Examensrepititorium Strafrecht Besonderer Teil SoSe 2013 Teil 1 ...
Examensrepititorium Strafrecht Besonderer Teil SoSe 2013 Teil 1 ...
Examensrepititorium Strafrecht Besonderer Teil SoSe 2013 Teil 1 ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Ergänzendes Skript<br />
Zum<br />
LEO- <strong>Examensrepititorium</strong><br />
<strong>Strafrecht</strong> <strong>Besonderer</strong> <strong>Teil</strong><br />
<strong>SoSe</strong> <strong>2013</strong><br />
<strong>Teil</strong> 1<br />
Prof. Dr. D. Klesczewski
Tötungsdelikte<br />
(1) Fallsammlung zu Mord und Totschlag<br />
1. A und H gerieten in einer Diskothek in Streit. Bei der sich anschließenden tätlichen<br />
Auseinandersetzung wurde der A im Gesicht verletzt und ging zu Boden. Um sich zu<br />
revanchieren, fügte der A mit einem Klappmesser dem H vier Stichverletzungen zu. Er<br />
traf ihn u. a. im Bereich des Übergangs von Schulter und Hals. Der H fiel mehrfach zu<br />
Boden und blieb schließlich liegen. Hier fehlt es nach dem BGH am Tötungsvorsatz.<br />
(BGH, NStZ-RR 2010, S. 144)<br />
2. Der S drang in die Wohnung des A, seines Neffen, ein und vergewaltigte dessen Ehefrau.<br />
Auf Grund dessen löste sich diese von ihm und unternahm Selbstmordversuche. Der<br />
Angeklagte, wie sein Onkel türkischer Staatsangehöriger, war fassungslos. S und A trafen<br />
sich später zufällig auf der Straße. S brüstete sich mit der Vergewaltigung und stellte dem A<br />
eine ebensolche in Aussicht. Daheim überdachte A die Situation. Er vergegenwärtigte sich,<br />
dass S seine Ehre und die Ehre seiner Frau gröblich verletzt hatte. A fasste den Entschluss,<br />
S zu töten. Er steckte eine Selbstladepistole ein und ging zu einem Lokal, in dem er seinen<br />
Onkel antraf. S spielte mit drei Landsleuten Karten. A grüßte zu ihm hin und stellte sich an<br />
die Theke. Er nahm wahr, dass sein Onkel seine ungeteilte Aufmerksamkeit dem<br />
Kartenspiel widmete, und war sich bewusst, dass S keinerlei Angriff von ihm erwartete. So<br />
zog er die Pistole und tötete ihn. (BGHSt. [GS] 30, 105)<br />
3. Der A wurde von M erpresst. Abends suchte der M den A in dessen Wohnung auf und<br />
forderte 5.000 DM. Nach einigem Hin und Her ging A ins Badezimmer, holte eine<br />
Plastiktüte mit DM-Scheinen in dieser Höhe aus einem Versteck und stellte sie vor M auf<br />
den Tisch. Sodann ging A um den M herum, riss zu dessen völliger Überraschung dessen<br />
Kopf zurück und stach ihn mit einem großen Küchenmesser in den Hals. An diesen<br />
Verletzungen verstarb M in kurzer Zeit. (BGHSt. 48, 207)<br />
4. A war Angehöriger der Waffen-SS. In Ausführung eines von ihm als verbrecherisch<br />
erkannten, allgemeinen Befehls des Generals der Waffen SS erschoss er einen<br />
abgesprungenen Feindflieger von hinten. Er war zur Absprungstelle gegangen, um den<br />
Flieger festzunehmen, nicht um ihn zu töten. Beim Abführen ging er nur wegen der<br />
Örtlichkeit hinter ihm her. Erst als er das abgestellte Kraftrad mit den<br />
Ausrüstungsgegenständen erblickte, kam ihm der Befehl zu Bewusstsein, den er trotz<br />
verbrecherischen Charakters für bindend hielt. Diesen führte er dann alsbald aus. (BGHSt.<br />
6, 120)<br />
5. A veruntreute als Vollziehungsbeamter 400 DM. Ihm wurde die Führung der<br />
Dienstgeschäfte untersagt. Darüber geriet er aufgrund krankhafter Überempfindlichkeit in<br />
tiefe Verzweiflung. Er beging einen Selbstmordversuch mit Morphium und Gas, bei dem ihn<br />
die Tochter überraschte. Das Morphium hatte seien Verzweiflung noch gesteigert. In einer<br />
schlaflosen Nacht fasste er den Entschluss, mit seiner Familie in den Tod zu gehen. Er<br />
wollte ihr Entehrung und Not ersparen. Erneut öffnete er den Gashahn, wobei er nun in<br />
einem Zustand verminderter Schuldfähigkeit handelte. Er erwürgte seine Tochter und<br />
seine Frau und stellte sich dann der Polizei. (vgl. BGHSt. [GS] 9, 385)<br />
6. A hatte die X getötet und ihr dabei durch eine Vielzahl von Messerschnitten und die einige<br />
Zeit andauernde Todesangst besondere Schmerzen zugefügt. Die Ausführung der Tat wies<br />
Züge hoher Brutalität auf. Zu dieser Ausführung sah sich der A durch die für ihn<br />
überraschende Gegenwehr seines Opfers gezwungen. Er erkannte, dass die X übermäßige<br />
2
Schmerzen erlitt, und verfolgte trotzdem sein Ziel weiter, sie zu töten. Durch die<br />
Gegenwehr war der A in starke Erregung (unterhalb der Schwelle des § 21 StGB) geraten.<br />
(BGH bei Holtz, MDR 1987, S. 623)<br />
7. O, ein krankhafter Masochist, stellte sich dem A zur Tötung und Ausschlachtung zur<br />
Verfügung. Dieser nahm beides auf Video auf. Später sah er sich das Video an und<br />
befriedigte sich dabei. (BGHSt. 50, 80)<br />
8. A hielt sich in der Nähe des Bahnhofes auf und hatte über den Tag verteilt 15 große<br />
Flaschen Bier getrunken. Gegen 19 Uhr suchte er die Bahnhofstoilette auf. Er empfand<br />
diesen Ort als unheimlich und dachte bei sich, wenn man hier jemanden umbringen würde,<br />
würde es niemand hören. Sodann ging er in die Bahnhofshalle zurück und setzte sich auf<br />
eine Bank. Genau zu diesem Zeitpunkt sah er, wie die W in Richtung auf die<br />
Bahnhofstoilette ging. Spontan dachte er bei sich, entweder bringe er diese junge Frau jetzt<br />
um, oder er lasse es überhaupt bleiben. Er entschloss sich, die M nur um des Tötens willens<br />
umzulegen. Er ging zur Damentoilette und erwürgte die M von hinten. (vgl. BGHSt. 34, 59)<br />
9. Den A plagten Entzugserscheinungen. Er ging zu dem Z, um von ihm Heroin zu erwerben.<br />
Dieser verlangte für 1 Gramm des Rauschgiftes 200 DM, ein Preis, den der A nicht zahlen<br />
konnte. Einzig von dem Verlangen getrieben, an das Heroin zu kommen, erstach er den Z.<br />
(BGHSt. 29, 317)<br />
10. A war Zeitschriftenwerber. Er suchte die 73jährige W auf, um sie zu einem Abonnement zu<br />
überreden. Stattdessen bot die M ihm einen kleinen Geldbetrag an, den A empört ablehnte.<br />
In der Absicht die Wohnung zu verlassen, irrte er sich und öffnete aus Versehen die<br />
Schlafzimmertür. Daraufhin schrie die M den A an, ob er sie auch noch beklauen wolle.<br />
Darauf versetzte der A ihr drei Faustschläge. Sodann tötete er sie aus Angst vor<br />
Bewährungswiderruf. (BGHSt. 35, 117)<br />
11. A überredete T dazu, ihren gemeinsamen Bruder O hinterrücks zu erschießen. T tat wie<br />
ihm geheißen. (vgl. BGHSt. 23, 103)<br />
12. A arbeitete als Kriminalassistent im sog. Judenreferat in Krakau. Er ermittelte u.a. den<br />
Aufenthalt des polnischen Juden O, der darauf von dem fanatischen SS-Angehörigen S<br />
erschossen wurde. A war ebenfalls fanatischer Anhänger der NS-Ideologie.<br />
13. Wie 12, jedoch handelte A aufgrund einer Weisung seines Vorgesetzten. Er wusste von<br />
dem Schicksal, das er dem O bereitete, lehnte jedoch die nationalsozialistische Ideologie<br />
innerlich ab. (BGHSt. 22, 375)<br />
14. Die A überredete ihren Sohn S, seine im Bett schlafende Tante T mit einer Bleikristallvase<br />
zu erschlagen. S tat wie ihm geheißen. Wegen eines bisher unerkannten hirnorganischen<br />
Schadens und plötzlicher von A nicht vorhergesehener hochgradiger affektiver Erregung<br />
war dem S nicht bewusst, dass er die Arglosigkeit der T ausnutzte. S war sich dennoch<br />
bewusst, dass er Unrecht tat. (Abwandlung von BGHSt. 36, 231)<br />
15. A forderte am 12.04.1945 eine amerikanische Heeresstreife dazu auf, den<br />
Gendarmeriemeister O zu erschießen. Als Grund gab A wahrheitswidrig an, der O habe<br />
mehrere Fremdarbeiter getötet. Dem A kam es darauf an, dass der O sofort ohne jedes<br />
Verfahren getötet werde. A handelte aus Rache aufgrund eines nichtigen Anlasses. Die<br />
Heeresstreife erschoss darauf den O, ohne dessen Unschuldsbeteuerungen auch nur<br />
anzuhören. (BGHSt. 1, 368)<br />
3
16. A erschoss einen russischen Fremdarbeiter F, um zu verhindern, dass dieser als Zeuge von<br />
seinen Gräueltaten an Zivilgefangenen berichten würde. Sein Untergebener U hatte dem A<br />
die Waffe geladen und gereicht. Dabei hielt U es für möglich, dass der A einen Zeugen<br />
beseitigen wollte, nahm dies aber lediglich gleichgültig hin. Ihm selbst ging es nicht darum,<br />
die Aufklärung von Straftaten zu erschweren. Vielmehr kam es ihm darauf an, sich beim<br />
Verscharren des F heimlich dessen goldene Armbanduhr anzueignen. (vgl. BGHSt. 23, 39)<br />
17. Die A gelangte in den Besitz der EC-Karte der Eheleute P. Sie versuchte, Überweisungen<br />
von dem Konto durchzuführen und hob Bargeld in Höhe von 7.000 Euro mit Hilfe der EC<br />
Karte ab. Nachdem Herr P das Abhandenkommen der EC-Karte und die unberechtigten<br />
Abhebungen bei der Polizei angezeigt hatte, befürchtete A jetzt, dass ihre<br />
Überweisungsversuche und die Barabhebungen vor der Aufdeckung standen und ihr Strafe<br />
drohe. Um herauszubekommen, was Frau P über die Sache wusste, ob sie, die A, selbst<br />
