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Examensrepititorium Strafrecht Besonderer Teil SoSe 2013 Teil 1 ...

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Zum<br />

LEO- <strong>Examensrepititorium</strong><br />

<strong>Strafrecht</strong> <strong>Besonderer</strong> <strong>Teil</strong><br />

<strong>SoSe</strong> <strong>2013</strong><br />

<strong>Teil</strong> 1<br />

Prof. Dr. D. Klesczewski


Tötungsdelikte<br />

(1) Fallsammlung zu Mord und Totschlag<br />

1. A und H gerieten in einer Diskothek in Streit. Bei der sich anschließenden tätlichen<br />

Auseinandersetzung wurde der A im Gesicht verletzt und ging zu Boden. Um sich zu<br />

revanchieren, fügte der A mit einem Klappmesser dem H vier Stichverletzungen zu. Er<br />

traf ihn u. a. im Bereich des Übergangs von Schulter und Hals. Der H fiel mehrfach zu<br />

Boden und blieb schließlich liegen. Hier fehlt es nach dem BGH am Tötungsvorsatz.<br />

(BGH, NStZ-RR 2010, S. 144)<br />

2. Der S drang in die Wohnung des A, seines Neffen, ein und vergewaltigte dessen Ehefrau.<br />

Auf Grund dessen löste sich diese von ihm und unternahm Selbstmordversuche. Der<br />

Angeklagte, wie sein Onkel türkischer Staatsangehöriger, war fassungslos. S und A trafen<br />

sich später zufällig auf der Straße. S brüstete sich mit der Vergewaltigung und stellte dem A<br />

eine ebensolche in Aussicht. Daheim überdachte A die Situation. Er vergegenwärtigte sich,<br />

dass S seine Ehre und die Ehre seiner Frau gröblich verletzt hatte. A fasste den Entschluss,<br />

S zu töten. Er steckte eine Selbstladepistole ein und ging zu einem Lokal, in dem er seinen<br />

Onkel antraf. S spielte mit drei Landsleuten Karten. A grüßte zu ihm hin und stellte sich an<br />

die Theke. Er nahm wahr, dass sein Onkel seine ungeteilte Aufmerksamkeit dem<br />

Kartenspiel widmete, und war sich bewusst, dass S keinerlei Angriff von ihm erwartete. So<br />

zog er die Pistole und tötete ihn. (BGHSt. [GS] 30, 105)<br />

3. Der A wurde von M erpresst. Abends suchte der M den A in dessen Wohnung auf und<br />

forderte 5.000 DM. Nach einigem Hin und Her ging A ins Badezimmer, holte eine<br />

Plastiktüte mit DM-Scheinen in dieser Höhe aus einem Versteck und stellte sie vor M auf<br />

den Tisch. Sodann ging A um den M herum, riss zu dessen völliger Überraschung dessen<br />

Kopf zurück und stach ihn mit einem großen Küchenmesser in den Hals. An diesen<br />

Verletzungen verstarb M in kurzer Zeit. (BGHSt. 48, 207)<br />

4. A war Angehöriger der Waffen-SS. In Ausführung eines von ihm als verbrecherisch<br />

erkannten, allgemeinen Befehls des Generals der Waffen SS erschoss er einen<br />

abgesprungenen Feindflieger von hinten. Er war zur Absprungstelle gegangen, um den<br />

Flieger festzunehmen, nicht um ihn zu töten. Beim Abführen ging er nur wegen der<br />

Örtlichkeit hinter ihm her. Erst als er das abgestellte Kraftrad mit den<br />

Ausrüstungsgegenständen erblickte, kam ihm der Befehl zu Bewusstsein, den er trotz<br />

verbrecherischen Charakters für bindend hielt. Diesen führte er dann alsbald aus. (BGHSt.<br />

6, 120)<br />

5. A veruntreute als Vollziehungsbeamter 400 DM. Ihm wurde die Führung der<br />

Dienstgeschäfte untersagt. Darüber geriet er aufgrund krankhafter Überempfindlichkeit in<br />

tiefe Verzweiflung. Er beging einen Selbstmordversuch mit Morphium und Gas, bei dem ihn<br />

die Tochter überraschte. Das Morphium hatte seien Verzweiflung noch gesteigert. In einer<br />

schlaflosen Nacht fasste er den Entschluss, mit seiner Familie in den Tod zu gehen. Er<br />

wollte ihr Entehrung und Not ersparen. Erneut öffnete er den Gashahn, wobei er nun in<br />

einem Zustand verminderter Schuldfähigkeit handelte. Er erwürgte seine Tochter und<br />

seine Frau und stellte sich dann der Polizei. (vgl. BGHSt. [GS] 9, 385)<br />

6. A hatte die X getötet und ihr dabei durch eine Vielzahl von Messerschnitten und die einige<br />

Zeit andauernde Todesangst besondere Schmerzen zugefügt. Die Ausführung der Tat wies<br />

Züge hoher Brutalität auf. Zu dieser Ausführung sah sich der A durch die für ihn<br />

überraschende Gegenwehr seines Opfers gezwungen. Er erkannte, dass die X übermäßige<br />

2


Schmerzen erlitt, und verfolgte trotzdem sein Ziel weiter, sie zu töten. Durch die<br />

Gegenwehr war der A in starke Erregung (unterhalb der Schwelle des § 21 StGB) geraten.<br />

(BGH bei Holtz, MDR 1987, S. 623)<br />

7. O, ein krankhafter Masochist, stellte sich dem A zur Tötung und Ausschlachtung zur<br />

Verfügung. Dieser nahm beides auf Video auf. Später sah er sich das Video an und<br />

befriedigte sich dabei. (BGHSt. 50, 80)<br />

8. A hielt sich in der Nähe des Bahnhofes auf und hatte über den Tag verteilt 15 große<br />

Flaschen Bier getrunken. Gegen 19 Uhr suchte er die Bahnhofstoilette auf. Er empfand<br />

diesen Ort als unheimlich und dachte bei sich, wenn man hier jemanden umbringen würde,<br />

würde es niemand hören. Sodann ging er in die Bahnhofshalle zurück und setzte sich auf<br />

eine Bank. Genau zu diesem Zeitpunkt sah er, wie die W in Richtung auf die<br />

Bahnhofstoilette ging. Spontan dachte er bei sich, entweder bringe er diese junge Frau jetzt<br />

um, oder er lasse es überhaupt bleiben. Er entschloss sich, die M nur um des Tötens willens<br />

umzulegen. Er ging zur Damentoilette und erwürgte die M von hinten. (vgl. BGHSt. 34, 59)<br />

9. Den A plagten Entzugserscheinungen. Er ging zu dem Z, um von ihm Heroin zu erwerben.<br />

Dieser verlangte für 1 Gramm des Rauschgiftes 200 DM, ein Preis, den der A nicht zahlen<br />

konnte. Einzig von dem Verlangen getrieben, an das Heroin zu kommen, erstach er den Z.<br />

(BGHSt. 29, 317)<br />

10. A war Zeitschriftenwerber. Er suchte die 73jährige W auf, um sie zu einem Abonnement zu<br />

überreden. Stattdessen bot die M ihm einen kleinen Geldbetrag an, den A empört ablehnte.<br />

In der Absicht die Wohnung zu verlassen, irrte er sich und öffnete aus Versehen die<br />

Schlafzimmertür. Daraufhin schrie die M den A an, ob er sie auch noch beklauen wolle.<br />

Darauf versetzte der A ihr drei Faustschläge. Sodann tötete er sie aus Angst vor<br />

Bewährungswiderruf. (BGHSt. 35, 117)<br />

11. A überredete T dazu, ihren gemeinsamen Bruder O hinterrücks zu erschießen. T tat wie<br />

ihm geheißen. (vgl. BGHSt. 23, 103)<br />

12. A arbeitete als Kriminalassistent im sog. Judenreferat in Krakau. Er ermittelte u.a. den<br />

Aufenthalt des polnischen Juden O, der darauf von dem fanatischen SS-Angehörigen S<br />

erschossen wurde. A war ebenfalls fanatischer Anhänger der NS-Ideologie.<br />

13. Wie 12, jedoch handelte A aufgrund einer Weisung seines Vorgesetzten. Er wusste von<br />

dem Schicksal, das er dem O bereitete, lehnte jedoch die nationalsozialistische Ideologie<br />

innerlich ab. (BGHSt. 22, 375)<br />

14. Die A überredete ihren Sohn S, seine im Bett schlafende Tante T mit einer Bleikristallvase<br />

zu erschlagen. S tat wie ihm geheißen. Wegen eines bisher unerkannten hirnorganischen<br />

Schadens und plötzlicher von A nicht vorhergesehener hochgradiger affektiver Erregung<br />

war dem S nicht bewusst, dass er die Arglosigkeit der T ausnutzte. S war sich dennoch<br />

bewusst, dass er Unrecht tat. (Abwandlung von BGHSt. 36, 231)<br />

15. A forderte am 12.04.1945 eine amerikanische Heeresstreife dazu auf, den<br />

Gendarmeriemeister O zu erschießen. Als Grund gab A wahrheitswidrig an, der O habe<br />

mehrere Fremdarbeiter getötet. Dem A kam es darauf an, dass der O sofort ohne jedes<br />

Verfahren getötet werde. A handelte aus Rache aufgrund eines nichtigen Anlasses. Die<br />

Heeresstreife erschoss darauf den O, ohne dessen Unschuldsbeteuerungen auch nur<br />

anzuhören. (BGHSt. 1, 368)<br />

3


16. A erschoss einen russischen Fremdarbeiter F, um zu verhindern, dass dieser als Zeuge von<br />

seinen Gräueltaten an Zivilgefangenen berichten würde. Sein Untergebener U hatte dem A<br />

die Waffe geladen und gereicht. Dabei hielt U es für möglich, dass der A einen Zeugen<br />

beseitigen wollte, nahm dies aber lediglich gleichgültig hin. Ihm selbst ging es nicht darum,<br />

die Aufklärung von Straftaten zu erschweren. Vielmehr kam es ihm darauf an, sich beim<br />

Verscharren des F heimlich dessen goldene Armbanduhr anzueignen. (vgl. BGHSt. 23, 39)<br />

17. Die A gelangte in den Besitz der EC-Karte der Eheleute P. Sie versuchte, Überweisungen<br />

von dem Konto durchzuführen und hob Bargeld in Höhe von 7.000 Euro mit Hilfe der EC<br />

Karte ab. Nachdem Herr P das Abhandenkommen der EC-Karte und die unberechtigten<br />

Abhebungen bei der Polizei angezeigt hatte, befürchtete A jetzt, dass ihre<br />

Überweisungsversuche und die Barabhebungen vor der Aufdeckung standen und ihr Strafe<br />

drohe. Um herauszubekommen, was Frau P über die Sache wusste, ob sie, die A, selbst<br />

unter Verdacht stehe und welche Beweise vorlägen, besuchte sie die Eheleute P. Sie geriet<br />

mit Frau P über die unberechtigten Abhebungen in Streit. A geriet dabei in Wut, schlug<br />

Frau P einen scharfkantigen Gegenstand mehrfach auf den Kopf und stach mit einem<br />

Messer mehrmals auf diese ein, um sie zu töten. Frau P verstarb daran. (BGHSt. 56, 239)<br />

18. A geriet mit O in einen Streit und rief diesem zu: „Dich schlag ich tot!“ Sein Freund B, der<br />

die Auseinandersetzung verfolgt hatte, reichte ihm daraufhin eine Dachlatte. Er war sich<br />

sicher, dass der A damit auf den O einschlagen werde, hielt es aber auch für möglich, dass<br />

der A den O töten könnte und nahm dies gleichgültig hin. Um nicht entdeckt zu werden,<br />

verließ er den Tatort. A erschlug den O mit der Latte.<br />

19. E, die Ehefrau von A, hatte diesem einen Seitensprung mit dessen bestem Freund L<br />

gestanden und beteuert, dass sie ihren Fehltritt bereue. Auch L hatte sich dem A gegenüber<br />

entschuldigt. Aus Eifersucht dem L gegenüber beschloss A, den L zu beseitigen. Um den<br />

Verdacht nicht auf sich selbst zu lenken, brachte A den F durch Drohung mit einer<br />

Indiskretion dazu, den L auf irgendeine, wenig auffällige Weise zu töten. F kundschaftete<br />

daraufhin die Lebensgewohnheiten des L aus und entschied sich, ihn auf dessen Weg zur<br />

Arbeit zu erschießen. So legte er sich – wie mit A besprochen - eines Morgens in einem<br />

Waldstück hinter einem Baum auf die Lauer. Als der L mit seinem Fahrrad des Weges kam,<br />

zielte er auf dessen Herzgegend und erschoss ihn.<br />

20. A war von dem Sniper von Washington fasziniert, der wahllos Menschen mit einem<br />

Präzisionsgewehr erschossen hatte. Er entschloss sich, es ihm gleichzutun. Um sich ein<br />

entsprechendes Gewehr zu besorgen, wandte er sich an den G. Dieser konnte ihm aber nur<br />

eine Pistole beschaffen. Während A die Pistole inspizierte, begann er damit, dem G vom<br />

Sniper zu erzählen. Er entschloss sich zum Kauf. G hielt es nun für möglich, dass der A<br />

plante, wahllos einen Menschen zu töten. Er nahm dies gleichgültig hin, witterte aber ein<br />

Geschäft. Er verlangte zusätzlich zum Kaufpreis eine „Risikoprämie“ in gleicher Höhe. A<br />

zahlte und nahm die Pistole an sich. Am nächsten Morgen ging er früh in einen Park und<br />

sah einen Jogger auf sich zukommen. Er drohte ihm mit der Pistole und rief: „Dich mach ich<br />

kalt!“ J erkannte den Ernst der Lage und versuchte zu fliehen, indem er Haken schlug. A<br />

erschoss ihn.<br />

4


(2) Fallsammlung zur Tötung auf Verlangen und Sterbehilfe<br />

1. Der O war bettlägerig geworden und sah seinem Ende entgegen. Er lehnte<br />

Intensivmedizin ab und ließ sich ein Betäubungsmittel beschaffen, mit dem er sich<br />

selbst töten wollte. Als er seinen Neffen A wörtlich bat, ihm zu diesem Zweck beim<br />

Aufziehen der Spritzen zu helfen, schreckte dieser zurück. Daraufhin sicherte er ihm zu,<br />

ihn aus der Sache herauszuhalten. Abends entdeckte der A seinen Onkel tiefschlafend<br />

und erkannte, dass dieser sich das Betäubungsmittel gespritzt hatte. Aus dem<br />

gleichmäßigen Atem des O schloss er, dass dessen Selbsttötungsversuch fehlgeschlagen<br />

war. Um nun dessen Willen zu Ende zu führen, spritzte er dem O erneut das<br />

Betäubungsmittel und ging dabei zu Recht davon aus, dass der O an dieser Dosis nun<br />

sterben werde. Der Tod des O trat auch aufgrund dieser Spritze ein. (BGH NJW 1987, S.<br />

1092)<br />

2. A war Fachschwester für Anästhesie und Intensivpflege auf der Intensivstation eines<br />

Krankenhauses. O und P waren ihr dort zur Pflege überwiesen. Während ihres Dienstes<br />

verabreichte die A sowohl dem O als auch dem P heimlich tödliche Injektionen. Weder O<br />

noch P noch ein Angehöriger von ihnen hatte die A darum gebeten. Sie handelte aus<br />

Mitleid. Sie wollte ihnen weiteres, von ihr als sinnlos angesehenes Leiden und<br />

insbesondere den Todeskampf ersparen. (BGHSt. 37, 376)<br />

3. K lag seit langem nach einer Hirnblutung im Wachkoma. Sie wurde in einem Altenheim<br />

künstlich ernährt. K hatte zuvor geäußert, falls sie bewusstlos werde und sich nicht mehr<br />

äußern könne, wolle sie keine lebensverlängernden Maßnahmen. Die Tochter G der K war<br />

zu deren Betreuerin bestellt. Sie bemühte sich bei der Heimleitung um Einstellung der<br />

künstlichen Ernährung, war aber auf Ablehnung gestoßen. Sie beriet sich mit einem auf<br />

Medizinrecht spezialisierten Rechtsanwalt und schnitt sodann bei einem Besuch der K den<br />

Schlauch zur künstlichen Ernährung durch. Daraufhin verstarb die K nach kurzer Zeit. (vgl.<br />

BGHSt. 55, 191)<br />

4. Dr. T betreute die 70jährige O seit einem halben Jahr in einer Pflegeabteilung eines von ihm<br />

geleiteten Heimes. Ihr Sohn S war damit betraut, ihr Vermögen zu verwalten und die<br />

ärztliche Behandlung sicher zu stellen. O war irreversibel schwerstgeschädigt und musste<br />

durch eine Sonde ernährt werden. Sie war nicht ansprechbar und reagierte auf akustische,<br />

optische und taktile Reize nur mit einem Gesichtszucken. Schmerzempfinden und<br />

Vitalfunktionen bestanden nicht mehr. Nach drei Jahren wandte sich Dr. T an S und schlug<br />

ihm vor, die Sondenernährung einzustellen und der O stattdessen nur noch Tee zu<br />

verabreichen. O würde dann in zwei bis drei Wochen sterben, ohne leiden zu müssen. Der S<br />

stimmte zu. Bei seiner Entscheidung ließ er sich davon leiten, dass die O ihm gegenüber<br />

einmal unter dem Eindruck einer Fernsehsendung über Pflegefälle gesagt hatte, sie wolle<br />

nicht so enden. Pfleger P stellte sodann auf Anordnung von Dr. T die Ernährung auf Tee um.<br />

Die O verstarb innerhalb einer Woche. (vgl. BGHSt. 40, 257)<br />

5. Wie Fall 1., nur sah der A, wie der O litt. Er spritzte dem O die Betäubungsmittel, um die<br />

Schmerzen des O zu lindern. Er tat dies im sicheren Wissen, dass sie das Leben des O<br />

verkürzen werden. O starb am selben Tag, ohne Schmerzen zu empfinden. Ohne die Spritze<br />

wäre er erst einen Tag später verstorben.<br />

6. Wie Fall 3, nur war die K zuhause ins Wachkoma gefallen. Der behandelnde Notarzt stellte<br />

die Diagnose fest. Eine lebensrettende Behandlung wurde daraufhin gar nicht erst<br />

aufgenommen.<br />

5


7. A unterhielt zur 16jährigen G eine Liebesbeziehung, die deren Eltern scharf missbilligten.<br />

Als diese dem A untersagten, Kontakt mit G aufzunehmen, fasste die G den Entschluss, aus<br />

dem Leben zu scheiden. A schloss sich ihrem Plan an. Sie fuhren zusammen in einem PKW<br />

auf einen Parkplatz. Darauf führte A einen am Auspuffrohr befestigten Schlauch in das Auto<br />

und versperrte die Fahrertür von außen. Sodann stieg er über die Beifahrertür wieder ein<br />

und setzte sich auf den Fahrersitz. G nahm neben ihm Platz und verriegelte die<br />

Beifahrertür. A ließ den Motor an und trat das Gaspedal durch. A und G wurden am<br />

nächsten Morgen bewusstlos aufgefunden. Für G kam jede Hilfe zu spät. (BGHSt. 19, 135)<br />

