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Pragmatische Lösung eines komplexen Problems Schweizer ...

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SCHWERPUNKTTHEMA<br />

<strong>Lösung</strong>svorschläge zur<br />

Stärkung der akademischen<br />

klinischen Forschung<br />

Jakob R. Passweg, Chefarzt Abteilung Hämatologie,<br />

Departement Innere Medizin, Universitätsspital Genf<br />

und Präsident Krebsliga Schweiz<br />

Haus der Krebsliga in Bern Sinn der klinischen Forschung<br />

ist es, Fortschritte<br />

in der Diagnose und Behandlung von Krankheiten zu erzielen,<br />

um Patientinnen und Patienten besser behandeln<br />

und betreuen zu können. Für viele kranke Menschen<br />

sowie Personen aus ihrem Umfeld ist der medizinische<br />

Fortschritt der wichtigste Hoffnungsträger – gerade bei<br />

einer so schwerwiegenden Krankheit wie Krebs. Während<br />

in der Schweiz die Qualität der Grundlagenforschung<br />

im internationalen Vergleich eine absolute Spitzenposition<br />

einnimmt, befindet sich unsere klinische<br />

Forschung nicht auf einem vergleichbar hohen Niveau.<br />

Die Gründe, weshalb die klinische Forschung – speziell<br />

im akademischen Bereich – verbessert werden muss,<br />

sind vielfältig. Verantwortlich sind einerseits strukturelle<br />

Faktoren unseres föderalistischen Systems: Trotz<br />

der bescheidenen Grösse der Schweiz mit knapp 7,8 Millionen<br />

Einwohnern will jeder Kanton möglichst die ganze<br />

Palette medizinischer Leistungen anbieten – selbst in<br />

der Spitzenmedizin. Das <strong>Schweizer</strong> Gesundheitswesen<br />

ist folglich stark fragmentiert. Wir haben Patientinnen<br />

und Patienten in grossen Universitätsspitälern, Privatkliniken,<br />

kleinen und mittleren Regionalspitälern, Privatpraxen<br />

etc.<br />

Um eine genügend grosse Anzahl Patienten einzubinden,<br />

werden klinische Studien meist an mehreren Spitälern<br />

und Kliniken gleichzeitig durchgeführt. Diese Multizenterstudien<br />

müssen gegenwärtig ein sehr aufwendiges<br />

Bewilligungsprozedere durchlaufen, da jede involvierte<br />

kantonale Ethikkommission den Forschungsantrag separat<br />

beurteilt. Zudem kommt in dem langen Prozess, den<br />

die Entwicklung und Bewilligung <strong>eines</strong> Studienprotokolls<br />

den Gesuchsstellern abverlangt, die strengste Hürde<br />

am Schluss: die Notifikation durch Swissmedic. Rund<br />

40% der Protokolle werden von der Zulassungs- und Aufsichtsbehörde<br />

für Heilmittel nach dieser Prüfung zurückgestellt.<br />

Effizienz sähe anders aus.<br />

Andererseits erschweren regulatorische Mängel die klinische<br />

Forschung. Die geltenden Versuchsvorschriften<br />

sind für grosse, kommerzielle Studien konzipiert, mit<br />

denen beispielsweise neue Medikamente getestet werden.<br />

Pharmafirmen können den Aufwand des zeit- und<br />

kostenintensiven Bewilligungsprozesses auf den Medikamentenpreis<br />

abwälzen. Die akademische Forschung,<br />

die mit denselben administrativen Hürden konfrontiert<br />

ist, hat aber nicht annähernd dieselben finanziellen Möglichkeiten<br />

wie der kommerzielle Sektor. Ein steigendes<br />

Sicherheitsbedürfnis auf politischer Ebene und ein wachsender<br />

Regulationseifer auf Behördenseite haben diese<br />

Problematik in den letzten Jahren akzentuiert. Dies kann<br />

dazu führen, dass nicht kommerziell ausgerichtete Studien,<br />

z.B. Therapieoptimierungsstudien, bei uns gar nicht<br />

durchgeführt werden, obwohl sie für die Patienten sinnvoll<br />

und nötig wären.<br />

Eine kürzlich in den USA durchgeführte Untersuchung<br />

zeigt, dass die Regulation der Medikamentenzulassung<br />

den Patientinnen und Patienten möglicherweise mehr<br />

Schaden als Nutzen bringt. Mit anderen Worten: Durch<br />

die Verzögerung des therapeutischen Fortschrittes gehen<br />

mehr Lebensjahre verloren als durch den Schutz vor potenziell<br />

schädlichen Medikamenten gewonnen werden.<br />

Dabei sollten Patienten – gerade bei seltenen Krankheiten<br />

– möglichst häufig gemäss Studienprotokollen<br />

be handelt werden, da dies zwei entscheidende Vorteile<br />

beinhaltet: einen höheren Grad an Qualitätskontrolle<br />

sowie einen stetigen Verbesserungseffekt. Dank der Auswertung<br />

der Therapieergebnisse, die heute in klinischen<br />

Studien erzielt werden, können Patienten morgen besser<br />

behandelt werden.<br />

Wie lassen sich die Probleme der klinischen Forschung in<br />

unserem Land entschärfen? Einen Schritt in die richtige<br />

Richtung macht der Entwurf des Humanforschungsgesetzes,<br />

das einer Leitethikkommission die Federführung<br />

bei Multizenterstudien zuteilt. Dies würde das Geneh-<br />

216 <strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010

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