unter Verdacht stehe und welche Beweise vorlägen, besuchte sie die Eheleute P. Sie geriet<br />
mit Frau P über die unberechtigten Abhebungen in Streit. A geriet dabei in Wut, schlug<br />
Frau P einen scharfkantigen Gegenstand mehrfach auf den Kopf und stach mit einem<br />
Messer mehrmals auf diese ein, um sie zu töten. Frau P verstarb daran. (BGHSt. 56, 239)<br />
18. A geriet mit O in einen Streit und rief diesem zu: „Dich schlag ich tot!“ Sein Freund B, der<br />
die Auseinandersetzung verfolgt hatte, reichte ihm daraufhin eine Dachlatte. Er war sich<br />
sicher, dass der A damit auf den O einschlagen werde, hielt es aber auch für möglich, dass<br />
der A den O töten könnte und nahm dies gleichgültig hin. Um nicht entdeckt zu werden,<br />
verließ er den Tatort. A erschlug den O mit der Latte.<br />
19. E, die Ehefrau von A, hatte diesem einen Seitensprung mit dessen bestem Freund L<br />
gestanden und beteuert, dass sie ihren Fehltritt bereue. Auch L hatte sich dem A gegenüber<br />
entschuldigt. Aus Eifersucht dem L gegenüber beschloss A, den L zu beseitigen. Um den<br />
Verdacht nicht auf sich selbst zu lenken, brachte A den F durch Drohung mit einer<br />
Indiskretion dazu, den L auf irgendeine, wenig auffällige Weise zu töten. F kundschaftete<br />
daraufhin die Lebensgewohnheiten des L aus und entschied sich, ihn auf dessen Weg zur<br />
Arbeit zu erschießen. So legte er sich – wie mit A besprochen - eines Morgens in einem<br />
Waldstück hinter einem Baum auf die Lauer. Als der L mit seinem Fahrrad des Weges kam,<br />
zielte er auf dessen Herzgegend und erschoss ihn.<br />
20. A war von dem Sniper von Washington fasziniert, der wahllos Menschen mit einem<br />
Präzisionsgewehr erschossen hatte. Er entschloss sich, es ihm gleichzutun. Um sich ein<br />
entsprechendes Gewehr zu besorgen, wandte er sich an den G. Dieser konnte ihm aber nur<br />
eine Pistole beschaffen. Während A die Pistole inspizierte, begann er damit, dem G vom<br />
Sniper zu erzählen. Er entschloss sich zum Kauf. G hielt es nun für möglich, dass der A<br />
plante, wahllos einen Menschen zu töten. Er nahm dies gleichgültig hin, witterte aber ein<br />
Geschäft. Er verlangte zusätzlich zum Kaufpreis eine „Risikoprämie“ in gleicher Höhe. A<br />
zahlte und nahm die Pistole an sich. Am nächsten Morgen ging er früh in einen Park und<br />
sah einen Jogger auf sich zukommen. Er drohte ihm mit der Pistole und rief: „Dich mach ich<br />
kalt!“ J erkannte den Ernst der Lage und versuchte zu fliehen, indem er Haken schlug. A<br />
erschoss ihn.<br />
4
(2) Fallsammlung zur Tötung auf Verlangen und Sterbehilfe<br />
1. Der O war bettlägerig geworden und sah seinem Ende entgegen. Er lehnte<br />
Intensivmedizin ab und ließ sich ein Betäubungsmittel beschaffen, mit dem er sich<br />
selbst töten wollte. Als er seinen Neffen A wörtlich bat, ihm zu diesem Zweck beim<br />
Aufziehen der Spritzen zu helfen, schreckte dieser zurück. Daraufhin sicherte er ihm zu,<br />
ihn aus der Sache herauszuhalten. Abends entdeckte der A seinen Onkel tiefschlafend<br />
und erkannte, dass dieser sich das Betäubungsmittel gespritzt hatte. Aus dem<br />
gleichmäßigen Atem des O schloss er, dass dessen Selbsttötungsversuch fehlgeschlagen<br />
war. Um nun dessen Willen zu Ende zu führen, spritzte er dem O erneut das<br />
Betäubungsmittel und ging dabei zu Recht davon aus, dass der O an dieser Dosis nun<br />
sterben werde. Der Tod des O trat auch aufgrund dieser Spritze ein. (BGH NJW 1987, S.<br />
1092)<br />
2. A war Fachschwester für Anästhesie und Intensivpflege auf der Intensivstation eines<br />
Krankenhauses. O und P waren ihr dort zur Pflege überwiesen. Während ihres Dienstes<br />
verabreichte die A sowohl dem O als auch dem P heimlich tödliche Injektionen. Weder O<br />
noch P noch ein Angehöriger von ihnen hatte die A darum gebeten. Sie handelte aus<br />
Mitleid. Sie wollte ihnen weiteres, von ihr als sinnlos angesehenes Leiden und<br />
insbesondere den Todeskampf ersparen. (BGHSt. 37, 376)<br />
3. K lag seit langem nach einer Hirnblutung im Wachkoma. Sie wurde in einem Altenheim<br />
künstlich ernährt. K hatte zuvor geäußert, falls sie bewusstlos werde und sich nicht mehr<br />
äußern könne, wolle sie keine lebensverlängernden Maßnahmen. Die Tochter G der K war<br />
zu deren Betreuerin bestellt. Sie bemühte sich bei der Heimleitung um Einstellung der<br />
künstlichen Ernährung, war aber auf Ablehnung gestoßen. Sie beriet sich mit einem auf<br />
Medizinrecht spezialisierten Rechtsanwalt und schnitt sodann bei einem Besuch der K den<br />
Schlauch zur künstlichen Ernährung durch. Daraufhin verstarb die K nach kurzer Zeit. (vgl.<br />
BGHSt. 55, 191)<br />
4. Dr. T betreute die 70jährige O seit einem halben Jahr in einer Pflegeabteilung eines von ihm<br />
geleiteten Heimes. Ihr Sohn S war damit betraut, ihr Vermögen zu verwalten und die<br />
ärztliche Behandlung sicher zu stellen. O war irreversibel schwerstgeschädigt und musste<br />
durch eine Sonde ernährt werden. Sie war nicht ansprechbar und reagierte auf akustische,<br />
optische und taktile Reize nur mit einem Gesichtszucken. Schmerzempfinden und<br />
Vitalfunktionen bestanden nicht mehr. Nach drei Jahren wandte sich Dr. T an S und schlug<br />
ihm vor, die Sondenernährung einzustellen und der O stattdessen nur noch Tee zu<br />
verabreichen. O würde dann in zwei bis drei Wochen sterben, ohne leiden zu müssen. Der S<br />
stimmte zu. Bei seiner Entscheidung ließ er sich davon leiten, dass die O ihm gegenüber<br />
einmal unter dem Eindruck einer Fernsehsendung über Pflegefälle gesagt hatte, sie wolle<br />
nicht so enden. Pfleger P stellte sodann auf Anordnung von Dr. T die Ernährung auf Tee um.<br />
Die O verstarb innerhalb einer Woche. (vgl. BGHSt. 40, 257)<br />
5. Wie Fall 1., nur sah der A, wie der O litt. Er spritzte dem O die Betäubungsmittel, um die<br />
Schmerzen des O zu lindern. Er tat dies im sicheren Wissen, dass sie das Leben des O<br />
verkürzen werden. O starb am selben Tag, ohne Schmerzen zu empfinden. Ohne die Spritze<br />
wäre er erst einen Tag später verstorben.<br />
6. Wie Fall 3, nur war die K zuhause ins Wachkoma gefallen. Der behandelnde Notarzt stellte<br />
die Diagnose fest. Eine lebensrettende Behandlung wurde daraufhin gar nicht erst<br />
aufgenommen.<br />
5
7. A unterhielt zur 16jährigen G eine Liebesbeziehung, die deren Eltern scharf missbilligten.<br />
Als diese dem A untersagten, Kontakt mit G aufzunehmen, fasste die G den Entschluss, aus<br />
dem Leben zu scheiden. A schloss sich ihrem Plan an. Sie fuhren zusammen in einem PKW<br />
auf einen Parkplatz. Darauf führte A einen am Auspuffrohr befestigten Schlauch in das Auto<br />
und versperrte die Fahrertür von außen. Sodann stieg er über die Beifahrertür wieder ein<br />
und setzte sich auf den Fahrersitz. G nahm neben ihm Platz und verriegelte die<br />
Beifahrertür. A ließ den Motor an und trat das Gaspedal durch. A und G wurden am<br />
nächsten Morgen bewusstlos aufgefunden. Für G kam jede Hilfe zu spät. (BGHSt. 19, 135)<br />
(3) Prüfungsschemata<br />
1. Totschlag - § 212 StGB<br />
I. Tatbestand<br />
A. Objektiver Tatbestand<br />
1. Tod<br />
2. Handlung<br />
3. Kausalität<br />
4. Objektive Zurechnung<br />
B. Subjektiver Tatbestand<br />
II. Rechtswidrigkeit<br />
III. Schuld<br />
IV. Strafzumessungsregeln, insbes. § 213 1. Alt. StGB<br />
2. Mord - § 211 StGB<br />
a. Heimtücke<br />
I. Totschlag<br />
II. Heimtückemord<br />
A. Besonderes Unrechtselement<br />
1. Obj. Tatbestand<br />
2. Subj. Tatbestand<br />
B. Besonderes Schuldelement<br />
1. feindlich Willensrichtung (BGH) o.<br />
2. negative Typenkorrektur (h. L.)<br />
b. Grausam<br />
I. Totschlag<br />
II. Mord durch grausames Tötung<br />
A. Besonderes Unrechtselement<br />
1. Obj. Tatbestand<br />
2. Subj. Tatbestand<br />
B. Gefühllose, unbarmherzige Gesinnung<br />
c. Gemeingefährlich<br />
I. Totschlag<br />
II. Mord durch gemeingefährliches Töten<br />
A. Obj. Tatbestand<br />
6
d. Mordlust<br />
B. Vorsatz<br />
I. Totschlag<br />
A. Tatbestand<br />
1. Obj. Tatbestand<br />
2. Absicht<br />
B. Rechtswidrigkeit<br />
C. Schuld<br />
II. Mord<br />
Mordlust<br />
e. Befriedigung des Geschlechtstriebs<br />
I. Totschlag<br />
II. Mord<br />
Befriedigung des Geschlechtstriebes<br />
f. Habgier<br />
I. Totschlag<br />
II. Mord<br />
Habgier<br />
g. Sonstige niedrige Beweggründe<br />
I. Totschlag<br />
II. Mord<br />
A. niedriger Beweggrund<br />
1. Feststellung des Beweggrundes des Täters<br />
2. Feststellung seiner Niedrigkeit;<br />
Gesamtwürdigung, insbes.:<br />
a) Missverhältnis zwischen Anlass und Tat<br />
b) Persönlichkeit u. Lebensverhältnisse des Täters<br />
B. 1. Kenntnis der Niedrigkeit<br />
2. Besonderes Steuerungsvermögen<br />
h. Ermöglichung einer anderen Straftat<br />
I. Totschlag<br />
II. Mord in Ermöglichungsabsicht<br />