(3) Prüfungsschemata<br />

1. Totschlag - § 212 StGB<br />

I. Tatbestand<br />

A. Objektiver Tatbestand<br />

1. Tod<br />

2. Handlung<br />

3. Kausalität<br />

4. Objektive Zurechnung<br />

B. Subjektiver Tatbestand<br />

II. Rechtswidrigkeit<br />

III. Schuld<br />

IV. Strafzumessungsregeln, insbes. § 213 1. Alt. StGB<br />

2. Mord - § 211 StGB<br />

a. Heimtücke<br />

I. Totschlag<br />

II. Heimtückemord<br />

A. Besonderes Unrechtselement<br />

1. Obj. Tatbestand<br />

2. Subj. Tatbestand<br />

B. Besonderes Schuldelement<br />

1. feindlich Willensrichtung (BGH) o.<br />

2. negative Typenkorrektur (h. L.)<br />

b. Grausam<br />

I. Totschlag<br />

II. Mord durch grausames Tötung<br />

A. Besonderes Unrechtselement<br />

1. Obj. Tatbestand<br />

2. Subj. Tatbestand<br />

B. Gefühllose, unbarmherzige Gesinnung<br />

c. Gemeingefährlich<br />

I. Totschlag<br />

II. Mord durch gemeingefährliches Töten<br />

A. Obj. Tatbestand<br />

6


d. Mordlust<br />

B. Vorsatz<br />

I. Totschlag<br />

A. Tatbestand<br />

1. Obj. Tatbestand<br />

2. Absicht<br />

B. Rechtswidrigkeit<br />

C. Schuld<br />

II. Mord<br />

Mordlust<br />

e. Befriedigung des Geschlechtstriebs<br />

I. Totschlag<br />

II. Mord<br />

Befriedigung des Geschlechtstriebes<br />

f. Habgier<br />

I. Totschlag<br />

II. Mord<br />

Habgier<br />

g. Sonstige niedrige Beweggründe<br />

I. Totschlag<br />

II. Mord<br />

A. niedriger Beweggrund<br />

1. Feststellung des Beweggrundes des Täters<br />

2. Feststellung seiner Niedrigkeit;<br />

Gesamtwürdigung, insbes.:<br />

a) Missverhältnis zwischen Anlass und Tat<br />

b) Persönlichkeit u. Lebensverhältnisse des Täters<br />

B. 1. Kenntnis der Niedrigkeit<br />

2. Besonderes Steuerungsvermögen<br />

h. Ermöglichung einer anderen Straftat<br />

I. Totschlag<br />

II. Mord in Ermöglichungsabsicht<br />

A. Feststellung, welche Handlung der Täter ermöglichen will<br />

B. Beurteilung dieser Handlung danach, ob sie eine rechtswidrige und schuldhafte Tat<br />

darstellt.<br />

C. Kenntnis des Täters davon.<br />

i. Verdeckung einer anderen Straftat<br />

I. Totschlag<br />

II. Mord<br />

A. Verdeckungsabsicht<br />

7


1. Feststellung, welche Handlung der Täter verdecken will<br />

2. Beurteilung dieser Handlung danach, ob sie eine rechtswidrige und schuldhafte<br />

Tat darstellt.<br />

3. Kenntnis des Täters davon<br />

B. Negative Typenkorrektur (BGH, <strong>Teil</strong> der Lit.)<br />

3. Tötung auf Verlangen - § 216 StGB<br />

I. Totschlag<br />

II. Tötung auf Verlangen<br />

A. Besonderes Unrechtsmerkmal<br />

1. Ernstliches und ausdrückliches Verlangen<br />

2. Vorsatz<br />

B. Bestimmt-Sein zur Tat durch das Verlangen<br />

8


KÖRPERVERLETZUNGSDELIKTE<br />

(1) Fallsammlung zu den Körperverletzungsdelikten<br />

1. Die fünfjährige T hatte bereits den ganzen Tag nicht auf ihre Mutter M gehört. U. a. hatte T<br />

beim Frühstück mutwillig Brot auf den Boden geworfen und war ermahnt worden, mit<br />

Lebensmitteln vorsichtig umzugehen. Beim Mittagessen kippte sie die Suppe aus, weil es an<br />

einer Wurst fehlte. Daraufhin wiederholte M ihre mahnenden Worte und entzog der T den<br />

Nachtisch, um die Zurechtweisung zu unterstreichen. Während des Abendessens warf die T<br />

erneut Brot vom Tisch. M drohte ihr für den Wiederholungsfall eine Ohrfeige an. Nachdem<br />

T daraufhin weitermachte, gab M ihr eine feste Ohrfeige, wodurch sich die linke Wange von<br />

T kurzzeitig rötete. Aus Schreck und wegen des Schmerzes weinte die T etwa drei Minuten.<br />

2. Der A ließ einen angeschalteten Föhn in die Badewanne fallen, in welcher seine beiden<br />

Töchter nichts ahnend badeten, um diese zu töten. Sie spürten lediglich ein Kribbeln im<br />

Körper aufgrund des Stromflusses. Den A packte die Reue und er zog den Föhn wieder<br />

aus dem Wasser. (BGH, NStZ 1997, S. 123)<br />

3. Dr. O führte 1979 bei der M erfolgreich einen Kaiserschnitt durch. Die M hatte bereits<br />

zweimal durch Kaiserschnitt entbunden. Bald nach Operationsbeginn stellte Dr. O zu<br />

seinem Erstaunen starke Verwachsungen der Gebärmutter mit Bauchhöhle und Blase fest.<br />

Dies zwang ihn zu einer höheren Schnittführung, durch die bei einer erneuten<br />

Schwangerschaft die Gefahr eine Uterusruptur mit Lebensgefahr für Mutter und Kind<br />

entstehen würde. Dr. O gewann die Überzeugung, dass deswegen einer erneuten<br />

Schwangerschaft vorgesorgt werden müsse und nahm aufgrund dessen eine<br />

Eileiterunterbrechung vor. Eine Einwilligung der M hierzu lag nicht vor. Vielmehr hatte die<br />

M – was Dr. O freilich nicht wusste – den festen Willen bekundet, weitere Kinder zu<br />

gebären. (Vereinfachung von BGHSt. 35, 246)<br />

4. Der A operierte nach umfassender Aufklärung und Einwilligung den P am Rückgrat.<br />

Hierbei verwechselte er verschiedene Bandscheibenregionen, so dass der Schaden nicht<br />

vollständig behoben wurde. Als er dies auf dem Röntgenschirm erkannte, unterrichtete<br />

er den P davon, dass eine erneute Operation (OP) nötig sei, unterließ es aber, ihm zu<br />

sagen, warum. Der P stimmte auch der zweiten OP zu, die dann erfolgreich verlief. Als<br />

der wahre Grund dem P zu Ohren kam, stellte er Strafanzeige, sagte aber bei seiner<br />

Zeugenvernehmung, er hätte der zweiten OP auch dann zugestimmt, wenn er vom<br />

wahren Grund gewusst hätte. (vgl. BGH, NStZ-RR 2004, S. 16)<br />

5. Der A ist Arzt. Er führte in seiner Praxis unter örtlicher Betäubung die Beschneidung des<br />

zum Tatzeitpunkt vierjährigen K mittels eines Skalpells auf Wunsch von dessen Eltern<br />

durch, ohne dass für die Operation eine medizinische Indikation vorlag. Mit der<br />

Beschneidung folgten die Eltern den Geboten ihres jüdischen Glaubens. A vernähte die<br />

Wunden des Kindes mit vier Stichen und versorgte ihn bei einem Hausbesuch am Abend<br />

desselben Tages weiter. Am 6. 11. 2010 wurde das Kind von seiner Mutter in die<br />

Kindernotaufnahme der Universitätsklinik in Köln gebracht, um Nachblutungen zu<br />

behandeln. Die Blutungen wurden dort gestillt. (LG Köln, NJW 2012, 2128)<br />

6. A und N sind Studenten und gehören unterschiedlichen Burschenschaften an. Um einen<br />

Streit zu entscheiden, treffen sie sich alleine zu einem Fechtkampf ohne<br />

Schutzvorrichtungen in einem abgelegenen Wald. Nachdem A dem N mit einem<br />

Säbelhieb eine Verletzung an der Stirn beigebracht hatte, beendeten sie den Kampf.<br />

Diese Verletzung wäre mit großer Wahrscheinlichkeit glatt verheilt, wenn nicht der N<br />

9


wiederholt mit ungewaschenen Händen in die Wunde gegriffen hätte und so den<br />

Heilverlauf schwer gestört hätte. Er tat dies, obwohl ihm bewusst war, dass es zu<br />

Komplikationen kommen könnte. Durch sein Verhalten infizierte er sich an seiner<br />

Wunde und verstarb daran. (vgl. RGSt. 64, 143)<br />

7. Der S schlug auf die – wie er wusste – alkoholkranke H ein, um sie zu erniedrigen. Er<br />

schlug ihr mit einer Schöpfkelle mehrfach auf den Kopf. H wurde in ein Krankenhaus<br />

eingeliefert. Trotz Belehrung über die Lebensgefahr verließ sie das Krankenhaus, um<br />

dem Alkohol zusprechen zu können. Sie verstarb an einer Hirnblutung, die auf die<br />

Kellenschläge zurückging, Wäre sie im Krankenhaus geblieben, hätte sie mit an<br />

Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gerettet werden können. (Vereinfachung von<br />

BGH, NStZ 1994, S. 394)<br />

8. A warf im November 1980 in einem Wald bei Wiesbaden einen Hochsitz um, auf dem,<br />

wie er wusste, sein Onkel O saß und der Jagd nachging. O fiel aus 3,5 Meter-Höhe herab<br />

und erlitt eine Sprunggelenkfraktur am rechten Fuß. Den Bruch operierte Dr. D in der<br />

Städtischen Klinik in Darmstadt. Anfang Dezember wurde O entlassen. Weder jetzt noch<br />

zuvor waren O blutverflüssigende Mittel verabreicht worden, noch hatte ihm jemand<br />

Anweisungen erteilt, wie er sich zuhause verhalten solle. Auch eine Nachbehandlung<br />

fand nicht statt. Zu Hause war der O bettlägerig. Noch bevor er erneut behandelt<br />

werden konnte, verstarb er an Herz-Kreislauf-Versagen infolge des Zusammenwirkens<br />

einer Lungenembolie und einer Lungenentzündung. Beide Krankheiten hatten sich<br />

aufgrund der Bettlägerigkeit entwickelt. (BGHSt. 31, 96)<br />

9. A war rechtsradikaler Skinhead und lebte in Guben. Nach einem Streit in einer<br />

Diskothek beschloss A, in die Stadt zu fahren und Ausländer zu verprügeln. Als er drei<br />

Schwarzafrikaner an einer Straßenecke stehen sah, hielt er an, stieg aus und stürmte in<br />

der Absicht auf sie zu, sie zu verprügeln. A gelang es jedoch nicht, die drei<br />

Schwarzafrikaner zu erreichen. Einer von ihnen, der G, wähnte den A jedoch weiterhin<br />

hinter sich und trat aus Todesangst die Eingangstür eines Wohnhauses ein. Bei dem<br />

Durchsteigen der Tür verletzte er sich an der Beinschlagader und verblutete in kurzer<br />

Zeit. (Vereinfachung von BGHSt. 48, 34)<br />

10. Der A lauerte dem H nachts in einem Garagenhof auf, als dieser seinen Pkw dort nach<br />

einem Spielbankbesuch abstellte. Als H das Garagentor zuzog, kamen der A hinter<br />

einem Kleinbus hervor und schlug von hinten kräftig auf sein völlig arg- und wehrloses<br />

Opfer mittels einer Metallstange und eines Holzknüppels ein. Der H blieb wimmernd,<br />

stöhnend, blutüberströmt und regungslos am Boden liegend zurück. (Vereinfachung<br />

von BGH, NStZ, 2005, S. 40)<br />

11. Der A ist ein geübter Schütze. Er feuerte mit seiner Pistole auf die Reifen eines mit 30-<br />

40 Km/h an ihm vorbeifahrenden PKW. Ihm ging es darum, die Insassen zu<br />

erschrecken, nicht aber darum, deren Gesundheit zu beschädigen. Er hielt aber einen<br />

Unfall ernsthaft für möglich. Der PKW fuhr in den Straßengraben, die Insassen erlitten<br />

Schürfwunden. (Abwandlung von BGH, NStZ 2006, S. 572)<br />

12. A stieß den Kopf der H gegen eine Wand, bis diese blutete. (BGHSt. 22, 235)<br />

13. Die A lebte mit L und dessen aus einer anderen Beziehung stammenden kleinen Tochter<br />

T zusammen. Während A eines Tages im Wohnzimmer damit beschäftigt war, begab<br />

sich T in die Küche und holte sich einen 200-Gramm-Becher Schokoladenpudding mit<br />

Sahne aus dem Kühlschrank, „süßte“ ihn aber versehentlich mit ca. 32 Gramm Kochsalz.<br />

10


Gleich beim ersten Kosten bemerkte sie, dass der Pudding ungenießbar war, und ließ<br />

ihn stehen. A stellte T zur Rede, die ihr bedeutete, dass der Pudding „widerwärtig“<br />

schmecke und sie ihn nicht essen wolle. Die A wurde zornig. Obgleich sie richtig<br />

folgerte, dass das Mädchen versehentlich Salz in die Süßspeise eingerührt hatte,<br />

veranlasste sie das sich sträubende Kind zu dessen Erziehung und Bestrafung, die<br />

Schokoladencreme vollständig auszulöffeln. Sie nahm dabei zumindest billigend in Kauf,<br />

dass der Konsum dieser Speise bei dem Mädchen zu Magenverstimmungen,<br />

Bauchschmerzen oder Unwohlsein führen würde. Jedoch wusste sie weder, wie viel Salz<br />

genau die Süßspeise enthielt, noch war ihr bekannt, dass die Aufnahme von 0,5 bis 1 g<br />

Kochsalz pro Kilogramm Körpergewicht in aller Regel zum Tode führt. Die A verstarb an<br />

einer Kochsalzintoxikation. (BGHSt. 51, 18)<br />

14. Der L suchte Streit mit dem in einer Gruppe Jugendlicher vor einer Diskothek stehenden<br />

St. L begab sich in die Diskothek und bat dort S und Z, ihn bei einer Auseinandersetzung<br />

zu unterstützen. Beide folgten ihm, um ihn zumindest durch ihre Anwesenheit zu<br />

stärken. Sie hielten sich anschließend stets in unmittelbarer Nähe von L auf und<br />

erweckten den Eindruck, notfalls in den Streit eingreifen zu wollen. Als sich der H, um<br />

zu schlichten, zwischen L und St stellte, entwickelte sich ein Gerangel. Hierbei schlug<br />

der L dem H mit Billigung von S und Z mit der Faust so ins Gesicht, dass H zu Boden<br />

ging. (vgl. BGHSt. 47, 383)<br />

15. Nach einem kurzen Wortwechsel versetzte der etwa zwei Meter große A, der damals<br />

etwa 180 kg wog, dem erheblich angetrunkenen W in einer Gastwirtschaft einen<br />

Faustschlag ins Gesicht. Der A verfügte nicht nur über eine imponierende Gestalt,<br />

sondern auch über entsprechende Körperkräfte. Der Faustschlag gegen den Kopf W`s<br />

wurde wuchtig geführt, so dass dieser zusammensackte und kurzfristig das<br />

Bewusstsein verlor. (BGH, NJW 1990, S. 3156)<br />

16. Die A fühlte sich mit der Versorgung ihrer beiden Kinder, eines Säuglings und der knapp<br />

drei Jahre alten Tochter überfordert. Durch ihren Ehemann erhielt sie keine<br />

Unterstützung. Enttäuschung und Aggressionen reagierte sie an ihrer Tochter ab. In der<br />

Zeit von Mitte Oktober 1992 bis Mai 1993 geschah dies täglich durch Schläge und Tritte.<br />

Die Schläge, die sich gegen den Leib und die Extremitäten des Kindes richteten, führte<br />

sie mit der flachen Hand, aber auch mit Gegenständen wie Pantoffeln oder einem Stock<br />

aus. Infolgedessen erlitt das Kind einen Bruch des Schlüsselbeins und der Elle sowie<br />

zahlreiche Blutergüsse. (vgl. BGHSt. 41, 113)<br />

17. A hatte als zuständiger Arzt die hoch betagten Patienten A, B, C und D zu betreuen.<br />

Aufgrund von Altersabbau waren diese nur noch sehr vermindert schmerzempfindlich.<br />

A fesselte sie an ihren Betten. Darüber erlitten diese Blutergüsse und Knochenbrüche.<br />

(vgl. BGHSt. 25, 277)<br />

18. A bewirtschaftete für ihren kriegsvermissten Mann ein kleines landwirtschaftliches<br />

Anwesen. Sie sorgte auch für ihre mit ihr im Haus lebende, geistesschwache Schwägerin<br />

K, deren Pflege ihr Mann vertraglich übernommen hatte. Seit der Geldumstellung war<br />

das Grundstück zwar schuldenfrei, A und L lebten aber unter dürftigsten Verhältnissen.<br />

K war selbst zur Körperpflege nicht fähig. A ließ die K verwahrlosen, mehr und mehr<br />

verschmutzen und konsultierte keinen Arzt, obwohl die K an schweren, übel riechenden<br />

Krampfadergeschwüren litt. Sie selbst hatte zu eigenen Gunsten eines nachts einen Arzt<br />

geholt. Sie hätte ihm die K zeigen können, es aber unterlassen. Sie fürchtete, die<br />

Arztrechnungen nicht zahlen zu können. (BGHSt. 3, 20)<br />

11


19. Der am 8. 7. 1973 geborene, geistig leicht behinderte F lebt seit Ende 2002 bei der A, die<br />

seine Sozialleistungen vereinnahmte. Spätestens Anfang Juli 2003 verschlechterte sich<br />

sein körperlicher Zustand, er magerte zusehends ab und hatte zahlreiche offene<br />

Wunden an Armen und Beinen und Beulen am Körper und am Kopf. Am Abend des 6. 7.<br />

2003 kam es zu einem Streit. Der M, der Mann von der A, fragte F, der sich wie meist im<br />

Hausflur aufhielt, „warum er so blöd glotze”, riss ihn von dem Holzschemel, auf dem er<br />

saß, und stieß ihn vier bis fünf Mal mit voller Wucht gegen die Wand. Als sich F wieder<br />

auf den Schemel setzte, trat der M so heftig gegen den Schemel, dass F zu Boden fiel.<br />

Obwohl der F in der Folgezeit auf Grund einer Auseinandersetzung mit einem anderen<br />

Hausbewohner so schwach wurde, dass er nicht mehr aufstehen, und kaum reden<br />

konnte und die A dies erkannte, ließ sie ihn dort liegen, ohne einen Arzt zu<br />

verständigen. Am Abend des 7.7.2003 wies F am gesamten Oberkörper in mehreren<br />

Farben schillernde Hämatome auf. Aus der Beule an der Stirn trat eine gelbliche,<br />

übelriechende Flüssigkeit aus. Das rechte Ohr war fast vollständig vom Kopf abgetrennt.<br />

Er konnte nicht schlucken und sich kaum artikulieren. (vgl. BGH, NJW 2008, S. 2199)<br />

20. W trat dem O entgegen und versetzte ihm einen Faustschlag ins Gesicht. O setzte sich<br />

mit seinem Schlüsselbund zur Wehr. Als dem W noch H und P zur Seite sprangen, ließ W<br />

sein Messer aufspringen und stach damit unkontrolliert in Richtung auf W, H und P ein.<br />

Dabei fügte er dem H einen tödlichen Stich bei. Während der O sich weiterhin mit W<br />

und P weiter auseinander setzte, kam ihm nun der G zur Hilfe und vertrieb diese mit<br />

Hieben seines Totschlägers. Als der Notarzt den Tatort erreichte, konnte er nur noch<br />

den Tod des H feststellen. (vgl. BGHSt. 16, 130)<br />

21. A war in der Straßenbauabteilung der Stadt Hannover beschäftigt. Er war Vorarbeiter einer<br />

Kolonne, der außer ihm S, K und B angehörten. Zwischen Februar 2006 und Juli 2008<br />

wurde der ebenfalls dort angestellte, aber in einer anderen Kolonne tätige D während der<br />

Arbeitszeit wiederholt Opfer demütigender körperlicher Übergriffe von Seiten A, B, K und<br />

S, die hierfür bisweilen auch Knüppel, Ketten oder andere Werkzeuge verwendeten. Am 22.<br />

Februar 2006 drängten die A, B, K, und S, den D in eine Friedhofskapelle. K und B hielten<br />

den D an den Armen fest, während S ihm mit einem Holzknüppel mehrere wuchtige<br />

Schläge gegen den Oberkörper versetzte. Nach einem Positionstausch zwischen S und K<br />

schlug dieser ebenfalls mehrfach auf D ein. Sodann ließen alle von D ab, der eine<br />

Rippenfraktur erlitten hatte und wegen der starken Schmerzen mehrere Stunden nicht<br />

bewegungsfähig war. Sie ließen ihn daher in der Kapelle zurück und entfernten sich.<br />

