt, übernimmt der Gehilfe die gewohnten Arbeiten, wie Signalisierung, Verpflockung, Versteinung, und hält dadurch dem teureren Ingenieur den Rücken frei. Trotz aller Automation erreicht ein Einmann-Trupp gefühlsmäßig nicht die Effizienz wie zwei Personen, eine Nachkalkulation habe ich bislang allerdings noch nicht durchgeführt. Kaden | Konkrete Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen, also Gegenüberstellungen von Zeit- und Personalaufwand haben wir nicht angestellt. Aber rein vom Bauchgefühl her sind wir überzeugt, dass der Einmannmesstrupp wirtschaftlich ist. Insbesondere bei Aufträgen im Bereich der Ingenieurvermessung bzw. im nichthoheitlichen Bereich, bei denen man ohnehin unter einem höheren wirtschaftlichen Druck steht, trifft das zu. Aber auch bei Gebäudeeinmessungen, bei denen wir aufgrund der in Brandenburg geltenden Gebührenordnung bei zusammenhängenden Arbeiten Nachlass geben müssen, gibt es dadurch die Möglichkeit, auch solche Aufträge noch wirtschaftlich erledigen zu können. Grünhagen | Nach unseren Erfahrungen ist im Vergleich zum klassischen Zweimann-Messtrupp ein etwas höherer Zeitaufwand einzuplanen. Je nach Aufgabenstellung bedeutet das in etwa 1 1 /4- bis 1 1 /2-fache Außendienstzeiten wobei umfangreiche Abmarkungsarbeiten eher am oberen Ende anzusiedeln sind und FORUM FRAGT 1 41
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