A. Feststellung, welche Handlung der Täter ermöglichen will<br />
B. Beurteilung dieser Handlung danach, ob sie eine rechtswidrige und schuldhafte Tat<br />
darstellt.<br />
C. Kenntnis des Täters davon.<br />
i. Verdeckung einer anderen Straftat<br />
I. Totschlag<br />
II. Mord<br />
A. Verdeckungsabsicht<br />
7
1. Feststellung, welche Handlung der Täter verdecken will<br />
2. Beurteilung dieser Handlung danach, ob sie eine rechtswidrige und schuldhafte<br />
Tat darstellt.<br />
3. Kenntnis des Täters davon<br />
B. Negative Typenkorrektur (BGH, <strong>Teil</strong> der Lit.)<br />
3. Tötung auf Verlangen - § 216 StGB<br />
I. Totschlag<br />
II. Tötung auf Verlangen<br />
A. Besonderes Unrechtsmerkmal<br />
1. Ernstliches und ausdrückliches Verlangen<br />
2. Vorsatz<br />
B. Bestimmt-Sein zur Tat durch das Verlangen<br />
8
KÖRPERVERLETZUNGSDELIKTE<br />
(1) Fallsammlung zu den Körperverletzungsdelikten<br />
1. Die fünfjährige T hatte bereits den ganzen Tag nicht auf ihre Mutter M gehört. U. a. hatte T<br />
beim Frühstück mutwillig Brot auf den Boden geworfen und war ermahnt worden, mit<br />
Lebensmitteln vorsichtig umzugehen. Beim Mittagessen kippte sie die Suppe aus, weil es an<br />
einer Wurst fehlte. Daraufhin wiederholte M ihre mahnenden Worte und entzog der T den<br />
Nachtisch, um die Zurechtweisung zu unterstreichen. Während des Abendessens warf die T<br />
erneut Brot vom Tisch. M drohte ihr für den Wiederholungsfall eine Ohrfeige an. Nachdem<br />
T daraufhin weitermachte, gab M ihr eine feste Ohrfeige, wodurch sich die linke Wange von<br />
T kurzzeitig rötete. Aus Schreck und wegen des Schmerzes weinte die T etwa drei Minuten.<br />
2. Der A ließ einen angeschalteten Föhn in die Badewanne fallen, in welcher seine beiden<br />
Töchter nichts ahnend badeten, um diese zu töten. Sie spürten lediglich ein Kribbeln im<br />
Körper aufgrund des Stromflusses. Den A packte die Reue und er zog den Föhn wieder<br />
aus dem Wasser. (BGH, NStZ 1997, S. 123)<br />
3. Dr. O führte 1979 bei der M erfolgreich einen Kaiserschnitt durch. Die M hatte bereits<br />
zweimal durch Kaiserschnitt entbunden. Bald nach Operationsbeginn stellte Dr. O zu<br />
seinem Erstaunen starke Verwachsungen der Gebärmutter mit Bauchhöhle und Blase fest.<br />
Dies zwang ihn zu einer höheren Schnittführung, durch die bei einer erneuten<br />
Schwangerschaft die Gefahr eine Uterusruptur mit Lebensgefahr für Mutter und Kind<br />
entstehen würde. Dr. O gewann die Überzeugung, dass deswegen einer erneuten<br />
Schwangerschaft vorgesorgt werden müsse und nahm aufgrund dessen eine<br />
Eileiterunterbrechung vor. Eine Einwilligung der M hierzu lag nicht vor. Vielmehr hatte die<br />
M – was Dr. O freilich nicht wusste – den festen Willen bekundet, weitere Kinder zu<br />
gebären. (Vereinfachung von BGHSt. 35, 246)<br />
4. Der A operierte nach umfassender Aufklärung und Einwilligung den P am Rückgrat.<br />
Hierbei verwechselte er verschiedene Bandscheibenregionen, so dass der Schaden nicht<br />
vollständig behoben wurde. Als er dies auf dem Röntgenschirm erkannte, unterrichtete<br />
er den P davon, dass eine erneute Operation (OP) nötig sei, unterließ es aber, ihm zu<br />
sagen, warum. Der P stimmte auch der zweiten OP zu, die dann erfolgreich verlief. Als<br />
der wahre Grund dem P zu Ohren kam, stellte er Strafanzeige, sagte aber bei seiner<br />
Zeugenvernehmung, er hätte der zweiten OP auch dann zugestimmt, wenn er vom<br />
wahren Grund gewusst hätte. (vgl. BGH, NStZ-RR 2004, S. 16)<br />
5. Der A ist Arzt. Er führte in seiner Praxis unter örtlicher Betäubung die Beschneidung des<br />
zum Tatzeitpunkt vierjährigen K mittels eines Skalpells auf Wunsch von dessen Eltern<br />
durch, ohne dass für die Operation eine medizinische Indikation vorlag. Mit der<br />
Beschneidung folgten die Eltern den Geboten ihres jüdischen Glaubens. A vernähte die<br />
Wunden des Kindes mit vier Stichen und versorgte ihn bei einem Hausbesuch am Abend<br />
desselben Tages weiter. Am 6. 11. 2010 wurde das Kind von seiner Mutter in die<br />
Kindernotaufnahme der Universitätsklinik in Köln gebracht, um Nachblutungen zu<br />
behandeln. Die Blutungen wurden dort gestillt. (LG Köln, NJW 2012, 2128)<br />
6. A und N sind Studenten und gehören unterschiedlichen Burschenschaften an. Um einen<br />
Streit zu entscheiden, treffen sie sich alleine zu einem Fechtkampf ohne<br />
Schutzvorrichtungen in einem abgelegenen Wald. Nachdem A dem N mit einem<br />
Säbelhieb eine Verletzung an der Stirn beigebracht hatte, beendeten sie den Kampf.<br />
Diese Verletzung wäre mit großer Wahrscheinlichkeit glatt verheilt, wenn nicht der N<br />
9
wiederholt mit ungewaschenen Händen in die Wunde gegriffen hätte und so den<br />
Heilverlauf schwer gestört hätte. Er tat dies, obwohl ihm bewusst war, dass es zu<br />
Komplikationen kommen könnte. Durch sein Verhalten infizierte er sich an seiner<br />
Wunde und verstarb daran. (vgl. RGSt. 64, 143)<br />
7. Der S schlug auf die – wie er wusste – alkoholkranke H ein, um sie zu erniedrigen. Er<br />
schlug ihr mit einer Schöpfkelle mehrfach auf den Kopf. H wurde in ein Krankenhaus<br />
eingeliefert. Trotz Belehrung über die Lebensgefahr verließ sie das Krankenhaus, um<br />
dem Alkohol zusprechen zu können. Sie verstarb an einer Hirnblutung, die auf die<br />
Kellenschläge zurückging, Wäre sie im Krankenhaus geblieben, hätte sie mit an<br />
Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gerettet werden können. (Vereinfachung von<br />
BGH, NStZ 1994, S. 394)<br />
8. A warf im November 1980 in einem Wald bei Wiesbaden einen Hochsitz um, auf dem,<br />
wie er wusste, sein Onkel O saß und der Jagd nachging. O fiel aus 3,5 Meter-Höhe herab<br />
und erlitt eine Sprunggelenkfraktur am rechten Fuß. Den Bruch operierte Dr. D in der<br />
Städtischen Klinik in Darmstadt. Anfang Dezember wurde O entlassen. Weder jetzt noch<br />
zuvor waren O blutverflüssigende Mittel verabreicht worden, noch hatte ihm jemand<br />
Anweisungen erteilt, wie er sich zuhause verhalten solle. Auch eine Nachbehandlung<br />
fand nicht statt. Zu Hause war der O bettlägerig. Noch bevor er erneut behandelt<br />
werden konnte, verstarb er an Herz-Kreislauf-Versagen infolge des Zusammenwirkens<br />
einer Lungenembolie und einer Lungenentzündung. Beide Krankheiten hatten sich<br />
aufgrund der Bettlägerigkeit entwickelt. (BGHSt. 31, 96)<br />
9. A war rechtsradikaler Skinhead und lebte in Guben. Nach einem Streit in einer<br />
Diskothek beschloss A, in die Stadt zu fahren und Ausländer zu verprügeln. Als er drei<br />
Schwarzafrikaner an einer Straßenecke stehen sah, hielt er an, stieg aus und stürmte in<br />
der Absicht auf sie zu, sie zu verprügeln. A gelang es jedoch nicht, die drei<br />
Schwarzafrikaner zu erreichen. Einer von ihnen, der G, wähnte den A jedoch weiterhin<br />
hinter sich und trat aus Todesangst die Eingangstür eines Wohnhauses ein. Bei dem<br />
Durchsteigen der Tür verletzte er sich an der Beinschlagader und verblutete in kurzer<br />
Zeit. (Vereinfachung von BGHSt. 48, 34)<br />
10. Der A lauerte dem H nachts in einem Garagenhof auf, als dieser seinen Pkw dort nach<br />
einem Spielbankbesuch abstellte. Als H das Garagentor zuzog, kamen der A hinter<br />
einem Kleinbus hervor und schlug von hinten kräftig auf sein völlig arg- und wehrloses<br />
Opfer mittels einer Metallstange und eines Holzknüppels ein. Der H blieb wimmernd,<br />
stöhnend, blutüberströmt und regungslos am Boden liegend zurück. (Vereinfachung<br />
von BGH, NStZ, 2005, S. 40)<br />
11. Der A ist ein geübter Schütze. Er feuerte mit seiner Pistole auf die Reifen eines mit 30-<br />
40 Km/h an ihm vorbeifahrenden PKW. Ihm ging es darum, die Insassen zu<br />
erschrecken, nicht aber darum, deren Gesundheit zu beschädigen. Er hielt aber einen<br />
Unfall ernsthaft für möglich. Der PKW fuhr in den Straßengraben, die Insassen erlitten<br />
Schürfwunden. (Abwandlung von BGH, NStZ 2006, S. 572)<br />
12. A stieß den Kopf der H gegen eine Wand, bis diese blutete. (BGHSt. 22, 235)<br />
13. Die A lebte mit L und dessen aus einer anderen Beziehung stammenden kleinen Tochter<br />
T zusammen. Während A eines Tages im Wohnzimmer damit beschäftigt war, begab<br />
sich T in die Küche und holte sich einen 200-Gramm-Becher Schokoladenpudding mit<br />
Sahne aus dem Kühlschrank, „süßte“ ihn aber versehentlich mit ca. 32 Gramm Kochsalz.<br />
10
Gleich beim ersten Kosten bemerkte sie, dass der Pudding ungenießbar war, und ließ<br />
ihn stehen. A stellte T zur Rede, die ihr bedeutete, dass der Pudding „widerwärtig“<br />
schmecke und sie ihn nicht essen wolle. Die A wurde zornig. Obgleich sie richtig<br />
folgerte, dass das Mädchen versehentlich Salz in die Süßspeise eingerührt hatte,<br />
veranlasste sie das sich sträubende Kind zu dessen Erziehung und Bestrafung, die<br />
Schokoladencreme vollständig auszulöffeln. Sie nahm dabei zumindest billigend in Kauf,<br />
