Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte - Institut für Zeitgeschichte
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Zu den Beziehungen zwischen der KPD und der Kommunistischen Internationale 179<br />
selbständige Haltung der KPD bei der Komintern-Gründung zeigt, daß die III. Internationale<br />
am Beginn noch keineswegs eine straffe, einheitliche Weltorganisation<br />
war. Diese Einheitlichkeit zu schaffen, war das Ziel der Kominternführung in den<br />
folgenden Jahren. Verstärkt wurde diese Absicht durch den Zulauf, den die Komintern<br />
1920 in Mittel- und Westeuropa erhielt. Die ersten Ergebnisse der Revolutionen<br />
nach dem Krieg enttäuschten breite Massen, der Zug nach links war allgemein,<br />
und der chiliastische Enthusiasmus der Kommunisten hatte große Anziehungskraft.<br />
Viele sozialistische Parteien waren damals bereit, sich der III. Internationale<br />
anzuschließen (die norwegische Arbeiterpartei tat es), bei den italienischen<br />
und französischen Sozialisten und in der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei<br />
Deutschlands gab es lange Debatten über den Eintritt in die Kornintern. Lenin<br />
wollte verhindern, daß auf diese Weise nichtkommunistische Gruppen in die<br />
Komintern gelangten. Er arbeitete die „21 Bedingungen" aus, die vom II. Weltkongreß<br />
im Juni 1920 angenommen wurden; sie schufen die Voraussetzung <strong>für</strong><br />
einen straffen Zentralismus der Komintern 6 . Dieser Zentralismus sollte die Komintern<br />
als „kommunistische Weltpartei" mit nationalen Sektionen von dem lockeren<br />
Bündnis unabhängiger Parteien, das die II. Internationale dargestellt hatte, unterscheiden.<br />
Die meisten Linksradikalen hielten eine straff disziplinierte Internationale<br />
<strong>für</strong> notwendig, um die Fehler der IL Internationale zu vermeiden, die nach ihrer<br />
Meinung wegen der Selbständigkeit ihrer Mitgliederparteien und deren Nationalismus<br />
bei Kriegsbeginn auseinandergebrochen war.<br />
Anfangs konnte die starke Zentrale der Komintern noch nicht alle Sektionen<br />
dem Willen Moskaus unterwerfen. Noch Ende 1922 wurden Meinungsverschiedenheiten<br />
zwischen dem Komintern-Vorsitzenden Sinowjew und dem KPD-Vorsitzenden<br />
Meyer in der Sprache von Partnern geführt (vgl. Dok. 2 und 3). Und doch<br />
vollzog sich seit 1921 ein Wandel in den Beziehungen der Komintern zu den einzelnen<br />
Parteien und der Kommunisten zu Sowjetrußland. Auch wenn die KP<br />
Rußlands in der Exekutive zahlenmäßig keine Mehrheit besaß, war Rußland doch<br />
das Land, auf dessen technische und auch finanzielle Hilfe die Komintern angewiesen<br />
war, und vor allem war es das Land, das als Vorbild galt und auf dessen<br />
Autorität die Internationale aufgebaut war, „so daß die faktische Vorherrschaft der<br />
Bolschewiki in der Komintern trotz der formellen Majorität der Nichtrussen ge-<br />
6 Die „21 Bedingungen" schrieben u. a. vor, Mitgliedsparteien der Kommunistischen<br />
Internationale müßten neben der legalen auch illegale Arbeit leisten, „Reformisten" aus<br />
ihren Reihen entfernen, die Parlamentsfraktionen der Parteiführung unterstellen. Die 12. Bedingung<br />
lautete: „Die der Kommunistischen Internationale angehörenden Parteien müssen<br />
auf der Grundlage des Prinzips des demokratischen Zentralismus aufgebaut werden. In der<br />
gegenwärtigen Epoche des verschärften Bürgerkrieges wird die kommunistische Partei nur<br />
dann imstande sein, ihrer Pflicht zu genügen, wenn sie auf möglichst zentralistische Weise<br />
organisiert ist, wenn eiserne Disziplin in ihr herrscht und ihr Parteizentrum, getragen von<br />
dem Vertrauen der Parteimitgliedschaft, mit der Fülle der Macht, Autorität und den weitestgehenden<br />
Befugnissen ausgestattet wird." Die „21 Bedingungen" sind abgedruckt bei Nollau,<br />
a. a. O. (Anm. 1), S. 317ff.; bei Pirker, Utopie ... a. a. O. (Anm. 1), S. 24ff., und Weber,<br />
Die Kommunistische Internationale a. a. O. (Anm. 1), S. 55 ff.