Tara Projects Indien
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Produzentenbeschrieb — <strong>Indien</strong>2<br />
<strong>Tara</strong> <strong>Projects</strong><br />
<strong>Indien</strong><br />
Länderbeschrieb<br />
Vielvölkerstaat in Südasien. Ehemalige britische Kolonie, erreichte<br />
1947 die Unabhängigkeit. Staatsform: Bundesrepublik.<br />
Hauptstadt: Neu-Dehli. Bevölkerung: 1.1 Mia.<br />
Völkergruppen: 72% Indo-Arier, 25% Draviden, 3% diverse.<br />
Sprachen: Hindi, Telugu, Bengali, Marathi, Tamil, Urdu, Kannada,<br />
Malayalam, Pandschabi, Kaschmiri, Sanskrit, Englisch<br />
(alles Amtssprachen) und viele andere.<br />
Religion: 80% Hindus, 13% Moslems, 2% Christen, 2% Sikh,<br />
1% Buddhisten, 2% Andere.<br />
Organisations-Profil<br />
<strong>Tara</strong> <strong>Projects</strong> fördert und organisiert Selbsthilfe-Projekte von<br />
HandwerkerInnen. Die Produzenten-Gruppen leben in Delhi<br />
und Nordindien. Die Organisation wurde durch die Familie<br />
Sharma, einige ihrer Freunde und durch Sozialarbeiter ins<br />
Leben gerufen. Die Hauptanliegen von <strong>Tara</strong> sind: 1. Befreiung<br />
der Handwerker aus der Abhängigkeit von kommerziellen<br />
Mittelsmännern. (Die meisten HandwerkerInnen sind, wenn<br />
sie zu <strong>Tara</strong> kommen, total verschuldet). 2. Arbeitsbeschaffung<br />
zu fairen Bedingungen und Preisen. 3. Förderung der Eigeninitiative.<br />
Das Projekt arbeitet strikt nach dem Selbsthilfeprinzip. Es<br />
werden keine Spenden, Kredite und Anleihen akzeptiert. Die<br />
Verantwortlichen des Projekts sind überzeugt, dass Geldüberweisungen<br />
aus dem Ausland die ProduzentInnen in neue<br />
Abhängigkeiten bringt. Können die ProduzentInnen die Rohmaterialien<br />
nicht selber finanzieren, erhalten sie Vorauszahlungen.<br />
Schulen, Ausbildungszentren, Krankenversicherung<br />
stehen allen Mitgliedern von <strong>Tara</strong> zur Verfügung. Die Steinverarbeitungsmänner<br />
haben zusätzlich eine Unfallversicherung.<br />
Die ProduzentInnen verdienen bei <strong>Tara</strong> bis zu 25 Prozent<br />
mehr als früher, als Mittelsmänner die Preise diktierten.<br />
Vielfältige Produktionsgemeinschaften<br />
<strong>Tara</strong> <strong>Projects</strong> arbeitet mit Gruppen in verschiedenen Städten<br />
und Dörfern Nordindiens zusammen. Insgesamt sind gegen<br />
800 Personen in acht handwerklichen Sektoren tätig. Zählt<br />
man die Familienmitglieder hinzu, verschafft <strong>Tara</strong> rund 5000<br />
Personen ein Auskommen. Die meisten Gruppen würden am<br />
liebsten nur für <strong>Tara</strong> <strong>Projects</strong> arbeiten. <strong>Tara</strong> hält die Produzenten<br />
jedoch dazu an, sich nicht auf den Export zu beschränken,<br />
weil sie damit wieder in eine grosse Abhängigkeit geraten<br />
würden. Alle ProduzentInnen sind Mitglieder von <strong>Tara</strong><br />
<strong>Projects</strong> und können sich um einen Sitz im Vorstand bewerben.<br />
Total 35 verschiedene Gruppen sind tätig in den Sektoren:<br />
Modeschmuck, Stickerei/Zari-Stickerei, Steinverarbeitung,<br />
Hornverarbeitung, Glasprodukte, Metallverarbeitung, Lackarbeiten<br />
und Holzverarbeitung.<br />