dass der Konsum dieser Speise bei dem Mädchen zu Magenverstimmungen,<br />
Bauchschmerzen oder Unwohlsein führen würde. Jedoch wusste sie weder, wie viel Salz<br />
genau die Süßspeise enthielt, noch war ihr bekannt, dass die Aufnahme von 0,5 bis 1 g<br />
Kochsalz pro Kilogramm Körpergewicht in aller Regel zum Tode führt. Die A verstarb an<br />
einer Kochsalzintoxikation. (BGHSt. 51, 18)<br />
14. Der L suchte Streit mit dem in einer Gruppe Jugendlicher vor einer Diskothek stehenden<br />
St. L begab sich in die Diskothek und bat dort S und Z, ihn bei einer Auseinandersetzung<br />
zu unterstützen. Beide folgten ihm, um ihn zumindest durch ihre Anwesenheit zu<br />
stärken. Sie hielten sich anschließend stets in unmittelbarer Nähe von L auf und<br />
erweckten den Eindruck, notfalls in den Streit eingreifen zu wollen. Als sich der H, um<br />
zu schlichten, zwischen L und St stellte, entwickelte sich ein Gerangel. Hierbei schlug<br />
der L dem H mit Billigung von S und Z mit der Faust so ins Gesicht, dass H zu Boden<br />
ging. (vgl. BGHSt. 47, 383)<br />
15. Nach einem kurzen Wortwechsel versetzte der etwa zwei Meter große A, der damals<br />
etwa 180 kg wog, dem erheblich angetrunkenen W in einer Gastwirtschaft einen<br />
Faustschlag ins Gesicht. Der A verfügte nicht nur über eine imponierende Gestalt,<br />
sondern auch über entsprechende Körperkräfte. Der Faustschlag gegen den Kopf W`s<br />
wurde wuchtig geführt, so dass dieser zusammensackte und kurzfristig das<br />
Bewusstsein verlor. (BGH, NJW 1990, S. 3156)<br />
16. Die A fühlte sich mit der Versorgung ihrer beiden Kinder, eines Säuglings und der knapp<br />
drei Jahre alten Tochter überfordert. Durch ihren Ehemann erhielt sie keine<br />
Unterstützung. Enttäuschung und Aggressionen reagierte sie an ihrer Tochter ab. In der<br />
Zeit von Mitte Oktober 1992 bis Mai 1993 geschah dies täglich durch Schläge und Tritte.<br />
Die Schläge, die sich gegen den Leib und die Extremitäten des Kindes richteten, führte<br />
sie mit der flachen Hand, aber auch mit Gegenständen wie Pantoffeln oder einem Stock<br />
aus. Infolgedessen erlitt das Kind einen Bruch des Schlüsselbeins und der Elle sowie<br />
zahlreiche Blutergüsse. (vgl. BGHSt. 41, 113)<br />
17. A hatte als zuständiger Arzt die hoch betagten Patienten A, B, C und D zu betreuen.<br />
Aufgrund von Altersabbau waren diese nur noch sehr vermindert schmerzempfindlich.<br />
A fesselte sie an ihren Betten. Darüber erlitten diese Blutergüsse und Knochenbrüche.<br />
(vgl. BGHSt. 25, 277)<br />
18. A bewirtschaftete für ihren kriegsvermissten Mann ein kleines landwirtschaftliches<br />
Anwesen. Sie sorgte auch für ihre mit ihr im Haus lebende, geistesschwache Schwägerin<br />
K, deren Pflege ihr Mann vertraglich übernommen hatte. Seit der Geldumstellung war<br />
das Grundstück zwar schuldenfrei, A und L lebten aber unter dürftigsten Verhältnissen.<br />
K war selbst zur Körperpflege nicht fähig. A ließ die K verwahrlosen, mehr und mehr<br />
verschmutzen und konsultierte keinen Arzt, obwohl die K an schweren, übel riechenden<br />
Krampfadergeschwüren litt. Sie selbst hatte zu eigenen Gunsten eines nachts einen Arzt<br />
geholt. Sie hätte ihm die K zeigen können, es aber unterlassen. Sie fürchtete, die<br />
Arztrechnungen nicht zahlen zu können. (BGHSt. 3, 20)<br />
11
19. Der am 8. 7. 1973 geborene, geistig leicht behinderte F lebt seit Ende 2002 bei der A, die<br />
seine Sozialleistungen vereinnahmte. Spätestens Anfang Juli 2003 verschlechterte sich<br />
sein körperlicher Zustand, er magerte zusehends ab und hatte zahlreiche offene<br />
Wunden an Armen und Beinen und Beulen am Körper und am Kopf. Am Abend des 6. 7.<br />
2003 kam es zu einem Streit. Der M, der Mann von der A, fragte F, der sich wie meist im<br />
Hausflur aufhielt, „warum er so blöd glotze”, riss ihn von dem Holzschemel, auf dem er<br />
saß, und stieß ihn vier bis fünf Mal mit voller Wucht gegen die Wand. Als sich F wieder<br />
auf den Schemel setzte, trat der M so heftig gegen den Schemel, dass F zu Boden fiel.<br />
Obwohl der F in der Folgezeit auf Grund einer Auseinandersetzung mit einem anderen<br />
Hausbewohner so schwach wurde, dass er nicht mehr aufstehen, und kaum reden<br />
konnte und die A dies erkannte, ließ sie ihn dort liegen, ohne einen Arzt zu<br />
verständigen. Am Abend des 7.7.2003 wies F am gesamten Oberkörper in mehreren<br />
Farben schillernde Hämatome auf. Aus der Beule an der Stirn trat eine gelbliche,<br />
übelriechende Flüssigkeit aus. Das rechte Ohr war fast vollständig vom Kopf abgetrennt.<br />
Er konnte nicht schlucken und sich kaum artikulieren. (vgl. BGH, NJW 2008, S. 2199)<br />
20. W trat dem O entgegen und versetzte ihm einen Faustschlag ins Gesicht. O setzte sich<br />
mit seinem Schlüsselbund zur Wehr. Als dem W noch H und P zur Seite sprangen, ließ W<br />
sein Messer aufspringen und stach damit unkontrolliert in Richtung auf W, H und P ein.<br />
Dabei fügte er dem H einen tödlichen Stich bei. Während der O sich weiterhin mit W<br />
und P weiter auseinander setzte, kam ihm nun der G zur Hilfe und vertrieb diese mit<br />
Hieben seines Totschlägers. Als der Notarzt den Tatort erreichte, konnte er nur noch<br />
den Tod des H feststellen. (vgl. BGHSt. 16, 130)<br />
21. A war in der Straßenbauabteilung der Stadt Hannover beschäftigt. Er war Vorarbeiter einer<br />
Kolonne, der außer ihm S, K und B angehörten. Zwischen Februar 2006 und Juli 2008<br />
wurde der ebenfalls dort angestellte, aber in einer anderen Kolonne tätige D während der<br />
Arbeitszeit wiederholt Opfer demütigender körperlicher Übergriffe von Seiten A, B, K und<br />
S, die hierfür bisweilen auch Knüppel, Ketten oder andere Werkzeuge verwendeten. Am 22.<br />
Februar 2006 drängten die A, B, K, und S, den D in eine Friedhofskapelle. K und B hielten<br />
den D an den Armen fest, während S ihm mit einem Holzknüppel mehrere wuchtige<br />
Schläge gegen den Oberkörper versetzte. Nach einem Positionstausch zwischen S und K<br />
schlug dieser ebenfalls mehrfach auf D ein. Sodann ließen alle von D ab, der eine<br />
Rippenfraktur erlitten hatte und wegen der starken Schmerzen mehrere Stunden nicht<br />
bewegungsfähig war. Sie ließen ihn daher in der Kapelle zurück und entfernten sich.<br />
Anfang 2008 forderten S und K einem gemeinsamen Tatplan entsprechend den D auf, sich<br />
einen vermeintlichen Schaden an einem der zum Bauhof gehörenden Fahrzeuge<br />
anzuschauen, packten ihn, als er sich dem Fahrzeug genähert hatte, von hinten und stießen<br />
seinen Kopf heftig auf die Motorhaube. Im Frühjahr 2008 erhielt der D, weil er sich für eine<br />
berufliche Fortbildung angemeldet hatte, beim Beladen eines Fahrzeugs Schläge zunächst<br />
von S, sodann von K. A war bei allen diesen Taten anwesend, ohne B, K oder S auch nur<br />
psychisch zu unterstützen. (BGHSt. 57, 42)<br />
22. A lebte mit einer sieben Jahre jüngeren Frau F zusammen, für die er Verantwortung<br />
übernommen hatte. So unterstützte er etwa ihr Bemühen, einen Schulabschluss<br />
nachzuholen. Als sie während eines Gaststättenbesuchs über Schwindelanfälle klagte, ging<br />
er mit ihr nach Hause. Dort gab es Streit, weil er einen ihrer Slips bei einem Mitbewohner<br />
gefunden hatte. Sie wollte den Streit beenden und ging ins Schlafzimmer. Sie kippte auf<br />
Grund ihres Schwindels gegen 2.35 Uhr in der Nacht über ein 84 cm hohes Balkongeländer.<br />
Sie hing außen mit den Beinen zur gut 12 m tiefer liegenden Straße, konnte sich aber<br />
zunächst mit den Händen von außen festhalten. Sie schrie mehrfach laut um Hilfe, wie in<br />
den umliegenden Häusern gehört wurde. Wie ebenfalls gehört wurde, wurde auf diese Rufe<br />
12
hin gelacht. A, der die Situation erkannt hatte, griff jedenfalls nicht ein, obwohl ihm dies<br />
ohne Weiteres möglich gewesen wäre, und verließ die Wohnung. Etwa zu diesem Zeitpunkt<br />
konnte sich F nicht länger festhalten, stürzte ab und war sofort tot. (BGHSt. 57, 28).<br />
23. Der A war habilitierter Assistenzarzt in der plastischen Chirurgie und als Oberarzt in der<br />
Unfallchirurgie von 1985 bis 1995 des Universitätsklinikums Marburg tätig. Zu seinen<br />
Aufgaben gehörten die Erstversorgung von Schwerverletzten und ihre weitere Betreuung<br />
bis hin zur Rehabilitation. Zudem führte er selbständig viele Lokal- und<br />
Regionalanästhesien durch. A betrieb als ambulant praktizierender Chirurg eine<br />
Tagesklinik in Berlin. Im März 2006 unterzog sich die 49 Jahre alte gesunde S bei A einer<br />
Bauchdeckenstraffung, verbunden mit einer Fettabsaugung. Ein schriftliches<br />
Einverständnis hatte sie zuvor erklärt. A sicherte S der Wahrheit zuwider zu, dass am Tag<br />
der Operation ein Anästhesist zugegen sein werde. Auf ihre vor Beginn des Eingriffs<br />
gestellte Frage, wo der Anästhesist sei, antwortete eine der Arzthelferinnen, dass dies der<br />
