PSYCHOLOGISCH SCHULE www.dieschule-stmk.com 8 NR. 150 DEZEMBER 20<strong>03</strong> Schulpsychologische Beratung, kurz gefasst DR. HANS URAY Georg Stecher* ist acht Jahre alt und geht in die 3. Klasse einer Volksschule. Das Schreiben macht ihm große Probleme, auch kann er sich nur schwer konzentrieren. Seine Eltern sind äußerst streng und erwarten von ihm sehr viel. Seine Lehrerin möchte ihm helfen und bittet mich um Unterstützung. Georg ist ein ruhiger, lieber Bub und wirkt auffallend brav. Er ist im August geboren und daher sehr früh in die Schule gekommen. Vielleicht mit ein Grund für seine Probleme. Beim Rechnen schwimmt er ziemlich, weil ihn sein logisches Denkvermögen im Stich lässt. Während Georg recht gut liest, liegt ihm das Schreiben überhaupt nicht. So schreibt er einfach nach Gefühl, ohne sich viele Gedanken über die richtige Schreibweise zu machen, zumindest sieht es so aus. Beim Begabungstest ist Georg mit Freude bei der Sache und macht deutlich, wie sehr er in der Schule unter seinem Wert geschlagen wird. Als ich ihn einmal für eine richtige Antwort lobe, geht in seinem Gesicht geradezu ein Feuerwerk auf. Am Ende möchte er noch einen Test machen und freiwillig eine kleine Geschichte schreiben. Anschließend führe ich ein Gespräch mit den Eltern, an dem zum Teil auch die Lehrerin teilnimmt. Ich informiere sie über die Ergebnisse meiner Untersuchung und betone besonders die Vorzüge ihres Sohnes, erwähne aber natürlich auch die Schwierigkeiten beim Schreiben. Frau Stecher erzählt, dass auch sie sich dabei sehr plagen musste, während der Vater sich an nichts erinnern kann. Ich erkläre den Eltern, dass bei gravierenden Problemen im Rahmen des Schriftspracheerwerbs auch erbliche Faktoren eine Rolle spielen können. Überdies bringe auch das Üben oft keine sichtbaren HR Dr. Hans Uray ist Leiter der schulpsychologischen Beratungsstelle in Graz Erfolge, zumindest nicht kurzfristig. Man brauche daher sehr viel Geduld und Verständnis für das Kind, aber auch Durchhaltevermögen, um langfristig spürbare Verbesserungen zu erzielen. Georgs Vater kann ich damit überhaupt nicht beeindrucken. „Der Bub lernt einfach zu wenig“, sagt er ziemlich heftig. „Er ist ein fauler Kerl. Ich sage ihm jeden Tag, lerne, lerne, lerne, aber glauben Sie, das würde was ändern, er tut einfach nicht, was ich sage. Er ist selbst schuld, wenn er schlechte Noten bekommt, ich habe kein Mitleid mit ihm. Als ich noch in die Schule gegangen bin, war alles viel strenger als heute. Mit der Leistung hätte es bei uns nicht einen Dreier, sondern einen Bombenfünfer gegeben. Heute ist ja alles zu milde, ohne Härte. Da kann nichts daraus werden.“ Der Vater ist knallhart und kaum ansprechbar. Wenn ich etwas sage, hört er nicht zu. Stattdessen hält er ständig Monologe mit dem gleichen Inhalt. Als die Lehrerin und ich die Eltern bitten, Georg nicht so stark unter Druck zu setzen, wird Herr Stecher zynisch und sagt: „Sie meinen also, man soll ihn einfach den ganzen Tag spielen lassen. Dass dann nichts aus ihm wird, ist ja auch egal. Sie reden da irgendwas daher, ohne eine Ahnung zu haben. Georg ist mein Sohn und den werde ich behandeln, wie ich will und damit basta!“ Der Mutter gefallen die Ausbrüche ihres Mannes offensichtlich nicht. Erstmals wirkt sie ziemlich betroffen, aber auch ein wenig hilflos. „Er lügt uns dauernd an“, sagt Frau Stecher. „Gestern komme ich heim und er zeigt mir die Aufgabe, ganz schön geschrieben und ohne Fehler. Sag ich, Georg, hast du das geschrieben? Und er sagt glatt Ja! Lügt mich der Bub an, einfach so. Schaut mir in die Augen und lügt mich an. Was soll ich da noch sagen?“ „Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, warum ein Kind zu solchen Mitteln greift?“, frage ich die Mutter. „Kinder sind keine kleinen Erwachsenen, sie handeln aus dem Bauch heraus. Sie wissen genau, dass solche Schwindeleien auffliegen, und machen es dennoch, ohne es bewusst zu planen. Es entlastet sie kurzfristig. Georg hat einfach Angst, Sie zu enttäuschen. Jedes Kind möchte seine Eltern zufrieden stellen, weil es befürchtet, ihre Liebe zu verlieren. Sie erwarten zu viel von Ihrem Sohn. Georg lernt nicht so leicht, er muss sich sehr anstrengen, um seine Leistungen zu erbringen. Wenn Sie ihm vermitteln, dass das, was er zustande bringt, für Sie zu wenig ist, müssen Sie mit auch in Zukunft mit solchen Aktionen rechnen.