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Zweiter Rundbrief - gerardwagner.de

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Wollen, Denken und Fühlen fin<strong>de</strong>t im Bau seinen Ausdruck. „Gehe ich<br />

von Westen nach Osten in diesem Bau, dann bewege ich mich so, wie<br />

sich die Willenssphäre <strong>de</strong>r Menschen bewegt; richte ich <strong>de</strong>n Blick von<br />

unten nach oben und beobachte die Formen <strong>de</strong>r Säulen und Architrave,<br />

dann vertiefe ich mich in die Geheimnisse <strong>de</strong>r Gefühlssphäre <strong>de</strong>r Menschennatur.<br />

Studiere ich dasjenige, was sich wölbt in <strong>de</strong>r Malerei <strong>de</strong>r<br />

Kuppel über <strong>de</strong>m Bau, dasjenige, was wir erleben innerhalb <strong>de</strong>s Baues,<br />

dann studieren wir die Geheimnisse <strong>de</strong>r menschlichen Denksphäre.“ 10<br />

In <strong>de</strong>r Wechselwirkung <strong>de</strong>s Betrachters mit <strong>de</strong>n sichtbaren Formen<br />

entsteht das eigentliche Kunstwerk: Nicht nur, was sich <strong>de</strong>n Sinnen<br />

darbietet, ist wirksam, son<strong>de</strong>rn ebenso das, was <strong>de</strong>r Betrachter in sich<br />

selber hervorbringt. Es kann wie ein Gespräch zwischen <strong>de</strong>m Künstler<br />

und <strong>de</strong>m Betrachter entstehen. Sind Architektur, Plastik und Malerei in<br />

einem harmonischen Zusammenhang, dann kann auch auf <strong>de</strong>n Betrachter<br />

eine harmonisieren<strong>de</strong> Wirkung übergehen. Die Kunst führt ihn über<br />

<strong>de</strong>n sinnlichen Schein in <strong>de</strong>n Wesensbereich, <strong>de</strong>r im Künstler lebte.<br />

Welchen Reichtum an architektonischen Elementen, plastischen<br />

Formen und malerischer Durchseelung konnte man am Goetheanum-<br />

Bau erleben! Er war nicht für das Alltagserleben errichtet, son<strong>de</strong>rn für<br />

ein Seelenleben, das eine Berührung durch die geistige Welt suchte.<br />

Nicht darum ging es, ob einem die Formen und Farben sympathisch<br />

o<strong>de</strong>r unsympathisch waren, son<strong>de</strong>rn um die Möglichkeit gesteigerter<br />

innerer Aktivität beim Mitschaffen <strong>de</strong>s Kunstwerkes. Der Bau konnte<br />

die Betrachter in eine Schwellen-Atmosphäre führen, die Schwelle zwischen<br />

<strong>de</strong>r sinnlichen und <strong>de</strong>r geistigen Welt.<br />

Das Kunstwerk <strong>de</strong>s Baues darf aber nicht nur als i<strong>de</strong>elles Gebil<strong>de</strong> betrachtet<br />

wer<strong>de</strong>n! Ebenso wichtig ist, dass dieses I<strong>de</strong>elle durch vieler<br />

Menschen Hän<strong>de</strong> aus <strong>de</strong>m Stoff hervorgebracht wur<strong>de</strong>: Wie viele Menschen<br />

wirkten an ihm mit - von <strong>de</strong>n Arbeitern und <strong>de</strong>ren Leitern, <strong>de</strong>n<br />

Plastikern, Malern und vielen an<strong>de</strong>ren Menschen. Die intensive Zuwendung<br />

zu diesen Menschen, von <strong>de</strong>ren Handfertigkeiten das Gelingen<br />

10 Rudolf Steiner, Der Dornacher Bau als Wahrzeichen geschichtlichen Wer<strong>de</strong>ns und<br />

künstlerischer Umwandlungsimpulse, GA 287, Vortrag vom 24. Oktober 1914<br />

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