Download Programmheft - Peter Walchshäusl
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Claude Debussy : Préludes II<br />
I<br />
Modéré extrement égal et léger<br />
Im wahrsten Sinne “nebulös” beginnt die zweite Serie von Stücken, die den früher<br />
eingeschlagenen Weg immer stärker fokussieren und herauskristallisieren. Mag sein,<br />
dass hier die usprüngliche Kompositionsidee von der klaviertechnischen<br />
Herausforderung „Weiss gegen Schwarz“ inspiriert war. Nicht nur, dass sich in<br />
diesen sich ständig ändernden und farblich schimmernden Schichtungen keine klar<br />
zu definierende Tonalität herleiten lässt, geschweige denn, dass man von einer klar<br />
erkennbaren Motivik sprechen könnte. Alles scheint sich in Auflösungsprozessen zu<br />
verlieren. Prozesshaft und in einem ständigen Walten begriffen gestaltet sich der<br />
Verlauf, der nur von kurzen krisenhaften Momenten unterbrochen wird. Hier sind<br />
schon kompositorische Gedanken am Werk, die wegweisend für die Musik des<br />
neuen Jahrhunderts werden sollen und dem Komponisten einen überragenden Platz<br />
in der Musikgeschichte einräumen.<br />
(…Broulliards)<br />
II<br />
Lent et mélancolique<br />
Zwei vieldeutige Akkorde stehen mit hoher Symbolkraft am Beginn eines in der Idee<br />
sehr aussagekräftigen Stückes. Morbidität als eigener Ausdruckswert, eingefangen in<br />
einem in sich gefangen wirkenden Akkord. Die schillernde Fäulnis „toter Blätter“<br />
spiegelt sich wieder und sucht seine Entsprechung im Verlorensein des psychischen<br />
Befindens. Von hoher Wirkung sind übrigens die nur kurz aufblitzenden und äußerst<br />
disparat gesetzten Klangschichtungen im Mittelteil. Extreme Klangwelten werden<br />
übereinandergesetzt, ohne sich gegenseitig zu stören – fast könnte man von<br />
Klangpolyphonie sprechen.<br />
(…Feuilles mortes)<br />
III<br />
Mouvement de Habanera<br />
“Mit krassen Gegensätzen äußerster Gewalt und leidenschaftlicher Zartheit” lautet<br />
die Spielanweisung des nächsten Préludes, einer tragisch-düsteren Vision, deren<br />
inneres Potential eher verschleiert als ausgelebt wird. Fern jeglichen salonhaften<br />
ibero-folkloristischen Ambientes scheint der Habanera-Rhythmus vor innerer<br />
geballter Kraft kaum gehen zu können. Vieles wirkt unausgesprochen, subversiv und<br />
bedrohlich. Gestaute Energien entladen sich unvermittelt in brutalen<br />
Klangeruptionen. Umschmeichelnde Tonketten winden sich schlangengleich<br />
dazwischen. Selten wurde der Charakter des iberischen Idioms in westeuropäischer<br />
Kunstmusik so gelungen integriert wie an dieser Stelle.<br />
(…La puerta del Vino)<br />
IV<br />
Rapide et léger<br />
Ein weiteres Stück aus dem Bereich der Elfen- und Feenmusik. Doch im Gegensatz<br />
zu den vergleichbaren Werken eines Mendelsohn oder Liszt verliert sich die<br />
Stimmung nicht in einen allgemeinen romantischen Zustand, sondern die<br />
Klangwelten werden mit großer bewußter Strenge auseinander- und wieder<br />
zusammengefügt. Ein Tanz geisterhafter Wesen nicht in schwelgerischer Trance,<br />
sondern von einem klar kalkulierendem Bewußtsein gesteuert, was aber nicht heißen<br />
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