Anfang 2008 forderten S und K einem gemeinsamen Tatplan entsprechend den D auf, sich<br />

einen vermeintlichen Schaden an einem der zum Bauhof gehörenden Fahrzeuge<br />

anzuschauen, packten ihn, als er sich dem Fahrzeug genähert hatte, von hinten und stießen<br />

seinen Kopf heftig auf die Motorhaube. Im Frühjahr 2008 erhielt der D, weil er sich für eine<br />

berufliche Fortbildung angemeldet hatte, beim Beladen eines Fahrzeugs Schläge zunächst<br />

von S, sodann von K. A war bei allen diesen Taten anwesend, ohne B, K oder S auch nur<br />

psychisch zu unterstützen. (BGHSt. 57, 42)<br />

22. A lebte mit einer sieben Jahre jüngeren Frau F zusammen, für die er Verantwortung<br />

übernommen hatte. So unterstützte er etwa ihr Bemühen, einen Schulabschluss<br />

nachzuholen. Als sie während eines Gaststättenbesuchs über Schwindelanfälle klagte, ging<br />

er mit ihr nach Hause. Dort gab es Streit, weil er einen ihrer Slips bei einem Mitbewohner<br />

gefunden hatte. Sie wollte den Streit beenden und ging ins Schlafzimmer. Sie kippte auf<br />

Grund ihres Schwindels gegen 2.35 Uhr in der Nacht über ein 84 cm hohes Balkongeländer.<br />

Sie hing außen mit den Beinen zur gut 12 m tiefer liegenden Straße, konnte sich aber<br />

zunächst mit den Händen von außen festhalten. Sie schrie mehrfach laut um Hilfe, wie in<br />

den umliegenden Häusern gehört wurde. Wie ebenfalls gehört wurde, wurde auf diese Rufe<br />

12


hin gelacht. A, der die Situation erkannt hatte, griff jedenfalls nicht ein, obwohl ihm dies<br />

ohne Weiteres möglich gewesen wäre, und verließ die Wohnung. Etwa zu diesem Zeitpunkt<br />

konnte sich F nicht länger festhalten, stürzte ab und war sofort tot. (BGHSt. 57, 28).<br />

23. Der A war habilitierter Assistenzarzt in der plastischen Chirurgie und als Oberarzt in der<br />

Unfallchirurgie von 1985 bis 1995 des Universitätsklinikums Marburg tätig. Zu seinen<br />

Aufgaben gehörten die Erstversorgung von Schwerverletzten und ihre weitere Betreuung<br />

bis hin zur Rehabilitation. Zudem führte er selbständig viele Lokal- und<br />

Regionalanästhesien durch. A betrieb als ambulant praktizierender Chirurg eine<br />

Tagesklinik in Berlin. Im März 2006 unterzog sich die 49 Jahre alte gesunde S bei A einer<br />

Bauchdeckenstraffung, verbunden mit einer Fettabsaugung. Ein schriftliches<br />

Einverständnis hatte sie zuvor erklärt. A sicherte S der Wahrheit zuwider zu, dass am Tag<br />

der Operation ein Anästhesist zugegen sein werde. Auf ihre vor Beginn des Eingriffs<br />

gestellte Frage, wo der Anästhesist sei, antwortete eine der Arzthelferinnen, dass dies der<br />

Doktor gleich mache. A setzte eine Periduralanästhesie (= rückenmarksnahe<br />

Regionalanästhesie) und nahm die Schönheits-OP vor. Eine Blutgasmessung unterblieb<br />

während des Eingriffs. Gegen dessen Ende führte A weitere Narkosemittel zu. Beim<br />

Schließen der Wunde kam es bei S zu einem Herz-Kreislauf-Stillstand. A reanimierte. Zum<br />

Offenhalten der Atemwege setzte er einen Guedel-Tubus ein, der nicht vor Aspiration (=<br />

Eindringen von Flüssigkeit oder Erbrochenem in die Atemwege) schützt. Er verabreichte<br />

Sauerstoff mittels einer Maske und führte Adrenalin und andere Medikamente zu. Nach<br />

einer halben Stunde befand sich die Herzfrequenz wieder im Normbereich, die S atmete<br />

spontan und erhielt Infusionen und blutdrucksteigernde Medikamente. Die S erlangte auch<br />

nach Abklingen der Wirkung der Narkosemittel ihr Bewusstsein nicht wieder. A führte<br />

seine Sprechstunde weiter und sah in regelmäßigen Abständen nach der Patientin. Er ließ<br />

deren Ehemann ausrichten, dass seine Frau aufgewacht und alles in Ordnung sei. A<br />

bestellte abends einen Krankenwagen ohne intensivmedizinische Ausrüstung. Die<br />

Transportsanitäter erkannten sofort den Ernst der Lage und bemerkten, dass sie Sauerstoff<br />

benötige. A verschwieg bei der Einlieferung der S den eingetretenen Herzstillstand mit<br />

nachfolgender Reanimation und die Aspiration der Patientin. S verstarb an den Folgen<br />

einer globalen Hirnsubstanzerweichung, ohne das Bewusstsein zuvor wiedererlangt zu<br />

haben. (BGHSt. 56, 277)<br />

(2) Prüfungsschemata<br />

1. Körperverletzung - § 223 StGB<br />

a. Gesundheitsbeschädigung<br />

I. Tatbestand<br />

A. Objektiver Tatbestand<br />

1. Gesundheitsbeschädigung<br />

2. Keine Einwilligung<br />

3. Handlung<br />

3. Kausalität<br />

4. Objektive Zurechnung<br />

B. Vorsatz<br />

II. Rechtswidrigkeit<br />

III. Schuld<br />

b. Körperliche Misshandlung<br />

13


I. Tatbestand<br />

A. Objektiver Tatbestand<br />

1. erhebliche Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens<br />

2. üble, unangemessene Behandlung<br />

3. Keine Einwilligung<br />

4. Kausalität<br />

5. Objektive Zurechnung<br />

B. Vorsatz<br />

II. Rechtswidrigkeit<br />

III. Schuld<br />

2. Körperverletzung mit Todesfolge - § 227 StGB<br />

I. Einfache Körperverletzung, § 223 I<br />

II. Körperverletzung mit Todesfolge, § 227 I<br />

A. Tod<br />

B. Kausalität<br />

C. Spezifischer Gefahrzusammenhang<br />

D. Fahrlässigkeit<br />

3. Gefährliche Körperverletzung - § 224 StGB<br />

a. Hinterlistig<br />

I. Einfache Körperverletzung<br />

II. Gefährliche Körperverletzung<br />

A. Objektiver Tatbestand<br />

1. unvorhergesehener Angriff für das Opfer<br />

2. Verdeckungstätigkeit<br />

B. Subjektiver Tatbestand<br />

1. Absicht der einfachen Körperverletzung<br />

2. Absicht der planmäßigen Verdeckung<br />

b. Waffe oder gefährliches Werkzeug<br />

I. Einfache Körperverletzung<br />

II. Gefährliche Körperverletzung<br />

A. Objektiver Tatbestand<br />

mittels Waffe o. gefährlichen Werkzeugs<br />

B. Bedingter Vorsatz<br />

c. Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen<br />

I. Einfache Körperverletzung<br />

II. Gefährliche Körperverletzung<br />

A. Objektiver Tatbestand<br />

Beibringen von Stoffen, die geeignet sind, die Gesundheit<br />

von sich aus erheblich zu schädigen<br />

B. Bedingter Vorsatz<br />

14


d. Gemeinschaftlich<br />

I. Prüfung der Strafbarkeit des Erfolgsnächsten gem. § 223 I StGB<br />

II. Prüfung der Strafbarkeit des Komplizen<br />

A. §§ 223 I, 25 II StGB o. ggf.<br />

B. §§ 223 I, 27 I StGB<br />

III. Prüfung der Strafbarkeit des Erfolgsnächsten gem. § 224 I Nr. 4 StGB<br />

A. Obj. Tatbestand<br />

Einvernehmliches Zusammenwirken am Tatort<br />

B. Bedingter Vorsatz<br />

IV Prüfung der Strafbarkeit des Komplizen<br />

A. §§ 224 I Nr. 4, 25 II StGB o. ggf.<br />

B. §§ 224 I Nr. 4, 27 I StGB<br />

e. Lebensgefährdende Behandlung<br />

I. Einfache Körperverletzung<br />

II. Gefährliche Körperverletzung<br />

A. Objektiver Tatbestand<br />

Lebensgefährliche Behandlung<br />

B. Bedingter Vorsatz<br />

4. Misshandlung Schutzbefohlener - § 225 StGB<br />

a. § 225 I 1. Var. StGB<br />

I. Einfache Körperverletzung<br />

II. Misshandlung Schutzbefohlener<br />

A. Quälen<br />

B. Bedingter Vorsatz<br />

C. gefühllose, fremde Leiden missachtende Gesinnung (str.)<br />

b. § 225 I 2. Var. StGB<br />

I. Einfache Körperverletzung<br />

II. Misshandlung Schutzbefohlener<br />

A. Roh Misshandeln<br />

B. Bedingter Vorsatz<br />

C. gefühllose, fremde Leiden missachtende Gesinnung<br />

c. § 225 I 3. Var. StGB<br />

I. Einfache Körperverletzung durch Unterlassen, §§ 223 I, 13 I StGB<br />

II. Misshandlung Schutzbefohlener<br />

A. Gesundheitsbeschädigung gerade durch Vernachlässigen der Sorgepflicht<br />

B. Direkter Vorsatz<br />

C. Böswilligkeit<br />

5. Aussetzung - § 221 StGB (Grunddelikt)<br />

I. Tatbestand<br />

A. Objektiver Tatbestand<br />

15


1. Hilflose Lage des Opfers<br />

2. Versetzen o.<br />

3. Garantenpflichtwidriges Im-Stichlassen<br />

4. Gefahr des Todes o. schwerer Gesundheitsschädigung<br />

5. Kausalität<br />

6. obj. Zurechnung<br />

B. Vorsatz<br />

II. Rechtswidrigkeit<br />

III. Schuld<br />

6. Beteiligung an einer Schlägerei - § 231 StGB (§ 231 I Var. 1 StGB)<br />

I. Tatbestand<br />

A. Objektiver Tatbestand<br />

1. Schlägerei<br />

2. Sichbeteiligen<br />

B. Vorsatz<br />

C. Obj. Strafbarkeitrsbedingung<br />

1. Tod o. schw. Körperverletzung<br />

2. Kausalität mit Schlägerei<br />

3. Obj. Zurechnung zur Schlägerei<br />

4. Subj. Tb (str.)<br />

II. Rechtswidrigkeit (§ 231 II StGB)<br />

III. Schuld (§ 231 II StGB)<br />

16


FREIHEITSDELIKTE<br />

(1) Fallsammlung zu den Freiheitsdelikten<br />

1. A wollte den Ö, der bei der Polizei belastende Angaben zu seinen<br />

Betäubungsmittelgeschäften gemacht hatte, zum Widerruf dieser Aussage veranlassen.<br />

Er warf er ihn zu Boden, kniete sich auf dessen Oberkörper, fixierte dessen Hände mit<br />

seinen Knien und schlug dessen Kopf dreimal auf den Waldboden; dabei fragte er<br />

schreiend, warum Ö ihn „verpfiffen” habe. Nach einem kurzen Wortwechsel erhoben<br />

sich beide und gingen zum Fahrzeug zurück. (BGH, NStZ 2003, S. 371)<br />

2. Die A hatte im Jahre 1943 an die Luftwaffeneinheit, bei der St stand, geschrieben, St.<br />

treibe Sabotage, er nehme Handgriffe an Flugzeugen vor, damit sie abstürzten, er<br />

gehöre an die Wand gestellt. St wurde daraufhin festgenommen und befand sich 15<br />

Tage in Haft. Vom Kriegsgericht wurde er dann freigesprochen. Die A wusste, dass ihre<br />

Anzeige wahrscheinlich unbegründet war. Sie wollte durch sie dem St Ungelegenheiten<br />

bereiten. Sie rechnete insbesondere damit, dass er ohne Grund in längere Haft<br />

genommen werden würde. (vgl. BGHSt. 3, 4)<br />

3. A lebte mit O in einer WG zusammen. A hatte es übernommen, Unterschriften für eine<br />

Petition gegen einen Neubau in Stuttgart zu sammeln. Zu seinem Leidwesen füllte sich die<br />

Unterschriftenliste nur schleppend. Auch O hatte bisher nicht unterzeichnet. Eines<br />

Morgens hörte der A Hilfeschreie aus dem Zimmer des O. Dieser hatte einen Asthmaanfall<br />

und litt unter schwerer Atemnot. Obwohl A erkannte, dass der O sofortige ärztliche Hilfe<br />

benötigte, machte er den Notruf davon abhängig, dass der O die Petition signierte. O tat wie<br />

ihm geheißen.<br />

4. Die zur Tatzeit 16jährige B entwendete in einem Kaufhaus ein Umhängetuch im Wert<br />

von 40 DM. Sie wurde von dem Kaufhausdetektiv P gestellt und in ein Büro geführt.<br />

Während der P die Diebstahlsanzeige fertigte, bat B dringend, von einer<br />

Anzeigeerstattung abzusehen. Ihre Eltern „schlügen sie tot“, und sie habe den Verlust<br />

der Lehrstelle, die sie bei einem Bankinstitut in Aussicht habe, zu befürchten, wenn der<br />

Diebstahl bekannt würde. P erklärte, er müsste Anzeige erstatten, da er seine eigene<br />

Stellung gefährde, wenn er Ausnahmen mache. Er gab die Anzeige in die Hauspost.<br />

Später traf er zufällig auf die B und sagte, es gebe vielleicht doch einen Weg, ihr zu<br />

helfen. Wenn sie mit ihm schlafe, mache er die Anzeige rückgängig. Wenn sie es nicht<br />

tue, werde er auch nichts tun. B erbat sich Bedenkzeit und zeigte dann den P an. (vgl.<br />

BGHSt. 31, 195)<br />

5. L empörte sich gegen die Fahrpreiserhöhungen im öffentlichen Nahverkehr. Um seinen<br />

Protest Ausdruck zu verleihen, setzte er sich vor eine Straßenbahn in der Absicht, diese<br />

am Weiterfahren zu hindern. Dem Straßenbahnführer S war zwar bewusst, dass er den<br />

L selbst mit einer langsam fahrenden Straßenbahn mühelos hätte vom Gleis drängen<br />

können. Da er jedoch erhebliche Körperverletzungen für L befürchtete, wenn er<br />

anfahren würde, unterließ er es. (BGHSt. 23, 46)<br />

6. Der A hatte sich gemeinsam mit einer größeren Anzahl gleich gesinnter Personen an der<br />

Blockade der A 8 (München-Stuttgart) beteiligt. Die Polizei hatte drei Omnibusse auf<br />

einem Rastplatz angehalten und nicht weiterfahren lassen. Daraufhin verteilten sich die<br />

Insassen dieser Busse auf die Fahrbahnen, stellten sich den herannahenden Fahrzeugen<br />

17


in den Weg und sperrten auf diese Weise den Verkehr. Dem A war klar, dass hierdurch<br />

eine Vielzahl von Autofahrern an der Weiterfahrt gehindert wurde. (BGHSt. 41, 182)<br />

7. Aus Wut stellte der A dem O in Aussicht, er werde seine Mutter umbringen. Dabei war<br />

ihm nicht bekannt, dass die Mutter des M bereits verstorben war. (BVerfG, NJW 1995, S.<br />

2776)<br />

8. Der A lebte mit seiner Verlobten V und deren fünf Monate alten, von ihm stammenden<br />

Tochter zusammen. Als ihn Kriminalbeamte aufgrund eines Vollstreckungshaftbefehls<br />

in der Wohnung festnehmen wollten, ergriff er, möglicherweise auf Veranlassung der<br />

Mutter, das Kind, richtete ein Brotmesser auf dasselbe und drohte, er werde es<br />

umbringen, falls die Beamten nicht von der Verhaftung Abstand nehmen würden. Nach<br />

etwa zweistündigen Verhandlungen, während denen er das Kind fortwährend in den<br />

Händen hielt und mit dem Messer bedrohte, gaben die Beamten auf. (BGHSt. 26, 70)<br />

9. Wie 8., nur lebte der A mit seiner 16jährigen Tochter T allein zusammen. Weil A das<br />

Sorgerecht verloren hatte, fürchteten beide, dass die T nun in einem Heim<br />

untergebracht werden würde. Daher beschlossen sie, dass die T sich durch den A zur<br />

Geisel nehmen lassen solle, damit die Polizei wieder abziehen werde. So geschah es.<br />

10. Der A war Drogendealer und wurde strafrechtlich verfolgt. Der S erhielt eine Ladung<br />

zur Zeugenvernehmung. Um ihn zum Schweigen zu bringen, verbrachte der A den S an<br />

eine einsame Stelle und schlug auf ihn ein. Dann sagte er, der S solle vor der Polizei und<br />

vor Gericht schweigen, sonst würde er ihn erneut verprügeln. (vgl. BGH, NStZ 2002, S.<br />

31)<br />

10. A hatte gesehen, wie die K wegen Übelkeit von einem Festplatz zu ihrem PKW gegangen<br />

war. Er entschloss sich, sie zu vergewaltigen. Er ging zu ihr hin und bot ihr Hilfe an. Er<br />

nahm sie auf die Arme und trug die bisher ahnungslose A in ein nahe gelegenes<br />

Getreidefeld. Dort angekommen, packte er sie, drückte sie zu Boden, entkleidete sie, hielt<br />

ihr ein Messer an den Hals und bedrohte sie mit dem Tode, wenn sie sich weiter wehren<br />

würde. K gab daraufhin jeden Widerstand auf. A übte den Geschlechtsverkehr an ihr aus<br />

(Vereinfachung von BGHSt. [GS] 40, 350)<br />

11. O wohnt mit A in einer WG zusammen. Als er eines Tages in seinem Zimmer auf der Couch<br />

schlief, dachte sich der A, er könne sich einen Scherz erlauben. Er zog den Türschlüssel an<br />

der Türinnenseite ab und verschloss die Tür von außen. Nach einer halben Stunde kamen<br />

ihm Bedenken. Er schloss die Tür wieder auf. O erwachte später und hatte von allem nichts<br />

gemerkt.<br />

12. A und O gerieten in Streit. Als O dem A nicht mehr zuhören wollte, fasste ihn der ihm<br />

körperlich deutlich überlegene A mit beiden Händen an den Armen und hielt ihn für etwa<br />

eine halbe Minute lang fest. O gelang es nicht, sich zu befreien. (Vgl. OLG Hamm, JMBL NRW<br />

1964, S. 31)<br />

13. A und O unternahmen eine Segeltour über den Atlantik. Sie gerieten in Streit. O neigte<br />

gelegentlich dazu, wenn er abends trank, den A körperlich anzugreifen. Dieser war der<br />

Sache überdrüssig und sperrte den O vorbeugend in der Kajüte ein, als dieser seinen<br />

Mittagsschlaf hielt. Dabei war ihm klar, dass er ihn auch abends hätte einsperren können,<br />

wenn O begann, Alkohol zu trinken. A sah jedoch einen Sturm heraufziehen und wollte die<br />

Yacht ohne Streit mit dem O durch das Unwetter lenken. Er sah zwar die Gefahren, das<br />

Boot allein durch das Meer zu lenken, schätzte sie jedoch geringer ein als die<br />

18


Schwierigkeiten, die O bereiten könnte. Während des Sturms wurde A über Bord gespült.<br />

Er wurde zwei Stunden später von einem Fischerkutter aufgegriffen. Die Suche nach der<br />

Yacht verlief jedoch erfolglos. Erst eine Woche später konnte das Segelboot aufgefunden<br />

und der O befreit werden.<br />

14. Der A hatte die O in seinem PKW mitgenommen. Nachdem er anzügliche Bemerkungen<br />

gemacht hatte, bat sie ihn, an der nächsten Tankstelle anzuhalten. Er überhörte ihre Bitte<br />

und fuhr an der Tankstelle vorbei. Die O vermutete nun, dass er vorhatte, sie zum Beischlaf<br />

mit ihm zu bringen. Als A verkehrsbedingt auf der Autobahn etwas langsamer fuhr, nutzte<br />

sie die Gelegenheit, öffnete die Beifahrertür und sprang hinaus. Ihr war bewusst, dass sie<br />

sich in Lebensgefahr brachte. Sie schlug mit dem Kopf auf der Straße auf und verstarb<br />

sogleich. (vgl. BGHSt. 19, 382)<br />

15. Die A war nach der Geburt ihres Sohnes S zuhause geblieben. Nach seinem dritten<br />

Geburtstag nahm sie werktags auch den gleichaltrigen Nachbarssohn K zu sich, damit<br />

dessen Mutter wieder zur Arbeit gehen konnte. Nach geraumer Zeit wurde der S<br />

eifersüchtig auf den K und schlug diesen gelegentlich mit Spielzeug. Eines Tages fügte der S<br />

dem K eine blutende Kopfwunde zu. Da er danach auch auf Ermahnung der A keine Ruhe<br />

gab und es weiterhin unternahm, auf den K einzuschlagen,. schloss sie ihn für etwa vier<br />

