SECURITY insight 6/10
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Im Fokus: Logistik und Verkehr<br />
Im Fokus: Logistik und Verkehr<br />
Detektieren statt kontrollieren<br />
Wie sich Importcontainer zum Schutz der Logistikmitarbeiter gegen<br />
unterschiedliche Gefahren wappnen lassen<br />
Von Paul F. Ledergerber<br />
Die Wahrnehmung einer Gefahr sagt nichts über ihre Qualität und Eintrittswahrscheinlichkeit<br />
aus. Weil weite Teile der Bevölkerung am Flugverkehr teilnehmen,<br />
stehen auch die Sicherheitsmaßnahmen – vor allem die Personen- und<br />
Gepäckkontrollen – immer wieder im Fokus der Öffentlichkeit. Für die Frachtschifffahrt<br />
interessiert sich dagegen vorwiegend die Wirtschaft, weshalb sich<br />
die Berichterstattung darüber in Grenzen hält. Dabei sind die Sicherheitsbestimmungen<br />
hier seit dem „11. September“ kaum noch zu überblicken und nur mit<br />
viel Aufwand in die Praxis umzusetzen.<br />
An einer Erkenntnis geht kein Weg vorbei:<br />
Die Wege der industriellen Logistik<br />
(„Supply Chain“) sind die wundesten<br />
Punkte der globalen Gesellschaft – von<br />
der kleinen Briefsendung bis zum riesigen<br />
Container. Auch die jüngste Paketbombe<br />
ans Kanzleramt hatte den privatwirtschaftlichen<br />
Weg genommen – sie<br />
kam per Luftpost aus Griechenland. Zur<br />
gleichen Zeit wurde in einer zwischengelandeten<br />
Maschine des Kurierdienstes<br />
TNT ein verdächtiges Päckchen gefunden,<br />
das an den italienischen Ministerpräsidenten<br />
Silvio Berlusconi adressiert<br />
war. Eine der größten Ängste nicht nur<br />
der USA ist es jedoch, dass Schiffscontainer<br />
aus Übersee nicht etwa Maschinenteile<br />
enthalten, sondern mit Gütern<br />
beladen sind, die der Zerstörung dienen<br />
und mangels ausreichender Kontrollen<br />
ins Landesinnere transportiert werden.<br />
Problem<br />
Prozessoptimierung<br />
Die deutschen Logistikdienstleister tun<br />
sich schwer damit, auf diese Sicherheitsherausforderungen<br />
zu reagieren. Sie hinken<br />
den produzierenden Global Playern<br />
– ihren Kunden – in Sachen Prozessoptimierung<br />
weit hinterher. Dabei könnten<br />
sie eine Menge von ihren Kunden<br />
lernen. Die nämlich wissen: Je weiter<br />
sich ein Fehler im Entstehungsprozess<br />
eines Produktes fortpflanzt, desto höher<br />
sind die Folgekosten. Auf die Logistik<br />
übertragen: Späte, falsche oder keine<br />
Lieferung, mangelhafte Ware, Diebstahl<br />
und Beschädigung heißen nichts anderes<br />
als: Vertrag nicht erfüllt. Die Kosten<br />
für die Wiedergutmachung sind meist<br />
erheblich höher als die für langfristige<br />
Vorbeugungsmaßnahme, vom Imageverlust<br />
ganz zu schweigen.<br />
Das gilt im Übrigen auch für den Arbeitsschutz<br />
in der Containerlogistik. Die<br />
Anforderungen sind seit dem Jahr 2000<br />
erheblich gewachsen. Ein Logistikunternehmen<br />
muss seitdem für Schutz und<br />
Vorbeugung immer auf dem neuesten<br />
Stand der Sicherheitstechnik sein und<br />
sich entsprechend ausrüsten. Bisher<br />
stand der unmittelbare Schutz der Arbeiter<br />
bei der Verrichtung im Mittelpunkt<br />
der Vorschriften. Durch den Wandel in<br />
den Anwendungen von berufsgenossenschaftlichen<br />
Vorschriften und Haftungen<br />
sowie der Gefahrenbeurteilung bei den<br />
Transporten muss man heute an den<br />
Arbeitsschutz anders herangehen.<br />
Bis vor kurzem stand beispielsweise<br />
die angenommene Gefährdung durch<br />
falsche Handhabung und den Kontakt<br />
mit Begasungsmittel beim Entladen von<br />
Containern im Fokus. Die mehrjährigen<br />
repräsentative Untersuchungen und<br />
Studien des Bundes für Arbeitsmedizin<br />
Deutschland (BAD) und des Zentralinstituts<br />
