23.11.2013 Aufrufe

Download Programmheft - Peter Walchshäusl

Download Programmheft - Peter Walchshäusl

Download Programmheft - Peter Walchshäusl

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Glaubte ich ihn dann entschwunden? Dann wuchs der Zwerg zwischen<br />

dem Mond und mir wie der Glockenturm einer gotischen Kathedrale, ein<br />

goldenes Glöckchen zitternd auf seiner Zipfelmütze!<br />

Aber alsbald wurde sein Körper blau, durchsichtig wie das Wachs einer<br />

Kerze, sein Gesicht wurde fahl wie das Wachs eines Kerzenstummels – und<br />

plötzlich erlöschte er.<br />

Scarbo ist der listige Kobold, der allerlei Schabernack betreibt, und das auf eine<br />

(auch für den Spieler) atemberaubende Weise. Es gibt wohl kaum Stücke, in denen<br />

es vor pianistischen Fallen und einer Komplexität technischer Anforderungen nur so<br />

wimmelt. Und doch: jede Note dient nicht einem selbstdarstellerischen Selbstzweck,<br />

sondern ist in seinem Kontext beinah als notwendig und naturgegeben eingesetzt, im<br />

Idealfalle werden Schwierigkeiten als solche also gar nicht wahrgenommen. Die<br />

Farben des Dämonischen, „Gruseligen“ dominieren und werden durch ein<br />

durchgehend tänzerisches Element zusammengehalten. Das Verschwinden des<br />

Spuks am Ende wird von Ravel für jeden bildhaft wahrnehmbar dargestellt.<br />

(Die Übersetzungen der französischen Original-Verse stammen aus Schmalzriedt:<br />

Ravels Klaviermusik)<br />

Viertes Konzert<br />

Claude Debussy : PRÉLUDES I<br />

I<br />

Lent et grave<br />

Mit schreitenden, schwerelosen und gleichzeitig fülligen, aber durchsichtigen<br />

Akkorden beginnt eine der interessantesten und bedeutendsten Stückesammlungen<br />

des beginnenden 20. Jahrhunderts. Beschworen wird eine Atmosphäre des<br />

Zeremoniellen, des längst Vergangenen, deren Wurzeln in der Antike (oder was man<br />

dafür hielt) liegen. Durch das Stück weht ein großzügig wirkender musikalischer<br />

Atem und zugleich ist es doch von äußerst strenger Disziplin in der Organisation der<br />

einzelnen musikalischen Segmente geprägt. Man glaubt Zeuge einer musikalisch<br />

umrahmten rituellen Handlung zu sein, die von würdevoll und langsam<br />

dahinschreitenden „Delphi-Tänzerinnen“ durchgeführt wird.<br />

(…Danseuses de Delphes) erinnert an eine Säule mit drei Bacchantinnen aus dem<br />

Musée du Louvre<br />

II<br />

Modéré<br />

Durchgearbeitet bis zur letzten Konsequenz sind die Voiles, ein Paradestück der<br />

neuartigen Klangmittel, die Debussy mitentwickelt hat. Bis auf einen kurzen<br />

Zwischenabschnitt bestehend aus pentatonischem Material, ist hier die Ganztonskala<br />

das bestimmende, farbgebende Element. Dabei sind die einzelnen Motive und die<br />

Ausnutzung der unterschiedlichen Klangregister auf dem Klavier beinahe<br />

generalstabsmäßig durchgearbeitet, was einen bewussten Kontrast zum statisch<br />

oder fast beliebig wirkenden Tonmaterial darstellt. Einen belebenden Aspekt bietet<br />

der kurze Mittelteil, der aus dem gleichförmigen Grundempfinden heraus emotional<br />

turmgleich in die Höhe ragt.<br />

28

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!