Zweiter Rundbrief - gerardwagner.de
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Wir hatten neben <strong>de</strong>r Grube einen Holzstoß aufgeschichtet, zirka 1 m<br />
lang und 1 m hoch, <strong>de</strong>r Abend war so dunkel, was mir beson<strong>de</strong>rs son<strong>de</strong>rbar<br />
um diese Zeit auffiel, dass man keine 10 Schritte weit sehen<br />
konnte. Es war gut so, <strong>de</strong>nn so konnte die Handlung ohne Neugierige<br />
vor sich gehen und nicht gestört wer<strong>de</strong>n. Um 7 Uhr kam Herr Doktor<br />
mit Architekt Schm[id-Curtius], bei<strong>de</strong> mit einer blauen Schürze umgebun<strong>de</strong>n.<br />
Ich hatte <strong>de</strong>n Grundstein schon daneben aufgestellt, zwei Kellen<br />
und einen Traggurt bereitgestellt und die Lötwerkzeuge. Es kamen<br />
so zirka 70 Mitglie<strong>de</strong>r aus allernächster Nähe zusammen.<br />
Nun wur<strong>de</strong>n Fackeln angezün<strong>de</strong>t und <strong>de</strong>r Holzstoß, um <strong>de</strong>n Platz ein<br />
wenig zu erleuchten. Herr Doktor machte dann auf <strong>de</strong>n hohen Augenblick<br />
aufmerksam und verlas die Urkun<strong>de</strong> mit sämtlichen Namen <strong>de</strong>r<br />
Unterzeichneten und sagte dabei, dass dieser Grundstein ein Abbild <strong>de</strong>r<br />
menschlichen Seele ist. Dann rollte er die Urkun<strong>de</strong> zusammen und<br />
steckte sie in <strong>de</strong>n Behälter. Dann trat ich in Funktion und lötete <strong>de</strong>n<br />
Deckel drauf. Es regnete immer noch, das Feuer <strong>de</strong>s Holzstoßes brannte<br />
aber lustig weiter. Als ich <strong>de</strong>n Grundstein geschlossen hatte, da wen<strong>de</strong>te<br />
sich Dr. Steiner und sprach leise Worte, dann wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Stein mit <strong>de</strong>m<br />
Gurt umschlungen und man trug ihn von fünf Personen, Herr L[in<strong>de</strong>],<br />
Br[ummer] links, Herr Architekt Sch[mid-Curtius] und Herr<br />
Gr[osheintz?] rechts und Herr Dr. P[eipers] hinten am großen Teil fassend<br />
hinunter in die betonierte Grube und man legte ihn so hinein, dass<br />
<strong>de</strong>r große Teil nach Osten zu liegen kam und <strong>de</strong>r kleine Teil nach Westen,<br />
also <strong>de</strong>m Kuppelbau entgegengesetzt. Dann ging Herr Dr. Steiner<br />
auch hinab. Dann folgte eine Ansprache von einer halben Stun<strong>de</strong>. Als<br />
ich da aufsah, <strong>de</strong>nn ich war in meinem Innersten so ergriffen und so<br />
lebendig mit all <strong>de</strong>m verbun<strong>de</strong>n, dass ich gar nicht aufsah zum Himmel;<br />
aber jetzt sah ich auf, und da war <strong>de</strong>r schönste und klarste Sternenhimmel,<br />
die Sterne schienen so, als ob sie viel näher wären. Venus, Jupiter<br />
stan<strong>de</strong>n ganz nahe beisammen im Südwesten und funkelten mit herab,<br />
so dass es eine <strong>de</strong>r schönsten Sternennächte war, die ich nur einmal<br />
noch erlebte und zwar am Neujahrstage 1922-23 morgens, als <strong>de</strong>r Bau<br />
abgebrannt war. Dann warf man die Grube ganz zu mit Er<strong>de</strong> und man<br />
<strong>de</strong>ckte vorerst mit einem Holz<strong>de</strong>ckel ab, und es ging aus <strong>de</strong>r Vertiefung<br />
wie<strong>de</strong>r nach oben. Das Feuer brannte noch fest und so auch die Pechfackeln.<br />
Dann sprach Dr. Steiner nochmals und machte auf <strong>de</strong>n Ernst dieses<br />
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