für Arbeitsmedizin und Maritime<br />
Medizin (ZfAM) an Importcontainern im<br />
Hamburger Hafen erbrachten eine neue<br />
Erkenntnis: Die Gefahr durch gefährliche<br />
Kontaminierung droht nicht etwa durch<br />
die vorschriftsmäßig begasten Container<br />
(nach den Studien nur zwei Prozent),<br />
sondern von Containern, in denen Waren<br />
ausgasen (etwa 28 Prozent). Die Bandbreite<br />
der Gefahren für die Arbeiter im<br />
und am Container gehen von leichten<br />
Kopfschmerzen über Übelkeit mit Folgeerkrankungen<br />
bis hin zu Bewusstlosigkeit,<br />
langfristigen Erkrankungen und<br />
anhaltender Arbeitsunfähigkeit.<br />
Sensorik statt Kontrollen<br />
Ein US-Gesetz aus dem Jahr 2007 – ausgelöst<br />
durch den „11. September“ – sieht<br />
vor, dass künftig alle Schiffscontainer,<br />
die in die USA verfrachtet werden sollen,<br />
noch am Ort ihrer Abreise vollständig<br />
auf mögliche Gefahren geprüft werden<br />
müssen (<strong>10</strong>0-Prozent-Screening). Bei der<br />
Millionenzahl von Containern rund um<br />
den Globus ist dieses Vorhaben natürlich<br />
illusorisch und würde den weltweiten<br />
Frachtverkehr lahmlegen. Wirtschaftlich<br />
lässt sich dies nur durchführen, wenn<br />
statt der aufwändigen Kontrollen die<br />
Frachtbehälter einfach mit Sensorikvorrichtungen<br />
ausgerüstet werden, die<br />
Zugriffe aller Art, beispielsweise unerlaubte<br />
Türöffnung, an eine Zentrale meldet<br />
und bei Bedarf ein Interventionsteam<br />
vor Ort zum Handeln auffordert.<br />
Diese Technik ist bei einzelnen Logistikunternehmen<br />
auch schon im Einsatz. In<br />
der Regel handelt es sich um eine außen<br />
montierte Box, die den von den Sensoren<br />
ermittelten Status weitermeldet. Hier<br />
ist weitere Innovation erforderlich, die<br />
modular sowie nicht sicht- und damit<br />
nicht manipulierbar an die jeweiligen<br />
Anforderungen angepasst werden kann<br />
und Alarmereignisse weltweit kommuniziert.<br />
Durch den Einsatz weiterer Technologien,<br />
etwa Radiofrequenz-Identifikation<br />
(RFID), wird gleichzeitig die optimale<br />
Warenlogistik mit Informationen in nahezu<br />
Echtzeit sichergestellt.<br />
Im Übrigen gilt: Gefahr erkannt, Gefahr<br />
gebannt. Importcontainer müssen gründlich<br />
auf mögliche Gefahren durch Kontaminierung<br />
untersucht werden, bevor die<br />
Entladung beginnt. In den ungeöffneten<br />
Containern müssen Messungen vorgenommen<br />
werden, die von Strahlung bis<br />
hin zu gesundheitsgefährdenden Gasen<br />
alle Gefahren abdecken. Derzeitig werden<br />
begaste und auffällige Importcontainer<br />
vor der Öffnung einer Prüfung durch<br />
spezielle Prüfunternehmen unterzogen<br />
mit der Folge, dass bei großen Logistikern<br />
vorbildliche Sicherheit im Umgang<br />
mit Importcontainern durchgesetzt wird.<br />
Bei anderen jedoch nicht. Dabei müssen<br />
die Prüfungen so einfach werden,<br />
dass Arbeiter die Untersuchungen schon<br />
durchführen können, bevor sie den Container<br />
öffnen. Unter anderem kann ein<br />
einfaches, mobiles Analysegerätesystem<br />
Sicherheit schaffen, wie es die MDSystems<br />
Berlin GmbH in Westenform anbietet.<br />
Die weltweit tätigen Logistikdienstleister<br />
können nur mit geringeren Kosten<br />
durch schnellere, effektivere und effizientere<br />
Sicherheitstechnik bestehen,<br />
beispielsweise mit mobilen, einfach zu<br />
bedienenden Testsystemen. Flexible und<br />
einfach zu handhabende Analysesysteme,<br />
vergleichbar der Röntgenplakette<br />
in Krankenhäusern, zum Schutz vor den<br />
Gefahren aus Importcontainern sollten<br />
zum Standard werden.<br />
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