Doktor gleich mache. A setzte eine Periduralanästhesie (= rückenmarksnahe<br />
Regionalanästhesie) und nahm die Schönheits-OP vor. Eine Blutgasmessung unterblieb<br />
während des Eingriffs. Gegen dessen Ende führte A weitere Narkosemittel zu. Beim<br />
Schließen der Wunde kam es bei S zu einem Herz-Kreislauf-Stillstand. A reanimierte. Zum<br />
Offenhalten der Atemwege setzte er einen Guedel-Tubus ein, der nicht vor Aspiration (=<br />
Eindringen von Flüssigkeit oder Erbrochenem in die Atemwege) schützt. Er verabreichte<br />
Sauerstoff mittels einer Maske und führte Adrenalin und andere Medikamente zu. Nach<br />
einer halben Stunde befand sich die Herzfrequenz wieder im Normbereich, die S atmete<br />
spontan und erhielt Infusionen und blutdrucksteigernde Medikamente. Die S erlangte auch<br />
nach Abklingen der Wirkung der Narkosemittel ihr Bewusstsein nicht wieder. A führte<br />
seine Sprechstunde weiter und sah in regelmäßigen Abständen nach der Patientin. Er ließ<br />
deren Ehemann ausrichten, dass seine Frau aufgewacht und alles in Ordnung sei. A<br />
bestellte abends einen Krankenwagen ohne intensivmedizinische Ausrüstung. Die<br />
Transportsanitäter erkannten sofort den Ernst der Lage und bemerkten, dass sie Sauerstoff<br />
benötige. A verschwieg bei der Einlieferung der S den eingetretenen Herzstillstand mit<br />
nachfolgender Reanimation und die Aspiration der Patientin. S verstarb an den Folgen<br />
einer globalen Hirnsubstanzerweichung, ohne das Bewusstsein zuvor wiedererlangt zu<br />
haben. (BGHSt. 56, 277)<br />
(2) Prüfungsschemata<br />
1. Körperverletzung - § 223 StGB<br />
a. Gesundheitsbeschädigung<br />
I. Tatbestand<br />
A. Objektiver Tatbestand<br />
1. Gesundheitsbeschädigung<br />
2. Keine Einwilligung<br />
3. Handlung<br />
3. Kausalität<br />
4. Objektive Zurechnung<br />
B. Vorsatz<br />
II. Rechtswidrigkeit<br />
III. Schuld<br />
b. Körperliche Misshandlung<br />
13
I. Tatbestand<br />
A. Objektiver Tatbestand<br />
1. erhebliche Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens<br />
2. üble, unangemessene Behandlung<br />
3. Keine Einwilligung<br />
4. Kausalität<br />
5. Objektive Zurechnung<br />
B. Vorsatz<br />
II. Rechtswidrigkeit<br />
III. Schuld<br />
2. Körperverletzung mit Todesfolge - § 227 StGB<br />
I. Einfache Körperverletzung, § 223 I<br />
II. Körperverletzung mit Todesfolge, § 227 I<br />
A. Tod<br />
B. Kausalität<br />
C. Spezifischer Gefahrzusammenhang<br />
D. Fahrlässigkeit<br />
3. Gefährliche Körperverletzung - § 224 StGB<br />
a. Hinterlistig<br />
I. Einfache Körperverletzung<br />
II. Gefährliche Körperverletzung<br />
A. Objektiver Tatbestand<br />
1. unvorhergesehener Angriff für das Opfer<br />
2. Verdeckungstätigkeit<br />
B. Subjektiver Tatbestand<br />
1. Absicht der einfachen Körperverletzung<br />
2. Absicht der planmäßigen Verdeckung<br />
b. Waffe oder gefährliches Werkzeug<br />
I. Einfache Körperverletzung<br />
II. Gefährliche Körperverletzung<br />
A. Objektiver Tatbestand<br />
mittels Waffe o. gefährlichen Werkzeugs<br />
B. Bedingter Vorsatz<br />
c. Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen<br />
I. Einfache Körperverletzung<br />
II. Gefährliche Körperverletzung<br />
A. Objektiver Tatbestand<br />
Beibringen von Stoffen, die geeignet sind, die Gesundheit<br />
von sich aus erheblich zu schädigen<br />
B. Bedingter Vorsatz<br />
14
d. Gemeinschaftlich<br />
I. Prüfung der Strafbarkeit des Erfolgsnächsten gem. § 223 I StGB<br />
II. Prüfung der Strafbarkeit des Komplizen<br />
A. §§ 223 I, 25 II StGB o. ggf.<br />
B. §§ 223 I, 27 I StGB<br />
III. Prüfung der Strafbarkeit des Erfolgsnächsten gem. § 224 I Nr. 4 StGB<br />
A. Obj. Tatbestand<br />
Einvernehmliches Zusammenwirken am Tatort<br />
B. Bedingter Vorsatz<br />
IV Prüfung der Strafbarkeit des Komplizen<br />
A. §§ 224 I Nr. 4, 25 II StGB o. ggf.<br />
B. §§ 224 I Nr. 4, 27 I StGB<br />
e. Lebensgefährdende Behandlung<br />
I. Einfache Körperverletzung<br />
II. Gefährliche Körperverletzung<br />
A. Objektiver Tatbestand<br />
Lebensgefährliche Behandlung<br />
B. Bedingter Vorsatz<br />
4. Misshandlung Schutzbefohlener - § 225 StGB<br />
a. § 225 I 1. Var. StGB<br />
I. Einfache Körperverletzung<br />
II. Misshandlung Schutzbefohlener<br />
A. Quälen<br />
B. Bedingter Vorsatz<br />
C. gefühllose, fremde Leiden missachtende Gesinnung (str.)<br />
b. § 225 I 2. Var. StGB<br />
I. Einfache Körperverletzung<br />
II. Misshandlung Schutzbefohlener<br />
A. Roh Misshandeln<br />
B. Bedingter Vorsatz<br />
C. gefühllose, fremde Leiden missachtende Gesinnung<br />
c. § 225 I 3. Var. StGB<br />
I. Einfache Körperverletzung durch Unterlassen, §§ 223 I, 13 I StGB<br />
II. Misshandlung Schutzbefohlener<br />
A. Gesundheitsbeschädigung gerade durch Vernachlässigen der Sorgepflicht<br />
B. Direkter Vorsatz<br />
C. Böswilligkeit<br />
5. Aussetzung - § 221 StGB (Grunddelikt)<br />
I. Tatbestand<br />
A. Objektiver Tatbestand<br />
15
1. Hilflose Lage des Opfers<br />
2. Versetzen o.<br />
3. Garantenpflichtwidriges Im-Stichlassen<br />
4. Gefahr des Todes o. schwerer Gesundheitsschädigung<br />
5. Kausalität<br />
6. obj. Zurechnung<br />
B. Vorsatz<br />
II. Rechtswidrigkeit<br />
III. Schuld<br />
6. Beteiligung an einer Schlägerei - § 231 StGB (§ 231 I Var. 1 StGB)<br />
I. Tatbestand<br />
A. Objektiver Tatbestand<br />
1. Schlägerei<br />
2. Sichbeteiligen<br />
B. Vorsatz<br />
C. Obj. Strafbarkeitrsbedingung<br />
1. Tod o. schw. Körperverletzung<br />
2. Kausalität mit Schlägerei<br />
3. Obj. Zurechnung zur Schlägerei<br />
4. Subj. Tb (str.)<br />
II. Rechtswidrigkeit (§ 231 II StGB)<br />
III. Schuld (§ 231 II StGB)<br />
16
FREIHEITSDELIKTE<br />
(1) Fallsammlung zu den Freiheitsdelikten<br />
1. A wollte den Ö, der bei der Polizei belastende Angaben zu seinen<br />
Betäubungsmittelgeschäften gemacht hatte, zum Widerruf dieser Aussage veranlassen.<br />
Er warf er ihn zu Boden, kniete sich auf dessen Oberkörper, fixierte dessen Hände mit<br />
seinen Knien und schlug dessen Kopf dreimal auf den Waldboden; dabei fragte er<br />
schreiend, warum Ö ihn „verpfiffen” habe. Nach einem kurzen Wortwechsel erhoben<br />
sich beide und gingen zum Fahrzeug zurück. (BGH, NStZ 2003, S. 371)<br />
2. Die A hatte im Jahre 1943 an die Luftwaffeneinheit, bei der St stand, geschrieben, St.<br />
treibe Sabotage, er nehme Handgriffe an Flugzeugen vor, damit sie abstürzten, er<br />
gehöre an die Wand gestellt. St wurde daraufhin festgenommen und befand sich 15<br />
Tage in Haft. Vom Kriegsgericht wurde er dann freigesprochen. Die A wusste, dass ihre<br />
Anzeige wahrscheinlich unbegründet war. Sie wollte durch sie dem St Ungelegenheiten<br />
bereiten. Sie rechnete insbesondere damit, dass er ohne Grund in längere Haft<br />
genommen werden würde. (vgl. BGHSt. 3, 4)<br />
3. A lebte mit O in einer WG zusammen. A hatte es übernommen, Unterschriften für eine<br />
Petition gegen einen Neubau in Stuttgart zu sammeln. Zu seinem Leidwesen füllte sich die<br />
Unterschriftenliste nur schleppend. Auch O hatte bisher nicht unterzeichnet. Eines<br />
Morgens hörte der A Hilfeschreie aus dem Zimmer des O. Dieser hatte einen Asthmaanfall<br />
und litt unter schwerer Atemnot. Obwohl A erkannte, dass der O sofortige ärztliche Hilfe<br />
benötigte, machte er den Notruf davon abhängig, dass der O die Petition signierte. O tat wie<br />
ihm geheißen.<br />
4. Die zur Tatzeit 16jährige B entwendete in einem Kaufhaus ein Umhängetuch im Wert<br />
von 40 DM. Sie wurde von dem Kaufhausdetektiv P gestellt und in ein Büro geführt.<br />
Während der P die Diebstahlsanzeige fertigte, bat B dringend, von einer<br />
Anzeigeerstattung abzusehen. Ihre Eltern „schlügen sie tot“, und sie habe den Verlust<br />
der Lehrstelle, die sie bei einem Bankinstitut in Aussicht habe, zu befürchten, wenn der<br />
Diebstahl bekannt würde. P erklärte, er müsste Anzeige erstatten, da er seine eigene<br />
Stellung gefährde, wenn er Ausnahmen mache. Er gab die Anzeige in die Hauspost.<br />
Später traf er zufällig auf die B und sagte, es gebe vielleicht doch einen Weg, ihr zu<br />
helfen. Wenn sie mit ihm schlafe, mache er die Anzeige rückgängig. Wenn sie es nicht<br />
tue, werde er auch nichts tun. B erbat sich Bedenkzeit und zeigte dann den P an. (vgl.<br />
BGHSt. 31, 195)<br />
5. L empörte sich gegen die Fahrpreiserhöhungen im öffentlichen Nahverkehr. Um seinen<br />
Protest Ausdruck zu verleihen, setzte er sich vor eine Straßenbahn in der Absicht, diese<br />
am Weiterfahren zu hindern. Dem Straßenbahnführer S war zwar bewusst, dass er den<br />
L selbst mit einer langsam fahrenden Straßenbahn mühelos hätte vom Gleis drängen<br />
können. Da er jedoch erhebliche Körperverletzungen für L befürchtete, wenn er<br />
anfahren würde, unterließ er es. (BGHSt. 23, 46)<br />
6. Der A hatte sich gemeinsam mit einer größeren Anzahl gleich gesinnter Personen an der<br />
