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Е vangelium hinter Stacheldraht 5/2008 (83)<br />
• Überwältigt von Gottes Gnade<br />
Martin Luthers Weg<br />
zur Glaubensgerechtigkeit<br />
„Gott lieben? Manchmal hasse ich ihn!“ Diese Worte von den Lippen Luthers wirken<br />
befremdlich auf uns, da wir Martin Luther für seinen religiösen Eifer achten. Aber es sind<br />
seine Worte. „Manchmal scheint mir Christus nichts weiter als ein zorniger Richter zu sein,<br />
der mit einem Schwert in der Hand zu mir kommt.“ War der Mann wahnsinnig? Hat der<br />
Glaube ihn krank gemacht?<br />
Durch einen Blitzeinschlag ins Kloster<br />
Sicherlich war Luther nicht wahnsinnig und auch kein durch die Religion verrückt<br />
gewordener Mensch. Gleichwohl stimmt es, dass Luther an einer ganzen Reihe krankhafter<br />
Ängste litt. Eine bekannte Geschichte berichtet, dass er in einem heftigen Gewitter<br />
unterwegs war. Ein Blitz schlug so dicht neben ihm ein, dass er von dem Luftdruck zu<br />
Boden geschleudert wurde und in Todesangst versprach, Mönch zu werden. Kurz nach<br />
diesem Erlebnis löste er seinen Eid ein. Er quittierte sein Jurastudium und ging ins Kloster.<br />
Die Furcht vor einem schlimmen Tod als Ausdruck der göttlichen Strafe verfolgte ihn. Der<br />
Blitzschlag hatte eine Narbe in sein Gedächtnis gebrannt, die er nie vergaß.<br />
Von der Heiligkeit Gottes und der eigenen<br />
Sündhaftigkeit in Unruhe versetzt<br />
Der Gedanke an die Heiligkeit Gottes kann uns beunruhigen und verwirren. Als Martin<br />
Luther zum ersten Mal die Messe halten sollte, geschah etwas Ungeheuerliches. Luther<br />
begann die Zeremonie in guter Haltung, priesterlicher Zuversicht und Sicherheit<br />
ausstrahlend. Als er jedoch zum Weihegebet kam, bei dem er kraft des Amtes und seiner<br />
priesterlichen Autorität das Abendmahl vollbringen sollte, versagte er. Luther stand wie<br />
zu Stein geworden vor dem Altar. Eine nervöse Stille breitete sich unter den Versammelten<br />
aus. Er versuchte, die Worte der Messe zu Ende zu lesen, aber er konnte es nicht. Völlig<br />
entkräftet hinkte er zu seiner Bank. Was war vor dem Altar<br />
geschehen? Luther selbst erklärte die Lähmung, die ihn<br />
befallen hatte, als er die Worte aussprechen sollte: „Wir<br />
opfern dir, dem lebendigen, wahrhaftigen, dem ewigen<br />
Gott.“ Dazu Luther: „Denn ich bin Staub und Asche und<br />
voller Sünde und soll mit dem lebendigen, wahren und<br />
ewigen Gott reden?“<br />
Lass Gott Gott sein.<br />
Martin Luther<br />
Das Scheitern der eigenen<br />
Werkgerechtigkeit<br />
Als Mönch hatte sich Luther einer rigorosen Strenge verschrieben. Er wollte der perfekte<br />
Mönch sein. Dafür fastete er tagelang und frönte strengen Formen der Selbstkasteiung.<br />
Die seltsamste Eigenart Luthers war seine tägliche Beichte. Zu den Vorschriften, welche<br />
die Mönche zu beachten hatten, gehörte die Beichte – aber nicht jeden Tag. Luther<br />
hingegen beichtete jeden Tag, er erlebte somit keinen Tag ohne Sünde. Er wollte sicher<br />
sein, dass keine Sünde seines Lebens unerwähnt blieb, so dass er täglich Stunden im<br />
Beichtstuhl verbrachte. In einem Fall brauchte er sechs Stunden, um die Sünden vom<br />
Vortag zu beichten.<br />
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