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SECURITY insight 6/10

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Spitzengespräch<br />

„Am wichtigsten sind die ‚Soft Skills‘ –<br />

aber damit kann man nicht punkten“<br />

Rolf-Wilhelm Dau über den Mitarbeiter als Angriffsziel, Respekt, Lebenserfahrung<br />

und öffentliche Hände in Russland<br />

Rolf-Wilhelm Dau war über 30 Jahre als Sicherheitsbevollmächtigter des Philips-<br />

Konzerns in Hamburg tätig. Heute ist er Vorstandsvorsitzender des Verbands für<br />

Sicherheit in der Wirtschaft Norddeutschland e. V. (VSWN) sowie Vorstandsmitglied<br />

der Arbeitsgemeinschaft für Sicherheit der Wirtschaft e. V. (ASW).<br />

<strong>SECURITY</strong> <strong>insight</strong>: Herr Dau, Sie sind fast<br />

vier Jahrzehnte mit der Sicherheitsarbeit<br />

befasst. Was macht einen guten Sicherheitschef<br />

aus?<br />

Rolf-Wilhelm Dau: Dazu müssen wir<br />

festlegen, was Sie unter „Sicherheitschef“<br />

verstehen. Das ist ja von Branche<br />

zu Branche, von Unternehmen zu<br />

Unternehmen verschieden. Sprechen wir<br />

vom Vorstandsberater oder von dem, der<br />

Aufklärungsarbeit betreibt? Oder meinen<br />

wir jenen, der – wie heute immer weiter<br />

verbreitet – beides vereint? Feststeht,<br />

dass sich die Kriterien für die Besetzung<br />

dieser Position verändert haben. Früher<br />

haben die Leiter Konzernsicherheit ihre<br />

Karriere üblicherweise bei einer Strafverfolgungsbehörde<br />

begonnen. Heute<br />

kommen sie zunehmend aus der Wirtschaft<br />

und haben einen Management-<br />

Hintergrund. Deshalb haben die früher<br />

so geschätzten „guten Kontakte“ in die<br />

Behördenwelt ihre Bedeutung weitgehend<br />

verloren. Heute zählt, dass man<br />

innerhalb des Unternehmens als Kollege<br />

respektiert und akzeptiert wird. Was los<br />

ist im Vertrieb, in der Entwicklung oder<br />

der Verwaltung, erfährt man nur, wenn<br />

man mit den Leuten redet. Dazu genügt<br />

es nicht mehr, den Ermittlungslehrgang 1<br />

bis 5 absolviert zu haben.<br />

Damit definieren Sie die erfolgreiche<br />

Sicherheitsarbeit vornehmlich über die<br />

„menschliche Ebene“?<br />

Ganz genau. Nehmen Sie als Beispiel<br />

die neue Herausforderung des „Cyber-<br />

Kriegs“. Das ist eine Welt für sich. Der<br />

Security Manager hat keine Chance,<br />

das Problem von der technischen Seite<br />

selbst anzugehen; dazu braucht er Spezialisten.<br />

Aber er kann das Thema von<br />

der menschlichen Seite anpacken. Menschen<br />

sind manipulierbar, machen Fehler,<br />

sind unaufmerksam und interessengetrieben.<br />

Also muss man die Mitarbeiter<br />

sensibilisieren und führen. Das wiederum<br />

funktioniert nur, wenn man sie respektiert<br />

und von ihnen respektiert wird.<br />

Wie kann das in der Praxis aussehen?<br />

Sehr anschaulich ist das Thema „Globalisierung“,<br />

das viele Mitarbeiter betrifft<br />

und vor neue Herausforderungen stellt.<br />

Sie müssen sich „global“ verhalten –<br />

denken Sie an räumliche, zeitliche und<br />

sprachliche Flexibilität, Kultur- und<br />

Rechtsunterschiede – und gleichzeitig<br />

den daraus entstehenden Gefahren<br />

widerstehen. Was ist beispielsweise bei<br />

einem Geschäftsanbahnungsprozess<br />

in Russland zu beachten? Hier gibt es<br />

buchstäblich keine „öffentliche Hand“,<br />

sondern ausschließlich „öffentliche<br />

Hände“. Wie also können Geschäftsprozesse<br />

dennoch moralisch-ethisch<br />

einwandfrei abgewickelt werden? Das<br />

muss nicht nur der Vorstandsvorsitzende<br />

wissen, sondern das geht jeden an, vom<br />

Vertriebler bis zum Servicetechniker.<br />

Dazu muss der Sicherheitschef Fakten<br />

und Einflussfaktoren ermitteln und analysieren<br />

sowie plausibel an die Mitarbeiter<br />

vermitteln. Das kann so weit gehen,<br />

dass man einzelne Mitarbeiter zu Hause<br />

besucht und mit ihnen Maßnahmen zur<br />

Absicherung des Privathauses gegen<br />

Industriespionage erarbeitet, nicht nur<br />

technisch, sondern auch mit Verhaltensregeln<br />

für den Alltag. Dazu wiederum<br />

