SECURITY insight 6/10
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Veranstaltungen<br />
Veranstaltungen<br />
Von Personenschützern<br />
und Bodyguards<br />
Zum zweiten Mal veranstaltete <strong>SECURITY</strong> <strong>insight</strong> das Praxisseminar<br />
„Zukunft Personenschutz“ und eröffnete neue Perspektiven auf neue Herausforderungen<br />
Wenn der Personenschützer nachfragt, wer denn die ankommenden Gäste seien,<br />
dann läuft etwas gehörig schief. Franz-Josef Kniola erinnert sich an diese Begebenheit<br />
auf der Einweihung eines Vergnügungsparks Mitte der 1990er Jahre noch<br />
ganz genau. Da sich dort prominente Hollywood-Filmstars ein Stelldichein gaben,<br />
verrichteten auch US-Bodyguards ihren Dienst und entsprachen jedem sonnenbebrillten<br />
Ohrstöpsel- und Muskulaturklischee. „Wer sind denn Sie? Darf ich Sie<br />
überhaupt durchlassen?“, wandte sich damals einer von ihnen an Kniola. „Sie dürfen,<br />
ich bin der Innenminister dieses Bundeslandes.“ – „Okay, man, no problem.“<br />
Interessierte Zuhörer<br />
Oliver Fox (l.) und Dirk Dernbach von<br />
Securitas<br />
V. l.: Andreas Radebauer, Stefan Rolf,<br />
Anja Peuskens<br />
Hinter diesem Dialog steckt mehr als<br />
nur eine Anekdote. Vielmehr lässt sich<br />
das Ethos eines ganzen Berufsstandes<br />
illustrieren. Denn die geschilderte Tätigkeit<br />
würden richtige Personenschützer<br />
allenfalls unter der Bezeichnung „Bodyguarding“<br />
durchgehen lassen, also<br />
der Demonstration von Prominenz und<br />
Popularität mit Hilfe wuchtiger „Zur-<br />
Schau-Steller“. Das war Kniola durchaus<br />
bewusst, als er die Geschichte jüngst vor<br />
Konzernsicherheitsbeauftragten, Personenschützern<br />
und anderen Sicherheits-<br />
Dienstleistern zum Besten gab. Kein<br />
Wunder, war er doch einst mit dem<br />
Thema gleich doppelt befasst: als NRW-<br />
Innenminister zwischen 1995 und 1998<br />
und somit Dienstherr der behördlichen<br />
Personenschützer sowie zugleich als<br />
Schutzperson.<br />
Über seine Erfahrungen berichtete er<br />
auf dem zweitägigen Praxisseminar<br />
„Zukunft Personenschutz“, zu dem SECU-<br />
RITY <strong>insight</strong> zum zweiten Mal eingeladen<br />
hatte, in diesem Jahr in die Waldkaserne<br />
der Bundeswehr ins nordrhein-westfälische<br />
Hilden.<br />
Auch Dieter Fox, einst Angehöriger der<br />
GSG9 und heute Leiter Sicherheit von<br />
ThyssenKrupp, verwendete in seinem Vortrag<br />
die Begriffe „Bodyguard“ und „Per-<br />
sonenschützer“ bewusst als Abgrenzung<br />
zweier Tätigkeiten, die ihren Ursprung<br />
etwa bei den römischen Prätorianern<br />
nahmen und sich heute in Ziel, Ausbildung,<br />
Auftritt und vor allem Know-how so stark<br />
voneinander unterscheiden, dass inzwischen<br />
ein Akzeptanz- und Imageproblem<br />
damit einhergeht. Fox unterfütterte seinen<br />
Blick auf den Personenschutz mit dem<br />
soziologisch-psychologischen Begriff des<br />
„Wertes“. Seine Schlussfolgerung: Die<br />
Fundamente des Berufsstandes sind so<br />
stabil, dass sich sein wirklicher Stellenwert<br />
verteidigen lässt, wenn man sich nur<br />
der Fundamente besinnt und den hohen<br />
Qualitätsanforderungen gerecht wird.<br />
Während sich also die Werte des Personenschutzes<br />
praktisch nicht verändert<br />
haben, so doch die Herausforderungen.<br />
Ziel der Veranstaltung war es, wichtige<br />
Hervorragender Schütze: Jürgen Wolf<br />