“ „Aber er kann mir ja ruhig die Wahrheit sagen“, entgegnet die Mutter. „Ich schlage ihn ja nicht. Natürlich muss ich schimpfen, wenn er in den drei Stunden, in denen er allein daheim ist, die Aufgabe nicht ordentlich macht. Er ist ja kein kleines Kind mehr, im Sommer wird er schon acht. Ich schreib’ ihm eh alles auf einen Zettel auf, was er zu tun hat. Aber komme ich heim, ist nichts gemacht. Ich kann nicht für ihn die Aufgabe machen, das muss er schon allein, sonst wird er nie selbstständig.“ „Georg ist ein achtjähriger Bub und kein Jugendlicher“, sage ich. „Das, was Sie sich vorstellen, können nicht einmal wesentlich ältere Schüler leisten. Ihr Sohn braucht Ihre Hilfe und Unterstützung, er kann es nicht allein. Sie dürfen nicht vergessen, dass schon der Unterricht für Georg sehr anstrengend ist. Dann kommt er heim, ist drei Stunden ganz allein, soll ohne Hilfe die Aufgabe machen und danach am Abend auch noch mit Ihnen üben. Das ist einfach zu viel für ihn. Georg braucht auch Zeit zum Spielen, er ist ja noch ein Kind.“ „Wenn er so schlecht ist“, entgegnet der Vater, „muss er halt noch mehr üben. Da führt kein Weg daran vorbei. Wir sind beide berufstätig und sind am Nachmittag eben nicht zu Hause. Im Hort wollte er nicht bleiben, also sitzt er jetzt allein daheim. So ist das Leben, es gibt kein anderes.“ Trotz aller Bemühungen spüre ich, dass ich mit meiner Weisheit am Ende bin und damit auch mit der Beratung. Ich gebe auf, ich sehe keinen Sinn mehr und kann mir nicht vorstellen, dass diese Eltern daran denken, Ihre überhöhten Erwartungen zu korrigieren. Sie scheinen nicht in der Lage, sich in ihr Kind einfühlen zu können. Auf der Strecke bleibt leider der kleine Georg, der mit seinen Eltern weiterleben muss; die kann man sich bekanntlich nicht aussuchen. *Die hier skizzierte und anonymisierte Beratung hat im Frühjahr des heurigen Jahres stattgefunden. Mitte Oktober habe ich von der Klassenlehrerin gehört, dass sich die Lage für Georg inzwischen zum Glück etwas gebessert hat. Der Druck der Eltern hat anscheinend ein wenig nachgelassen, vielleicht doch noch eine Reaktion auf die psychologische Intervention. Wäre schön. PS: In unserer Oktober-Ausgabe wurden die Schulpsychologischen Akzente mit gleichnamigem Titel durch einen Übermittlungsfehler sehr verkürzt gedruckt. Diesmal gibt’s den ganzen Text. Wir bitten um Entschuldigung. Die Red.
NR. 150 DEZEMBER 20<strong>03</strong> 9 SCHULE www.dieschule-stmk.com ANZEIGE Im Dezember 2002 kam es zum Abschluss eines Rahmenvertrages zwischen dem <strong>Landesschulrat</strong> und der Österreichischen Beamtenversicherung (ÖBV). Dadurch hat jede(r) Bedienstete(r) des <strong>Landesschulrat</strong>es die Möglichkeit STEUERSPARENDE ZUKUNFTSICHERUNG durchzuführen. Vor Abzug der Lohnsteuer! Grundlage dafür bildet die Bestimmung nach § 3 Abs.1, Ziffer 15a des ESTG 1988. Darin ist geregelt, dass Beiträge zum Zwecke der Zukunftsicherung von Arbeitnehmern durch den Arbeitgeber lohnsteuerfrei sind. Dieses innovative Model der ÖBV sieht vor, dass der Dienstgeber mit Zustimmung des Bediensteten einen Teil des Bruttobezuges direkt in eine Vorsorgeversicherung einzahlen kann wobei für diesen Betrag keine Lohnsteuer zu entrichten ist (Bezugsumwandlung). Ihre Vorteile ÿ Enormer Steuervorteil (mindestens 31%) ÿ Trotz „risikoarmer/konservativer“ Veranlagung ‡ hohe Rendite ÿ Direkter Gehaltsabzug und Überweisung durch den Arbeitgeber ÿ Lohnsteuerrückvergütung bereits bei Einbehalt der Prämie Einziger Nachteil: maximal E 300.– pro Jahr. Dies enspricht einer monatlichen Prämie von E 25.– Die Veranlagung erfolgt in bewährter Art durch die ÖBV, die mit dieser Zukunftsicherung einmal mehr ihre Kompetenz bei Versicherungen für die öffentlich Bediensteten unter Beweis stellt. Detaillierte Informationen und individuelle Beratung für diese freiwillige Möglichkeit, Steuern zu sparen, erhalten Sie durch die Mitarbeiter in den Regionalbüros der ÖBV, Personalvertretungen und im <strong>Landesschulrat</strong> Bernhard BAIER bernhard.baier@lsr-stmk.gv.at oder baier@aon.at Tel: <strong>03</strong>16/345-613 oder 0664/4536969