Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte - Institut für Zeitgeschichte
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164 Walter Lipgens<br />
Zukunft einmal in solchen Regionalföderationen mehr als in der Offenhaltung von<br />
Konfliktherden im Zwischenbereich ihr Interesse sehen, also am Ende ihren Wider<br />
spruch gegen die europäische Einigung aufgeben, einer dergestaltigen Friedens<br />
organisation den Vorzug vor dem „divide et impera" geben wird - oder nicht 34 .<br />
Bestätigt sich die Analyse der Krisenherde der Nachkriegsgeschichte, die hier nur<br />
noch angedeutet werden konnte, so würde sich damit zugleich der Schlüsselpunkt<br />
der Konzeption der Widerstandsautoren als eine realistische Voraussicht erweisen.<br />
34 Das nachfolgende Referat von Boris Meissner gab auf diese entscheidende Frage überzeugend<br />
abgewogene Antworten: Daß zwar sowjetischerseits seit 1955 der „vorläufige Friede<br />
der Koexistenz" als eine Periode bezeichnet werde, die noch unerwartet lange dauern könne,<br />
so daß Entwicklungen in der oben bezeichneten Richtung nicht völlig ausgeschlossen sind;<br />
daß aber die Sowjetunion bis jetzt nicht bereit ist, von der These strikter zeitlicher, räumlicher<br />
und sachlicher Begrenztheit dieses „Friedens der Koexistenz", der nach wie vor als ein<br />
„Waffenstillstand" bezeichnet wird, abzugehen; daß deshalb alle sowjetischen Vorschläge<br />
<strong>für</strong> einen europäischen Sicherheitspakt weiterhin nur Nichtangriffs- und Nichteinmischungs-,<br />
aber keine Bündnis-Klauseln enthalten und eindeutig auf der nationalstaatlichen Zersplitterung<br />
des europäischen Raums bestehen mit der Hoffnung auf sowjetische Hegemonie-Ausweitung.<br />
— Die politische Folgerung kann dann nur lauten: Beschleunigter Fortbau am westeuropäischen<br />
Zusammenschluß, so lange die Sowjetunion nichts anderes bietet; Überwindung<br />
der Widerstände gegen die föderative Zusammenlegung von Außenpolitik und Verteidigung;<br />
da die osteuropäischen Regierungen meist mehr von verständlicher Angst vor deutschem<br />
Revanchismus als von kommunistischer Ideologie bei der Sowjetunion gehalten werden, wäre<br />
es ein Ereignis von außerordentlichen Folgen, wenn diese Angst hinfällig werden könnte, weil<br />
alle Außen- und Verteidigungspolitik einer europäischen Bundesbehörde obliegen würde.