von der Deutschen Telekom<br />
Hintergrundinformationen für die Praxis<br />
zu liefern. So sprach der Diplompsychologe<br />
Prof. Dr. Joachim Burgheim von<br />
der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung<br />
NRW über das Phänomen des<br />
„Stalkings“, Major Stefan Vosen, Kompaniechef<br />
beim 2. Feldjägerbataillon 252<br />
in Hilden, berichtete über den Einsatz in<br />
Krisen- und Kriegsgebieten.<br />
Überraschend war die Relevanz der Themen<br />
IT-Security und Wirtschaftsspionage.<br />
Udo Kummer und Wolfgang Rahmes von<br />
der auf den Personenschutz von Inhaberfamilien<br />
spezialisierten B.U.K. GmbH nannten<br />
Inspektion der beschossenen, gepanzerten<br />
Fahrzeugtür<br />
anschauliche Beispiele dafür, angefangen<br />
vom Identitätsdiebstahl in sozialen Netzwerken<br />
bis zum mobilen Telefonieren.<br />
Auch Reinhard Vesper von der Abteilung<br />
Verfassungsschutz im nordrhein-westfälischen<br />
Innenministerium räumte mit den<br />
Vorstellungen von vermeintlich sicheren<br />
Rückzugsräumen auf, vor allem was<br />
Geschäftsreisen angeht. Da Wirtschaftsspionage<br />
inzwischen weltweit verbreitet<br />
ist, geraten auch deutsche Führungskräfte<br />
ins Visier gegnerischer – und mitunter<br />
gar befreundeter – Mächte. Vom<br />
Anzapfen der Handys und Laptops bis<br />
Hendrik Jørstad und Oliver Nielsen von<br />
TenCate<br />
zur Andienung junger, hübscher Frauen<br />
nutzen die Agenten alle Schwachpunkte<br />
ihrer Spionageopfer, auch auf oberster<br />
Managementebene. Ein weites Tätigkeitsfeld<br />
für Personenschützer, auf dem<br />
sie sich im Übrigen mit spezialisierten<br />
Dienstleistungen von weniger versierten<br />
Berufskollegen abheben können.<br />
Weil gerade Deutschland eine sehr restriktive<br />
Waffengesetzgebung hat, beschäftigen<br />
„nicht letale Wirkmittel“ viele Personenschützer.<br />
Dazu gab Dr. Klaus-Dieter<br />
Thiel, Gründer und Leiter der „European<br />
Working Group on Non-lethal Weapons“,<br />
Prof. Dr. J. Burgheim D. Vox S. Vosen U. Kummer W. Rahmes Dr. K.-D. Thiel R. Vesper F.-J. Kniola<br />
Begeisterter Schützenkönig: R. Herzfeld<br />
(r) neben SI-Chefredakteur M. Heide<br />
einen umfassenden Überblick, der vom<br />
Netz über die berüchtigten Taser bis zur<br />
US-Mikrowellenwaffen „Active Denial System“<br />
(ADS) im 7,5-Tonner reichte – das<br />
Wenigste davon freilich für den Einsatz in<br />
unseren Breitengraden zulässig, aber als<br />
Diskussionsgrundlage durchaus hilfreich.<br />
Gebräuchlichere Waffen standen<br />
schließlich am zweiten Veranstaltungstag<br />
im Mittelpunkt. In der Schießanlage<br />
der Hildener St. Seb. Schützenbruderschaft<br />
konnte die Teilnehmer exklusiv<br />
am AGDS-Duellsimulator für Feldjäger<br />
schießen. Nicht nur auf Zielschreiben<br />
feuerten die Teilnehmer danach die echten<br />
Waffen ab, sondern auch auf eine<br />
gepanzerte Fahrzeugtür, die das dänische<br />
Unternehmen TenCate, Hersteller<br />
von hochwertigem ballistischem Schutzmaterial,<br />
eigens für diese Veranstaltung<br />
zur Verfügung gestellt hatte. Am Ende<br />
krönte <strong>SECURITY</strong> <strong>insight</strong> Renee Herzfeld<br />
von WISAG zum „Schützenkönig“ des<br />
Praxisseminars – das im nächsten Jahr<br />
erneut auf der Agenda stehen wird.<br />
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Security <strong>insight</strong> 6/20<strong>10</strong> 17