Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte - Institut für Zeitgeschichte
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Zu den Beziehungen zwischen der KPD und der Kommunistischen Internationale 205<br />
Unmittelbar nach dem XI. Parteitag wandte sich Meyer gegen Darstellungen der<br />
sowjetischen Presse, nach denen er seinen „rechten Fehlern" abgeschworen habe<br />
(Dok. 11). Die Manipulierung der Geschichte durch Moskau diente einer politischen<br />
Legendenbildung: Thälmann und die kominterntreue Linke hatte danach „immer<br />
recht" gehabt. Mit solcher These wollte vor allem Stalin seinen Gefolgsmann Thälmann<br />
aufwerten.<br />
Aber auch Bucharin, der auf dem 15. Parteitag der KPdSU (Dezember 1927) Ewert<br />
und Meyer verteidigte, ging der Legendenbildung Stalins ins Garn und Meyer protestierte<br />
dagegen (Dok. 12). Stalins Einfluß auf die KPD verstärkte sich, als im Februar<br />
1928 ein Abkommen zwischen der KPdSU und der KPD getroffen wurde, das festlegte,<br />
nunmehr sei der Kampf vor allem gegen die „Rechten" in der KPD zu führen.<br />
Damit waren die Weichen <strong>für</strong> die neue ultralinke Politik gestellt. Dieses Abkommen,<br />
das geheimgehalten wurde (in der KPD-Presse erschienen später nur Auszüge),<br />
unterzeichneten die deutschen und sowjetischen Delegierten während der 9. EKKI-<br />
Tagung. Die Tagung selbst beschäftigte sich gar nicht mit deutschen Problemen,<br />
sondern mit der chinesischen und der russischen Frage. Das Geheimabkommen war<br />
statutenwidrig, und es beendete den Kurs der „Konzentration".<br />
Eine Skandalaffäre im Herbst 1928 wurde zum akuten Anlaß, das Geheimabkommen<br />
zu realisieren. Der Hamburger Parteisekretär Wittorf, ein enger Freund Thälmanns,<br />
hatte Parteigelder unterschlagen. Rechte und Versöhnler erreichten, daß das<br />
ZK Thälmann seiner Funktionen enthob. Doch Stalin setzte durch, daß Thälmann<br />
wieder die Parteiführung erhielt, nunmehr wurden die Rechten und Versöhnler<br />
ausgeschlossen oder ihrer Funktionen enthoben. Im Sinne des Geheimabkommens<br />
vom Februar 1928 praktizierte die KPD bis 1934 die ultralinke Politik.<br />
Dokument 11<br />
Ernst Meyer an: 1.) Die Redaktion der „Prawda" in Moskau<br />
2.) Die Redaktion der „Tass" in Berlin<br />
Berlin, den 17. März 1927<br />
Werte Genossen!<br />
Ich ersuche um Aufnahme folgender Berichtigung:<br />
In Ihren Berichten über den Essener Parteitag der KPD wird von mir als dem<br />
„früheren Anhänger der Gruppe Brandler-Thalheimer" gesprochen und gesagt, ich<br />
hätte im Interesse der Konzentration die Notwendigkeit unterstrichen, „offen die<br />
früheren Fehler einzugestehen."<br />
Ich muß dazu folgendes feststellen:<br />
Ich habe sofort im Oktober 1923 gegen die Fehler der damaligen Brandler-Zentrale<br />
scharf Stellung genommen und gehörte der sogenannten Mittelgruppe an, die von<br />
der Exekutive keineswegs als opportunistisch bekämpft wurde; vielmehr verlangte<br />
die Exekutive, daß die damaligen Linken mit der Mittelgruppe ein Bündnis auch in<br />
der Parteiführung schlössen.<br />
Nach dem Frankfurter Parteitag (Frühjahr 1924) ging ein Teil der Mittelgruppe<br />
zu Ruth Fischer über, und seither bezeichnete Ruth Fischer den Rest der Mittelgruppe<br />
als „brandleristisch". Mein „Opportunismus" bestand unter anderem in Vorschlägen<br />
zur Bekämpfung des Dawesplanes und zu den Steuerfragen, deren Richtigkeit von<br />
der Exekutive und selbst von dem Genossen Sinowjew auf der VI. Erweiterten Exekutive<br />
62 ausdrücklich anerkannt worden ist.<br />
62 Die VI. Erweiterte Exekutive tagte vom 17. 2. bis 15. 3.1926 in Moskau. Sie beschäftigte<br />
sich vor allem mit dem Kampf gegen die linke Opposition.