Minuten in seinem Zimmer ein. Ohne diese Maßnahme hätte sie die Wunde des K nicht<br />

ordnungsgemäß versorgen können.<br />

16. Der 12jährige Sohn S des alleinerziehenden Vaters V weigerte sich, seine Hausaufgaben zu<br />

machen. Daraufhin besprach der V mit S dessen Probleme und ermahnte ihn, in Zukunft die<br />

aufgegebenen Arbeiten zu erledigen. Nachdem der S weiterhin untätig blieb, kürzte der V<br />

ihm das Taschengeld und entzog es ihm später ganz. Als auch dies nichts fruchtete und die<br />

Versetzung des S gefährdet war, ordnete der V Stubenarrest an. Nachdem der S sich nicht<br />

an die Anweisung gehalten hatte, das eigene Zimmer nicht zu verlassen, verschärfte der V<br />

den Stubenarrest, indem er die Zimmertür von außen abschloss, nachdem der S von der<br />

Schule zurückgekommen war. V öffnete die Tür erst wieder zur Abendbrotszeit.<br />

17. Wie 16., nur führte er ihn in einen dunklen Keller und sperrte ihn dort über Nacht ein.<br />

18. A und G hatten eine Bankfiliale überfallen und die Bankangestellte B mit vorgehaltenen<br />

Pistolen dazu gebracht, das gesamte Bargeld herauszugeben. Sie zerrten die Kundin K in ihr<br />

Fluchtfahrzeug und fuhren davon. Mittlerweile war die Polizei informiert und eine<br />

Ringfahndung eingeleitet worden. Eine Polizeistreife mit den Beamten P und M erkannten<br />

den PKW von A und G, nahmen die Verfolgung auf und schossen auf das Fluchtfahrzeug, um<br />

es zum Halten zu bringen. Nach ihren Informationen flohen A und G ohne Geisel. Eine Kugel<br />

traf die K tödlich. (vgl. BGHSt. 33, 322)<br />

19


(2) Prüfungsschemata<br />

a. Freiheitsberaubung - § 239 StGB<br />

I. Grunddelikt, § 239 I StGB<br />

A. Tatbestand<br />

1. Objektiver Tatbestand<br />

a) Einsperren o.<br />

b) Freiheitsberaubung in sonstiger Weise<br />

2. Vorsatz<br />

B. Rechtswidrigkeit<br />

C. Schuld<br />

II. Erfolgsqualifikation (§ 239 III, IV)<br />

A. Objektiver Tatbestand<br />

1. Schwere Folge<br />

2. Kausalität<br />

3. Spezifischer Gefahrzusammenhang<br />

B. Subjektiver Tatbestand<br />

1. Bei § 239 III Nr. 1: bedingter Vorsatz (str.)<br />

2. Bei § 239 III, Nr. 2, IV: § 18 StGB<br />

2. Nötigung - § 240 StGB<br />

I. Tatbestand<br />

A. Objektiver Tatbestand<br />

1. Nötigungshandlung<br />

a) Gewalt<br />

b) Drohung<br />

2. Nötigungserfolg<br />

a) Handeln,<br />

b) Dulden o.<br />

c) Unterlassen<br />

3. Kausalität<br />

4. Nötigungszusammenhang<br />

B. Subjektiver Tatbestand<br />

1. Absicht bezüglich 2.<br />

II.<br />

2. Bedingter Vorsatz bezüglich 1., 3., 4.<br />

Rechtswidrigkeit<br />

A. Allgemeine Rechtfertigungsgründe<br />

B. Besondere Verwerflichkeitsprüfung, § 240 II StGB<br />

1. Unrechtmäßigkeit des Zwecks,<br />

2. Unangemessenes Mittel o.<br />

3. Missverhältnis zwischen Zweck u. Mittel<br />

III. Schuld<br />

IV. Besonders schwerer Fall, § 240 IV StGB<br />

3. Bedrohung - § 241 StGB<br />

I. Tatbestand<br />

A. Objektiver Tatbestand<br />

1. Bedrohen mit Verbrechen<br />

20


2. Wahrnehmung durch Adressaten<br />

B. Vorsatz<br />

II. Rechtswidrigkeit<br />

III. Schuld<br />

4. Geiselnahme<br />

a. Bemächtigungsvariante<br />

I. Grunddelikt, § 239b I<br />

A. Tatbestand<br />

1. Objektiver Tatbestand<br />

a) Ausführungshandlung<br />

aa) Sich-Bemächtigen o.<br />

bb) Entführen<br />

b) stabile Zwischenlage<br />

2. Subjektiver Tatbestand<br />

a) Vorsatz bezüglich A.<br />

b) Absicht, qualifiziert zu nötigen<br />

B. Rechtswidrigkeit<br />

C. Schuld<br />

II. Erfolgsqualifikation<br />

A. Objektiver Tatbestand<br />

1. Tod<br />

2. Kausalität<br />

3. Spezifischer Gefahrzusammenhang<br />

B. Subjektiver Tatbestand, § 18 StGB<br />

b. Ausnutzungsvariante<br />

I. Grunddelikt, § 239b I<br />

A. Tatbestand<br />

1. Erste Tatphase<br />

a) Objektiver Tatbestand<br />

aa) Sich-Bemächtigen o.<br />

bb) Entführen<br />

b) Vorsatz<br />

2. Zweite Tatphase<br />

a) Objektiver Tatbestand<br />

aa) Drohen mit Tod, schw. Körperverletzung<br />

o. längerer Freiheitsberaubung<br />

bb) Handlung, Duldung, Unterlassung<br />

der Geisel o. eines Dritten<br />

cc) Kausalität<br />

dd) Nötigungszusammenhang<br />

b) Vorsatz<br />

B. Rechtswidrigkeit<br />

C. Schuld<br />

II. Erfolgsqualifikation<br />

A. Objektiver Tatbestand<br />

1. Tod<br />

2. Kausalität<br />

3. Spezifischer Gefahrzusammenhang<br />

B. Subjektiver Tatbestand, § 18 StGB<br />

21


EHRDELIKTE<br />

(1) Fallsammlung zu den Ehrdelikten<br />

1. In der Imbissstube des A war die P als Serviererin beschäftigt. Nachdem diese einen<br />

geringeren Tagesumsatz abgerechnet hatte als ihre Vorgängerin und dem A aufgefallen<br />

war, dass bei der Abrechnung Bons fehlten, hegte A den Verdacht, dass die P im<br />

Zusammenspiel mit der an der Theke beschäftigten L Waren ohne Bon abholte und die<br />

Bezahlung nicht abführte. Als er eines Tages von der Straße aus durch das Fenster<br />

beobachtete, wie die P Speisen ohne gleichzeitige Abgabe eines Bons entgegennahm, stellte<br />

er sie am folgenden Abend mit den Worten zur Rede: „Können Sie mir klar machen, wie Sie<br />

an die geringen Umsätze kommen? Sie verdienen ja weniger als eine Putzfrau!“ Als die P<br />

sich mit den Worten verteidigte, sie könne für geringe Umsätze nicht verantwortlich<br />

gemacht werden, entgegnete der A: „Doch! Sie haben Waren ohne Bon entnommen. Sie<br />

stecken mit Frau L unter einer Decke!“ Das Gespräch wurde, ohne dass der A dies wusste,<br />

von einem Mitarbeiter des A, dem M, mitgehört. Über den Vorgang setzte die P die L in<br />

Kenntnis. Die P stellte gegen A Strafantrag. Im Strafverfahren gegen den A konnte dessen<br />

Bezichtigung von P und L weder bewiesen noch widerlegt werden. (OLG Köln, NJW 1964, S.<br />

2121)<br />

2. Der 18jährige Krankenpflegeschüler K rief einem vorbeigehenden Polizeibeamten die<br />

englisch ausgesprochenen Buchstaben „A. C. A. B.“ zu und zeigte dabei auf ihn. (OLG<br />

Stuttgart, NStZ 2009, S. 50)<br />

3. A schrieb im Juni 1954 auf eine Postkarte an einen Bekannten in Darmstadt: „Der Jude ist<br />

wie eine Laus, die setzt sich in den Pelz und geht nicht mehr raus. Der Hitler hätte so schön<br />

aufgeräumt mit dieser Gesellschaft, jetzt kommen sie schon wieder.“ Diese Bemerkungen<br />

richteten sich unmittelbar gegen Dr. E, den A irrtümlich für einen Juden hielt. Der<br />

Landesverband jüdischer Gemeinden in Hessen stellte Strafantrag. (BGHSt. 11, 207)<br />

4. Der K, ein Kandidat der SPD zur Europawahl, bezeichnete die CSU im Wahlkampf als „NPD<br />

Europas“. (BVerfGE 61, 1)<br />

5. Im Jahre 1954 veröffentlichte S eine Stellungnahme in der Stuttgarter Zeitung, in der es u.<br />

a. heißt: „Wer die Lüge aufgebracht hat, weiß ich nicht, der „Spiegel“ gibt sie weiter. Zahllos<br />

sind die bewussten Verdrehungen. [...] Es ist eine Gattung von Publizistik, die auf dem<br />

Gebiet der Politik das ist, was die Pornographie auf dem Gebiet der Moral. [...] Was dabei an<br />

Qualität herauskommt – man kann es nicht besser und einfacher ausdrücken als Karl<br />

Kraus: „Je größer der Stiefel, desto größer der Absatz!“ [...]. “ Dem war ein Artikel des<br />

Spiegels vorangegangen, der den S schwer angriff. (BVerfGE 12, 113).<br />

6. Zur Bebilderung eines Artikels in der Zeitschrift „Konkret“, der die Einflussnahme der<br />

bayerischen Staatsregierung auf die Justiz zum Gegenstand hatte, wurde eine Karikatur von<br />

K abgedruckt. Diese stellt den damaligen bayerischen Ministerpräsidenten F. J. Strauß als<br />

ein Schwein dar, das mit einem anderen Schwein in Richterrobe kopuliert. (BVerfGE 73,<br />

369).<br />

22


(2) Prüfungsschemata<br />

1. Üble Nachrede - § 186 StGB<br />

I. Tatbestand<br />

A. Objektiver Tatbestand<br />

1. Kundgabe einer Tatsache<br />

2. in Beziehung auf einen Dritten<br />

3. Ehrenrührigkeit der Tatsache<br />

4. Wahrnehmung durch einen anderen<br />

B. Vorsatz<br />

C. Nichterweislichkeit der Tatsache<br />

II. Rechtswidrigkeit<br />

III. Schuld<br />

IV. Strafantrag, § 194 StGB<br />

2. Verleumdung - § 187 StGB<br />

a. § 187 1. Alt StGB<br />

I. Tatbestand<br />

A. Objektiver Tatbestand<br />

1. Kundgabe einer Tatsache<br />

2. in Beziehung auf einen anderen<br />

3. Ehrenrührigkeit der Tatsache<br />

4. Unwahrheit der Tatsache<br />

5. Wahrnehmung durch einen anderen<br />

B. Subjektiver Tatbestand<br />

1. Bedingten Vorsatz bezüglich 1.-3.<br />

2. Dolus directus zweiten Grades bezüglich 4.<br />

II. Rechtswidrigkeit<br />

III. Schuld<br />

IV. Strafantrag, § 194 StGB<br />

b. Rechtfertigung nach § 193 StGB<br />

(I. Tatbestand)<br />

II. Rechtswidrigkeit, § 193 StGB<br />

A. Berechtigtes Interesse des Täters<br />

B. Wahrnehmung dieses Interesse<br />

d. h. Eignung der Äußerung, das Interesse zu wahren<br />

C. Erforderlichkeit<br />

D. Angemessenheit<br />

E. Kenntnis der rechtfertigenden Umstände (A.-D.)<br />

(…)<br />

23


VERMÖGENSDELIKTE<br />

Fallsammlung zur Sachbeschädigung<br />

1. A ließ die Luft aus den Reifen des PKW von O. (BGHSt. 13, 207)<br />

2. Der O hatte nach in einem Buch nach langem Suchen die ersehnte Stelle gefunden, die er für<br />

seine Arbeit zitieren wollte. Der A schlug das Buch zu. (nach Maurach/Schroeder/Maiwald, BT 1,<br />

§ 36 Rn. 13).<br />

3. A beklebte einen Verteilerkasten der deutschen Post, der an der Reeperbahn auf Hamburg-St.<br />

Pauli stand, mit einem Plakat. Ein Filialleiter der deutschen Post stellte im Namen des<br />

Unternehmens Strafantrag.. (BGHSt. 29, 129 m. Neubespr. v. Scheffler, NStZ 2001, S. 290)<br />

4. A brachte an seinem PKW einen Reflektor an. Ihm ging es darum, unerkannt zu schnell an<br />

Radarfallen vorbei zu kommen. Er fuhr auf eine solches Radarmessgerät mit überhöhtem Tempo<br />

zu. Dies löste den Blitzlicht- und Fotomechanismus aus. Da das Blitzlicht reflektiert wurde, war<br />

das Foto überbelichtet und unbrauchbar. (OLG München, NJW 2006, 2132).<br />

(1) Prüfungsschema<br />

I. Tatbestand (Tb.)<br />

A. Objektiver Tb.<br />

1. Fremde Sache<br />

2. Ausführungshandlung<br />

a) Beschädigen,<br />

b) Zerstören o.<br />

c) Verändern des Erscheinungsbildes<br />

3. ohne den Willen des Eigentümers<br />

(= „rechtswidrig“, „unbefugt“)<br />

B. Bedingter Vorsatz<br />

II. Rechtswidrigkeit<br />

III. Schuld<br />

IV. Strafantrag, § 303c StGB<br />

24


(2) Fallsammlung zur Unterschlagung<br />

1. Der A nahm Leergut, das von einem Brauereiwagen gefallen war, von der Straße auf und<br />

brachte es in ein Geschäft, um das Pfandgeld zu kassieren.<br />

2. A führte als Kirchenrendant für drei katholische Pfarreien die Bücher und verwahrte<br />

Bargeld und Sparbücher. Er allein besaß den Geldschrankschlüssel. Er entnahm dem<br />

Geldschrank zu verschiedenen Zeiten während des Jahres 1950 ein Sparbuch, hob<br />

davon Geld ab, um es für sich zu verwenden, und legte das Sparbuch wieder in den<br />

Geldschrank zurück. (Vereinfachung von BGHSt. 8, 273)<br />

3. A verwaltete überzählige gottesdienstliche Gegenstände. Da er Finanzschwierigkeiten<br />

hatte, verpfändete er sie an den P, um seine Schulden zu bezahlen. Da er nur<br />

verschwindend geringe Aussichten auf zukünftigen Vermögenszuwachs hatte, bestand<br />

kaum eine Chance, die Sachen wieder auszulösen. Diese Gefahr nahm der A in Kauf. Es<br />

kam wie vorhergesehen. Nach der dritten Mahnung gab der P die Gegenstände zur<br />

öffentlichen Versteigerung und strich den Erlös ein.<br />

4. A übereignete der Bank B eine dem C zur Miete übergebene Werkbank zur Sicherheit,<br />

um an einen Kredit zu gelangen. Nachdem dieser Kredit aufgebraucht war, veräußerte<br />

er die Werkbank an den D, indem er ihm den Herausgabeanspruch gegenüber C abtrat.<br />

(vgl. BGHSt. 1, 262)<br />

5. A erstach den O. Im Anschluss daran durchsuchte er die Leiche und nahm ein<br />

Mobiltelefon und eine Geldbörse an sich. Es konnte nicht geklärt werden, ob es dem A<br />

von Anfang an darum ging, an diese Sache zu kommen. (BGHSt. 47, 243 m. Anm. Otto,<br />

NStZ 2003, 87 u. Bespr. von Freund/Putz, NStZ 2003, S. 242)<br />

6. O hatte Zechschulden bei A in Höhe von 50 €. Trotz mehrfacher Aufforderung hatte er<br />

sie am Monatsende nicht beglichen. Eines Tages fand der A eine Geldbörse auf dem<br />

Gehweg und identifizierte sie als diejenige des O. Er entnahm ihr einen 50-€-Schein und<br />

steckte ihn in die eigene Tasche. Sodann brachte er die Geldbörse dem O zurück.<br />

7. Der A verwaltete für eine Druckerei D Papierrollen. Er wollte ohne Wissen der D eine<br />

dieser Rollen bei C für den Druck eigener Werbezettel nutzen. Da A kein Auto hatte, bat<br />

er den B, ihm sein KfZ zum Transport zur Verfügung zu stellen. B fuhr mit seinem<br />

Kleintransporter vor und übergab dem A die Autoschlüssel. Sodann lenkte er den<br />

Geschäftsführer von D ab, damit A die Rolle ungestört einladen konnte. So geschah es.<br />

(vgl. BGHSt. 2, 317)<br />

25


(3) Prüfungsschema<br />

I. Grunddelikt, § 246 I<br />

A. Tatbestand<br />

1. Objektiver Tatbestand<br />

a) fremde bewegliche Sache<br />

b) Zueignen<br />

aa) dauernd enteignen<br />

bb) vorübergehend aneignen<br />

cc) rechtswidrig<br />

2. Subjektiver Tatbestand<br />

a) Absicht bezüglich 1. a) bb)<br />

b) bedingter Vorsatz im Übrigen<br />

B. Rechtswidrigkeit<br />

C. Schuld<br />

D. Antragserfordernis, §§ 247, 248a StGB<br />

II. Veruntreuung, § 246 II<br />

A. anvertraute Sache<br />

B. bedingter Vorsatz<br />

III. Strafantrag, §§ 247, 248a StGB<br />

26


(4) Fallsammlung zum Diebstahl<br />

1. I war als Installateur bei dem Schwiegervater des L beschäftigt und fuhr ständig den<br />

Firmenwagen. Er pflegte eine Mappe mit Ausweispapieren im offenen Handschuhfach<br />

seines Wagens aufzubewahren. Eines Tages lag sie außerhalb des PKW, direkt neben<br />

dessen rechter Tür auf dem Hof des Schwiegervaters des L. Der Hof war nicht<br />

abgegrenzt und auch anderen Personen zugänglich. Trotz ihrer Lage war es auch nicht<br />

für jeden Dritten erkennbar, dass die Mappe dem Fahrer des Wagens gehörte. Diese<br />

Mappe nahm L an sich, um sie für sich zu behalten. (BGH, GA 1969, S. 25)<br />

2. T schlug den O zu Boden. Als T erkannte, dass O im Sterben lag, zog er diesen in eine<br />

dunkle Hausecke. Darauf sah er auf dem Boden zwei Geldscheine liegen, die dem O aus<br />

der Tasche gefallen waren, während er in die Hausecke gezogen worden war. Nun kam<br />

T spontan auf die Idee, das Geld an sich zu nehmen, um es später zu vertrinken, und<br />

setzte diese in die Tat um. O starb im Laufe der Nacht an den Verletzungen. (BGH, NJW<br />

1985, S. 1911)<br />

3. A nahm in einem Selbstbedienungsladen aus dem Regal ein Päckchen Zigaretten für 5<br />

DM und steckte es in seine Hosentasche, anstatt es in den Einkaufskorb zu legen. Das<br />

Geschehen beobachtete die Verkäuferin V. Sie stellte den A zusammen mit dem<br />

Filialleiter F an der Kasse und nahm ihm die Zigaretten wieder ab. (BGHSt 16, 271)<br />

4. A ging im Supermarkt mit dem Einkaufswagen in die CD-Abteilung. Dort nahm sie vier<br />

CDs und ein Video aus den Auslagen und legte alles flach auf den Wagenboden.<br />

Daraufhin deckte sie alles mit einem Werbeprospekt ab. Anschließend legte sie weitere<br />

Sachen auf die durch den Werbeprospekt verdeckten Waren und ging zur Kasse.<br />

Entsprechend ihrem Plan legte sie nur die auf den Werbeprospekten liegenden<br />

Gegenstände auf das Band und räumte sie nach deren Bezahlung wieder in den Wagen.<br />

Das Geschehen hatte der Detektiv D beobachtet, der A dann hinter der Kassenzone<br />

stellte. (vgl. BGHSt 41, 198)<br />

5. Die Polizei hatte den D als notorischen Dieb im Auge. Um ihn zu überführen, bat der<br />

Polizeibeamte P den Juwelier J, den Einbruch des D geschehen zu lassen. So geschah es.<br />

