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Glitzernd...pulsierend...eine endlose Zeit lang - World Federation of ...

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Holbein, U. (2006) <strong>Glitzernd</strong>...<strong>pulsierend</strong>...<strong>eine</strong> <strong>endlose</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>lang</strong> - Wie verändert sich Musik unter Drogeneinfluß?<br />

Music Therapy Today (Online) Vol.VII (2) 375-412. available at http://musictherapyworld.net<br />

Bratschen taten grinsend so, als trauerten sie, jaulten scheinheilig drüber<br />

hinweg -- ich rief immer wieder <strong>eine</strong>n Satz: „Das könnt ihr doch nicht<br />

machen!“<br />

B (mit allerlei Hintergrundsverschnitt): Um sich zu erholen, und auch,<br />

um eventuell an weitere und andere Wahrheiten oder wenigstens Evidenzen<br />

zu ge<strong>lang</strong>en, legte der unersättliche Drogen- und Musikkonsument<br />

sich weitere CDs auf: Mozart-Quartette, die aber die leere Kälte von<br />

Schuberts Kosmos nicht mehr übertünchen konnten und die er sowieso<br />

umgehend als flitzende Zwirnmaschinchen entlarvte. Dann flüssige<br />

Architekturen Maurice Ravels, der als untief oder auch oberflächlich<br />

Verschrieene, der neulich, beim vorigen Trip, alle Tiefen und Untiefen<br />

tiefsinniger Schönheit bereitgehalten hatte, nicht im mindesten zu tändeln<br />

oder bloß zu französeln oder apart oder sinnlich zu bleiben pflegte,<br />

sondern zuständig für zarteste Seelenhaftigkeit und Seele, und behutsame<br />

Liebe, nichts als Liebe, und hummeligen Vogelflug über blitzende Landschaften<br />

aus Wolken, Daunen und Watte -- (Aus Ravels „Ma mère<br />

l'Oye“, Orchesterfassung, der 2. Satz, das 1er Tableau: „Danse du rouet<br />

et scéne“) -- doch diesmal mußte die Musik zugeben, daß sie auch nur<br />

ein luftig nachzitterndes Trostpflästerchen aus Schönheit und sommerlichen<br />

Flöten wie aus Tschaikowsky zu bieten hatte, über unversöhnlichsten<br />

Abgründen, und der arabische Tanz der Nußknacker-Suite und die<br />

kuriose dudelige Holzbläser- und Englischhorn-Passage aus dem 4. Satz<br />

der „Rapsodie espagnole“, die neulich so närrisch flennend als butterweich<br />

durchgenudelte Dali-Spieluhr zerflossen war, eingelegt in weltumplätschernde<br />

Heiterkeit, mutierten jetzt zum Zuckerüberzug auf <strong>eine</strong>m<br />

Ozean aus Blut und Flüssigmetall, über den sich auch der kurz<br />

angetestete Bolero eher sehr roh und ungehobelt sowie der Sopran aus<br />

Schönbergs „Luft von anderem Planeten“ oberflächlich, nämlich bloß<br />

ästhetisch hinwegbegab, von hinnen ringelte, pflanzenhaft, lianenhaft mit<br />

irgend<strong>eine</strong>r Bratschenlinie um die Wette -- alles bloß Kunst...alles bloß<br />

Musik...<br />

C: An Alban Bergs drei düstere, Orchesterstücke wagte ich mich nicht<br />

heran, wegen deren Auslösetauglichkeit und Umkippqualität in Richtung<br />

Horrortrip. Beim 2. Satz von Beethovens Opus 130 rief ich plötzlich:<br />

„Ein Wahnsinniger!“ Lustloses Runterfiedeln -- wozu?<br />

B: Auch das Brahms-Reqiem erwies sich als eher unangenehm, als<br />

katzensilbriger Pseudo-Dom. Auch Bach outete sich, jedenfalls im Italienischen<br />

Konzert, als vergleichsweise farbloser Mechaniker und Biedermann,<br />

der über graues rituelles Hochzeitsgetue nicht hinauskam. Auch<br />

<strong>eine</strong> angeknipste Mozart-Sinfonie wollte partout nicht herausgucken, aus<br />

ihrem 18. Jahrhundert-Korsett, aus ihrer unpsychedelischen Bewußtseinsverengung.<br />

Radiosendung 405

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