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Download Programmheft - Peter Walchshäusl

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wird man in unlösbare Widersprüche verwickelt, die einen noch mehr verwirren. An<br />

dieser Ratlosigkeit, wie sie Hans Heinz Stuckenschmidt 1957 zum Ausdruck<br />

gebracht hat, haben auch die beiden jüngeren umfassenden Veröffentlichungen von<br />

Marcel Marnat (1986) und Arbie Orenstein (1989) letztendlich nichts geändert: Ravel<br />

ist und bleibt ein Rätsel.<br />

Von einem Bekannten auf seine häufig zur Schau getragene Gefühlskälte<br />

angesprochen, erwiderte er: „Sie wissen, dass das nicht stimmt. Aber ich bin Baske.<br />

Die Basken empfinden ungeheuer tief, vertrauen sich aber nur selten und nur einigen<br />

wenigen Menschen an.“ Damit spielte er auf die Herkunft seiner abgöttisch verehrten<br />

Mutter an.<br />

Die andere Seite seines Wesens manifestierte sich in einer unglaublichen Präzision<br />

seines kompositorischen Denkens, das sich von seinem Vater, einem erfolgreichen<br />

Schweizer Ingenieur, ohne weiteres herleiten lässt. Beide „elterliche“ Pole und<br />

Extreme finden sich in seinem Werk wieder: von den Nachklängen an die iberische<br />

Musik bis hin zu einer kindlichen Freude an mechanischen Abläufen. Überliefert ist<br />

auch, dass er Kinder über alles geliebt hat, er, der unter seiner Kleinwüchsigkeit<br />

immer gelitten hat. „Das Genie Ravels ist nicht das einer „wiedergefundenen“,<br />

sondern einer nie verlorenen Kindheit“schreibt Stegemann. Ein Genie, das eine<br />

spielerische Freude am Unechten, dem Künstlichen hatte - er selbst behauptete von<br />

sich, „von Natur aus künstlich zu sein“, und konnte kindliche Freude an der<br />

Verkleidung und Maskerade haben. So zeugt Ravels Leben und auch seine Musik<br />

von der immerwährenden Sehnsucht danach, sich zu verbergen und mal verspielt,<br />

mal schelmisch und mal gruselig ein Versteckspiel zu betreiben. Jankélévitch fasst<br />

das wie folgt in Worte: „Vor allem hat Ravel meisterlich die Kunst verstanden, ein<br />

anderer zu werden als er selbst, und er bediente sich der äußeren Welt, um seine<br />

innere zu verschleiern:…kurz, er spricht von den Dingen, um nicht von sich sprechen<br />

zu müssen.“<br />

War Debussy jener Neuerer der Musik, der vehement und beinahe dogmenhaft neue<br />

Regeln der Musik erschaffen wollte, so ging Ravel in eine ganz andere Richtung.<br />

Einmal wegen seiner Kompositionsweise gefragt, antwortete Ravel: „Niemals habe<br />

ich das Bedürfnis empfunden, für irgend jemand oder für mich selbst die Grundsätze<br />

meiner Ästhetik zu formulieren. Wenn ich aufgefordert wurde, es zu tun, habe ich mit<br />

Verlaub darum gebeten, meinerseits die einfachen Erklärungen, die Mozart zu<br />

diesem Gegenstand gegeben hat, aufzugreifen. Er begnügte sich zu sagen, dass die<br />

Musik alles unternehmen, alles wagen und alles malen kann, solange sie bezaubert<br />

und schließlich und endlich Musik bleibt.“<br />

So zeigt sich schon hier ein großer Wesensunterschied zwischen den beiden<br />

Komponisten: Ravel bezeichnete sich selbst als künstlich, Claude Debussy hingegen<br />

behauptete, die „wahre Freiheit komme von der Natur, … diese so vielfältige Musik,<br />

die sie uns so überreich darbietet“.<br />

Debussy und Ravel – Zwei unterschiedliche Persönlichkeiten<br />

Da sich sowohl Ravel als auch Debussy im Pariser Konzertleben bereits einen<br />

Namen gemacht hatten, war es nur eine Frage der Zeit, dass sich die beiden<br />

Komponisten persönlich begegnen mussten. Es war üblich, dass sich die nicht zu<br />

kleine Schar von Kunst- und Musikliebhabern und Intellektuellen bei kleineren und<br />

größeren Zirkeln traf und Konzerten, privaten Vorspielabenden oder Uraufführungen<br />

beiwohnte. Der persönliche Kontakt überstieg lange Zeit nicht die Grenzen des<br />

Sporadischen, selbst als Ravel aus seiner Bewunderung für Debussy, insbesondere<br />

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