muss die Familie mit ins Boot, deren<br />

Vertrauen man erst einmal gewinnen<br />

Spitzengespräch<br />

muss. Solche Faktoren werden in unserer<br />

technisch getriebenen Welt – „Lies<br />

einfach das Handbuch“ – oftmals gar<br />

nicht berücksichtigt.<br />

Von der Notwendigkeit von Überwachungskameras,<br />

Zutrittskontrolle und<br />

hohen Zäunen sind Vorstände und Kollegen<br />

vermutlich leichter zu überzeugen…?<br />

Lassen Sie es mich so formulieren:<br />

Mit Soft Skills kann man definitiv nicht<br />

punkten, aber sie sind die wichtigsten<br />

Sicherheitsinstrumente. Der Konflikt mit<br />

dem Vorstand gehört zu unseren großen<br />

Herausforderungen. Letztlich weiß<br />

ja doch niemand, was genau der Security<br />

Manager den lieben langen Tag so<br />

treibt. Wir müssen auf Lob verzichten;<br />

das bekommen nur die, deren Ergebnisse<br />

zähl-, wieg- und messbar sind. Auf der<br />

anderen Seite ist unser Job einzigartig:<br />

Wir haben es mit allem Menschlichen zu<br />

tun – und das kann sehr interessant sein.<br />

Um sich hier zu bewähren, muss man<br />

„aus dem Leben kommen“.<br />

Die Erkenntnis, dass der Mensch letztlich<br />

das Hauptangriffsziel im Unternehmen<br />

bleibt, nutzt man in den meisten anderen<br />

Ländern aktiv mit eigenen – legalen<br />

und illegalen – Strategien, etwa Konkurrenzausspähung<br />

oder Competitive Intelligence.<br />

Für deutsche Unternehmen kein<br />

Thema?<br />

Die École de Guerre Économique, die<br />

Schule für Wirtschaftskriegsführung in<br />

Paris, ist ein gutes Beispiel für eine Institution,<br />

die diese Erkenntnisse sehr erfolgreich<br />

nutzt. Unsere Rechtsprechung lässt<br />

Vieles davon nicht zu, also hinken deutsche<br />

Unternehmen auf diesem Gebiet<br />

dem Rest der Welt kontinuierlich hinterher.<br />

Der Beschäftigtendatenschutz steht<br />

in dieser Tradition. Hier wird politisch<br />

enormer Druck aufgebaut, um ja keine<br />

Schlupflöcher aufgehen zu lassen und vor<br />

allem den Unternehmen jeglichen Wind<br />

aus den Segeln zu nehmen. Deutsche<br />

Firmen können vor diesem Hintergrund<br />

einfach nicht genug Stärke aufbauen, um<br />

ihre Interessen durchzusetzen. Das ist in<br />

der globalisierten Welt für Deutschland<br />

ein erheblicher Wettbewerbsnachteil,<br />

denn andere sammeln kräftig Daten. Im<br />

Übrigen auch solche, die auf den ersten<br />

Blick nichts mit dem Thema Sicherheit<br />

zu tun haben: Steuerberater, Wirtschaftsprüfer,<br />

Rating-Agenturen recherchieren<br />

schließlich ebenfalls Unternehmensdaten,<br />

die sie dann interpretieren. Einige davon<br />

werden zum Teil veröffentlicht. Darin fließen<br />

auch Interpretationen dahingehend<br />

ein, wie gut (oder schlecht) ein Unternehmen<br />

in Sachen Sicherheit aufgestellt ist.<br />

Darum kümmern sich heute in zunehmendem<br />

Maße die Compliance-Beauftragten.<br />

Erwächst den Sicherheitsabteilungen<br />

ungeliebte Konkurrenz?<br />

Compliance ist nicht gerade eine neue<br />

Erfindung. In der Bedeutung von „Regelkonformes<br />

Verhalten“ hat es das schon<br />

immer gegeben, angefangen mit den<br />

Zehn Geboten. Wenn die Messlatte für<br />

Verhalten im Unternehmen heute diesen<br />

Namen trägt, muss man dem folgen. Ich<br />

empfehle den Sicherheits-Entscheidern,<br />

mit den Kollegen von der Compliance auf<br />

Augenhöhe zusammenzuarbeiten. Jede<br />

Seite sollte ihre fachlichen Kompetenzen<br />

im Interesse des Ganzen einbringen. So<br />

lange das aus dem Unternehmen heraus<br />

geschieht, sehe ich keine Probleme. Der<br />

große Fehler unserer Zeit ist vielmehr<br />

das Outsourcing von Sicherheit aus Kostengründen.<br />

Ich kann es gar nicht oft<br />

genug betonen: Sicherheit entsteht durch<br />

die Mitarbeiter. Dazu muss man sie und<br />

das Unternehmen als Ganzes sehr genau<br />

kennen.<br />

Die Fragen stellte Marcus Heide.<br />

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Security <strong>insight</strong> 6/20<strong>10</strong><br />

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