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Bildpunkt - Wir machen Kunst weil, es die feministische ...

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Widerstand. Macht. Wissen. 11<br />

Zustandekommen und der g<strong>es</strong>ellschaftlichen Eingebundenheit von<br />

Wissen überhaupt nicht verstanden: Es ist kein Problem, dort über<br />

<strong>die</strong> Institution Museum und <strong>die</strong> darin stattfindende Wissensproduktion<br />

zu sprechen. Versucht man aber, di<strong>es</strong>e Reflexion über <strong>die</strong><br />

Herstellung von Wissen auf <strong>die</strong> Institution FH oder <strong>die</strong> Arbeitgeber<br />

der StudentInnen – zumeist aus dem Profit-Bereich – zu übertragen,<br />

stößt man sofort auf Widerstände.<br />

<strong>Bildpunkt</strong>: Solche Konfrontationen<br />

mit den hegemonialen<br />

Institutionen oder auch den<br />

Apparaten der Werteko<strong>die</strong>rung<br />

gibt <strong>es</strong> ja auch im künstlerischen<br />

und musealen Feld. Wie<br />

wird deiner Meinung nach hier<br />

Wissen wahr gemacht?<br />

C. M.-T.: Die Produktion von<br />

Wahrheiten findet schrittweise<br />

statt. Zuerst gibt <strong>es</strong> da <strong>die</strong> Institution<br />

Museum, <strong>die</strong> einen Rahmen<br />

vorgibt und dadurch bereits eine vermeintlich unhintergehbare<br />

Autorität ausstrahlt. Hinzu kommen Systematisierungen und<br />

Klassifizierungen, <strong>die</strong> in Archiven vorgenommen werden. Und<br />

schließlich sind <strong>die</strong> Objekte einer Ausstellung selbst natürlich<br />

sehr verführerische Komponenten der Wahrheitsproduktion, <strong>weil</strong><br />

sie gewissermaßen eine „materielle Zeugenschaft“ ablegen. Wenn<br />

erst einmal entschieden ist, was wie und in welchem Kontext gezeigt<br />

wird, trägt <strong>die</strong> Anonymität der Institution zur Produktion<br />

von Wahrheit bei, <strong>die</strong> sich beispielsweise in nicht namentlich<br />

gekennzeichneten und damit Objektivität suggerierenden Ausstellungstexten<br />

äußert. Eine b<strong>es</strong>ondere Form nehmen in der<br />

Wahrheitsproduktion zudem so genannte realistische Ausstellungsinszenierungen<br />

ein, in denen über <strong>die</strong> möglichst „wirklichkeitsgetreue“<br />

Darstellung g<strong>es</strong>chichtlicher Sachverhalte ein<br />

komplex<strong>es</strong> Bild vermittelt werden soll, ohne dass aber subjektive<br />

Herangehensweisen und objektive Auslassungen, Lücken und<br />

Brüche thematisiert würden.<br />

<strong>Bildpunkt</strong>: Ihr habt verschiedene Aspekte d<strong>es</strong> Herrschaftswissens<br />

erwähnt, in Form der neoliberalen Umstrukturierung d<strong>es</strong> Bildungssystems<br />

oder als normative Kraft von Ausstellungen. Es<br />

stellt sich daran anschließend <strong>die</strong> Frage, ob <strong>es</strong> nicht auch Potenziale<br />

für das so genannte Befreiungswissen im Museum und im<br />

Ausstellungskontext gibt und falls ja, welche.<br />

E. E.: Im Prinzip glaube ich schon, dass <strong>es</strong> solche Potenziale gibt.<br />

Natürlich gibt <strong>es</strong> da viele Fragen. Wie wird das Wissen produziert,<br />

vom wem und wem <strong>die</strong>nt <strong>es</strong>? Inwiefern werden Rahmenbedingungen,<br />

Repräsentation und Ökonomie mitkommuniziert und gedacht?<br />

Werden <strong>die</strong> B<strong>es</strong>ucherInnen als politische Subjekte ang<strong>es</strong>prochen?<br />

Welche Räume und Öffentlichkeiten werden produziert, usw.?<br />

Was den Ausstellungsbereich betrifft, gibt <strong>es</strong> jedenfalls noch genug<br />

marginalisiert<strong>es</strong> Wissen, das aus dem allgemeinen Kanon<br />

ausgeklammert wird.<br />

C. M.-T.: Die Wehrmachtsausstellung ist aus meiner Sicht ein<br />

gut<strong>es</strong> Beispiel für eine Ausstellung, der <strong>es</strong> gelungen ist, in das<br />

kollektive Gedächtnis einzugreifen. Hier wurde <strong>es</strong> tatsächlich<br />

bewerkstelligt, das Kanonwissen zu verschieben und <strong>die</strong> Vergangenheitsnarrationen<br />

über <strong>die</strong> Nazi-Zeit in Österreich zu verändern.<br />

Über <strong>die</strong> Vermittlungsarbeit lassen sich sicherlich auch neue<br />

Wissensformen platzieren.<br />

<strong>Bildpunkt</strong>: Ihr seid ja beide auch als Lehrende und Wissensvermittlerinnen<br />

tätig, mit welchen Erfahrungen seid ihr in Bezug auf<br />

<strong>die</strong> Vermittlung von Wissen konfrontiert?<br />

C. M.-T.: Ich möchte dabei zunächst unterscheiden zwischen institutioneller<br />

und nicht-institutioneller Arbeit. Vor allem in der<br />

nicht-institutionellen Arbeit, <strong>die</strong> sich nicht erst am starken<br />

Rahmen der Institution abarbeiten muss, sehe ich durchaus<br />

Möglichkeiten, kritische Wissensvermittlung zu betreiben. In<br />

meiner Arbeit mit Jugendlichen beispielsweise geht <strong>es</strong> darum,<br />

auch strukturelle – g<strong>es</strong>ellschaftliche und politische – Rahmenbedingen<br />

zu diskutieren und als veränderliche wahrnehmbar zu <strong>machen</strong>.<br />

Es geht darum zu zeigen, dass mächtige Diskurse zwar<br />

mächtig sind, dass <strong>es</strong> aber auch möglich ist, eine eigene Position<br />

ihnen gegenüber zu entwickeln und als Akteur oder Akteurin in<br />

sie einzugreifen.<br />

E. E.: Nach der Einführung d<strong>es</strong> Universitätsg<strong>es</strong>etz<strong>es</strong> 2002 habe<br />

ich angefangen bei der Manoa Free University mitzuarbeiten, <strong>weil</strong><br />

<strong>es</strong> notwendig schien, autonome Strukturen zu schaffen. Sobald<br />

man sagt, man macht eine Uni selbst und arbeitet mit Wissen,<br />

beginnt ein Proz<strong>es</strong>s der Auseinandersetzung darüber. In di<strong>es</strong>em<br />

Rahmen sind einige kollektive Projekte entstanden. Mittler<strong>weil</strong>e<br />

sind wir UntermieterInnen in einem leer stehenden Gebäude ein<strong>es</strong><br />

Universitätscampus, das <strong>die</strong> Uni für <strong>die</strong> Lukrierung von Drittmitteln<br />

weitervermietet. Eine absurde Situation, <strong>weil</strong> wir somit<br />

mittendrin sind in den Proz<strong>es</strong>sen der Ökonomisierung. Im Moment<br />

ist <strong>die</strong> MFU allerdings „out of busin<strong>es</strong>s“.<br />

<strong>Bildpunkt</strong>: Der Titel Widerstand. Macht. Wissen verbindet nicht

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