Download Programmheft - Peter Walchshäusl
Download Programmheft - Peter Walchshäusl
Download Programmheft - Peter Walchshäusl
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
VIII<br />
Scherzando<br />
Es lohnt sich ein Vergleich zu Maurice Ravels gleichnamigen Stück aus Gaspard de<br />
la Nuit. Auffallend ist, dass beide Komponisten sowohl in der Wahl ihrer Stilmittel als<br />
auch der Sujets auf den ersten Blick große Ähnlichkeiten aufweisen. Die großen<br />
Wesensunterschiede der beiden müssen dann einen nicht unerheblichen Anteil an<br />
einem sehr unterschiedlichen Ergebnis haben, sowohl was die Deutung als auch die<br />
dahinterstehende Haltung betrifft. Bei Ravel ist Ondine, die Meerjungfrau, ein<br />
stringent durchkomponiertes Stück in einer irreal-phantastischen Atmosphäre, klar<br />
strukturiert nach beinah romatischem Vorbild. Bei Debussy hingegen entfällt der<br />
literarische Hintergrund. Spielerisch werden die segmentartigen Bausteine<br />
nebeneinander-gestellt, locker gefügt ohne großen Bezug zueinander. Und doch<br />
entwickelt sich ein ungemein facettenreiches und stimmiges Bild einer Wassernixe,<br />
verspielt und anmutig zugleich, deren Reich unnahbar und rätselhaft, aber auch<br />
bedrohlich sein kann.<br />
(…Ondine)<br />
IX<br />
Grave<br />
Eine liebenwürdige Hommage an eine Figur aus einem Roman von Charles Dickens.<br />
Die Hymne „God save the King“ eröffnet ein Feuerwerk an ironischen Seitenhieben<br />
auf die schrulligen Eigenheiten der Hauptfigur, die geradezu ein Doppelleben zu<br />
führen scheint. Einerseits ausgestattet mit einer etwas behäbigen und spießigen<br />
Gemütlichkeit, bei der man sich an ein Pfeife rauchendes Männlein a la Spitzweg<br />
erinnert fühlt. Auf der anderen Seite ein Charakter, der sich geschäftig herumtreibt<br />
und sich auch einmal gehörig echauffieren kann, soweit, dass sogar die englische<br />
Hymne darunter leiden muss. Würde und Leichtsinn in einer Person. Aber mit einem<br />
gepfiffenem Liedchen sind alle irritierenden Gedanken weggewischt. Als Kuriosität<br />
sei erwähnt, dass der Beginn von Puccinis komischer Oper „Gianni Schicchi“ mit<br />
einigen Takten aus dem „Pickwick“ fast übereinstimmt.<br />
(…Hommage à S. Pickwick Esq. P.P.M.P.C.) was bedeutet: Perpetual President<br />
Member Pickwick Club.<br />
X<br />
Très calme et doucement triste<br />
Es heißt, dass Debussy durch den Besitz von zwei ägyptischen Graburnen,<br />
sogenannten Kanopen zur Komposition angeregt worden sei. Und in der Tat wird<br />
hier auf eine hochmoderne Weise der Geist einer verloren gegangenen Atmosphäre<br />
beschworen. Eine Melodie, die gleichsam wie der Schatten ihrer selbst keinen<br />
Anfang und kein Ende zu haben scheint, berührt die Welt des Unbewussten. Und<br />
doch wirkt hier jeglicher Gedanke an eine sinnliche Anschauung unerheblich.<br />
Gedanken an unglaubliche Ferne und an die Melancholie des längst Vergangenen<br />
tun sich auf. Klänge frühester abendländischer Musik, modale Wendungen,<br />
Elemente der Musik des Fernen und Nahen Ostens lassen sich ausmachen und sind<br />
auf höchst kunstvolle Weise und nach einem geheim wirkenden Plan miteinander<br />
verwoben.<br />
(…Canope)<br />
34