<strong>Tara</strong> <strong>Projects</strong> arbeitet mit drei Gruppenarten zusammen:<br />
1. Gruppe: registrierte Kooperativen. Die HandwerkerInnen<br />
arbeiteten früher für kommerzielle Mittelsmänner. Diese diktierten<br />
die Bedingungen, Preise etc. Die Produzenten waren<br />
total abhängig und kontrolliert. Heute arbeiten sie unter fairen<br />
Bedingungen.<br />
2. Gruppe: nicht Registrierte. Die HandwerkerInnen arbeiten<br />
noch nicht lange für <strong>Tara</strong>. Innerhalb von zwei Jahren müssen<br />
sie die Fairtrade-Konditionen erfüllen und erhalten dann die<br />
Bezeichnung registrierte Kooperative.<br />
3. Gruppe: Familien-Werkstätten. In <strong>Indien</strong> hat die Herstellung<br />
von Produkten eine lange Familien-Tradition. Die älteren Personen<br />
geben den jüngeren ihr Wissen weiter und damit die<br />
Möglichkeit, einen Verdienst zu erzielen. Die Kinder gehen zur<br />
Schule, helfen nach Bedarf in der Werkstatt mit. <strong>Tara</strong> <strong>Projects</strong><br />
unterstützt die ProduzentInnen mit Produkteberatung, Vorauszahlungen<br />
und der Vermarktung im Ausland. Für den lokalen<br />
Verkauf sind die ProduzentInnen selber verantwortlich.<br />
Modeschmuck aus Glas<br />
Der Modeschmuck ist für <strong>Tara</strong> die bedeutendste Produktelinie.<br />
Dreizehn Gruppen mit insgesamt über 350 HandwerkerInnen<br />
sind mit der Herstellung von Modeschmuck beschäftigt.<br />
<strong>Tara</strong> legt grossen Wert auf eine möglichst lange Wertschöpfungskette,<br />
um vielen HandwerkerInnen faire Arbeitsbedingungen<br />
zu ermöglichen. So gründeten sie eine Gruppe, welche<br />
für <strong>Tara</strong> Glasperlen herstellt, damit sie weniger handgefertigte<br />
Glasperlen auf dem lokalen Markt einkaufen müssen.<br />
Die allerkleinsten Glasperlen, welche manuell kaum hergestellt<br />
werden können, werden in lokalen Fabriken eingekauft.<br />
Bei der Glasperlenherstellung unterscheidet man zwei verschiedene<br />
Herstellungsmethoden – Brennen im Ofen und<br />
Schmelzen an offener Flamme.<br />
Produkte aus fairem Handel<br />
Caritas-Fairtrade Telefon: +41 41 268 11 22 Internet: www.caritas.ch Produzentenbeschrieb<br />
Sedelstrasse 32 Telefax: +41 41 268 11 33 MWST-Nr.-Nr.: 286879 Februar 2009<br />
6020 Emmenbrücke E-Mail: fairtrade@caritas.ch
Bei der Herstellung von Glasperlen im Brennofen wird ein<br />
halbkugeliger Lehmofen gebaut mit höchstens zwölf kleinen<br />
Öffnungen, in welche die Schmelztiegel eingeschoben werden.<br />
Der Ofen wird auf 800 Grad erhitzt. Als Brennstoff verwenden<br />
sie das dünne Geäst der Linsenpflanzen, welche sie<br />
im Dorf selber anbauen. Vor jeder Öffnung sitzt ein Mann und<br />
füllt die Schmelztiegel mit zugekauften Glasstäben und defekten<br />
Perlenstücken. Das Glas im Schmelztiegel wird zähflüssig<br />
wie Honig. Die Handwerker tauchen einen dünnen Eisenstab<br />
in den Schmelztiegel, schlingen das zähflüssige Glas um den<br />
Stab und drehen das Glas in die vorbereiteten Metall– oder<br />
Tonmodells, welche Vertiefungen in der Form der gewünschten<br />
Glasperlen aufweisen. Bei mehrfarbigen Glasperlen holt<br />
der Perlenmacher aus verschiedenen Tiegeln das flüssige<br />
Glas. Mit Hilfe von Werkzeugen pressen, drücken, hämmern<br />
