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Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte - Institut für Zeitgeschichte

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104 Rainer Wohlfeil<br />

hang verfügte Hitler dann, daß die republikanische Seite als „die spanischen<br />

Bolschewisten" zu bezeichnen sei 15 .<br />

Im Gegensatz zur ideologisch gesteuerten, von propagandistischer Terminologie<br />

bestimmten öffentlichen Meinung in Deutschland und Italien erschien Spanien den<br />

demokratischen Staaten als eine bürgerlich-liberale Republik, die durch den Putsch<br />

reaktionärer Militärs in starke innenpolitische oder gar revolutionäre Schwierigkeiten<br />

geraten war. Die Staatsvorstellung ihrer Repräsentanten — Azana, Giral -<br />

war bei aller Verhaftung im spanischen Geist die westeuropäische Demokratie, und<br />

in dieser Bindung wurde auch der letzte Ministerpräsident Negrin gesehen. Nach<br />

den revolutionären Wirren der ersten Monate schien sich die Volksfrontpolitik im<br />

demokratisch-parlamentarischen Rahmen abzuspielen, denn die Kommunisten hielten<br />

sich nicht nur taktisch geschickt zurück, sondern setzten sich auch demonstrativ<br />

<strong>für</strong> eine Allianz mit dem republikanischen Bürgertum ein. Daß sozialistische Regierungen<br />

keinen nationalen Untergang bedeuteten, hatten Frankreich und England<br />

bereits erlebt; warum sollte also die ,Regierung des Sieges' unter Largo<br />

Caballero, dem Führer der Sozialisten, den demokratisch gesinnten Europäern einen<br />

Schauder einjagen? Außerdem fehlten die politischen Lehrbeispiele aus der Zeit<br />

nach dem Zweiten Weltkrieg, wie die kommunistische Machtergreifung in der<br />

Tschechoslowakei von 1947/48. Eher bestimmte der Argwohn gegen Machtbestrebungen<br />

von Militärs und Putsche von Generalen zur Beseitigung einer demokratisch-parlamentarisch<br />

legitimierten Regierung die öffentliche Meinung. Infolgedessen<br />

wurde die Tatsache, daß die republikanischen <strong>Institut</strong>ionen in Spanien<br />

versagt hatten, wohl registriert, aber in den Hintergrund verdrängt. Außerdem<br />

erschienen den demokratischen Westeuropäern wesentliche Teile der politischen<br />

Gruppen, die sich hinter die aufständischen Militärs stellten, suspekt: In der Kirche<br />

spanischer Prägung und im Carlismus sahen sie Kräfte, die dem Menschen das<br />

Recht der politischen Mitbestimmung und freien Selbstverantwortung mit Gewalt<br />

verwehrten.<br />

Allgemein verband man einen derartigen totalitären Anspruch und geistige<br />

Unduldsamkeit mit dem Schlagwort ,Faschismus

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