BETHLEHEM Gesundheitszentrum
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<strong>BETHLEHEM</strong> <strong>Gesundheitszentrum</strong><br />
Interview mit einer großen Krankenkasse<br />
Pflegereform bringt mehr Hilfe bei Demenz<br />
Auch ohne Pflegestufe können Leistungen beansprucht werden.<br />
Antragstellung als wichtige Voraussetzung.<br />
10<br />
Derzeit gibt es in Deutschland etwa<br />
2,4 Millionen pflegebedürftige Menschen.<br />
Viele von ihnen sind an<br />
Demenz erkrankt. Experten schätzen,<br />
dass etwa 1,3 Millionen von demenziellen<br />
Veränderungen betroffen sind.<br />
Diese Zahlen werden sich in wenigen<br />
Jahrzehnten nahezu verdoppeln. Die<br />
Pflegeversicherung muss dem demografischen<br />
Wandel angepasst werden.<br />
Mit dem Pflege-Neuausrichtungsgesetz<br />
hat der Gesetzgeber einen<br />
wichtigen Schritt in diese Richtung<br />
gemacht.<br />
Die BTREFF-Redaktion hat sich mit<br />
dem Pflegeexperten Manfred Wüller<br />
über die Neuerungen unterhalten. Der<br />
62-jährige Donnerberger leitet seit<br />
vielen Jahren die Pflegekasse der AOK<br />
Rheinland/Hamburg in der Kupferstadt.<br />
Ab wann gilt das neue Gesetz<br />
und welche Neuerungen bringt es<br />
für die Versicherten?<br />
Manfred Wüller: Das neue Gesetz ist<br />
am 1. Januar 2013 in Kraft getreten.<br />
Die wichtigsten Neuerungen gibt es<br />
für demente Menschen. Auch ohne<br />
Pflegestufe erhalten die Versicherten<br />
bei einer erheblichen Einschränkung<br />
der Alltagskompetenz zu den bislang<br />
bereits gezahlten Betreuungsleistungen<br />
von 100 Euro bzw. 200 Euro<br />
monatlich erstmals Pflegegeld oder<br />
Sachleistungen. In der so genannten<br />
Pflegestufe Null sind das 120 Euro<br />
monatlich. Auch beim Vorliegen einer<br />
Pflegestufe gibt es zukünftig bei<br />
Demenz ein höheres Pflegegeld.<br />
Befindet sich der Erkrankte jedoch<br />
im Pflegeheim, dann bleiben die<br />
Leistungen gleich.<br />
Wann liegt eine erhebliche Einschränkung<br />
der Alltagskompetenz<br />
vor?<br />
Wüller: Sofern noch keine Pflegestufe<br />
festgestellt wurde, sollten die Betroffenen<br />
einen Antrag bei ihrer Pflegekasse<br />
stellen. Der Medizinische Dienst der<br />
Krankenversicherung (MDK) prüft<br />
dann, ob die Einschränkung vorliegt.<br />
Was genau prüft der MDK dabei?<br />
Wüller: Die Gutachter stellen fest, ob<br />
demenzbedingte Fähigkeitsstörungen<br />
vorliegen, die zu einem Hilfebedarf<br />
führen. Der zeitliche Umfang dieses<br />
Bedarfs ist, anders als bei der Feststellung<br />
einer Pflegestufe, unerheblich.<br />
Weglauftendenzen aus der Wohnung,<br />
unkontrolliertes Aufdrehen von Gasanschlüssen<br />
oder das grundlose Einschalten<br />
elektrischer Herdplatten oder<br />
unangemessenes Sozialverhalten sind<br />
einige Beispiele für diese Fähigkeitsstörungen.<br />
Nicht nur demenzielle Veränderungen,<br />
sondern auch geistige<br />
Behinderungen oder psychische<br />
Erkrankungen werden dabei anerkannt<br />
und führen zu einem Leistungsanspruch.<br />
In der Vergangenheit war das Antragsverfahren<br />
für die Versicherten<br />
oft sehr langwierig. Hat der Gesetzgeber<br />
dieses Problem angepackt?<br />
Wüller: Innerhalb von zwei Wochen<br />
nach der Stellung des Pflegeantrags<br />
erhalten die Betroffenen ein umfassendes<br />
Beratungsangebot. Unsere Pflegeberater<br />
besuchen bereits seit mehr als<br />
drei Jahren dazu die Antragsteller und<br />
ihre Angehörigen zu Hause. Im häuslichen<br />
Umfeld können die examinierten<br />
Pflegefachkräfte dann am besten<br />
feststellen und besprechen, welche<br />
Leistungen und Möglichkeiten zur optimalen<br />
Gestaltung der Pflegesituation<br />
zur Verfügung stehen.<br />
Manfred Wüller<br />
(AOK Rheinland / Hamburg)<br />
Tel. 02402 104 - 235<br />
E-mail:<br />
Manfred.Wueller@rh.aok.de<br />
Welche weiteren Verbesserungen<br />
bringt das neue Gesetz?<br />
Wüller: Auch bei der Kurzzeit- und<br />
Verhinderungspflege, den wohnumfeldverbessernden<br />
Maßnahmen, in<br />
der ambulanten Pflege sowie bei der<br />
Förderung von Wohngruppen gibt es<br />
verbesserte Leistungen.<br />
Wie sieht es mit der privaten<br />
Vorsorge aus? Der Gesetzgeber<br />
beabsichtigte doch auch eine<br />
Unterstützung in diesem Bereich.<br />
Wüller: Eine staatliche Zulage von<br />
60 Euro pro Jahr soll auch Menschen<br />
mit geringem Einkommen den<br />
Abschluss einer Pflege-Zusatzversicherung<br />
ermöglichen. Die eigenverantwortliche<br />
Vorsorge als Ergänzung<br />
zur gesetzlichen Pflegeversicherung<br />
ist unbedingt sinnvoll, denn die gesetzliche<br />
Pflegeversicherung ist keine<br />
Vollkaskoversicherung. Diese Leistung<br />
von 5 Euro pro Monat wird auch als<br />
„Pflege-Bahr“ bezeichnet. Mittlerweile<br />
bieten die Versicherungen diese<br />
Tarife für interessierte Kunden auch<br />
an. ●