Blockade der A 8 (München-Stuttgart) beteiligt. Die Polizei hatte drei Omnibusse auf<br />
einem Rastplatz angehalten und nicht weiterfahren lassen. Daraufhin verteilten sich die<br />
Insassen dieser Busse auf die Fahrbahnen, stellten sich den herannahenden Fahrzeugen<br />
17
in den Weg und sperrten auf diese Weise den Verkehr. Dem A war klar, dass hierdurch<br />
eine Vielzahl von Autofahrern an der Weiterfahrt gehindert wurde. (BGHSt. 41, 182)<br />
7. Aus Wut stellte der A dem O in Aussicht, er werde seine Mutter umbringen. Dabei war<br />
ihm nicht bekannt, dass die Mutter des M bereits verstorben war. (BVerfG, NJW 1995, S.<br />
2776)<br />
8. Der A lebte mit seiner Verlobten V und deren fünf Monate alten, von ihm stammenden<br />
Tochter zusammen. Als ihn Kriminalbeamte aufgrund eines Vollstreckungshaftbefehls<br />
in der Wohnung festnehmen wollten, ergriff er, möglicherweise auf Veranlassung der<br />
Mutter, das Kind, richtete ein Brotmesser auf dasselbe und drohte, er werde es<br />
umbringen, falls die Beamten nicht von der Verhaftung Abstand nehmen würden. Nach<br />
etwa zweistündigen Verhandlungen, während denen er das Kind fortwährend in den<br />
Händen hielt und mit dem Messer bedrohte, gaben die Beamten auf. (BGHSt. 26, 70)<br />
9. Wie 8., nur lebte der A mit seiner 16jährigen Tochter T allein zusammen. Weil A das<br />
Sorgerecht verloren hatte, fürchteten beide, dass die T nun in einem Heim<br />
untergebracht werden würde. Daher beschlossen sie, dass die T sich durch den A zur<br />
Geisel nehmen lassen solle, damit die Polizei wieder abziehen werde. So geschah es.<br />
10. Der A war Drogendealer und wurde strafrechtlich verfolgt. Der S erhielt eine Ladung<br />
zur Zeugenvernehmung. Um ihn zum Schweigen zu bringen, verbrachte der A den S an<br />
eine einsame Stelle und schlug auf ihn ein. Dann sagte er, der S solle vor der Polizei und<br />
vor Gericht schweigen, sonst würde er ihn erneut verprügeln. (vgl. BGH, NStZ 2002, S.<br />
31)<br />
10. A hatte gesehen, wie die K wegen Übelkeit von einem Festplatz zu ihrem PKW gegangen<br />
war. Er entschloss sich, sie zu vergewaltigen. Er ging zu ihr hin und bot ihr Hilfe an. Er<br />
nahm sie auf die Arme und trug die bisher ahnungslose A in ein nahe gelegenes<br />
Getreidefeld. Dort angekommen, packte er sie, drückte sie zu Boden, entkleidete sie, hielt<br />
ihr ein Messer an den Hals und bedrohte sie mit dem Tode, wenn sie sich weiter wehren<br />
würde. K gab daraufhin jeden Widerstand auf. A übte den Geschlechtsverkehr an ihr aus<br />
(Vereinfachung von BGHSt. [GS] 40, 350)<br />
11. O wohnt mit A in einer WG zusammen. Als er eines Tages in seinem Zimmer auf der Couch<br />
schlief, dachte sich der A, er könne sich einen Scherz erlauben. Er zog den Türschlüssel an<br />
der Türinnenseite ab und verschloss die Tür von außen. Nach einer halben Stunde kamen<br />
ihm Bedenken. Er schloss die Tür wieder auf. O erwachte später und hatte von allem nichts<br />
gemerkt.<br />
12. A und O gerieten in Streit. Als O dem A nicht mehr zuhören wollte, fasste ihn der ihm<br />
körperlich deutlich überlegene A mit beiden Händen an den Armen und hielt ihn für etwa<br />
eine halbe Minute lang fest. O gelang es nicht, sich zu befreien. (Vgl. OLG Hamm, JMBL NRW<br />
1964, S. 31)<br />
13. A und O unternahmen eine Segeltour über den Atlantik. Sie gerieten in Streit. O neigte<br />
gelegentlich dazu, wenn er abends trank, den A körperlich anzugreifen. Dieser war der<br />
Sache überdrüssig und sperrte den O vorbeugend in der Kajüte ein, als dieser seinen<br />
Mittagsschlaf hielt. Dabei war ihm klar, dass er ihn auch abends hätte einsperren können,<br />
wenn O begann, Alkohol zu trinken. A sah jedoch einen Sturm heraufziehen und wollte die<br />
Yacht ohne Streit mit dem O durch das Unwetter lenken. Er sah zwar die Gefahren, das<br />
Boot allein durch das Meer zu lenken, schätzte sie jedoch geringer ein als die<br />
18
Schwierigkeiten, die O bereiten könnte. Während des Sturms wurde A über Bord gespült.<br />
Er wurde zwei Stunden später von einem Fischerkutter aufgegriffen. Die Suche nach der<br />
Yacht verlief jedoch erfolglos. Erst eine Woche später konnte das Segelboot aufgefunden<br />
und der O befreit werden.<br />
14. Der A hatte die O in seinem PKW mitgenommen. Nachdem er anzügliche Bemerkungen<br />
gemacht hatte, bat sie ihn, an der nächsten Tankstelle anzuhalten. Er überhörte ihre Bitte<br />
und fuhr an der Tankstelle vorbei. Die O vermutete nun, dass er vorhatte, sie zum Beischlaf<br />
mit ihm zu bringen. Als A verkehrsbedingt auf der Autobahn etwas langsamer fuhr, nutzte<br />
sie die Gelegenheit, öffnete die Beifahrertür und sprang hinaus. Ihr war bewusst, dass sie<br />
sich in Lebensgefahr brachte. Sie schlug mit dem Kopf auf der Straße auf und verstarb<br />
sogleich. (vgl. BGHSt. 19, 382)<br />
15. Die A war nach der Geburt ihres Sohnes S zuhause geblieben. Nach seinem dritten<br />
Geburtstag nahm sie werktags auch den gleichaltrigen Nachbarssohn K zu sich, damit<br />
dessen Mutter wieder zur Arbeit gehen konnte. Nach geraumer Zeit wurde der S<br />
eifersüchtig auf den K und schlug diesen gelegentlich mit Spielzeug. Eines Tages fügte der S<br />
dem K eine blutende Kopfwunde zu. Da er danach auch auf Ermahnung der A keine Ruhe<br />
gab und es weiterhin unternahm, auf den K einzuschlagen,. schloss sie ihn für etwa vier<br />
Minuten in seinem Zimmer ein. Ohne diese Maßnahme hätte sie die Wunde des K nicht<br />
ordnungsgemäß versorgen können.<br />
16. Der 12jährige Sohn S des alleinerziehenden Vaters V weigerte sich, seine Hausaufgaben zu<br />
machen. Daraufhin besprach der V mit S dessen Probleme und ermahnte ihn, in Zukunft die<br />
aufgegebenen Arbeiten zu erledigen. Nachdem der S weiterhin untätig blieb, kürzte der V<br />
ihm das Taschengeld und entzog es ihm später ganz. Als auch dies nichts fruchtete und die<br />
Versetzung des S gefährdet war, ordnete der V Stubenarrest an. Nachdem der S sich nicht<br />
an die Anweisung gehalten hatte, das eigene Zimmer nicht zu verlassen, verschärfte der V<br />
den Stubenarrest, indem er die Zimmertür von außen abschloss, nachdem der S von der<br />
Schule zurückgekommen war. V öffnete die Tür erst wieder zur Abendbrotszeit.<br />
17. Wie 16., nur führte er ihn in einen dunklen Keller und sperrte ihn dort über Nacht ein.<br />
18. A und G hatten eine Bankfiliale überfallen und die Bankangestellte B mit vorgehaltenen<br />
Pistolen dazu gebracht, das gesamte Bargeld herauszugeben. Sie zerrten die Kundin K in ihr<br />
Fluchtfahrzeug und fuhren davon. Mittlerweile war die Polizei informiert und eine<br />
Ringfahndung eingeleitet worden. Eine Polizeistreife mit den Beamten P und M erkannten<br />
den PKW von A und G, nahmen die Verfolgung auf und schossen auf das Fluchtfahrzeug, um<br />
es zum Halten zu bringen. Nach ihren Informationen flohen A und G ohne Geisel. Eine Kugel<br />
traf die K tödlich. (vgl. BGHSt. 33, 322)<br />
19
(2) Prüfungsschemata<br />
a. Freiheitsberaubung - § 239 StGB<br />
I. Grunddelikt, § 239 I StGB<br />
A. Tatbestand<br />
1. Objektiver Tatbestand<br />
a) Einsperren o.<br />
b) Freiheitsberaubung in sonstiger Weise<br />
2. Vorsatz<br />
B. Rechtswidrigkeit<br />
C. Schuld<br />
II. Erfolgsqualifikation (§ 239 III, IV)<br />
A. Objektiver Tatbestand<br />
1. Schwere Folge<br />
2. Kausalität<br />
3. Spezifischer Gefahrzusammenhang<br />
B. Subjektiver Tatbestand<br />
1. Bei § 239 III Nr. 1: bedingter Vorsatz (str.)<br />
2. Bei § 239 III, Nr. 2, IV: § 18 StGB<br />
2. Nötigung - § 240 StGB<br />
I. Tatbestand<br />
A. Objektiver Tatbestand<br />
1. Nötigungshandlung<br />
a) Gewalt<br />
b) Drohung<br />
2. Nötigungserfolg<br />
a) Handeln,<br />
b) Dulden o.<br />
c) Unterlassen<br />
3. Kausalität<br />
4. Nötigungszusammenhang<br />
B. Subjektiver Tatbestand<br />
1. Absicht bezüglich 2.<br />
II.<br />
2. Bedingter Vorsatz bezüglich 1., 3., 4.<br />
Rechtswidrigkeit<br />
A. Allgemeine Rechtfertigungsgründe<br />
B. Besondere Verwerflichkeitsprüfung, § 240 II StGB<br />
1. Unrechtmäßigkeit des Zwecks,<br />
2. Unangemessenes Mittel o.<br />
3. Missverhältnis zwischen Zweck u. Mittel<br />
III. Schuld<br />
IV. Besonders schwerer Fall, § 240 IV StGB<br />
3. Bedrohung - § 241 StGB<br />
I. Tatbestand<br />
A. Objektiver Tatbestand<br />
1. Bedrohen mit Verbrechen<br />
20
2. Wahrnehmung durch Adressaten<br />
B. Vorsatz<br />
II. Rechtswidrigkeit<br />
III. Schuld<br />
4. Geiselnahme<br />
a. Bemächtigungsvariante<br />
I. Grunddelikt, § 239b I<br />
A. Tatbestand<br />
1. Objektiver Tatbestand<br />
a) Ausführungshandlung<br />
aa) Sich-Bemächtigen o.<br />
bb) Entführen<br />
b) stabile Zwischenlage<br />
2. Subjektiver Tatbestand<br />
a) Vorsatz bezüglich A.<br />
b) Absicht, qualifiziert zu nötigen<br />
B. Rechtswidrigkeit<br />
C. Schuld<br />
II. Erfolgsqualifikation<br />
A. Objektiver Tatbestand<br />
