Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte - Institut für Zeitgeschichte
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Zu den Beziehungen zwischen der KPD und der Kommunistischen Internationale 197<br />
P.S. Ich lege Dir eine Copie des Briefes Grischa's an Thälmann und Schlecht bei,<br />
bitte Dich jedoch, beiden davon nichts zu sagen, da sie sonst böse sein würden, wenn<br />
ich ihnen nicht auch eine Copie des Briefes Grischa's an Euch geschickt habe. Den<br />
Brief werden sie Euch entsprechend der Bitte, die G. an sie im Brief selbst richtet,<br />
Euch ja sowieso zeigen und dann lest Ihr ihn, als ob er <strong>für</strong> Euch eine Neuigkeit wäre.<br />
P.P.S. Bronja läßt herzlich grüßen, Dich und Ruth und Thälmann.<br />
P.P.P.S. Bitte Dich, den Brief an Thälmann und Schlecht geschlossen weiter zu<br />
befördern, so daß sie nicht wissen, daß er von Dir geschickt ist. Das russische Original<br />
45 des Briefes an Thälmann und Schlecht lege ich <strong>für</strong> Dich bei. Wenn Du es aber<br />
<strong>für</strong> besser hältst, daß Thälmann und Schlecht die Unterschrift G's sehen, so schicke<br />
ihnen russisches Original und deutsche Übersetzung gleichzeitig.<br />
P.P.P.P.S. Lege Dir einen hochinteressanten bisher ungedruckten Artikel Lenins<br />
bei 46 , der demnächst in der „KI" erscheinen wird. Du wirst gerade <strong>für</strong> die Gegenwart<br />
Interessantes darin finden. (Übrigens Serrat.p] ist gerade hier.)<br />
[Moskau, 1. 4. 1924]<br />
Bundesarchiv Koblenz R 43 I/2671<br />
Reichskanzlei<br />
Akten betr. Kommunistische Partei, Spartakus,<br />
Bolschewismus. Bd. 7 (1. Januar 1924 bis 31. Dezember 1924)<br />
L. 483203-11<br />
Zu den Dokumenten 6—10<br />
Der Frankfurter Parteitag im April 1924 wählte eine neue Zentrale aus 15 Personen,<br />
von denen 11 der Linken und nur vier der Mittelgruppe angehörten. Die neue Führung<br />
unter Ruth Fischer und Maslow schrieb die Bolschewisierung auf ihre Fahnen,<br />
dazu gehörte eine Auswechselung des Parteiapparates, die Zerstörung der Tradition<br />
des Spartakusbundes (vgl. Dok. 8) und erhöhte Rußlandgläubigkeit der Funktionäre<br />
und Mitglieder. Unter „Bolschewisierung" wurde vor allem eine radikale Zentralisierung<br />
verstanden. Einer der Parteiideologen schrieb 1924: „Leninismus, das ist vor<br />
allem eiserne Disziplin seitens der Mitgliedschaft, das ist militärische Zentralisation."<br />
47 Solche Vorstellungen mußten auch der Unterordnung unter die Kominternführung<br />
Vorschub leisten, war die KPD doch lediglich eine Sektion der „kommunistischen<br />
Weltpartei", deren Zentrale in Moskau residierte. Auch wenn die rein formale<br />
Berichterstattung an die Komintern offenbar nicht immer richtig klappte (Dok. 6),<br />
wuchs dennoch die Abhängigkeit.<br />
Die Opposition gegen die Fischer-Maslow-Führung, getragen in erster Linie von<br />
Ernst Meyer, konnte sich auf die politischen Thesen der Komintern stützen, trotzdem<br />
ließ die Kominternführung die Opposition fast unbeachtet und lieh ihr Prestige der<br />
Fischer-Führung. Meyer mußte sich mehrfach gegen unrichtige Darstellungen des<br />
innerparteilichen Fraktionskampfes wenden, seine Kritik an der KPD-Politik beleuchtete<br />
deren Situation. Die linke Führung isolierte die KPD, da sie die Einheitsfrontpolitik<br />
ablehnte. 1925 behauptete die Parteileitung, die KPD sei „die einzige<br />
Arbeiterpartei", die SPD wurde als feindliche „bürgerliche" Partei bekämpft. Damit<br />
45 In der Abschrift steht irrtümlich „rumänische".<br />
46 Es handelt sich um Lenins Artikel „Notizen eines Publizisten" (vgl. Lenin, Ausgewählte<br />
Schriften, herausgegeben und eingeleitet von Hermann Weber, München 1963, S. 1112-1121).<br />
Der Artikel wurde kurze Zeit später, am 16. April 1924, in der „Prawda" veröffentlicht.<br />
47 Alexander Emel im Funktionärorgan der Berliner KPD, „Der Funke", Nr. 15 vom<br />
28. 8. 1924. Alexander Emel (1897-1936) wurde unter seinem richtigen Namen Moses Lurje<br />
im Moskauer Schauprozeß gegen Sinowjew u. a. (1936) angeklagt und zum Tode verurteilt.<br />
<strong>Vierteljahrshefte</strong> 7/2