Die Polizei nahm den D nach Verlassen des Geschäfts von D mit der Beute fest.<br />

6. B und C hatten sich nachts Zugang zu einem Laden verschafft und von dort einen<br />

großen, 300kg schweren Tresor unter großen Anstrengungen auf die Straße vor dem<br />

Ladengeschäft geschafft. Als sie dabei waren, den Tresor auf einen Gabelstapler zu<br />

laden, wurden sie von der Polizei überrascht. (BGH, NStZ 1981, S. 435)<br />

7. A drückte das Seitenfenster eines PKW auf und griff von außen den auf dem<br />

Beifahrersitz liegenden Herrenmantel und ging davon. (vgl. BGH, NJW 1956, S. 389)<br />

8. A zog in einem Kaufhaus ein mit einem Sicherungsetikett versehenes T-Shirt unter<br />

seinen Pullover und begab sich, ohne zu bezahlen, zum Ausgang. Dort löste das Etikett<br />

Alarm aus. A wurde von einem Kaufhausangestellten zur Rede gestellt.<br />

9. A zerstörte das Schloss einer Kasse mit einem Schraubenzieher, öffnete sie, um den<br />

Kassenbestand an sich zu nehmen. Er musste freilich feststellen, dass die Kasse nur<br />

wenige Cent enthielt. Daraufhin zog er enttäuscht von dannen.<br />

10. Der A führte während eines Diebstahls ein Pfefferspray mit sich. (vgl BGHSt. 52, 376)<br />

27


11. A ist Polizeibeamter. Während der Mittagspause ging er – uniformiert und mit Pistole<br />

bewaffnet – in einen Supermarkt. Dort nahm er ein Päckchen Zigaretten an sich und<br />

verließ den Verkaufsraum, ohne zu bezahlen. (vgl. BGHSt. 30, 44)<br />

12. A begab sich in den Lebensmittelmarkt des L. An seinem Gürtel führte er ein klappbares<br />

Taschenmesser mit einer längeren Klinge bei sich, um von Whiskeyflaschen, die er<br />

stehlen wollte, die Sicherungsetiketten abzuschneiden. Der Angeklagte nahm drei<br />

Flaschen Whiskey aus einem Regal, ging einen Gang weiter, entfernte dort mit dem<br />

Messer die Sicherungsetiketten und verließ das Geschäft, ohne zu bezahlen. Er hatte zu<br />

keinem Zeitpunkt die Absicht, das Messer gegen Menschen einzusetzen. (BGHSt. 52,<br />

257)<br />

13. A betrat ein Drogeriegeschäft, nahm einen Labellostift aus ihrer Handtasche und<br />

näherte sich von hinten der Kassierin. Sie drückte dieser den Stift in den Rücken und<br />

forderte sie auf, die Entnahme des Kasseninhaltes zu dulden. Nachdem A so etwa 150<br />

Euro an sich gebracht hatte, verließ sie das Geschäft.<br />

14. A betrat kurz vor Ladenschluss ein Drogeriegeschäft in der Absicht, die Kasse zu<br />

plündern. Aus diesem Grund hatte sie sich eine Spielzeugpistole in den Hosenbund<br />

gesteckt, die in ihrem Aussehen einer scharfen Waffe glich. So ausstaffiert, trat sie an<br />

die Kassiererin K heran, die gerade dabei war, Geldscheine, die sie auf dem Förderband<br />

abgelegt hatte, zu zählen. K wich erschrocken einen Schritt zurück. A nahm ein Bündel<br />

der Geldscheine an sich und verließ die Drogerie.<br />

15. A löste sechs Scheiben aus dem Badezimmerfenster des Wohnhauses des O. Dann stieg<br />

er in das Badezimmer ein und gelangte über den Wohnungsflur in einen anliegenden<br />

Geschäftsraum. Dort entnahm er einer Schreibtischschublade 120 DM und verließ über<br />

die Wohnungstür das Haus. (BGH, NStZ 2001, S. 533)<br />

28


(5) Prüfungsschema<br />

1. Grunddelikt - § 242 I StGB<br />

A. Tatbestand<br />

1. Objektiver Tatbestand<br />

a) fremde bewegliche Sache<br />

b) Wegnahme<br />

2. Subjektiver Tatbestand<br />

a) Wegnahmevorsatz<br />

b) Zueignungsabsicht<br />

B. Rechtswidrigkeit<br />

C. Schuld<br />

D. Strafzumessungsregel, § 243 I StGB<br />

E. Antragserfordernis, §§ 247, 248a StGB<br />

2. Strafzumessungsregel - § 243 StGB<br />

I. Grunddelikt, § 242 I StGB<br />

A. Tatbestand<br />

B. Rechtswidrigkeit<br />

C. Schuld<br />

D. Strafzumessungsregel, § 243 I StGB<br />

1. Benannte Fälle, § 243 I 2 StGB<br />

a) Regelbeispiel<br />

aa) obj. Merkmale<br />

bb) Vorsatz<br />

b) Gegenindizien<br />

aa) Zwingend: § 243 II StGB<br />

bb) Sonstiges<br />

2. Unbenannte Fälle, § 243 I 1 StGB (h. M.)<br />

E. Antragserfordernis, § 247 StGB<br />

3. Qualifikation nach § 244 I Nr. 1 a) StGB<br />

I. Grunddelikt, § 242 I StGB<br />

II. Qualifikation, § 244 I Nr. 1 a) StGB<br />

A. Bei-Sich-Führen einer Waffe<br />

B. Vorsatz<br />

C. Antragserfordernis, § 247 StGB<br />

4. Qualifikation nach § 244 I Nr. 1 b) StGB<br />

I. Grunddelikt, § 242 I StGB<br />

II. Qualifikation, § 244 I Nr. 1 b) StGB<br />

A. Objektiver Tatbestand<br />

1. Werkzeug oder Mittel<br />

2. Bei-Sich-Führen<br />

B. Subjektiver Tatbestand<br />

1. Vorsatz<br />

2. Verwendungsabsicht<br />

29


C. Antragserfordernis, § 247 StGB<br />

5. Qualifikation nach § 244 I Nr. 2 StGB<br />

I. Prüfung des Tatnächsten, § 242 I StGB<br />

II. Prüfung des Tatferneren<br />

A. §§ 242, 25 II StGB<br />

B. §§ 242, 27 I (26) StGB<br />

III. Gemeinsame Prüfung, § 244 I Nr. 2 StGB<br />

A. Objektiver Tatbestand<br />

1. Bande (Einzelheiten str.)<br />

2. Mitwirkung (Einzelheiten str.)<br />

B. Vorsatz<br />

C. Strafantrag § 247 StGB<br />

6. Qualifikation nach § 244a StGB<br />

I. Grunddelikt, § 242 I StGB (ggf. mit § 243 I 2 StGB)<br />

II. Qualifikation erster Stufe<br />

A. § 244 I Nr. 1 oder Nr. 3 StGB<br />

B. § 244 I Nr. 2 StGB<br />

III. Qualifikation zweiter Stufe, § 244a I StGB<br />

A. Objektiver Tatbestand: s. o. I. / II.<br />

B. Subjektiver Tatbestand: s. o. I. / II.<br />

C. Antragserfordernis, § 247 StGB<br />

30


(6) Fallsammlung zum Raub<br />

1. A hatte in der Nacht den völlig betrunkenen, vor dem Bahnhof liegenden Heizer H, um<br />

ihn ungestört ausplündern zu können, zunächst aufgehoben und ihn dann<br />

mitgenommen. H war derartig berauscht, dass er sich im nach hinein an nichts erinnern<br />

konnte. A brachte ihn dann auf einen Parkplatz. Dort zog er ihm die Kleidung bis auf die<br />

Unterwäsche aus und nahm dessen Wertsachen an sich. (vgl. BGHSt. 4, 210)<br />

2. A betrat ein Drogeriegeschäft, nahm einen Lippenpflegestift der Marke „Labello“ aus<br />

ihrer Handtasche und näherte sich von hinten der Kassiererin. Sie ihr drückte den Stift<br />

in den Rücken und forderte sie auf, die Entnahme des Kasseninhaltes zu dulden.<br />

Nachdem A so etwa 150 Euro an sich gebracht hatte, verließ sie das Geschäft.<br />

3. Auf einer öffentlichen Straße fasste A die 18jährige M von hinten an ihrer Jacke, um sie<br />

zu sich hinzuziehen und sie zu küssen. Die M wehrte sich gegen den Zugriff, indem sie<br />

versuchte, den A von sich abzudrängen. Wegen der Gegenwehr gelang es dem A nicht,<br />

wie beabsichtigt, seinen Arm um M zu legen, er bekam jedoch ihren linken Arm zu<br />

fassen. In diesem Moment bemerkte er, dass sie eine Armbanduhr trug und kam<br />

dadurch auf den Gedanken, ihr diese vom Arm zu streifen. Dies geschah in einer Weise,<br />

dass die sich wehrende M es gar nicht sofort bemerkte. Als sie ihn endlich abgedrängt<br />

hatte und ihre Uhr zurückforderte, lief A davon. (BGHSt. 20, 32)<br />

4. A verschaffte sich mit einem gefundenen Nachschlüssel Zutritt zur Wohnung des C.<br />

Dort hatte er Schmuck an sich genommen und in der Absicht, ihn zu Geld zu machen, in<br />

eine mitgeführte Aktentasche gesteckt. Als er hörte, dass der C in seine Wohnung<br />

zurückkehrte, versteckte er sich hinter einer Zimmertür. Nachdem der C das Zimmer, in<br />

dem sich der A aufhielt, betreten hatte, versetzte er diesem mit einem Holzknüppel von<br />

hinten mehrere Schläge auf den Kopf. Daraufhin floh er. (BGHSt. 26, 95)<br />

5. A trat mit einer geladenen und entsicherten Pistole in ein Geschäft und forderte den<br />

Ladeninhaber L auf, den Weg zur Kasse freizugeben. L tat, wie ihm geheißen. Bevor A in<br />

die Kasse greifen konnte, löste sich ein Schuss, der L tödlich traf. Bestürzt verließ A das<br />

Geschäft. (BGHSt. 42, 158)<br />

6. A wollte sich durch einen Banküberfall Geld verschaffen. Als er in dieser Absicht mit<br />

einer geladenen Gaspistole in der Hand die Schalterhalle einer Sparkasse betrat, befand<br />

sich dort zu seiner Überraschung niemand. Weder der schusssicher verglaste<br />

Kassenschalter noch der teilverglaste Service-Schalter waren besetzt. In der Annahme,<br />

ein Kunde habe die Schalterhalle betreten, begab sich die Angestellte K aus dem<br />

Frühstücksraum in den Kassenschalterbereich. A richtete die Waffe auf sie und forderte<br />

sie auf, sofort Geld herauszugeben, sonst würde er auf einen Kunden warten. K, die sich<br />

bereits im Bereich des schusssicher verglasten Kassenbereichs befand, hatte keine<br />

Angst um sich selbst, fürchtete jedoch eine mögliche Geiselnahme und kam daher der<br />

Forderung des A nach. (BGHSt. 45, 92 m. krit. Anm. Mitsch, NStZ 1999, S. 617, zust. Anm.<br />

Zopfs, JZ 1999, S. 1062.)<br />

7. A war Ende der 70er Jahre Mitglied der RAF. In diesem Zeitraum hat er zusammen mit<br />

K, W und B einen Überfall mit geladenen Schusswaffen auf die Schweizerische<br />

Volksbank in Zürich verübt, bei dem sie über 548000 Schweizer Franken erbeuteten.<br />

Bei der anschließenden Flucht wurden sie verfolgt. Die Täter gaben auf die Verfolger<br />

mehrere, zumindest teilweise gezielte Schüsse ab. Nachdem die Tätergruppe in das<br />

31


unter dem Bahnhofsplatz gelegene Einkaufszentrum geflohen war, kam es zu einem<br />

Schusswechsel zwischen ihnen und dem sie verfolgenden Polizeibeamten P. Ein von<br />

einem der Täter auf den Beamten gerichteter Schuss verfehlte diesen und traf die<br />

Passantin K tödlich. (BGHSt. 38, 295)<br />

(7) Prüfungsschemata<br />

1. Raub - § 249 StGB<br />

I. Tatbestand (Tb.)<br />

A. Objektiver Tatbestand<br />

1. fremde, bewegliche Sache<br />

2. Wegnahme<br />

3. mittels<br />

a) Gewalt gegen die Person o.<br />

b) Drohung mit gegenwärtiger Gefahr<br />

B. Subjektiver Tatbestand<br />

1. Vorsatz bezügliche A.<br />

2. Zueignungsabsicht<br />

II. Rechtswidrigkeit<br />

III. Schuld<br />

2. Räuberischer Diebstahl - § 252 StGB<br />

I. Diebstahl, § 242 StGB<br />

II. Räuberischer Diebstahl, § 252 StGB<br />

A. Tb.<br />

1. Objektiver Tatbestand<br />

a) Diebstahl: s. o. I.<br />

b) auf frischer Tat betroffen<br />

c) Gewalt gegen Person o.<br />

Drohung mit gegenwärtiger Gefahr<br />

2. Subjektiver Tatbestand<br />

a) Vorsatz bezüglich 1.<br />

b) Absicht der Besitzerhaltung<br />

B. Rechtswidrigkeit<br />

C. Schuld<br />

3. Raub mit Todesfolge - § 251 StGB<br />

I. Einfacher Raub, § 249 I StGB<br />

II. Raub mit Todesfolge, § 251 StGB<br />

A. Grunddelikt: s. o. I.<br />

B. Todesfolge<br />

1. Tod<br />

2. Kausalität<br />

3. Spezifischer Gefahrzusammenhang<br />

4. Leichtfertigkeit<br />

32


(8) Fallsammlung zum Betrug<br />

1. Die Autofirma M, bei der der G als Angestellter tätig war, nahm einen gebrauchten Pkw<br />

Marke VW-Export für 4.800 DM in Zahlung. In der Werkstatt wurde der<br />

Tachometerstand des Fahrzeuges von rund 38.000 km auf 18.600 km zurückgestellt.<br />

Über den Ankauf dieses Fahrzeuges verhandelte bald darauf die S mit dem G. Auf ihre<br />

gleich zu Beginn gestellte Frage wurde ihr erklärt, der Wagen sei 18.600 km gefahren.<br />

Die S ließ sich vor allem durch diese Angaben bestimmen, das Fahrzeug zum Preis von<br />

4.750 DM zu erwerben. (BayObLG MDR 1962, S. 70)<br />

2. Der Zahnarzt Dr. H war mit seiner für 6000 DM gekauften Zuchtstute Rondinella<br />

wegen ihrer Eigenwilligkeit nicht zufrieden und bat daraufhin den Viehkaufmann G, ihm<br />

im Tausch ein ruhiges Reitpferd zu verschaffen. Dabei wurde weder über den Wert<br />

noch über die sonstigen Eigenschaften des Pferdes gesprochen. Bald darauf bot der G<br />

dem Dr. H ein Pferd namens Fleury an, das dem G als ausgesprochen ruhig bekannt war<br />

und was er kurz zuvor für DM 850,-- gekauft hatte. Dr. H zeigte sich zufrieden. Die<br />

beiden einigten sich darauf, dass Dr. H eine Überlegungsfrist von drei Wochen<br />

eingeräumt werde. In dieser Zeit zog Dr. H keinen Sachverständigen zur Rate, sondern<br />

teilte dem G bereits einige Tage nach dem Tausch mit, dass er mit Fleury zufrieden sei.<br />

Erst im Laufe der Zeit merkte er, dass Fleury bockig wurde und sich nicht gut reiten<br />

ließ. (OLG Stuttgart, NJW 1966, S. 990)<br />

3. A gewann den DFB-Schiedsrichter H dafür, Spiele zu manipulieren. Er setzte bei Oddset<br />

auf den verabredeten Spielausgang. Daraufhin gewährte H den zum Sieg bestimmten<br />

Mannschaften unberechtigte Freistöße und Elfmeter, bis der verabredete Spielausgang<br />

sicher gestellt war. A zog die Wettquote ein und gab einen <strong>Teil</strong> an H ab. (BGHSt. 51, 165)<br />

4. K begab sich zur Filiale einer Bank, um dort einen Barscheck über 1.300 DM einzulösen.<br />

Nachdem K den Scheck unterschrieben hatte, nahm ihn die Kassiererin zur Auszahlung<br />

entgegen. Dabei verlas sie sich und meinte, sie müsse einen Betrag von 13.000 DM<br />

auszahlen. Diesen Betrag gab sie auch in die Buchungsmaschine ein. Die Frage der<br />

Kassiererin, ob es große Scheine sein könnten, bejahte K. Sie nahm sodann das Geld und<br />

zählte es ihm laut vor. K bemerkte sofort den Fehler, sagte jedoch nichts und verließ<br />

sodann mit 13.000 DM die Bank. (OLG Köln NJW 1980, S. 2366)<br />

5. A ist Provisionsvertreter. Am 26.05. stieg er im „Hotel E“ ab, in dem der A ein<br />

Doppelzimmer bis zum 31.05.1963 bestellt hatte. Am Abend des folgenden Tages, als er<br />

bereits einige Ausgaben gemacht hatte, merkte A, dass sein Geld nur noch für die<br />

bevorstehenden Mahlzeiten reichte. Trotzdem nahm er noch weitere Hotelleistungen<br />

(Zimmer mit Frühstück) bis zum 31. 05. in Anspruch. Die ihm dann präsentierte<br />

Hotelrechnung konnte er nicht bezahlen. (Vgl. HansOLG Hamburg, NJW 1969, S. 335)<br />

6. K hatte in einem Selbstbedienungsladen von einer Flasche Sekt das aufgeklebte<br />

Preisetikett über 9,89 DM entfernt, dies sodann nahezu deckungsgleich auf ein über<br />

33,98 DM lautendes Preisetikett einer Flasche Champagner geklebt und diese Flasche<br />

sodann an der Kasse vorgelegt. Die Kassiererin, die sich keine Gedanken über den Preis<br />

machte, hatte ihm sodann die Flasche Champagner gegen Zahlung von 9,89 DM<br />

ausgehändigt. (OLG Düsseldorf, NJW 1982, S. 2268)<br />

33


7. Der A reichte einen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides gegen O ein. Der<br />

Rechtspfleger R stellte ohne Schlüssigkeitsprüfung den Mahnbescheid antragsgemäß<br />

aus und dem O zu. (vgl. NStZ 1991, S. 586)<br />

8. M kaufte sich fünf Brötchen bei der Bäckerin V. Er legte eine 50-DM-Note scheinbar zur<br />

Bezahlung auf den Ladentisch. Nachdem V dem M das Wechselgeld herausgegeben<br />

hatte, steckte sich der M unauffällig den 50-DM-Schein, die gekauften Brötchen sowie<br />

das Wechselgeld ein und verließ den Laden. Der M war schon mit der Absicht in den<br />

Bäckerladen gekommen, der V den 50-DM-Schein nicht zukommen zu lassen und die<br />

Brötchen unbezahlt mitzunehmen. (OLG Celle, NJW 1959, S. 1981)<br />

9. Der Obdachlose A zeigte sich selbst zu Beginn der Frostperiode wegen vermeintlich von<br />

ihm begangenen Einbrüchen in Autos an. Der Ermittlungsrichter E erließ Haftbefehl.<br />

Darauf wies man dem A eine beheizte Zelle zu und verköstigte ihn. Darum war es dem A<br />

gegangen. (BGHSt. 14, 170)<br />

10. Der Textilunternehmer U kündigte in der Zeitung den Verkauf von rein wollenen Hosen<br />

für einen sehr guten Preis an. Aufgrund dessen meldete sich der F, der selbst<br />

Textilfachmann war. U verkaufte ihm eine solche Hose unter der mündlichen<br />

Zusicherung, sie sei aus reiner Wolle. Tatsächlich bestand die Hose, wie er wusste, aus<br />

Zellwolle. Der F erkannte dies zwar, erwarb sie aber dennoch, um den U des unlauteren<br />

Wettbewerbs zu überführen. (BGHSt. 16, 220)<br />

11. Der A verkaufte als Provisionsvertreter der Firma F Zigarettenautomaten. Der Frau W.<br />

spiegelte er vor, es handele sich nicht um einen Kauf-, sondern nur um einen<br />