1. Tod<br />
2. Kausalität<br />
3. Spezifischer Gefahrzusammenhang<br />
B. Subjektiver Tatbestand, § 18 StGB<br />
b. Ausnutzungsvariante<br />
I. Grunddelikt, § 239b I<br />
A. Tatbestand<br />
1. Erste Tatphase<br />
a) Objektiver Tatbestand<br />
aa) Sich-Bemächtigen o.<br />
bb) Entführen<br />
b) Vorsatz<br />
2. Zweite Tatphase<br />
a) Objektiver Tatbestand<br />
aa) Drohen mit Tod, schw. Körperverletzung<br />
o. längerer Freiheitsberaubung<br />
bb) Handlung, Duldung, Unterlassung<br />
der Geisel o. eines Dritten<br />
cc) Kausalität<br />
dd) Nötigungszusammenhang<br />
b) Vorsatz<br />
B. Rechtswidrigkeit<br />
C. Schuld<br />
II. Erfolgsqualifikation<br />
A. Objektiver Tatbestand<br />
1. Tod<br />
2. Kausalität<br />
3. Spezifischer Gefahrzusammenhang<br />
B. Subjektiver Tatbestand, § 18 StGB<br />
21
EHRDELIKTE<br />
(1) Fallsammlung zu den Ehrdelikten<br />
1. In der Imbissstube des A war die P als Serviererin beschäftigt. Nachdem diese einen<br />
geringeren Tagesumsatz abgerechnet hatte als ihre Vorgängerin und dem A aufgefallen<br />
war, dass bei der Abrechnung Bons fehlten, hegte A den Verdacht, dass die P im<br />
Zusammenspiel mit der an der Theke beschäftigten L Waren ohne Bon abholte und die<br />
Bezahlung nicht abführte. Als er eines Tages von der Straße aus durch das Fenster<br />
beobachtete, wie die P Speisen ohne gleichzeitige Abgabe eines Bons entgegennahm, stellte<br />
er sie am folgenden Abend mit den Worten zur Rede: „Können Sie mir klar machen, wie Sie<br />
an die geringen Umsätze kommen? Sie verdienen ja weniger als eine Putzfrau!“ Als die P<br />
sich mit den Worten verteidigte, sie könne für geringe Umsätze nicht verantwortlich<br />
gemacht werden, entgegnete der A: „Doch! Sie haben Waren ohne Bon entnommen. Sie<br />
stecken mit Frau L unter einer Decke!“ Das Gespräch wurde, ohne dass der A dies wusste,<br />
von einem Mitarbeiter des A, dem M, mitgehört. Über den Vorgang setzte die P die L in<br />
Kenntnis. Die P stellte gegen A Strafantrag. Im Strafverfahren gegen den A konnte dessen<br />
Bezichtigung von P und L weder bewiesen noch widerlegt werden. (OLG Köln, NJW 1964, S.<br />
2121)<br />
2. Der 18jährige Krankenpflegeschüler K rief einem vorbeigehenden Polizeibeamten die<br />
englisch ausgesprochenen Buchstaben „A. C. A. B.“ zu und zeigte dabei auf ihn. (OLG<br />
Stuttgart, NStZ 2009, S. 50)<br />
3. A schrieb im Juni 1954 auf eine Postkarte an einen Bekannten in Darmstadt: „Der Jude ist<br />
wie eine Laus, die setzt sich in den Pelz und geht nicht mehr raus. Der Hitler hätte so schön<br />
aufgeräumt mit dieser Gesellschaft, jetzt kommen sie schon wieder.“ Diese Bemerkungen<br />
richteten sich unmittelbar gegen Dr. E, den A irrtümlich für einen Juden hielt. Der<br />
Landesverband jüdischer Gemeinden in Hessen stellte Strafantrag. (BGHSt. 11, 207)<br />
4. Der K, ein Kandidat der SPD zur Europawahl, bezeichnete die CSU im Wahlkampf als „NPD<br />
Europas“. (BVerfGE 61, 1)<br />
5. Im Jahre 1954 veröffentlichte S eine Stellungnahme in der Stuttgarter Zeitung, in der es u.<br />
a. heißt: „Wer die Lüge aufgebracht hat, weiß ich nicht, der „Spiegel“ gibt sie weiter. Zahllos<br />
sind die bewussten Verdrehungen. [...] Es ist eine Gattung von Publizistik, die auf dem<br />
Gebiet der Politik das ist, was die Pornographie auf dem Gebiet der Moral. [...] Was dabei an<br />
Qualität herauskommt – man kann es nicht besser und einfacher ausdrücken als Karl<br />
Kraus: „Je größer der Stiefel, desto größer der Absatz!“ [...]. “ Dem war ein Artikel des<br />
Spiegels vorangegangen, der den S schwer angriff. (BVerfGE 12, 113).<br />
6. Zur Bebilderung eines Artikels in der Zeitschrift „Konkret“, der die Einflussnahme der<br />
bayerischen Staatsregierung auf die Justiz zum Gegenstand hatte, wurde eine Karikatur von<br />
K abgedruckt. Diese stellt den damaligen bayerischen Ministerpräsidenten F. J. Strauß als<br />
ein Schwein dar, das mit einem anderen Schwein in Richterrobe kopuliert. (BVerfGE 73,<br />
369).<br />
22
(2) Prüfungsschemata<br />
1. Üble Nachrede - § 186 StGB<br />
I. Tatbestand<br />
A. Objektiver Tatbestand<br />
1. Kundgabe einer Tatsache<br />
2. in Beziehung auf einen Dritten<br />
3. Ehrenrührigkeit der Tatsache<br />
4. Wahrnehmung durch einen anderen<br />
B. Vorsatz<br />
C. Nichterweislichkeit der Tatsache<br />
II. Rechtswidrigkeit<br />
III. Schuld<br />
IV. Strafantrag, § 194 StGB<br />
2. Verleumdung - § 187 StGB<br />
a. § 187 1. Alt StGB<br />
I. Tatbestand<br />
A. Objektiver Tatbestand<br />
1. Kundgabe einer Tatsache<br />
2. in Beziehung auf einen anderen<br />
3. Ehrenrührigkeit der Tatsache<br />
4. Unwahrheit der Tatsache<br />
5. Wahrnehmung durch einen anderen<br />
B. Subjektiver Tatbestand<br />
1. Bedingten Vorsatz bezüglich 1.-3.<br />
2. Dolus directus zweiten Grades bezüglich 4.<br />
II. Rechtswidrigkeit<br />
III. Schuld<br />
IV. Strafantrag, § 194 StGB<br />
b. Rechtfertigung nach § 193 StGB<br />
(I. Tatbestand)<br />
II. Rechtswidrigkeit, § 193 StGB<br />
A. Berechtigtes Interesse des Täters<br />
B. Wahrnehmung dieses Interesse<br />
d. h. Eignung der Äußerung, das Interesse zu wahren<br />
C. Erforderlichkeit<br />
D. Angemessenheit<br />
E. Kenntnis der rechtfertigenden Umstände (A.-D.)<br />
(…)<br />
23
VERMÖGENSDELIKTE<br />
Fallsammlung zur Sachbeschädigung<br />
1. A ließ die Luft aus den Reifen des PKW von O. (BGHSt. 13, 207)<br />
2. Der O hatte nach in einem Buch nach langem Suchen die ersehnte Stelle gefunden, die er für<br />
seine Arbeit zitieren wollte. Der A schlug das Buch zu. (nach Maurach/Schroeder/Maiwald, BT 1,<br />
§ 36 Rn. 13).<br />
3. A beklebte einen Verteilerkasten der deutschen Post, der an der Reeperbahn auf Hamburg-St.<br />
Pauli stand, mit einem Plakat. Ein Filialleiter der deutschen Post stellte im Namen des<br />
Unternehmens Strafantrag.. (BGHSt. 29, 129 m. Neubespr. v. Scheffler, NStZ 2001, S. 290)<br />
4. A brachte an seinem PKW einen Reflektor an. Ihm ging es darum, unerkannt zu schnell an<br />
Radarfallen vorbei zu kommen. Er fuhr auf eine solches Radarmessgerät mit überhöhtem Tempo<br />
zu. Dies löste den Blitzlicht- und Fotomechanismus aus. Da das Blitzlicht reflektiert wurde, war<br />
das Foto überbelichtet und unbrauchbar. (OLG München, NJW 2006, 2132).<br />
(1) Prüfungsschema<br />
I. Tatbestand (Tb.)<br />
A. Objektiver Tb.<br />
1. Fremde Sache<br />
2. Ausführungshandlung<br />
a) Beschädigen,<br />
b) Zerstören o.<br />
c) Verändern des Erscheinungsbildes<br />
3. ohne den Willen des Eigentümers<br />
(= „rechtswidrig“, „unbefugt“)<br />
B. Bedingter Vorsatz<br />
II. Rechtswidrigkeit<br />
III. Schuld<br />
IV. Strafantrag, § 303c StGB<br />
24
(2) Fallsammlung zur Unterschlagung<br />
1. Der A nahm Leergut, das von einem Brauereiwagen gefallen war, von der Straße auf und<br />
brachte es in ein Geschäft, um das Pfandgeld zu kassieren.<br />
2. A führte als Kirchenrendant für drei katholische Pfarreien die Bücher und verwahrte<br />
Bargeld und Sparbücher. Er allein besaß den Geldschrankschlüssel. Er entnahm dem<br />
Geldschrank zu verschiedenen Zeiten während des Jahres 1950 ein Sparbuch, hob<br />
davon Geld ab, um es für sich zu verwenden, und legte das Sparbuch wieder in den<br />
Geldschrank zurück. (Vereinfachung von BGHSt. 8, 273)<br />
3. A verwaltete überzählige gottesdienstliche Gegenstände. Da er Finanzschwierigkeiten<br />
hatte, verpfändete er sie an den P, um seine Schulden zu bezahlen. Da er nur<br />
verschwindend geringe Aussichten auf zukünftigen Vermögenszuwachs hatte, bestand<br />
kaum eine Chance, die Sachen wieder auszulösen. Diese Gefahr nahm der A in Kauf. Es<br />
kam wie vorhergesehen. Nach der dritten Mahnung gab der P die Gegenstände zur<br />
öffentlichen Versteigerung und strich den Erlös ein.<br />
4. A übereignete der Bank B eine dem C zur Miete übergebene Werkbank zur Sicherheit,<br />
um an einen Kredit zu gelangen. Nachdem dieser Kredit aufgebraucht war, veräußerte<br />
er die Werkbank an den D, indem er ihm den Herausgabeanspruch gegenüber C abtrat.<br />
(vgl. BGHSt. 1, 262)<br />
5. A erstach den O. Im Anschluss daran durchsuchte er die Leiche und nahm ein<br />
Mobiltelefon und eine Geldbörse an sich. Es konnte nicht geklärt werden, ob es dem A<br />
von Anfang an darum ging, an diese Sache zu kommen. (BGHSt. 47, 243 m. Anm. Otto,<br />
NStZ 2003, 87 u. Bespr. von Freund/Putz, NStZ 2003, S. 242)<br />
6. O hatte Zechschulden bei A in Höhe von 50 €. Trotz mehrfacher Aufforderung hatte er<br />
sie am Monatsende nicht beglichen. Eines Tages fand der A eine Geldbörse auf dem<br />
Gehweg und identifizierte sie als diejenige des O. Er entnahm ihr einen 50-€-Schein und<br />
steckte ihn in die eigene Tasche. Sodann brachte er die Geldbörse dem O zurück.<br />
7. Der A verwaltete für eine Druckerei D Papierrollen. Er wollte ohne Wissen der D eine<br />