die Handwerker die einzelnen flüssigen Glasteile in die Vertiefungen.<br />
Die Muster in den Perlen entstehen so unter den Händen<br />
der Handwerker. Für die Verzierungen auf den Perlen<br />
schmelzen sie andersfarbige Glasfäden, Blattgold und Blattsilber<br />
drauf. Während zwei Minuten pressen die Handwerker<br />
die fertigen Perlen weiter in die Modells. Kühlen die Glasperlen<br />
langsam in den Formen aus, können die Metallstäbe entfernt<br />
werden, welche die Öffnung für das Aufziehen der einzelnen<br />
Perlen zu Ketten und Armbändern ergibt. Die noch warmen<br />
Glasperlen werden für ein langsames Auskühlen neben<br />
den Ofen gelegt. Starke Temperaturschwankungen können<br />
die Glasperlen zum Brechen bringen. Sind die Glasperlen<br />
nach einigen Stunden erkaltet, werden sie geschliffen und<br />
poliert. Jede einzelne Perle wird somit zum wertvollen handgefertigten<br />
Einzelstück.<br />
Glasperlen mit venezianischen mille-fiori Mustern werden<br />
ebenfalls in dieser Arbeitsweise hergestellt. Dabei wird zuerst<br />
eine mehrfarbige Glaskugel hergestellt. Die Blumenmuster<br />
werden in diesem Arbeitsschritt in die Glaskugel geformt.<br />
Dieser Prozess ist sehr heikel. Wenn das Glas noch warm ist,<br />
wird die Glaskugel in die gewünscht Länge gezogen. Nach<br />
dem Auskühlen wird der Glasstab in kleinere Stücke geschnitten.<br />
Schliff und Politur der mille-fiori-Perlen erfolgen extern.<br />
Nach einer Betriebszeit von drei Monaten muss der Brennofen<br />
erneuert werden. Die Perlenmacher bauen den neuen Lehmofen<br />
selbst. Der getrocknete Lehm des alten Ofens geht zurück<br />
in die Natur und die Natur liefert den Lehm für den neuen<br />
Ofen.<br />
Beim Schmelzen an offener Kerosin-Flamme<br />
wird an einem<br />
Tisch gearbeitet. Drei Personen sind gleichzeitig bei dieser<br />
Arbeit tätig. Mit den Füssen betätigen sie einen Ventilator. Der<br />
Druck entzündet das Gas und dieses die Kerosin-Flamme.<br />
Die Glasröhrchen werden unter der Flamme geschmolzen.<br />
Um den Eisendraht, welcher umwickelt ist mit einem speziellen<br />
Ton, wird das flüssige Glas gedreht, in das Modell gepresst,<br />
um die Form der Glasperle zu erhalten. Die Eisenstäbe<br />
mit den Glasperlen werden von einem Perlenmacher zum<br />
anderen gereicht. Jeder verziert die Kugeln und reicht den<br />
Stab weiter. Auf einem Eisendraht haben zehn grosse und<br />
zwanzig kleine Perlen Platz. Sind die Glasperlen ausgekühlt,<br />
werden sie vom Eisendraht genommen, die Tonrückstände<br />
werden entfernt, und die Perle wird poliert.<br />
Das Schmelzen unter offener Flamme eignet sich vorwiegend<br />
zur Herstellung von aufwendigen, komplizierten, mit vielen<br />
Details verzierten Glasperlen.<br />
Zwölf Gruppen arbeiten in der Verarbeitung der Glasperlen zu<br />
Modeschmuck. Von den Designerinnen zu den AufzieherInnen<br />
zu den VerpackerInnen finden über 300 Personen Arbeit.<br />
Auch Frauen aus den Slums von Delhi finden beim Aufziehen<br />
tageweise Arbeit. Jährlich werden ca. 5‘000 neue Modelle<br />
durch die <strong>Tara</strong>-DesignerInnen entworfen. Die Mustervorschläge<br />
kommen von den Käufern und von den AufzieherInnen.<br />