Automaten-Aufstellvertrag. Sie unterschrieb das Bestellformular. Das reichte A bei der<br />

Firma F ein und bekam die Provision ausgezahlt. Die W nahm den Automaten nicht ab,<br />

da sie den Zigarettenautomaten nicht verwenden konnte. Die Bemühungen der Firma F,<br />

von Frau W Zahlung zu erlangen, blieben erfolglos. (BGHSt. 21, 384)<br />

12. Der A war Zeitschriftenwerber des Verlages V. Mutter M überredete er, für ihren<br />

14jährigen Sohn eine Fachzeitschrift der Chemie zu abonnieren, indem er<br />

wahrheitswidrig behauptete, die Zeitschrift sei gerade für Jugendliche gemacht.<br />

Nachdem die M das erste Heft zu Gesicht bekam, das wie üblich überwiegend aus<br />

chemischen Formeln bestand, focht sie das Abonnement sofort an. V akzeptierte dies<br />

sofort. (Vgl. BGHSt. 23, 300)<br />

13. A betätigte sich als Verkaufsvertreter für Melkmaschinen. Als Entgelt für die von ihm<br />

vermittelten Vertragsabschlüsse erhielt er von der Lieferfirma Provision. Den von ihm<br />

aufgesuchten Landwirten spiegelte er vor, er könne ihnen im Rahmen einer<br />

Sonderaktion zu Werbezwecken die benötigte Anlage weit unter dem normalen Preis<br />

verschaffen. Tatsächlich war der von ihm geforderte und vereinbarte Preis der<br />

gewöhnliche Listenpreis. So ging A gegenüber dem Landwirt K vor, dem er eine<br />

Melkanlage für 1885 DM verkaufte, obgleich er wusste, dass dieser Käufer dadurch in<br />

finanzielle Schwierigkeiten geraten könnte. K musste, um die Raten zahlen zu können,<br />

sich monatelang in seiner Lebensführung auf das Nötigste einschränken. Bauer B hatte<br />

kurz zuvor seine Wirtschaftsgebäude neu errichtet, war dadurch finanziell stark<br />

geschwächt und wollte, als der A ihn besuchte, nicht auch noch die Anschaffung einer<br />

Melkmaschine auf sich nehmen. Der A erkannte dies. Durch die Vorspiegelung, B könne<br />

durch eine sofortige Bestellung rund 900 DM einsparen, gelang es ihm gleichwohl,<br />

diesen zur Bestellung einer Melkmaschine zum Preis von 1130 DM zu veranlassen. B<br />

musste, um die daraus entstandene Verpflichtung erfüllen zu können, einen<br />

verzinslichen Kredit aufnehmen. (BGHSt. 16, 321)<br />

34


14. F mietete sich eine Wohnung beim Vermieter V ab dem 01.01.1925. Auf die Frage des F<br />

hin, ob er nicht schon im Dezember des Vorjahres einziehen könne, entgegnete der V, er<br />

müsse dann jedoch auch die Miete für Dezember bezahlen. Daraufhin erklärte der F<br />

dem V wahrheitswidrig, dass er dazu nicht imstande sei, weil er bereits für den Monat<br />

Dezember an seinen bisherigen Vermieter Miete zahlen musste. Der V ließ sich<br />

erweichen und ließ den F schon im Dezember einziehen, ohne Miete zahlen zu müssen.<br />

(RGSt 53, 225)<br />

(9) Prüfungsschemata<br />

1. Betrug - § 263 StGB<br />

I. Grunddelikt, § 263 I StGB<br />

A. Tatbestand<br />

1. Objektiver Tatbestand<br />

a) Täuschung<br />

b) Irrtum<br />

c) Verfügung<br />

d) Schaden<br />

2. Subjektiver Tatbestand<br />

a) Vorsatz bezogen auf 1.<br />

b) Bereicherungsabsicht<br />

B. Rechtswidrigkeit<br />

C. Schuld<br />

D. Strafzumessungsregel, § 263 III StGB<br />

E. Antragserfordernis, §§ 263 IV, 247, 248a StGB<br />

II. Qualifikation, § 263 V StGB<br />

2. Besonders schwerer Fall des Betrugs - § 263 III 2 Nr. 1-5 StGB<br />

I. Grunddelikt, § 263 I StGB<br />

A. Tatbestand<br />

B. Rechtswidrigkeit<br />

C. Schuld<br />

D. Strafzumessungsregel, § 263 III StGB<br />

1. Benannte Fälle, § 263 III 2<br />

a) Regelbeispiel<br />

b) Gegenindizien<br />

2. Unbenannte Fälle, § 263 III 1 (h. M.)<br />

E. Antragserfordernis, §§ 263 IV, 247 StGB<br />

35


(10) Fallsammlung zur Untreue<br />

1. A arbeitete allein an einem Fahrkartenschalter der Deutschen Bahn. Er war beauftragt,<br />

Fahrkarten zu verkaufen. Zweimal monatlich musste er mit einer Sammelkasse<br />

abrechnen. Dabei ging es um sechsstellige Summen. Er änderte das Ablieferungsbuch<br />

und verwendete das nicht abgeführte Geld zur Begleichung von persönlichen Schulden.<br />

(vgl. BGHSt. 13, 315)<br />

2. Der A löste entsprechend eines zuvor gefassten Planes bei einer Bank in der<br />

Bundesrepublik einen auf die Bremer Sparkasse gezogenen Scheck über 200 DM unter<br />

Vorlage einer Scheckkarte ein. Er wusste, dass die ihm von der Sparkasse gesetzte<br />

Grenze für eine Kontoüberziehung überschritten war. (BGHSt. 24, 386)<br />

3. Der A hatte von O Waren unter verlängertem Eigentumsvorbehalt bezogen. A war nach<br />

den Lieferbedingungen verpflichtet, die Erlöse, die er aus dem Weiterkauf der Waren<br />

erzielte, in Höhe des Kaufpreises an den O abzuführen. Gleichwohl vermischte er die<br />

Geldscheine aus dem Verkauf der Waren in der eigenen Kasse mit eigenem Geld, um sie<br />

für sich zu behalten. (vgl. BGHSt. 22, 190)<br />

4. A war FDJ-Sekretär in der DDR und erhielt den Auftrag, seiner in Westdeutschland<br />

verbotenen Organisation 160.000 DM zu überbringen. In der damaligen Bundesrepublik<br />

entschied sich der A, dort zu bleiben und das Geld für private Zwecke zu verwenden.<br />

(BGHSt. 8, 254)<br />

5. Rechtsanwalt A wurde im Sommer 1988 von R, deren Interessen er bereits mehrfach<br />

vertreten hatte, mit der Ausarbeitung einer Altersteilregelung für den damals<br />

84jährigen B beauftragt. Dieser war alleinstehend und vermögend; in juristischen und<br />

finanziell schwierigen Dingen war er unkundig. Er hatte sich an Frau R mit der Bitte<br />

gewandt, seine Altersversorgung zu übernehmen; hierfür wollte er ihr sein Vermögen<br />

übertragen. Der A ließ den B schriftlich erklären, obwohl er nicht Mandant des A sei, die<br />

Kosten der rechtlichen Regelung der Vermögensveräußerung an R zu tragen. A fasste<br />

einen Vertrag ab, der als Gegenleistung der R nur vorsah, dass sie dem B ein Wohnrecht<br />

einräume und ihn unentgeltlich versorgen werde. Diesen Vertrag schloss die R sodann<br />

mit dem B ab. Er wurde notariell beurkundet. (BGH, NStZ 1997, S. 124)<br />

6. A beaufsichtigte als Dienstvorgesetzter das umfangreiche Metalllager seines<br />

Arbeitsgebers. Er ließ es geschehen, dass seine Untergebenen Metallteile in großen<br />

Mengen entwendeten und zu Geld machten.<br />

36


(11) Prüfungsschemata<br />

1. Untreue - § 266 StGB<br />

a. Missbrauchstatbestand<br />

I. Tatbestand<br />

A. Objektiver Tatbestand<br />

1. Vermögensbetreuungspflicht<br />

2. Missbrauch der Verfügungsbefugnis<br />

a) Handeln im Rahmen des rechtlichen Könnens<br />

b) Überschreiten des rechtlichen Dürfens<br />

3. Vermögensschaden<br />

B. Subjektiver Tatbestand [(Bedingter) Vorsatz]<br />

II. Rechtswidrigkeit<br />

III. Schuld<br />

IV. Besonders schwerer Fall, §§ 266 II, 263 III, 243 II StGB<br />

V. Strafantrag, §§ 266 II, 247, 248a StGB<br />

b. Treuebruchtatbestand<br />

I. Tatbestand<br />

A. Objektiver Tatbestand<br />

1. Vermögensbetreuungspflicht<br />

2. Pflichtverletzung (Treubruch)<br />

3. Vermögensschaden<br />

B. Bedingter Vorsatz<br />

II. Rechtswidrigkeit<br />

III. Schuld<br />

IV. Besonders schwerer Fall, §§ 266 II, 263 III, 243 II StGB<br />

V. Strafantrag, §§ 266 II, 247, 248a StGB<br />

37


2. Fallsammlung zu Straftaten gegen sonstige spezialisierte Vermögenswerte<br />

1. A lieh sich von P einen PKW in der Auffassung, dass er diesem gehöre. Unterwegs<br />

bemerkte er, dass sich im Handschuhfach des PKW eine größere Anzahl<br />

verschiedenartiger Zündschlüssel befand. Daraus schloss der A, dass der P<br />

möglicherweise nicht der rechtmäßige Besitzer des PKW sei. (BGHSt. 11, 47)<br />

2. A hatte den Abend zusammen mit G in einer Gastwirtschaft verbracht. Er hatte sich in<br />

den Besitz des Schlüssels für den PKW von O gebracht. Da er selbst nicht mehr fahren<br />

wollte, forderte er den G auf, ihn im PKW des O nach Hause zu bringen. Daraufhin fuhr<br />

der G den A nach Hause. Er wusste nicht, dass es sich um den PKW des O handelte. (vgl.<br />

RGSt. 76, 176)<br />

3. Der A war bei den städtischen Elektrizitätswerken als Monteur angestellt und hatte in<br />

dieser seiner Funktion Leitungen auch in der Straße verlegt, in der er wohnte. Nach<br />

Dienstschluss durchbohrte er das Fensterholz seiner Wohnung, schob Drähte in den<br />

Straßenleitungsdraht und nutzte die so gewonnene elektrische Energie zur Beleuchtung<br />

seiner Wohnung. (vgl. RGSt. 32, 165)<br />

4. A und B betraten während der für den Publikumsverkehr vorgesehenen Zeiten die<br />

Amtsräume des Stadtplanungsamtes in W, ohne hereingebeten worden zu sein. Sie<br />

trugen zwei mit Bauschutt gefüllte Zinkbadewannen hinein, deren Inhalt sie in den<br />

Diensträumen des für die Wahrung des Hausfriedens zuständigen Amtsleiters L<br />

entleerten. Der Oberstadtdirektor von W stellte Strafantrag. (OLG Stuttgart, NJW 1982,<br />

S. 2678)<br />

5. Der Vorstandsvorsitzende V des Vereins „Haus e. V.“ nutzte kraft seines Amtes das von<br />

ihm angemietete Haus der O auch nach der Kündigung weiter. Er erklärte das Haus für<br />

besetzt, hielt sich demonstrativ in ihm auf und wurde im Rahmen einer<br />

Räumungsaktion festgenommen. (vgl. OLG Düsseldorf, NJW 1991, S. 186)<br />

6. Der A arbeitete als Zeitschriftenwerber. Er klingelte an der Wohnung der M, die jedoch<br />

nicht zu Hause war. Es öffnete ihre 14,5jährige Tochter S, die ihn zunächst einließ.<br />

Nachdem der A die S gefragt hatte, ob sie mit ihm schlafen wolle, forderte diese ihn<br />

dazu auf, die Wohnung zu verlassen. Er verließ die Wohnung jedoch erst, nachdem die S<br />

ihre Aufforderung mehrfach wiederholt hatte. (vgl. BGHSt. 21, 224)<br />

38


3. Prüfungsschemata<br />

1. Entziehung elektrischer Energie - § 248c StGB<br />

I. Tatbestand<br />

A. Objektiver Tatbestand<br />

1. Elektrische Anlage<br />

2. Entziehen von elektrischer Energie<br />

3. mittels Leiters<br />

4. der zur ordnungsgemäßen Entnahme nicht bestimmt ist<br />

B. Subjektiver Tatbestand<br />

1. Vorsatz bezüglich A.<br />

2. Zueignungsabsicht<br />

II. Rechtswidrigkeit<br />

III. Schuld<br />

IV. Strafantrag, §§ 248c III, 247, 248a StGB<br />

2. Hausfriedensbruch - § 123 StGB<br />

I. Tatbestand<br />

A. Objektiver Tatbestand<br />

1. Wohnung etc.<br />

2. Eindringen o.<br />

Verweilen trotz Aufforderung zum Verlassen<br />

B. Bedingter Vorsatz<br />

II. Rechtswidrigkeit<br />

III. Schuld<br />

IV. Strafantrag, §§ 123 II StGB<br />

39


(12) Fallsammlung zu betrugs- und untreueähnlichen Delikten<br />

1. Der A reichte einen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides gegen O im maschinellen<br />

Verfahren (§ 689 I 2 ZPO) ein, ohne gegen diesen einen Anspruch zu haben. Der ausgefüllte<br />

Vordruck wurde in einen Computer eingelesen, der einen entsprechenden Mahnbescheid<br />

ausfertigte. Dieser wurde dem O zugestellt.<br />

2. Ein EDV-Sachbearbeiter manipulierte die Zinsberechnungen des Computers seiner<br />

Bank zu deren Lasten und ließ die Differenzbeträge auf sein Konto buchen. (angelehnt<br />

an Rengier, BT I, § 14 Rn. 7)<br />

3. A hatte von einem unbekannt gebliebenen ehemaligen Mitarbeiter eines<br />

Geldspielautomatenaufstellers erfahren, wie man durch das Drücken einer Risikotaste<br />

in bestimmten Intervallen die chipgesteuerten Automaten so beeinflussen konnte, dass<br />

er jedes Spiel gewinnen konnte. Er bewirkte damit, dass ein Automat insgesamt 105 DM<br />

in den Gewinnschacht ausgab. Das Münzgeld nahm A an sich. (BGHSt. 40, 331)<br />

4. A entwendete ihrem Bruder B die codierte EC-Karte. Da sie die PIN kannte, konnte sie<br />

mit der EC-Karte 1.000 DM abheben. Sodann legte sie diese zurück. Die Bank belastete<br />

das Konto des B. (BGHSt. 35, 152)<br />

5. Die A war Inhaber einer codierten EC-Karte. Obwohl sie wusste, dass sie das Konto<br />

überzogen hatte, hob sie mit der Karte an einem Geldautomaten 100 DM in dem Willen<br />

ab, das so entstehende Soll nicht ausgleichen zu wollen. (Vgl. BGHSt. 47, 160)<br />

6. Die Deutsche Lufthansa AG hatte der A eine „AIR-Plus-Kreditkarte“ überlassen, mit der<br />

sie Leistungen dieses Unternehmens auf Kredit in Anspruch nehmen konnte. A nahm<br />

eine solche Leistung unter Vorlage der Karte in Anspruch, obwohl sie wusste, dass sie<br />

mittlerweile zahlungsunfähig geworden war. (BGHSt. 38, 281)<br />

7. A ging mit seiner 2jährigen Tochter ins Schwimmbad. Er stellte zu seiner Freude fest,<br />

dass man sich Schwimmflügel an einem Automaten gegen eine Gebühr von 1 EUR<br />

mieten konnte. Er warf eine türkische Münze, die in Form und Gewicht der Ein-Euro-<br />

Münze gleicht, aber lediglich 10 Cent wert ist, ein und entnahm die Schwimmflügel.<br />

Nach der Nutzung im Bad gab er sie beim Bademeister ab.<br />

8. Die A bestieg in Halle eine Straßenbahn der H. V. AG, ohne über einen gültigen Fahrausweis<br />

zu verfügen. Sie bemühte sich, durch ihr Verhalten keine Aufmerksamkeit zu erregen, um<br />

den Eindruck zu erwecken, als nutzte sie die Straßenbahn mit einem gültigen Fahrausweis.<br />

Sie fuhr einige Stationen und wurde dann von einem Kontrolleur entdeckt (BGHSt. 53, 122)<br />

9. A war Inhaberin eines Schuhgeschäftes, dessen Verkaufs- und Lagerräume sich in ihrem<br />

eigenen Haus befanden. Das Schuhgeschäft hatte sie samt Warenbestand gegen Feuer bei<br />

der Versicherung V versichert. Soweit die A abwesend war, beaufsichtigte ihr Ehemann E<br />

das Geschäft und nahm auch selbst Käufe und Verkäufe vor. Da die Geschäfte schlecht<br />

liefen, kam der E auf die Idee, das Geschäft anzuzünden, damit die A die<br />

Versicherungssumme kassieren könne. Ohne die A zu unterrichten, setzte er seinen Plan an<br />

einem Wochenende, an dem sie verreist war, um. Auf Bitten der ahnungslosen A übernahm<br />

es E, die Versicherung zu informieren und Schadensersatz zu fordern. Nach Prüfung des<br />

Falles überwies die V 100.000 DM an die A (vgl. BGH, NJW 1976, S. 2271).<br />

40


10. A schenkte dem Pensionswirt P an seinem Urlaubsort seine Kamera. A. Dabei ging es dem A<br />

zum einen darum, dem P eine Freude zu machen, zum anderen darum, die Kamera nach<br />

Rückkehr aus dem Urlaub seiner Versicherung als gestohlen zu melden. Während der<br />

Rückfahrt überdachte er seinen Plan und nahm von ihm Abstand.<br />

(13) Prüfungsschemata<br />

1. Computerbetrug - § 263a StGB<br />

I. Tatbestand<br />

A. Objektiver Tatbestand<br />

1. Einwirken auf den Ablauf einer EDV<br />

2. Beeinflussung des Ergebnisses einer EDV<br />

3. Unmittelbar vermögensmindernde Relevanz des Ergebnisses der EDV<br />

4. Vermögensschaden<br />

B. Subjektiver Tatbestand<br />

1. Vorsatz bezüglich I. A.<br />

2. Bereicherungsabsicht<br />

II. Rechtswidrigkeit<br />

III. Schuld<br />

IV. Besonders schwerer Fall, § 263a II i. V. m. § 263 III StGB<br />

V. Strafantragserfordernis gem. § 263a II i. V. m. § 263 IV StGB<br />

2. Missbrauch von Scheck- und Kreditkarten - § 266b StGB<br />

I. Tatbestand<br />

A. Objektiver Tatbestand<br />

1. Überlassung einer Scheck-/Kreditkarte<br />

2. Möglichkeit, den Aussteller zu einer Zahlung zu veranlassen<br />

3. Missbrauch dieser Möglichkeit<br />

4. Vermögensschaden<br />

B. Bedingter Vorsatz<br />

II. Rechtswidrigkeit<br />

III. Schuld<br />

IV. Strafantragserfordernis, §§ 266b II, 248a StGB<br />

41


3. Erschleichen von Leistungen, § 265a StGB<br />

I. Tatbestand<br />

A. Objektiver Tatbestand<br />

1. Erlangen einer (entgeltpflichtigen) Leistung<br />

a) eines Automaten,<br />

b) öffentliche Telekommunikation o.<br />

c) Beförderung<br />

oder<br />

2. Zutritt zu<br />

a) Veranstaltung o.<br />

b) Einrichtung<br />

3. Erschleichen<br />

B. Subjektiver Tatbestand<br />

1. Vorsatz bezüglich A.<br />

2. Absicht, das Entgelt nicht zu entrichten<br />

II. Rechtswidrigkeit<br />

III. Schuld<br />

IV. Strafantrag, gem. §§ 265a III, 247, 248a StGB<br />

4. Versicherungsbetrug - § 263 III 2 Nr. 5 StGB<br />

I. Tatbestand des § 263 I<br />

(Aufbau siehe oben: § 9 II. A. 4.)<br />

II. Rechtswidrigkeit<br />

III. Schuld<br />

IV. Strafzumessungsregel<br />

A. § 263 III 2 Nr. 5 StGB<br />

1. Sache von bedeutendem Wert<br />

2. In-Brand-setzen / Brandlegung<br />

3. Vorsatz<br />

4. Absicht, Versicherungsfall vorzutäuschen<br />

B. Keine Gegenindizien<br />

5. Versicherungsmissbrauch - § 265 StGB<br />

I. Tatbestand (Tb.)<br />

A. Objektiver Tb.<br />

1. Tatobjekt<br />

a) Sache<br />

b) versichert<br />

2. Ausführungshandlung<br />

a) Beschädigen,<br />

b) Beeinträchtigen der Brauchbarkeit,<br />

c) Beiseiteschaffen oder<br />

d) Überlassen an einen Dritten<br />

3. Täter = Versicherter o. Repräsentant (str.)<br />

B. Subjektiver Tb.<br />

1. Vorsatz bezüglich A.<br />

2. Absicht, Versicherungsleistung zu verschaffen<br />

3. Kein Anspruch auf die Versicherungssumme (str.)<br />

II. Rechtswidrigkeit<br />

III. Schuld<br />

IV.Tätige Reue, §§ 264 V, 264a III, 265b II StGB (str.)<br />

42


(14) Fallsammlung zur Erpressung und zum erpresserischen Menschenraub<br />

1. A bedrohte den Taxifahrer T mit einer Gaspistole, forderte ihn auf das Taxi zu verlassen<br />

und ihm die Autoschlüssel zu geben. T tat wie ihm geheißen. A fuhr davon und stellte das<br />

