Gerücht Didaktische Materialien - Museum für Kommunikation, Bern
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<strong>Gerücht</strong> <strong>Didaktische</strong> <strong>Materialien</strong> 55<br />
Welche «Zutaten» braucht eine gut formulierte<br />
Verschwörungstheorie?<br />
(Vertiefungstext)<br />
Eine klare Kausalität.<br />
Das heisst, ein Ereignis braucht einen klaren Auslöser,<br />
ein einleuchtendes Motiv, eine einfache Erklärung,<br />
weshalb etwas geschieht.<br />
Beispiel 9/11:<br />
Die US-Regierung plant heimlich einen Krieg gegen<br />
Afghanistan und den Irak und braucht nun einen<br />
Grund da<strong>für</strong>, damit sich ein solcher Krieg rechtfertigen<br />
lässt.<br />
➔ Sie können nun «Rache» <strong>für</strong> die Anschläge üben.<br />
Eine Reduktion der komplexen Realität auf überschaubare<br />
und nachvollziehbare Muster.<br />
Weil unsere Gesellschaft sehr kompliziert geworden<br />
ist, verlieren wir schnell einmal den Überblick. Verschwörungstheorien<br />
blenden dies aus und liefern <strong>für</strong><br />
komplizierte Vorgänge Erklärungen, die einfach nachvollziehbar<br />
sind.<br />
Beispiel AIDS aus dem US-Labor:<br />
Um AIDS zu verhindern, braucht es eine gute Aufklärung<br />
zum schwierigen Thema Sexualität. Dieses Thema<br />
ist in vielen Gesellschaften tabu. Deshalb ist es<br />
einfacher, die Schuld an der Krankheit einer «bösen<br />
Macht» zuzuschreiben, als eigene Tabus zu brechen.<br />
sind. Der Sündenbock «US-Regierung und deren<br />
Labors» füllt nun diese Lücke.<br />
Allgemein lässt sich feststellen, dass Verschwörungstheorien<br />
suggerieren, dass es in der «Wirklichkeit<br />
hinter der Wirklichkeit» noch jemanden gibt, der<br />
die Geschichte und die Welt kontrolliert und lenkt.<br />
«Die Geschichte selbst erscheint in diesen paranoiden<br />
Konstrukten als eine grosse Konspiration.»<br />
Katja Hürlimann<br />
Wer ist besonders «anfällig» <strong>für</strong> Verschwörungstheorien?<br />
Menschen, die …<br />
… verunsichert sind.<br />
Unsicherheit ist verstörend. Wer verunsichert ist, ist<br />
dankbar <strong>für</strong> «glaubhafte» Erklärungen des Unfassbaren.<br />
… in der Gesellschaft macht- und orientierungslos<br />
sind.<br />
Wer in einer Krise steckt, z. B. arbeitslos ist, kein<br />
Geld hat oder sozial benachteiligt ist, weil er beispielsweise<br />
keine gute Schulbildung erhält, braucht<br />
einen Sündenbock, um ihm da<strong>für</strong> die Schuld geben<br />
zu können. Dies ist einfacher, als sich selbst zu hinterfragen,<br />
und vielleicht bei sich selber etwas zu ändern.<br />
© 2009 <strong>Museum</strong> <strong>für</strong> <strong>Kommunikation</strong>, www.mfk.ch<br />
Einen oder mehrere Sündenbocke bzw. Strippenzieher,<br />
die <strong>für</strong> alles verantwortlich gemacht werden<br />
können.<br />
Dies hängt stark mit dem ersten Punkt zusammen.<br />
Es ist schlimmer nicht zu wissen, wer die Verantwortung<br />
trägt, als jemandem die Schuld da<strong>für</strong> geben zu<br />
können.<br />
➔ Unwissenheit schafft Unsicherheit.<br />
Beispiel AIDS aus dem US-Labor:<br />
Ohne sexuelle Aufklärung erscheint uns AIDS wie<br />
eine mysteriöse Krankheit, gegen die wir machtlos<br />
… ihre Privilegien verlieren.<br />
Wer Macht einbüsst, Geld verliert etc., sucht die<br />
Schuld da<strong>für</strong> zuerst bei jemand anderem.<br />
… Ungerechtigkeiten (hilflos) erfahren müssen.<br />
Dies hat stark mit Punkt 2 zu tun. Wem Ungerechtes<br />
geschieht und wer sich nicht wehren kann, gibt<br />
automatisch jemandem die Schuld da<strong>für</strong>. Wer in der<br />
Wirtschaftskrise den Job verliert, ist zuerst frustriert<br />
und wütend auf die eigene Firma. Dann vielleicht<br />
aber auch auf «die Banken», welche im kriselnden<br />
Wirtschaftssystem eine wichtige Rolle spielen. «Die<br />
Banken» gibt es aber nicht. Aber sie dienen als per