Download Programmheft - Peter Walchshäusl
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Glaubte ich ihn dann entschwunden? Dann wuchs der Zwerg zwischen<br />
dem Mond und mir wie der Glockenturm einer gotischen Kathedrale, ein<br />
goldenes Glöckchen zitternd auf seiner Zipfelmütze!<br />
Aber alsbald wurde sein Körper blau, durchsichtig wie das Wachs einer<br />
Kerze, sein Gesicht wurde fahl wie das Wachs eines Kerzenstummels – und<br />
plötzlich erlöschte er.<br />
Scarbo ist der listige Kobold, der allerlei Schabernack betreibt, und das auf eine<br />
(auch für den Spieler) atemberaubende Weise. Es gibt wohl kaum Stücke, in denen<br />
es vor pianistischen Fallen und einer Komplexität technischer Anforderungen nur so<br />
wimmelt. Und doch: jede Note dient nicht einem selbstdarstellerischen Selbstzweck,<br />
sondern ist in seinem Kontext beinah als notwendig und naturgegeben eingesetzt, im<br />
Idealfalle werden Schwierigkeiten als solche also gar nicht wahrgenommen. Die<br />
Farben des Dämonischen, „Gruseligen“ dominieren und werden durch ein<br />
durchgehend tänzerisches Element zusammengehalten. Das Verschwinden des<br />
Spuks am Ende wird von Ravel für jeden bildhaft wahrnehmbar dargestellt.<br />
(Die Übersetzungen der französischen Original-Verse stammen aus Schmalzriedt:<br />
Ravels Klaviermusik)<br />
Viertes Konzert<br />
Claude Debussy : PRÉLUDES I<br />
I<br />
Lent et grave<br />
Mit schreitenden, schwerelosen und gleichzeitig fülligen, aber durchsichtigen<br />
Akkorden beginnt eine der interessantesten und bedeutendsten Stückesammlungen<br />
des beginnenden 20. Jahrhunderts. Beschworen wird eine Atmosphäre des<br />
Zeremoniellen, des längst Vergangenen, deren Wurzeln in der Antike (oder was man<br />
dafür hielt) liegen. Durch das Stück weht ein großzügig wirkender musikalischer<br />
Atem und zugleich ist es doch von äußerst strenger Disziplin in der Organisation der<br />
einzelnen musikalischen Segmente geprägt. Man glaubt Zeuge einer musikalisch<br />
umrahmten rituellen Handlung zu sein, die von würdevoll und langsam<br />
dahinschreitenden „Delphi-Tänzerinnen“ durchgeführt wird.<br />
(…Danseuses de Delphes) erinnert an eine Säule mit drei Bacchantinnen aus dem<br />
Musée du Louvre<br />
II<br />
Modéré<br />
Durchgearbeitet bis zur letzten Konsequenz sind die Voiles, ein Paradestück der<br />
neuartigen Klangmittel, die Debussy mitentwickelt hat. Bis auf einen kurzen<br />
Zwischenabschnitt bestehend aus pentatonischem Material, ist hier die Ganztonskala<br />
das bestimmende, farbgebende Element. Dabei sind die einzelnen Motive und die<br />
Ausnutzung der unterschiedlichen Klangregister auf dem Klavier beinahe<br />
generalstabsmäßig durchgearbeitet, was einen bewussten Kontrast zum statisch<br />
oder fast beliebig wirkenden Tonmaterial darstellt. Einen belebenden Aspekt bietet<br />
der kurze Mittelteil, der aus dem gleichförmigen Grundempfinden heraus emotional<br />
turmgleich in die Höhe ragt.<br />
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