Taxi auf dem Innenhof einer Polizeidienststelle ab als das Benzin zur Neige ging.<br />

2. Wie 1., nur sagte er dem T, er solle den Schlüssel stecken lassen. Nachdem der T<br />

ausgestiegen war, fuhr der A mit seinem Taxi davon.<br />

3. Wie 2., nur schoss er dem T sogleich ins Gesicht und zerrte ihn sodann aus dem Taxi.<br />

4. Wie 3., nur schoss er ihm ins Gesicht und zwang diesen dadurch das Taxi zu verlassen, um<br />

seine Auge auszuwaschen. Dies nutzte A, um mit dem Taxi davon zu fahren. (BGHSt. 14,<br />

386 m. Bespr. Schnellenbach NJW 1960, S. 2154)<br />

5. A stellte dem O in Aussicht, er werde seiner Freundin seinem Seitensprung verraten, wenn<br />

er ihm nicht die ec-Karte herausgebe und ihm die PIN verrate. O tat wie ihm geheißen. Auf<br />

dem Weg zum Bankautomaten wurde der A von der Polizei gestellt. (Fall entworfen nach<br />

BGH, NStZ-RR 2004, S. 333)<br />

6. Die S betrat eine Drogerie in der Absicht, die Kassiererin K zu überfallen. Sie drückte ihr<br />

einen Labellostift in den Rücken und forderte sie auf, den Kasseninhalt herauszugeben. K<br />

dachte, sie werde durch ein Messer o. ä. bedroht und händigte der S 450 DM aus (Vgl. BGH,<br />

NJW 1996, S. 2663 m. Anm. Hohmann, NStZ 1997, S. 185).<br />

7. Der A betrat gegen 10.30 Uhr die Filiale einer Bank, in der sich zu dieser Zeit nur die<br />

Kassiererin K in ihrem durch Panzerglas rundum geschützten Kassenhäuschen befand. A<br />

richtete eine Pistole auf sie und verlangte das Geld heraus. K gab ihr 10.000 DM Sie tat dies<br />

aus der Furcht heraus, es könne jederzeit ein Kunde erscheinen. (BGH, NStZ 1999, S. 615 m.<br />

krit. Anm. v. Mitsch u. zust. Anm. v. Zopfs, JZ 1999, S. 1062)<br />

8. A stach den O in Anwesenheit von dessen Lebensgefährtin R mit einem Stilett in den Bauch.<br />

O fiel zu Boden. A erkannte, dass die R sichtlich geschockt war und forderte sie auf, dem O<br />

die Armbanduhr vom Handgelenk zu streifen und ihm zu übergeben. Die O tat wie ihr<br />

geheißen. (Vgl. BGHSt. 41, 123)<br />

9. A ließ die Prostituierte P in seinen PKW steigen und fuhr mit ihr an einen einsamen Ort.<br />

Dort angekommen, zog er eine Pistole und verlangte von ihr ihre gesamten<br />

Tageseinnahmen. Aus Angst um ihr Leben, gab P dem A ihr gesamtes Geld. (Abwandlung<br />

und Vereinfachung von BGH, NStZ 1997, S. 39)<br />

43


(15) Prüfungsschemata<br />

1. Erpressung - § 253 StGB<br />

I. Tatbestand<br />

A. Objektiver Tatbestand<br />

1. Nötigen<br />

2. mittels Gewalt o.<br />

Drohung<br />

3. vermögensminderndes Verhalten (str.)<br />

4. Vermögensschaden<br />

B. Subjektiver Tatbestand<br />

1. Vorsatz bezüglich A.<br />

2. Bereicherungsabsicht<br />

II.<br />

Rechtswidrigkeit<br />

A. Allgemeine Rechtfertigungsgründe<br />

B. Besondere Verwerflichkeitsprüfung, § 253 III StGB<br />

III. Schuld<br />

IV. Bes. schwerer Fall, § 253 IV StGB<br />

2. Erpresserischer Menschenraub - § 239a StGB<br />

I. Tatbestand von § 239a I 1. Hs. StGB<br />

A. Objektiver Tatbestand<br />

1. Entführen o.<br />

2. Sichbemächtigen des Opfers<br />

B. Subjektiver Tb.<br />

1. Vorsatz bezüglich A.<br />

2. Absicht<br />

a) Erpressung zu begehen u.<br />

b) Sorge um das Wohl des Opfers<br />

hierzu auszunutzen<br />

II. Rechtswidrigkeit<br />

III. Schuld<br />

IV. Erfolgsqualifizierung, § 239a III StGB<br />

V. Tätige Reue, § 239a IV StGB<br />

44


(16) Fallsammlung zur Abgrenzung der Vermögensdelikte untereinander<br />

1. A fuhr mit leerem Tank an die Zapfsäule der SB-Tankstelle des Pächters T, der gerade in<br />

der Werkstatt etwas zu tun hatte. A hatte vor, zu tanken, und dann, ohne zu bezahlen,<br />

davon zu fahren. So geschah es auch.<br />

2. Wie 1., nur war T im Kassenraum anwesend, hörte ein KfZ kommen und machte sich im<br />

Übrigen keine Gedanken. A fasste den Entschluss, ohne zu bezahlen, wegzufahren erst, als<br />

er die Zapfpistole wieder einhängte.<br />

3. Wie 2., nur beobachtete T den A und ging davon aus, dass es sich um einen<br />

zahlungswilligen Kunden handelte. A hatte von Anfang an den Willen, ohne zu bezahlen,<br />

davon zu fahren. (vgl. BGH, NJW 1983, S. 2827 m. Bespr. Schroeder, JuS 1984, S. 845)<br />

4. A hatte während seines Aufenthaltes in M ein Verhältnis mit der W. Diese besaß einen<br />

PKW, den sie in einer Sammelgarage untergestellt hatte. In der Garage wurde für jeden<br />

Wagen ein Zündschlüssel beim Pförtner P hinterlegt. Den zweiten Schlüssel behielten die<br />

Fahrzeughalter. Auf Verlangen händigte der Pförtner ihnen aber auch den Zweitschlüssel<br />

aus. A holte einmal den Wagen der W nach deren telefonischer Genehmigung aus der<br />

Garage zu einer Fahrt ab. Dies wiederholte er sieben Mal allein und war der Annahme, dass<br />

die W wegen der Beziehung auch damit einverstanden war. Am Morgen des 20. Mai sprach<br />

der A wieder in der Garage vor und holte sich in der Absicht, nicht zurückzukehren, ohne<br />

Wissen und Genehmigung der W deren Wagen ab. P händigte ihm wieder den Schlüssel<br />

aus. A fuhr mit dem PKW davon, um ihn für sich dauerhaft zu nutzen (BGHSt. 18, 221).<br />

5. S ist als Verkäuferin tätig. Für den Fall, dass ein Kunde Waren zur Auswahl mit nach Hause<br />

nehmen wollte, wurde seine Anschrift sowie der betreffende Artikel in ein<br />

„Kundenauswahlbuch“ eingetragen. Auch die S ließ sich von dem kaufmännischen<br />

Angestellten Z drei Kittel zur Auswahl aushändigen und auf den Namen ihrer Mutter in das<br />

Kundenauswahlbuch eintragen. Die Kittel nahm sie mit nach Hause. Als sie in das Kaufhaus<br />

zurückkam, sah sie in der Nähe der Kasse zwei Kittel liegen, hob sie hoch und zeigte sie aus<br />

einiger Entfernung der Verkäuferin L mit der Aufforderung, die beiden Kittel aus dem<br />

Kundenauswahlbuch zu streichen. Die Verkäuferin kam diesem Wunsche nach, da sie<br />

annahm, dass die Angeklagte diese beiden Kittel wieder zurückgebracht habe. Tatsächlich<br />

hatte sie die beiden Kittel noch zu Hause, da sie diese behalten wollte, ohne zu bezahlen.<br />

(OLG Hamm NJW 1974, 1957)<br />

6. M hatte in einem Supermarkt ihre Geldbörse an der Kasse liegen gelassen und war aus dem<br />

Geschäft gegangen. Kurz darauf bezahlte K ihren Einkauf und packte die eingekauften<br />

Waren in ihre Tasche. Währenddessen bemerkte die neben der K stehende Z die Geldbörse<br />

der M. Sie nahm diese in die Hand und fragte die K, ob dies ihre Geldbörse sei. Die K bejahte<br />

diese Frage und Z legte sie wieder auf den alten Platz. Die K nahm die Geldbörse an sich<br />

und verließ das Geschäft. Die Kassiererin hatte den Vorgang aus unmittelbarer Nähe<br />

miterlebt. Sie war berechtigt, die im Geschäft zurückgebliebenen Fundsachen an sich zu<br />

nehmen und dem Berechtigten wieder auszuhändigen. (OLG Hamm NJW 1969, 620)<br />

7. A warf Falschgeld in den Zigarettenautomaten des O und wählte die Zigarettensorte. Es fiel<br />

eine Schachtel Zigaretten in das Ausgabefach. A nahm es an sich und rauchte es auf. (BGH,<br />

MDR 1953, S. 562)<br />

45


(17) Fallsammlung zu vermögensbezogenen Anschlussdelikten<br />

1. W war Betriebsleiter einer Ölfabrik der Ö-AG. Er hatte durch Verkauf von Öl seiner<br />

Arbeitgeberin Ö-AG auf eigene Rechnung einen 40.000 DM in Geldscheinen erlöst. Seiner<br />

Bekannten A lieh er das Geld zinslos. Er hatte ihr erzählt, dass es sich um Einkünfte aus<br />

Nebenverdiensten handele, die er in seiner Steuererklärung nicht angegeben habe. (BGHSt.<br />

4, 221)<br />

2. E hatte als Betriebsleiter Waren seiner Arbeitgeberin auf eigene Rechnung verkauft und<br />

sich den Kaufpreis auf ein privates Konto zahlen lassen. Als seine Überführung drohte,<br />

schenkte er der A das Geld. Der A hatte er dabei erzählt, er habe das Geld im Lotto<br />

gewonnen. Die A glaubte ihm zunächst und ließ sich das Geld auf eines ihrer Konten<br />

überweisen. Ein paar Tage später trat die Arbeitgeberin des E an A heran und klärte die A<br />

auf. A versprach ihr, das Geld zurück zu überweisen. Stattdessen überwies sie es dem E<br />

zurück, der es auf der Spielbank verlor. (Vgl. BGHSt. 24, 166 m. Anm. Maurach, JR 1972, S.<br />

1972, S. 70)<br />

3. B wurde von A angerufen, er möge mit seinem LKW in die Nähe eines Schrottlagers fahren.<br />

Noch bevor B dort angekommen war, erkannte er, dass der A in das Schrottlager<br />

gewaltsam eingedrungen sein musste und 100kg Schrott aus dem Lager herausgeschafft<br />

und 100m weiter transportiert hatte. Gleichwohl lud er zusammen mit diesem den Schrott<br />

auf seinen LKW und fuhr mit ihm davon. (Vgl. BGHSt. 4, 132)<br />

4. A hatte dem O die Geldbörse aus der Gesäßtasche entwendet, ging in die Kneipe „Zur<br />

Schmiede“, rühmte sich vor den Gästen G, H und I seiner Tat. Dann ging er zur Theke,<br />

entnahm der Geldbörse einen Hundertmarkschein, klebte diesen dem ahnungslosen Wirt<br />

W an die Stirn und hielt die Gäste frei. (vgl. BGHSt. 9, 137)<br />

5. A hatte das Zündschloss des Motorrad von O aufgebrochen und es zum Stall des H<br />

gefahren. H, vom Berufe Autoschlosser, sollte es für A zu einer Rennmaschine umbauen. Als<br />

H erkannte, dass das Zündschloss beschädigt war, wurde ihm klar, wie der A in den Besitz<br />

der Maschine gekommen war. Spontan entschloss er sich, dass Motorrad umzuspritzen und<br />

auf eigene Rechnung an einen ahnungslosen Dritten zu verkaufen. Diese Sache flog auf,<br />

kurz nachdem der H das Motorrad umgespritzt hatte. (vgl. BGHSt. 10, 151)<br />

6. L schuldete dem A Geld. Wie A wusste hatte L eine Drogerie überfallen, indem er der<br />

Kassiererin eine Pistole vorgehalten, den Kassenbestand heraus verlangt und ausgehändigt<br />

bekommen hatte. A stellte dem L nun in Aussicht, er werde ihn anzeigen, wenn er mit<br />

diesem Gelde nicht seine Schuld begleichen würde. So geschah es. (vgl. BGHSt. 42, 196)<br />

7. A hatte ein Gemälde aus dem Bungalow des O entwendet. Der H bot es dem K an, der es<br />

aber nicht erwerben wollte. Stattdessen nannte er dem H den Interessenten I und gab dem<br />

H dessen Telefonnummer. Dieser versuchte, den H zu erreichen, was ihm aber nicht gelang.<br />

(vgl. BGHSt. 27, 45)<br />

8. A und B sind miteinander verheiratetet und als Rechtsanwälte in einer von ihnen 1986<br />

gegründeten Sozietät in F tätig. 1994 vertraten sie D und deren Ehemann, H. Gegen beide<br />

Mandanten wurde wegen fortgesetzten gemeinschaftlichen Betruges im Zusammenhang<br />

mit so genannten Letter-Geschäften der E-Gesellschaft ermittelt. Die Eheleute D und H<br />

waren Führungsmitglieder der E. Sie vertrieben seit 1992 Broschüren, in denen<br />

46


Geldanlegern für Letter-Käufe sichere Gewinne von mindestens 71 % jährlich versprochen<br />

wurden, obwohl sie als Verantwortliche der E wussten, dass die dafür erforderlichen<br />

Renditen nicht zu erzielen und die versprochenen Gewinnauszahlungen nur im Rahmen<br />

eines betrügerischen Schneeballsystems durch Einzahlungen neuer Letter-Käufer möglich<br />

waren. Die E erlangte dadurch – bis zum Zusammenbruch des Systems Anfang 1995 –<br />

insgesamt knapp zwei Milliarden DM, von denen an die Anleger nur etwa 1,5 Milliarden DM<br />

zurückflossen. Im Rahmen ihrer Tätigkeit als Wahlverteidiger nahmen A und B im<br />

Dezember 1994 Bargeld in Höhe von 200.000 DM als Honorarvorschuss entgegen. Das<br />

Bargeld stammte aus den Geschäften der E, was den Angeklagten bekannt war. (Vgl. BGHSt.<br />

47, 68, BVerfGE 101, 226)<br />

47


(18) Fallsammlung zur Hehlerei<br />

1. A hatte ein Gemälde aus dem Bungalow des O entwendet. Dieses übergab er dem Z,<br />

damit er es zu Geld mache. Der Z bot es dem K an, der es erwarb. Das Geld teilte Z mit A.<br />

2. A hatte ein Gemälde aus dem Bungalow des O entwendet. Dieses übergab er dem Z,<br />

damit er es zu Geld mache. Der Z fragte den M, wem er das Gemälde anbieten könne. M<br />

nannte ihm den I und gab ihm dessen Telefonnummer. Z bemühte sich darum, es an den<br />

I zu verkaufen, was misslang. (Vereinfachung von BGHSt. 27, 45)<br />

3. A hatte ein Gemälde aus dem Bungalow des O entwendet. A fragte den M, wem er das<br />

Gemälde anbieten könne. M forderte einen <strong>Teil</strong> des zu erwartenden Erlöses, nannte dem<br />

A dann den I und gab ihm dessen Telefonnummer. A verkaufte das Gemälde an den I<br />

und gab einen <strong>Teil</strong> des Kaufpreises dem M.<br />

4. A hatte ein Gemälde aus dem Bungalow des O entwendet. A fragte den M, wem er das<br />

Gemälde anbieten könne. M forderte einen <strong>Teil</strong> des zu erwartenden Erlöses, nannte dem<br />

A dann den I und gab ihm dessen Telefonnummer. Bevor der A bei I anrufen konnte,<br />

wurde das Gemälde bei ihm sichergestellt.<br />

5. Der Bruder B des A hatte im Herbst 1990 den Pkw des O gestohlen. Um das Fahrzeug<br />

ungestört Kaufinteressenten anbieten zu können, gestattete der A dem B, den PKW<br />

kostenlos in seiner Garage unterzustellen. Dort veräußerte B den Wagen an den H.<br />

6. Wie Fall 1., nur überredete A den Z mit der Aussicht auf Erlösteilung.<br />

7. Wie Fall 1., nur hatte der Z dem A vor dem Einbruch einen Dietrich überreicht.<br />

9. Wie Fall 1., nur hatte der C dem A vor der Tat einen Dietrich überreicht und den Z durch<br />

Erlösteilung überredet.<br />

10. Wie Fall 1., nur fuhr der C den Z zum A.<br />

11. Wie Fall 1., nur fuhr der C den Z zum A. Er selbst hatte strebte keine Vermögensvorteil<br />

an und es ging ihm auch nicht darum, den Z zu bereichern.<br />

48


(19) Fallsammlung zur Geldwäsche<br />

1. A hatte dem O die Geldbörse aus der Gesäßtasche entwendet, ging in die Kneipe „Zur<br />

Schmiede“, rühmte sich vor den Gästen G, H und I seiner Tat. Dann ging er zur Theke,<br />

entnahm der Geldbörse einen Hundertmarkschein, klebte diesen dem ahnungslosen<br />

Wirt W an die Stirn und hielt die Gäste frei. (vgl. BGHSt. 9, 137)<br />

2. A hatte dem O die Geldbörse aus der Gesäßtasche geraubt, ging in den Juwelierladen<br />

des J und kaufte dort vom gutgläubigen J mit dem Geld einen goldenen Ring. Diesen<br />

Ring schenkte der seiner Frau F, die er zuvor in die Herkunft des Geldes eingeweiht<br />

hatte<br />

3. Wie 2., nur war der J bösgläubig. Das erhaltene Geld zahlte er am Abend bei seiner Bank<br />

auf das Konto ein.<br />

4. Wie 2. Die F erzählte ihrer Freundin B, wie sie an den neuen Ring gekommen ist.<br />

Daraufhin forderte die B den Ring heraus. Andernfalls würde sie zur Polizei gehen. Aus<br />

Angst übergab der F der B den Ring.<br />

5. Wie 4. Die F war gutgläubig. Die B hatte aber über ihren Freund erfahren, wie der A an<br />

das Geld gekommen war.<br />

6. Z hatte im Jahre 1976 durch Entführung von Ö 21 Mio. DM erpresst. Anfang 1997 hatte<br />

er noch 12,5 Mio. DM des von ihm versteckten Geldes zur Verfügung, die er umtauschen<br />

wollte. Er knüpfte Kontakt zu dem angeblichen Interessenten K bei dem es sich aber um<br />

einen Scheinaufkäufer der englischen Polizei handelte. Z vereinbarte mit K, dass dieser<br />

das Geld in London zu einer Umtauschrate von 73% abnehmen werde. Am 25. und 26. 5.<br />

1997 mietete K in London einen Pkw und einen Kleintransporter an und übergab beide<br />

