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Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte - Institut für Zeitgeschichte

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178 Dokumentation<br />

der Komintern (2.-6. März 1919 in Moskau) gegen die sofortige Gründung der<br />

III. Internationale ausgesprochen. Die geistige Führerin des deutschen Kommunismus,<br />

Rosa Luxemburg, bestimmte die neue Partei zu dieser Haltung. Sie hielt die<br />

Zeit noch nicht reif <strong>für</strong> eine neue Internationale, hauptsächlich aber be<strong>für</strong>chtete<br />

sie, daß eine Internationale, in der nur die russischen Bolschewiki eine machtvolle<br />

Partei waren, in Abhängigkeit von Lenin und Genossen geraten müsse. Der Vertreter<br />

der KPD auf dem Gründungskongreß der Komintern, Hugo Eberlein (Pseud.<br />

Max Albert), hielt sich an diese Linie. Lenin entschied zunächst, daß man von einer<br />

alsbaldigen Gründung absehen müsse, wenn die deutsche Partei ihre Zustimmung<br />

versage; er beugte sich dann aber dem Beschluß der übrigen Delegierten, sofort<br />

die Komintern zu gründen. Hugo Eberlein, der innerlich schon <strong>für</strong> die neue Internationale<br />

gewonnen war, aber an den strikten Auftrag seiner Parteiführung gebunden<br />

blieb, enthielt sich der Stimme 4 .<br />

Nach der Gründung schloß sich die KPD als erste Partei der Komintern an. Rosa<br />

Luxemburg und Leo Jogiches, die beiden Hauptgegner einer überstürzten Neubildung<br />

der Internationale, waren tot, ermordet, ihre Nachfolger in der deutschen<br />

Parteiführung sahen in der III. Internationale einen Zusammenschluß gleichberechtigter<br />

Parteien. Fast alle Kommunisten glaubten damals an den Sieg ihrer<br />

Revolution binnen Jahresfrist, und schon darum lag ihnen die Idee einer Vormachtstellung<br />

Sowjet-Rußlands denkbar fern. Sie erwarteten ja mit Lenin eine<br />

Verlagerung des Revolutionszentrums nach Mittel- und Westeuropa. Im Gründungsbeschluß<br />

der Komintern war festgelegt worden, „daß der Sitz der Exekutive und<br />

das Büro nach Berlin gehöre", die Zentrale sollte nur bis zum Siege der deutschen<br />

Räterepublik in Moskau bleiben 6 .<br />

In dem von Trotzki verfaßten Manifest der Kommunistischen Internationale, in<br />

den von Lenin ausgearbeiteten Leitsätzen über bürgerliche Demokratie und proletarische<br />

Diktatur, sowie in Bucharins Richtlinien zum I. Kongreß wurden die<br />

deutschen Probleme ausführlich behandelt und der KPD damit eine wichtige Rolle<br />

zuerkannt; sie stand anfangs gleichwertig neben der russischen Partei. Gerade die<br />

lands 1918-1933, Ein bibliographischer Beitrag, Mailand 1961; Ossip K. Flechtheim, Die<br />

KPD in der Weimarer Republik, Offenbach 1948; Werner T. Angress, Stillborn Revolution,<br />

The Communist bid for Power in Germany 1921-1923, Princeton 1963; Siegfried Bahne,<br />

Die Kommunistische Partei Deutschlands, in: Das Ende der Parteien 1933, Hrsgg. von Erich<br />

Matthias und Rudolf Morsey, Düsseldorf 1960; Hermann Weber, Der deutsche Kommunismus,<br />

Dokumente, Köln 1963. Ders., Völker hört die Signale, Der deutsche Kommunismus 1916 bis<br />

1966, München 1967. Die offizielle Version der SED findet sich in: Geschichte der deutschen<br />

Arbeiterbewegung, Band 3 und 4, Berlin (Ost) 1966.<br />

4 Der I. Kongreß der Kommunistischen Internationale, Protokoll der Verhandlungen in<br />

Moskau vom 2. bis 19. März 1919, Hamburg 1921, S. 131 f. Eberlein gab am 29. Februar 1924<br />

in der „Internationalen Pressekorrespondenz" Einzelheiten über den Kongreß, die Haltung<br />

der KPD-Führung usw. Die wichtigsten Passagen des Artikels sind wieder abgedruckt in:<br />

H. Weber, Der deutsche Kommunismus, a. a. O. (vgl. Anm. 3).<br />

5 Manifest, Richtlinien, Beschlüsse des Ersten Kongresses, Aufruf und offene Schreiben<br />

des Exekutivkomitees bis zum 2. Kongreß, Hamburg 1919, S. 70f., abgedruckt in H. Weber,<br />

Die Kommunistische Internationale, a. a. O. (Anm. 1), S. 29f.

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