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1. Ausgabe 2013 - TU Clausthal

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„Fitting“. Englischsprachige Frauen<br />

betrachteten mich von oben bis unten,<br />

wählten ein Outfit aus und zogen<br />

mich an. Schließlich stand ich<br />

im dunkelblauen hochgeschlossenen<br />

Kleid mit mausgrauer Wickeljacke<br />

und dunkelbraunen Halbschuhen vor<br />

ihnen und wurde erneut begutachtet.<br />

Es handelte sich bei allen Klamotten<br />

um Originalstücke aus dem Zweiten<br />

Weltkrieg – passend zum Film.<br />

Als die Frauen mit meinem Aussehen<br />

zufrieden waren, wurde ich in<br />

die Maske geschickt. Dort erklärte<br />

mir eine deutschsprachige Frau, dass<br />

ich am Tag des Drehs ungeschminkt<br />

und mit ungewaschenen Haaren<br />

erscheinen sollte. Ich traute mich<br />

nicht zu fragen, ob duschen erlaubt<br />

sei. Schließlich wollte ich George sehen.<br />

Die nette Dame zauberte mir in<br />

rund 15 Minuten eine altertümliche<br />

Hochsteckfrisur und schickte mich zu<br />

einem Fotografen, der mich von allen<br />

Seiten fotografierte – leider erneut mit<br />

Nummer. Nachdem alles saß, wurde<br />

ich wieder ausgezogen (durfte mir<br />

meine eigenen Sachen jedoch selber<br />

anziehen). Ich muss zugeben, dass<br />

ich mich dabei ein wenig wie ein Star<br />

gefühlt habe, denn man kam sich äußerst<br />

wichtig vor.<br />

Ein paar Tage später war er endlich da:<br />

Der Drehtag. Um 6 Uhr morgens kamen<br />

200 Komparsen, die für den Tag<br />

benötigt wurden, in einem Stadtteil<br />

von Goslar zusammen. Auch hier fing<br />

alles mit einer Vertragsunterzeichnung<br />

an. Danach ging es in die Garderobe.<br />

Ich wurde erneut angezogen<br />

und zugeknöpft. Kannte ich ja alles<br />

schon. Also danach schnell ab in die<br />

Maske. Ich bekam eine halbe Dose Vaseline<br />

ins Haar geschmiert, so dass aus<br />

meiner einst sehr schönen Hochsteckfrisur<br />

ein Vogelnest im Wet-Look übrig<br />

blieb. Geschminkt wurden wir mit<br />

braunen und grauen Farben, die auf<br />

Gesicht, Händen, Armen und Beinen<br />

mit Hilfe eines Schwamms aufgetragen<br />

wurden. Einige Kleckse Kunstblut<br />

rundeten das Bild ab. Jegliche Hoffnung<br />

der anwesenden Frauen, sich<br />

Regisseur George Clooney (Bildmitte) bei den Dreharbeiten zu „The Monuments Men“ in<br />

Goslar. Das Team filmte auch am Ottiliae-Schacht in <strong>Clausthal</strong> (Bild links).<br />

George zu angeln, wurde damit begraben.<br />

Vor der Tür warteten weitere<br />

Crew-Mitglieder und vollendeten das<br />

Werk, indem sie unsere Kleidung mit<br />

Dreck aus Sprühflaschen „verzierten“.<br />

Als wir dann beim Komparsen-Catering<br />

frühstückten, mussten wir übereinander<br />

lachen. Es schien tatsächlich<br />

so, als würden wir alle aus einer anderen<br />

Zeit stammen.<br />

Am Straßenrand warteten bereits<br />

Reisebusse, die uns zum Set bringen<br />

sollten. Bis dahin wusste keiner, wohin.<br />

Schließlich hielten die Busse vor<br />

der Dreh-Location: dem Rammelsberg<br />

in Goslar. Verschiedene Wagen, Busse,<br />

Anhänger und LKW mit Teilen der Kulisse<br />

waren vor Ort. Wir wurden alle in<br />

einen Raum gebeten, in dem wir auf<br />

das Team warten sollten. George ließ<br />

sich Zeit. Insgesamt zwei Stunden saßen<br />

wir mit unseren Kostümen in der<br />

Kälte, bis es endlich losging. Wir mussten<br />

in den Stollen gehen. Bis auf Grubenlampen<br />

war es stockdunkel. Das<br />

Filmteam gab Anweisungen. Wir mussten<br />

uns vorstellen, dass wir bereits<br />

seit Wochen im Stollen eingesperrt<br />

waren oder uns versteckt hielten und<br />

nicht wüssten, wo sich unsere Männer<br />

oder Verwandten zurzeit aufhielten.<br />

Für den Dreh wurde das Licht ganz<br />

gelöscht, es trat Stille ein. In der Ferne,<br />

vom Eingang kommend, hörte ich<br />

die Stimme von George. Die Kamera<br />

kam näher und ich setzte ein trauriges<br />

Gesicht auf. Ich hatte das Glück und<br />

stand ganz vorne, so dass George nur<br />

wenige Zentimeter entfernt an mir<br />

vorbeiging. In der Drehpause gesellte<br />

sich Bill Murray zu uns, redete ganz<br />

locker und umarmte sogar eine ältere<br />

Dame. Die Szene wurde noch ein paar<br />

Mal in verschiedenen Konstellationen<br />

gedreht, dann hieß es „Cut“. Die Aufnahmen<br />

waren im Kasten. Der Rest<br />

verlief unspektakulär: Gegen Mittag<br />

wurden wir mit den Bussen zurückgebracht<br />

und konnten nach der Kostümabgabe<br />

gehen.<br />

Alles in allem war es eine sehr schöne<br />

und aufregende Erfahrung Teil einer<br />

Hollywood-Produktion zu sein. George<br />

Clooney und Bill Murray sind nett<br />

und freundlich gewesen. Von Starallüren<br />

keine Spur. Ich bin sicher, der<br />

Filmstart im Januar 2014 wird sehr<br />

viele Harzer in die Kinos locken. Es<br />

waren unvergessliche Wochen in und<br />

um „Gosliwood“.<br />

<strong>TU</strong>Contact 1/<strong>2013</strong> Studium & Campus 29

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