Fahrzeuge an Z. Der N half dem Z beim Verstecken des Geldes. Er rechnete damit, dass<br />

dies dem Absatz des Lösegeldes dienen sollte. Kurz darauf wurden Z und N<br />

festgenommen; das restliche Lösegeld wurde beschlagnahmt und dem Geschädigten<br />

zurückgegeben. (BGH, NJW 1999, S. 436)<br />

7. A und B sind miteinander verheiratet und als Rechtsanwälte in einer von ihnen 1986<br />

gegründeten Sozietät in F. tätig. 1994 vertraten sie D und deren Ehemann H. Gegen beide<br />

Mandanten wurde wegen fortgesetzten gemeinschaftlichen Betruges im Zusammenhang<br />

mit sog. Letter-Geschäften der E-Gesellschaft ermittelt. Die Eheleute D und H waren<br />

Führungsmitglieder der E. Sie vertrieben seit 1992 Broschüren, in denen Geldanlegern für<br />

Letter-Käufe sichere Gewinne von mindestens 71 % jährlich versprochen wurden, obwohl<br />

sie als Verantwortliche der E wussten, dass die dafür erforderlichen Renditen nicht zu<br />

erzielen und die versprochenen Gewinnauszahlungen nur im Rahmen eines betrügerischen<br />

Schneeballsystems durch Einzahlungen neuer Letter-Käufer möglich waren. Die E erlangte<br />

dadurch – bis zum Zusammenbruch des Systems Anfang 1995 – insgesamt knapp zwei<br />

Milliarden DM, von denen an die Anleger nur etwa 1,5 Milliarden DM zurückflossen. Im<br />

Rahmen ihrer Tätigkeit als Wahlverteidiger nahmen A und B im Dezember 1994 Bargeld in<br />

Höhe von 200.000 DM als Honorarvorschuss entgegen. Das Bargeld stammte aus den<br />

Geschäften der E, was den Angeklagten bekannt war. (Vgl. BGHSt. 47, 68, BVerfGE 101,<br />

226)<br />

49


(20) Prüfungsschemata<br />

1. Begünstigung - § 257 StGB<br />

I. Tatbestand<br />

A. Objektiver Tatbestand<br />

1. fremde Vortat<br />

2. Hilfe leisten (zur Vorteilssicherung)<br />

B. Subjektiver Tatbestand<br />

1. Vorsatz bezüglich A.<br />

2. Vorteilssicherungsabsicht<br />

II. Rechtswidrigkeit<br />

III. Schuld<br />

IV. Strafantrag, § 257 IV StGB<br />

2. Hehlerei - § 259 StGB<br />

I. Tatbestand<br />

A. Objektiver Tatbestand<br />

1. Tatobjekt<br />

a) Sache<br />

b) aus fremder, gegen fremdes Vermögen gerichteter Tat erlangt<br />

2. Ausführungshandlungen<br />

a) Verschaffen,<br />

b) Absetzen o.<br />

c) Absatzhilfe<br />

B. Subjektiver Tatbestand<br />

1. Vorsatz bezüglich A.<br />

2. Bereicherungsabsicht<br />

II. Rechtswidrigkeit<br />

III. Schuld<br />

IV. Strafantrag, § 259 II StGB<br />

3. Geldwäsche<br />

I. Tatbestand<br />

A. Objektiver Tatbestand<br />

1. Tatobjekt<br />

a) Gegenstand<br />

b) aus Katalogtat<br />

c) Herrühren<br />

aa) identischer Gegenstand o.<br />

bb)<br />

2. Ausführungshandlung<br />

a) Verbergen<br />

b) Herkunft verschleiern<br />

c) Gefährden<br />

Surrogation,<br />

Grenze: makelloser Zwischenerwerb<br />

aa) der Ermittlungen,<br />

bb) des Auffindens o.<br />

cc) der amtlichen Ingewahrsamnahme<br />

50


d) Verschaffen<br />

e) Verwenden<br />

f) Verwahren<br />

3. Pflichtwidrigkeitszusammenhang<br />

B. Subjektiver Tatbestand<br />

II. Rechtswidrigkeit<br />

III. Schuld<br />

IV. Strafausschließungsgrund<br />

A. Strafbare Vortatbeteiligung, § 261 IX 2 StGB:<br />

B. Tätige Reue, § 261 IX 1 Nr. 1 StGB:<br />

VI. Besonders schwerer Fall, § 261 IV StGB<br />

51


(21) Fallsammlung zur Abgrenzung Begünstigung - Beihilfe zur Vortat<br />

1. B fertigte dem A eine Dietrich an und händigte ihn dem A aus. A benutzte den Dietrich, um<br />

in das Warenlager von O einzudringen. Dort nahm er Güter im Wert von 1.000 Euro an sich<br />

und brachte sie zu sich nach Haus.<br />

2. A brach die Tür zu dem Warenlager des O auf und nahm dort Güter im Wert von 1.000 Euro<br />

an sich. A fuhr mit seinem PKW nach Hause. Auf der Hälfte der Strecke ging ihm das Benzin<br />

aus. Er rief B an, der ihm einen Kanister Benzin vorbeibrachte, so dass A die Fahrt nach<br />

Hause fortsetzen konnte. B wusste von den Tatplänen des A.<br />

3. Wie 2., nur hatte der A zunächst vor, in ein Versteck zu fahren. Der B wusste davon, dass<br />

der PKW des A zu wenig Benzin getankt hatte. Er stellte vor Beginn des Einbruchs ein<br />

Kanister Benzin in das Versteck. Dieses füllte dann A nach dem Eintreffen im Versteck in<br />

sein PKW.<br />

4. Wie 3., nur wusste der A von dem Auftanken durch B.<br />

5. B wusste von dem Plan des A, in das Warenlager des O einzubrechen. Damit A schneller<br />

vom Tatort fliehen konnte, stellte er kurz vor Tatbeginn ein Fahrrad unverschlossen vor<br />

das Warenlager ab und teilte dies dem A mit. A fuhr nach dem Einbruch damit davon.<br />

6. Wie 5. nur wusste der A nichts davon, dass jemand ihm das Fahrrad dort hingestellt hatte.<br />

7. Wie 5., nur stellte B das Fahrrad erst in dem Zeitpunkt ab, in dem der A das Warenlager<br />

verließ.<br />

8. Wie 7., nur wusste der A nichts da davon, dass jemand ihm das Fahrrad dort hingestellt<br />

hatte.<br />

9. Wie 3., nur stellte B das Benzin im Versteck erst ab, nachdem der A das Warenlager<br />

verlassen hatte.<br />

52


(22) Fallsammlung zu Versuchsproblemen bei Vermögensdelikten<br />

1. B hatte sich nachts Zugang zu einem Laden verschafft und von dort einen großen, 300kg<br />

schweren Tresor unter großen Anstrengungen auf die Straße vor dem Ladengeschäft<br />

geschafft. Als er dabei war, den Tresor auf einen Gabelstapler zu laden, wurde er von der<br />

Polizei überrascht. (vgl. BGH, NStZ 1981, S. 435)<br />

2. B stieg in den späten Abendstunden durch ein Fenster in eine im Erdgeschoss eines<br />

Reihenmietshauses gelegene Wohnung ein, deren Inhaber I bereits schlief. B steckte eine<br />

Geldbörse ein. Als er dann im Schlafzimmer ein Radio ergreifen wollte, wurde I wach,<br />

sprang aus dem Bett und schlug B nieder. Dieser konnte zwar noch das Haus verlassen,<br />

wurde dann aber im Hof wieder gestellt. Die Geldbörse hatte B noch bei sich. (vgl. BGH; JR<br />

1963, S. 466)<br />

3. A zerstörte das Schloss einer Kasse des O mit einem Schraubenzieher und öffnete sie, um<br />

den Kassenbestand an sich zu nehmen. Er musste freilich feststellen, dass die Kasse leer<br />

war. Daraufhin zog er enttäuscht von dannen.<br />

4. A begab sich in der Tatnacht an die Rückseite eines Hauses, in dem sich ein Radio- und<br />

Fernsehgeschäft befand. Er hatte vor, aus dem Geschäft ihn interessierende Sachen zu<br />

entwenden. Er brach mit einem Hebelwerkzeug gewaltsam das Vorhängeschloß einer<br />

Holztür auf, die in den Anbau jenes Hauses führte. In dem Anbau befanden sich nur<br />

wertlose Sachen; er hatte keinen Zugang zu einem anderen Raum des Gebäudes. A gab sein<br />

Vorhaben auf. (BGH, NStZ 1985, S. 217 m. abl. An. v. Arzt, StV 1985, S.104)<br />

5. A hatte sich entschlossen, mittels eines Dietrichs in den Schankraum einer Gaststätte zu<br />

gelangen. Als er den Dietrich im Türschloss umdrehen wollte, stellte er zu seiner<br />

Überraschung fest, dass die Tür unverschlossen war. Erfreut ging er in den Schankraum,<br />

verstaute 10 Flaschen Korn in einem mitgeführten Sack und lief davon.<br />

6. A bemühte sich, die Einfassung eines Glasstücks eines Butzenscheibenfensters einer<br />

Gaststätte mit einem Schraubenzieher abzulösen. Ihm ging es darum, das Fenster zu öffnen,<br />

in den Schankraum zu gelangen und dort Stehlenswertes an sich zu nehmen. Als es ihm<br />

gelungen war, eine Scheibe herauszulösen, wurde er von der Polizei verhaftet (BGHSt. 33,<br />

370 m. zust. Anm. Schäfer, JR 1986, S. 522)<br />

7. A betrat das Ladengeschäft des O, um ihn zu überfallen. Er richtete eine geladene und<br />

entsicherte Pistole auf den O und bedeutete ihm, von der offen stehenden Kasse<br />

wegzutreten und zu dulden, dass A den Kassenbestand an sich nehme. Plötzlich löste sich<br />

ein Schuss und traf den O tödlich. Erschrocken über das, was er angerichtet hatte, verließ A<br />

das Ladengeschäft, ohne etwas mitzunehmen. (BGHSt. 42, 158 m. Anm. Küper, JZ 1997, S.<br />

229; abl. Bespr. Jäger, NStZ 1998, S. 161)<br />

8. Die A war zahlungsunfähig. Trotzdem antwortete sie auf ein Inserat der Maklerfirma S., in<br />

dem es um den Verkauf einer Dachterrassenwohnung ging. Sie verpflichtete sich zur<br />

Zahlung eines Maklerlohns von 5 258,40 DM bei Abschluß des notariellen Kaufvertrags<br />

über die in Aussicht genommene Eigentumswohnung. Sodann besichtigte sie die Wohnung<br />

und vereinbarte mit dem Eigentümer E, den Kauf notariell beurkunden zu lassen. E ließ<br />

sich vom Notar N einen Termin geben, den die A bestätigte. Zum Termin selbst erschien sie<br />

nicht. (BGHSt. 31, 178 [181 f.])<br />

53


9. A hatte ein Gemälde aus dem Bungalow des O entwendet. Dieses übergab er dem Z, damit<br />

er es zu Geld mache. Der Z fragte den M, wem er das Gemälde anbieten könne. M nannte<br />

ihm den I und gab ihm dessen Telefonnummer. Z bemühte sich darum, es an den I zu<br />

verkaufen, was misslang. (Vereinfachung von BGHSt. 27, 45)<br />

54


(23) Fallsammlung zu besonderen Fragen der Beteiligung bei Vermögensdelikten<br />

1. A und B vereinbarten, Steine auf einer Baustelle zu entwenden. Eines nachts begaben sie<br />

sich zur Baustelle, packten Steine in einen Sack und trugen diesen dann gemeinsam zu A<br />

nach Hause.<br />

2. A und B hatten sich gemeinsam entschlossen, Wertsachen aus dem PKW des O zu<br />

entwenden. B öffnete mit einem Schraubenschlüssel das Seitenfenster auf der Fahrerseite,<br />

A setzte sich in den Wagen, durchsuchte das Handschuhfach und fand dort 500 Euro. Diese<br />

Geldscheine nahm er an sich. Beide entfernten sich und teilten später das Geld.<br />

3. A schlug die Scheibe eines Kiosks ein, um die dort aufbewahrten Spirituosen zu entwenden.<br />

Als er wider Erwarten feststellte, dass der Kiosk ganz frisch bestückt war, holte er den B<br />

zur Hilfe. Während er diesem die einzelnen Flaschen herausreichte, packte dieser sie in<br />

einen Kartoffelsack. Ihn schleppten sie sodann gemeinsam nach Hause. (BGHSt. 2, 344)<br />

4. A und B vereinbarten, fortlaufend Steine von Baustellen zu entwenden. Eines nachts<br />

begaben sie sich zur Baustelle in X, packten Steine in einen Sack und trugen diesen dann<br />

gemeinsam zu A nach Hause.<br />

5. Wie 4., nur fassten A und B ihren Plan gemeinsam mit dem C und führten ihn dann auch mit<br />

ihm aus.<br />

6. Der T, B und A waren sich einig, Diebstähle zu begehen. B und A drangen zu diesem Zweck<br />

gewaltsam in eine Wohnung ein und nahmen Sachen an sich, während T<br />

verabredungsgemäß nur Schmiere stand. Als Entdeckung drohte, mahnte er B und A zur<br />

Eile. Beide beschleunigten ihr Tun, so dass alle drei unentdeckt entkamen. (vgl. BGHSt. 47,<br />

214)<br />

7. Wie 6., nur drang der A allein ein, während der T Schmiere stand. Der B erhielt einen <strong>Teil</strong><br />

der Beute.<br />

8. B vereinbarte mit A und M, Kraftfahrzeuge zu entwenden, sie in einem sicheren Versteck<br />

mit neuen Schließsystemen, Steuergeräten und Fahrzeugidentifikationsnummern (FIN) zu<br />

versehen und die so umgebauten KfZ weiterzuverkaufen. Für jedes KfZ sollte der B von A<br />

5000 Dollar erhalten. Gemäß der Absprache oblag die unmittelbare Ausführung der<br />

Diebstähle ausschließlich dem B, während A im Vorfeld der Taten die zur Überwindung der<br />

Sicherungssysteme notwendigen Motor- und Getriebesteuergeräte beschaffen und nach<br />

den Taten die Weiterveräußerung besorgen sollte. Die Umarbeitung der FIN sollte M<br />

vornehmen. So geschah es: B öffnete mit den ihm von A zur Verfügung gestellten Geräten<br />

den PKW des O und fuhr ihn ins Versteck. Dort baute er die neuen Schließsysteme und<br />

Steuergeräte ein, während M die FIN umarbeitete. Sodann fuhr der A den PKW zu dem K<br />

und veräußerte ihn an diesen. Den Erlös teilte er sich vereinbarungsgemäß mit B und M.<br />

(vgl. BGH, NStZ 2007, S. 33)<br />

9. A und B kamen im Mai 1998 überein, gemeinsam Gebrauchtwagen zu entwenden. In<br />

Ausführung ihres Vorhabens suchten sie das Autohaus V auf und nahmen die dort im<br />

Freien aufgestellten Fahrzeuge in Augenschein. Entsprechend ihrem Tatplan lenkte der<br />

B das Verkaufspersonal ab, damit der A den echten Fahrzeugschlüssel durch einen<br />

ähnlich aussehenden unechten austauschen konnte. Am folgenden Wochenende fuhr A<br />

im Beisein von B den PKW unter Verwendung des Originalschlüssels davon. In gleicher<br />

55


Weise entwendeten sie dann einen PKW beim Autohaus W. (BGHSt. [GS] 46, 321 m.<br />

Bespr. v. Erb, NStZ 2001, S. 561)<br />

10. W und sein älterer Bruder A sahen in einem mit einem Lattenzaun eingefriedeten Garten<br />

des O einen Fußball liegen. Während A ein großer Anhänger des SC Paderborn ist, verspürt<br />

A große Abneigung für den Fußballsport. A drohte dem W Schläge an, wenn er sich weigern<br />

würde, den Fußball aus dem Garten zu holen. Aus Angst vor Prügel tat W wie ihm geheißen.<br />

Er überstieg den Zaun, lief über den Rasen zum Ball, ergriff ihn, kehrte zu A zurück und<br />

übergab diesem den Ball (Abwandlung von RGSt. 39, 37)<br />

11. H löste, wie zuvor mit B abgesprochen, einen gefälschten Scheck bei der Bayerischen<br />

Landesbank ein. Den Scheck hatte er von B bekommen, der ihn gefälscht hatte. Dafür<br />

bekam er von H 3 % des Erlöses. (Vgl. BGH, NStZ 2002, 145).<br />

56


(24) Fallsammlung zur Abgrenzung Diebstahl - Betrug<br />

1. M hatte in einem Selbstbedienungsgeschäft des S ihre Geldbörse mit etwa 95 DM auf<br />

einer Ablage am Kassentisch liegen gelassen und war aus dem Geschäft gegangen. Kurz<br />

darauf bezahlte die A ihren Einkauf und packte die eingekauften Waren in ihre Tasche.<br />

Währenddessen bemerkte die neben der A stehende G die Geldbörse auf der Ablage. Sie<br />

nahm diese in die Hand und fragte die A, ob dies ihre Geldbörse sei. Die A bejahte die<br />

Frage, und die G legte daraufhin die Geldbörse wieder auf den alten Platz. A nahm die<br />

Geldbörse an sich und verließ das Geschäft. Die Kassiererin K hatte den Vorgang, wie es<br />

auch der A nicht entgangen war, aus unmittelbarer Nähe miterlebt. Sie war berechtigt,<br />

die im Geschäft zurückgebliebenen Fundsachen an sich zu nehmen und den<br />

Berechtigten wieder auszuhändigen. (OLG Hamm NJW 1969, S. 620)<br />

2. Wie 1., nur hatte die G die Geldbörse zunächst an sich genommen, um sie dem<br />

Filialleiter als Fundsache zu übergeben. Sie wurde daraufhin von der A angesprochen,<br />

welche das Portemonnaie als eigenes reklamierte. Daraufhin gab G es an A heraus.<br />

3. Die A bat die P, mit der sie flüchtig bekannt war, deren VW für eine Fahrt nach<br />

Esslingen benutzen zu dürfen. Als die P dies nicht gestattete, suchte die A die E auf, bei<br />

der die P zur Untermiete wohnte. Sie ließ sich die Schlüssel zu deren VW aus dem<br />

Zimmer der P bringen. Dies erreichte sie dadurch, dass sie gegenüber Frau E<br />

wahrheitswidrig angab, zum Empfang der Schlüssel ermächtigt zu sein. Nach Erhalt der<br />

Schlüssel fuhr die Angeklagte mit dem vor dem Hause abgestellten VW, den sie erst am<br />

Abend des darauf folgenden Tages zurückbrachte. (OLG Stuttgart, NJW 1965, S. 1930)<br />

3. A hatte während seines Aufenthaltes in M ein Verhältnis mit der W. Diese besaß einen<br />

PKW, den sie in einer Sammelgarage untergestellt hatte. In der Garage wurde für jeden<br />

Wagen ein Zündschlüssel beim Pförtner P hinterlegt. Den zweiten Schlüssel behielten<br />

die Fahrzeughalter. Auf Verlangen händigte der Pförtner ihnen aber auch den<br />

Zweitschlüssel aus. A holte einmal den Wagen der W nach deren telephonischer<br />

Genehmigung aus der Garage zu einer Fahrt ab. Dies wiederholte er sieben Mal allein<br />

und war der Annahme, dass die W wegen der Beziehung auch damit einverstanden war.<br />

Am Morgen des 20 Mai sprach der A wieder in der Garage vor und holte sich in der<br />

Absicht, nicht zurückzukehren, ohne Wissen und Genehmigung der W deren Wagen ab.<br />

P händigte ihm wieder den Schlüssel aus. A fuhr mit dem PKW davon, um ihn für sich<br />

dauerhaft zu nutzen. (BGHSt. 18, 221)<br />

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(25) Sonstige Prüfungsschemata<br />

1. Unbefugter Gebrauch eines Kraftfahrzeuges - § 248b StGB<br />

I. Tatbestand (Tb.)<br />

A. Objektiver Tb.<br />

1. Kfz (§ 248b IV) oder Fahrrad<br />

2. Ingebrauchnahme<br />

3. gegen den Willen des Berechtigten<br />

4. Täter<br />

a) unstrittig.: Nichteigentümer<br />

b) strittig: Eigentümer<br />

B. Subjektiver Tb.<br />

Bedingter Vorsatz (h.M.)<br />

II. Rechtswidrigkeit<br />

III. Schuld<br />

IV. Strafantrag, § 248b IV StGB<br />

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