SECURITY insight 6/10
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Schwerpunkt: Gefahrenmeldetechnik<br />
Schwerpunkt: Gefahrenmeldetechnik<br />
Schulen öffnen sich der<br />
Sicherheitstechnik<br />
Im Zentrum steht die Gefahrenmeldetechnik, sukzessive hinzu kommen<br />
Fluchtweglenkung, Videoüberwachung und Zutrittskontrolle<br />
Bild links: Unter dem Eindruck<br />
der Amokläufe der<br />
letzten Jahre kann ein<br />
solch leerer Flur in einem<br />
Schulgebäude Beklemmung<br />
hervorrufen.<br />
Bild rechts: Notruf-Vorrichtungen<br />
halten in immer<br />
mehr Schulen Einzug.<br />
Von Peter Krapp<br />
Nach einem Amoklauf an einer Schule ist die Sensibilität für das Thema auch<br />
in der Öffentlichkeit verständlicherweise am höchsten. Später beschäftigt sich<br />
eher eine kleinerer Kreis damit, nämlich die unmittelbar Betroffenen – Schulen,<br />
Schulträger, Eltern. Davon abgesehen gibt es weitere Sicherheitsprobleme, die<br />
nicht so spektakulär, dafür alltäglicher sind: Vandalismus, Einbruch, Nötigung,<br />
Feuer. Zwei neue Broschüren des Fachverbandes Sicherheit im Zentralverband<br />
Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e. V. (ZVEI) informieren über die Sicherheit<br />
an Schulen und die Evakuierung von Gebäuden.<br />
Noch in den 90er Jahren schienen Amokläufe<br />
an Schulen hier zu Lande eine<br />
unwahrscheinliche, exotische Bedrohung.<br />
Der Amoklauf eines Frankfurter Wachmanns<br />
an einer Schule im hessischen<br />
Taunusstädtchen Eppstein 1983, bei dem<br />
fünf Menschen starben und 14 verletzt<br />
wurden, galt seinerzeit als ein Ausnahmeereignis,<br />
das sich in keinen gesellschaftlichen<br />
Zusammenhang stellen ließ.<br />
Doch wie eine Liste der „verheerendsten<br />
Amokläufe“ von „Spiegel Online“ belegt,<br />
weist Deutschland nach den USA mittlerweile<br />
die zweithöchste Zahl an derartigen<br />
Vorfällen auf.<br />
Acht „Amok-Lagen“ in über einer Dekade<br />
sind aber nur die Eskalation einer<br />
schleichenden Gefahr. Die ganz alltägliche<br />
Gewalt häuft sich: Dazu gehört der<br />
Angriff auf Lehrer bis hin zum Tötungsdelikt.<br />
Jugendliche mobben ihre Klassenkameraden<br />
nachmittags und abends<br />
in Online-Netzwerken; die Fortsetzung<br />
dieser Konflikte bestimmt den Schulalltag<br />
immer stärker. Auf dem Pausenhof<br />
nimmt der Vandalismus zum Teil deutlich<br />
zu. In den Gebäuden steigt das Risiko<br />
für Diebstahl und Einbruch – viele Spontantäter<br />
haben es auf Wertgegenstände<br />
wie Notebooks oder Videobeamer<br />
abgesehen. Und schließlich schaffen das<br />
„Abziehen“ von Mitschülern, also faktischer<br />
Raub beziehungsweise räuberische<br />
Erpressung, oder „Happy Slapping“,<br />
das unmotivierte Einschlagen auf Mitschüler,<br />
Lehrer oder unbeteiligte Dritte,<br />
eine heikle Sicherheitslage.<br />
Reservierte Reaktionen<br />
Seit einiger Zeit beschäftigen sich<br />
Schulverantwortliche intensiv mit dem<br />
Thema, setzen dabei aber bevorzugt auf<br />
ihre „Kernkompetenzen“ Pädagogik und<br />
Psychologie. Frühidentifikation von Problemschülern,<br />
Anti-Gewalt-Trainings und<br />
psychologische Krisenintervention waren<br />
Foto: Thomas Teufel - Fotolia.com<br />
Foto: greenmedia - Fotolia.com<br />
neben den obligatorischen Notfallübungen<br />
lange alleine Mittel der Wahl. Technik<br />
wurde bisher zumindest nicht ausreichend<br />
beachtet. Die Furcht vor einer Schule mit<br />
Hochsicherheitstrakten, Zweifel an der<br />
Wirksamkeit von Technik, aber auch fehlende<br />
Investitionsmittel führten zu reservierten<br />
Reaktionen.<br />
Erst in jüngerer Vergangenheit öffnen sich<br />
Schulen für das Thema „Prävention durch<br />
Sicherheitstechnik“. In letzter Zeit wächst<br />
das Interesse rapide. Wie tragfähige<br />
Konzepte aussehen sollten, hat nun der<br />
ZVEI erarbeitet. Im dortigen Fachverband<br />
Sicherheit engagieren sich über 90 führende<br />
Hersteller von Sicherheitstechnik. Jetzt<br />
hat der ZVEI zwei neue Broschüren zum<br />
Thema publiziert: „Sicherheit an Schulen<br />
– Intelligente Technik schützt Menschen<br />
und Werte“ sowie „Effektive Gebäudeevakuierung<br />
mit System – Technische Maßnahmen<br />
im Brandfall und bei sonstigen<br />
Gefahrenlagen“. Beide Hefte lassen sich<br />
im Internet herunterladen. Die Publikationen<br />
greifen folgende Themen auf:<br />
• Sprachalarm/Fluchtweglenkung<br />
• Zutritt und Biometrie/<br />
Videoüberwachung<br />
• Einbruch und Überfall<br />
• Brand/Rauch- und Wärmeabzug.<br />
Die Hefte machen auch die Herausforderungen<br />
für jedes Konzept deutlich:<br />
Schulspezifische Vorschriften in den<br />
Bauverordnungen der Länder sind auf<br />
ein Minimum begrenzt. Normen und Projektierungshilfen<br />
für technische Prävention<br />
gegen Gefahren wie Vandalismus,<br />
Einbruch, Gewalt oder Amoklauf fehlen<br />
zum Teil völlig. Wichtig – so die Auffassung<br />
der Technikexperten im ZVEI – ist,<br />
dass weder Geräte noch Pädagogik/Psychologie<br />
alleine ein Optimum an Sicherheit<br />
garantieren, sondern nur im Verbund<br />
erfolgreich wirken können.<br />
Zudem gilt es zu berücksichtigen, dass<br />
jede Lehranstalt verschiedene Risikopotenziale<br />
unter den Schülern und zudem<br />
ein spezifisches Umfeld mit zum Teil sehr<br />
heterogenen Problemlagen und Sozialstrukturen<br />
hat. Ein individuelles Konzept<br />
sollten daher idealerweise alle Gruppen<br />
gemeinsam entwickeln und auch seine<br />
Ziele definieren: Schulleitung, Schulträger,<br />
Lehrer, Eltern und Schüler, Polizei, Feuerwehr<br />
und Fachplaner müssen an einem<br />
Tisch sitzen.<br />
Amoklauf:<br />
Jede Sekunde zählt<br />
Extremsituationen wie ein Amoklauf<br />
machen deutlich, wie wichtig aber<br />
moderne Sicherheitstechnik im Akutfall<br />
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