Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte - Institut für Zeitgeschichte
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Zu den Beziehungen zwischen der KPD und der Kommunistischen Internationale 181<br />
und Nationalökonomie. 1908 Mitglied der SPD, kam er nach seiner Promotion zum<br />
Dr. phil. (1910) im Jahre 1915 als politischer Redakteur an das SPD-Zentralorgan<br />
„Vorwärts". Meyer gehörte zum Freundeskreis von Rosa Luxemburg, er war im<br />
Ersten Weltkrieg einer der Mitbegründer der Gruppe Internationale (Spartakus).<br />
1915 wegen seiner Opposition gegen die SPD-Linie aus dem „Vorwärts" entfernt,<br />
kam Meyer 1916 in „Schutzhaft". 1918 lag die Führung des Spartakusbundes (da<br />
Liebknecht, Luxemburg und Jogiches verhaftet waren) in seinen Händen. Auf<br />
dem Gründungsparteitag 1918 in die Zentrale der KPD gewählt, wurde er 1919<br />
wieder mehrere Monate in „Schutzhaft" festgehalten. Meyer gehörte dem Politischen<br />
Büro der KPD-Zentrale an, vom IL Weltkongreß der Komintern 1920 wurde<br />
er zum Mitglied des EKKI berufen. 1921/22 war Meyer Parteivorsitzender (bei der<br />
Wahl zur Zentrale auf dem Jenaer Parteitag 1921 erhielt er die meisten Stimmen).<br />
Nach der Rückkehr Brandlers im August 1922 und nach Machenschaften der<br />
Komintern wurde Meyer abgelöst, übte aber weiterhin verantwortliche Funktionen<br />
aus; so war er 1923 Leiter des Oberbezirks Süd (Bayern, Hessen, Württemberg<br />
und Baden) der KPD. 1924/25 Führer der oppositionellen Kreise gegen die Ruth<br />
Fischer-Führung, wurde er 1926 wieder in die Spitzenkörperschaft der KPD aufgenommen<br />
und war bald der eigentliche Parteiführer. Nach der erneuten „Links "wendung<br />
der Komintern (vgl. Dok. 13) wurde der schwerkranke Meyer 1928/29<br />
zum Führer der sogenannten „Versöhnler", einer Oppositionsgruppe, die den<br />
ultralinken Kurs der KPD verhindern wollte. Meyer, von 1921 bis 1924 und von<br />
1928 bis zu seinem Tode Abgeordneter des preußischen Landtags, litt an Tuberkulose<br />
und starb am 2. Februar 1930 an Lungenentzündung.<br />
Als Mitglied des EKKI stand Meyer zu Beginn der zwanziger Jahre in ständigem<br />
Kontakt mit der Kominternführung. Seine Antwort auf den Brief Sinowjews (Dok.<br />
2 und 3) zeigt ihn als überlegenen, aber loyalen Partner der russischen Führer.<br />
1921 hatten die Kommunisten — noch unter dem Einfluß Lenins 9 — die „Einheitsfrontpolitik"<br />
auf ihre Fahnen geschrieben. Die Komintern billigte diese Linie, an<br />
der — trotz des Widerstandes der linken Opposition in der KPD — auch 1922 und<br />
1923 festgehalten wurde. Das Krisenjahr 1923 mit Inflation und Ruhrbesetzung<br />
führte zur Radikalisierung der Massen. Die KPD bereitete sich auf den revolutionären<br />
Umsturz vor. Im August 1923 entwarf die Komintern einen Aktionsplan <strong>für</strong><br />
den bewaffneten Aufstand. Im Oktober 1923 traten die Kommunisten in die sozialistischen<br />
Regierungen von Sachsen und Thüringen ein. Noch im gleichen Monat<br />
glaubte die KPD-Führung unter Brandler und Thalheimer 10 jedoch, der Aufstand<br />
sei nicht möglich, und sagte die Aktion ab. Nur in Hamburg kam es zu bewaffneten<br />
9<br />
Vgl. dazu Arnold Reisberg, Lenin und die Aktionseinheit in Deutschland, Berlin (Ost)<br />
1964.<br />
10<br />
Heinrich Brandler (1881-1967) war 1921 und 1923 Führer der KPD. 1928 aus der<br />
Partei ausgeschlossen, leitete er eine Oppositionsgruppe, die KPO. Brandler lebte — 1949<br />
aus der Emigration zurückgekehrt — bis zu seinem Tode in Hamburg. August Thalheimer<br />
(1884-1948) war bis 1923 Theoretiker und Parteiführer der KPD. 1928 ausgeschlossen, mit<br />
Brandler Führer der KPO, starb in der Emigration in Kuba.<br />
<strong>Vierteljahrshefte</strong> 6/2