Die DesignerInnen lassen sich auch von den weltweiten<br />
Modetrends inspirieren.<br />
Nickelfreier Schmuck<br />
Um Sicherzustellen, dass der Modeschmuck 100% nickelfrei<br />
ist, lässt <strong>Tara</strong> sämtliche Metallteile elektrolytisch überziehen.<br />
Das Elektroplattieren ist eine Galvanotechnik, bei der mit Hilfe<br />
von Strom ein metallischer Überzug auf einen Gegenstand<br />
gebracht wird. Dieser Arbeitsprozess wird von <strong>Tara</strong>-Gruppen<br />
selber ausgeführt. Bei der Warenankunft kontrolliert Caritas-<br />
Fairtrade den Modeschmuck auf ‚nickelfrei‘. Ist die Kontrolle<br />
nicht eindeutig, wird der Kantonschemiker zugezogen.<br />
Steinartikel aus Agra<br />
In Agra, der Stadt des Taj Mahal im Bundesstaat Uttar Pradesh,<br />
ist die Bearbeitung von Stein ein traditionelles Handwerk.<br />
Dieselbe Technik, die früher zur Verzierung der grossen<br />
Paläste diente, wird heute bei der Fertigung kleiner Dekorationsgegenstände<br />
eingesetzt. Die verschiedenen Steinarten<br />
werden zentral von <strong>Tara</strong> eingekauft. Der Gorara-Stein kommt<br />
aus der Region Jahnsi bei Gwalior, der Sandstein aus Rajastan<br />
und der graue Palewastein kommt vom Dorf Palewa<br />
bei Udaipur. Der meist verwendete Stein ist der Gorarastein.<br />
Er ist sehr stark maseriert und unterschiedlich in der Farbe.<br />
Hat er zu viel Eisen, kann er nicht bearbeitet werden. Die<br />
grossen Steinblöcke werden von Hand zersägt. Alles weitere<br />
wird mit elektrischen Maschinen gemacht.<br />
In der Verarbeitung werden drei Varianten unterschieden:<br />
• Der Stein behält seine glatte Oberfläche und die natürliche<br />
Maserierung kommt voll zur Geltung.<br />
• Der Stein wird mit Einlegearbeiten verziert. Vorwiegend mit<br />
Blumen- und Tiermustern aus Achat, Perlmutter und Messing.<br />
• Der Stein wird durchbrochen und so mit Mustern versehen.<br />
Diese Arbeit nennen die Inder Jali.<br />
Auch die Kombination zwischen Einlegearbeit und Jali findet<br />
sich. Die traditionellen Farbkombinationen waren Perlmutter<br />
mit rotem und schwarzem Achat. Für modernere Muster wird<br />
das Perlmutter in allen verschiedenen Farben eingefärbt, die<br />
Deckel werden mit verschiedenen Motiven bemalt. Die Arbeitsvorgänge<br />
sind vielfältig, geprägt von präzisen Arbeitsabläufen,<br />
wobei sich jeder Handwerker auf einen Arbeitsschritt<br />
spezialisiert.<br />
Die Ideen für neue Formen und Muster stammen von den<br />
Käufern, von <strong>Tara</strong> <strong>Projects</strong> und von den Handwerkern selbst.<br />
Seit 1997 arbeiten die Steinhauer in einem eigenen Betrieb<br />
von <strong>Tara</strong> in Sikandra. Über hundert Männer finden hier einen<br />
Arbeitsplatz, wenige Frauen sind mit Einpackarbeiten beschäftigt.<br />
Die Räumlichkeiten sind gut durchlüftet, die Schneidemaschinen<br />
sind mit Staubabsaugern ausgerüstet, Mundund<br />
Ohrenschutz werden abgegeben.<br />
Caritas-Fairtrade führt <strong>Tara</strong>-Produkte im Angebot:<br />
Modeschmuck aus Glas, Horn, Messing<br />
Glasperlenartikel: Dosen, Kugelschreiber, Spiegel, Taschen,<br />
Kosmetiktäschchen<br />
Gorarastein-Artikel: Dosen, Schalen, Büroartikel, Teelichter<br />
Caritas-Fairtrade, Produzentenbeschrieb