dieser Rollen bei C für den Druck eigener Werbezettel nutzen. Da A kein Auto hatte, bat<br />
er den B, ihm sein KfZ zum Transport zur Verfügung zu stellen. B fuhr mit seinem<br />
Kleintransporter vor und übergab dem A die Autoschlüssel. Sodann lenkte er den<br />
Geschäftsführer von D ab, damit A die Rolle ungestört einladen konnte. So geschah es.<br />
(vgl. BGHSt. 2, 317)<br />
25
(3) Prüfungsschema<br />
I. Grunddelikt, § 246 I<br />
A. Tatbestand<br />
1. Objektiver Tatbestand<br />
a) fremde bewegliche Sache<br />
b) Zueignen<br />
aa) dauernd enteignen<br />
bb) vorübergehend aneignen<br />
cc) rechtswidrig<br />
2. Subjektiver Tatbestand<br />
a) Absicht bezüglich 1. a) bb)<br />
b) bedingter Vorsatz im Übrigen<br />
B. Rechtswidrigkeit<br />
C. Schuld<br />
D. Antragserfordernis, §§ 247, 248a StGB<br />
II. Veruntreuung, § 246 II<br />
A. anvertraute Sache<br />
B. bedingter Vorsatz<br />
III. Strafantrag, §§ 247, 248a StGB<br />
26
(4) Fallsammlung zum Diebstahl<br />
1. I war als Installateur bei dem Schwiegervater des L beschäftigt und fuhr ständig den<br />
Firmenwagen. Er pflegte eine Mappe mit Ausweispapieren im offenen Handschuhfach<br />
seines Wagens aufzubewahren. Eines Tages lag sie außerhalb des PKW, direkt neben<br />
dessen rechter Tür auf dem Hof des Schwiegervaters des L. Der Hof war nicht<br />
abgegrenzt und auch anderen Personen zugänglich. Trotz ihrer Lage war es auch nicht<br />
für jeden Dritten erkennbar, dass die Mappe dem Fahrer des Wagens gehörte. Diese<br />
Mappe nahm L an sich, um sie für sich zu behalten. (BGH, GA 1969, S. 25)<br />
2. T schlug den O zu Boden. Als T erkannte, dass O im Sterben lag, zog er diesen in eine<br />
dunkle Hausecke. Darauf sah er auf dem Boden zwei Geldscheine liegen, die dem O aus<br />
der Tasche gefallen waren, während er in die Hausecke gezogen worden war. Nun kam<br />
T spontan auf die Idee, das Geld an sich zu nehmen, um es später zu vertrinken, und<br />
setzte diese in die Tat um. O starb im Laufe der Nacht an den Verletzungen. (BGH, NJW<br />
1985, S. 1911)<br />
3. A nahm in einem Selbstbedienungsladen aus dem Regal ein Päckchen Zigaretten für 5<br />
DM und steckte es in seine Hosentasche, anstatt es in den Einkaufskorb zu legen. Das<br />
Geschehen beobachtete die Verkäuferin V. Sie stellte den A zusammen mit dem<br />
Filialleiter F an der Kasse und nahm ihm die Zigaretten wieder ab. (BGHSt 16, 271)<br />
4. A ging im Supermarkt mit dem Einkaufswagen in die CD-Abteilung. Dort nahm sie vier<br />
CDs und ein Video aus den Auslagen und legte alles flach auf den Wagenboden.<br />
Daraufhin deckte sie alles mit einem Werbeprospekt ab. Anschließend legte sie weitere<br />
Sachen auf die durch den Werbeprospekt verdeckten Waren und ging zur Kasse.<br />
Entsprechend ihrem Plan legte sie nur die auf den Werbeprospekten liegenden<br />
Gegenstände auf das Band und räumte sie nach deren Bezahlung wieder in den Wagen.<br />
Das Geschehen hatte der Detektiv D beobachtet, der A dann hinter der Kassenzone<br />
stellte. (vgl. BGHSt 41, 198)<br />
5. Die Polizei hatte den D als notorischen Dieb im Auge. Um ihn zu überführen, bat der<br />
Polizeibeamte P den Juwelier J, den Einbruch des D geschehen zu lassen. So geschah es.<br />
Die Polizei nahm den D nach Verlassen des Geschäfts von D mit der Beute fest.<br />
6. B und C hatten sich nachts Zugang zu einem Laden verschafft und von dort einen<br />
großen, 300kg schweren Tresor unter großen Anstrengungen auf die Straße vor dem<br />
Ladengeschäft geschafft. Als sie dabei waren, den Tresor auf einen Gabelstapler zu<br />
laden, wurden sie von der Polizei überrascht. (BGH, NStZ 1981, S. 435)<br />
7. A drückte das Seitenfenster eines PKW auf und griff von außen den auf dem<br />
Beifahrersitz liegenden Herrenmantel und ging davon. (vgl. BGH, NJW 1956, S. 389)<br />
8. A zog in einem Kaufhaus ein mit einem Sicherungsetikett versehenes T-Shirt unter<br />
seinen Pullover und begab sich, ohne zu bezahlen, zum Ausgang. Dort löste das Etikett<br />
Alarm aus. A wurde von einem Kaufhausangestellten zur Rede gestellt.<br />
9. A zerstörte das Schloss einer Kasse mit einem Schraubenzieher, öffnete sie, um den<br />
Kassenbestand an sich zu nehmen. Er musste freilich feststellen, dass die Kasse nur<br />
wenige Cent enthielt. Daraufhin zog er enttäuscht von dannen.<br />
10. Der A führte während eines Diebstahls ein Pfefferspray mit sich. (vgl BGHSt. 52, 376)<br />
27
11. A ist Polizeibeamter. Während der Mittagspause ging er – uniformiert und mit Pistole<br />
bewaffnet – in einen Supermarkt. Dort nahm er ein Päckchen Zigaretten an sich und<br />
verließ den Verkaufsraum, ohne zu bezahlen. (vgl. BGHSt. 30, 44)<br />
12. A begab sich in den Lebensmittelmarkt des L. An seinem Gürtel führte er ein klappbares<br />
Taschenmesser mit einer längeren Klinge bei sich, um von Whiskeyflaschen, die er<br />
stehlen wollte, die Sicherungsetiketten abzuschneiden. Der Angeklagte nahm drei<br />
Flaschen Whiskey aus einem Regal, ging einen Gang weiter, entfernte dort mit dem<br />
Messer die Sicherungsetiketten und verließ das Geschäft, ohne zu bezahlen. Er hatte zu<br />
keinem Zeitpunkt die Absicht, das Messer gegen Menschen einzusetzen. (BGHSt. 52,<br />
257)<br />
13. A betrat ein Drogeriegeschäft, nahm einen Labellostift aus ihrer Handtasche und<br />
näherte sich von hinten der Kassierin. Sie drückte dieser den Stift in den Rücken und<br />
forderte sie auf, die Entnahme des Kasseninhaltes zu dulden. Nachdem A so etwa 150<br />
Euro an sich gebracht hatte, verließ sie das Geschäft.<br />
14. A betrat kurz vor Ladenschluss ein Drogeriegeschäft in der Absicht, die Kasse zu<br />
plündern. Aus diesem Grund hatte sie sich eine Spielzeugpistole in den Hosenbund<br />
gesteckt, die in ihrem Aussehen einer scharfen Waffe glich. So ausstaffiert, trat sie an<br />
die Kassiererin K heran, die gerade dabei war, Geldscheine, die sie auf dem Förderband<br />
abgelegt hatte, zu zählen. K wich erschrocken einen Schritt zurück. A nahm ein Bündel<br />
der Geldscheine an sich und verließ die Drogerie.<br />
15. A löste sechs Scheiben aus dem Badezimmerfenster des Wohnhauses des O. Dann stieg<br />
er in das Badezimmer ein und gelangte über den Wohnungsflur in einen anliegenden<br />
Geschäftsraum. Dort entnahm er einer Schreibtischschublade 120 DM und verließ über<br />
die Wohnungstür das Haus. (BGH, NStZ 2001, S. 533)<br />
28
(5) Prüfungsschema<br />
1. Grunddelikt - § 242 I StGB<br />
A. Tatbestand<br />
1. Objektiver Tatbestand<br />
a) fremde bewegliche Sache<br />
b) Wegnahme<br />
2. Subjektiver Tatbestand<br />
a) Wegnahmevorsatz<br />
b) Zueignungsabsicht<br />
B. Rechtswidrigkeit<br />
C. Schuld<br />
D. Strafzumessungsregel, § 243 I StGB<br />
E. Antragserfordernis, §§ 247, 248a StGB<br />
2. Strafzumessungsregel - § 243 StGB<br />
I. Grunddelikt, § 242 I StGB<br />
A. Tatbestand<br />
B. Rechtswidrigkeit<br />
C. Schuld<br />
D. Strafzumessungsregel, § 243 I StGB<br />
1. Benannte Fälle, § 243 I 2 StGB<br />
a) Regelbeispiel<br />
aa) obj. Merkmale<br />
bb) Vorsatz<br />
b) Gegenindizien<br />
aa) Zwingend: § 243 II StGB<br />
bb) Sonstiges<br />
2. Unbenannte Fälle, § 243 I 1 StGB (h. M.)<br />
E. Antragserfordernis, § 247 StGB<br />
3. Qualifikation nach § 244 I Nr. 1 a) StGB<br />
I. Grunddelikt, § 242 I StGB<br />
II. Qualifikation, § 244 I Nr. 1 a) StGB<br />
A. Bei-Sich-Führen einer Waffe<br />
B. Vorsatz<br />
C. Antragserfordernis, § 247 StGB<br />
4. Qualifikation nach § 244 I Nr. 1 b) StGB<br />
I. Grunddelikt, § 242 I StGB<br />
II. Qualifikation, § 244 I Nr. 1 b) StGB<br />
A. Objektiver Tatbestand<br />
1. Werkzeug oder Mittel<br />
2. Bei-Sich-Führen<br />
B. Subjektiver Tatbestand<br />
1. Vorsatz<br />
2. Verwendungsabsicht<br />
29
C. Antragserfordernis, § 247 StGB<br />
5. Qualifikation nach § 244 I Nr. 2 StGB<br />
I. Prüfung des Tatnächsten, § 242 I StGB<br />
II. Prüfung des Tatferneren<br />
A. §§ 242, 25 II StGB<br />
B. §§ 242, 27 I (26) StGB<br />
III. Gemeinsame Prüfung, § 244 I Nr. 2 StGB<br />
A. Objektiver Tatbestand<br />
1. Bande (Einzelheiten str.)<br />
2. Mitwirkung (Einzelheiten str.)<br />
B. Vorsatz<br />
C. Strafantrag § 247 StGB<br />
6. Qualifikation nach § 244a StGB<br />
I. Grunddelikt, § 242 I StGB (ggf. mit § 243 I 2 StGB)<br />
II. Qualifikation erster Stufe<br />
A. § 244 I Nr. 1 oder Nr. 3 StGB<br />
B. § 244 I Nr. 2 StGB<br />
III. Qualifikation zweiter Stufe, § 244a I StGB<br />
A. Objektiver Tatbestand: s. o. I. / II.<br />
B. Subjektiver Tatbestand: s. o. I. / II.<br />
C. Antragserfordernis, § 247 StGB<br />
30
(6) Fallsammlung zum Raub<br />
1. A hatte in der Nacht den völlig betrunkenen, vor dem Bahnhof liegenden Heizer H, um<br />
ihn ungestört ausplündern zu können, zunächst aufgehoben und ihn dann<br />
mitgenommen. H war derartig berauscht, dass er sich im nach hinein an nichts erinnern<br />
konnte. A brachte ihn dann auf einen Parkplatz. Dort zog er ihm die Kleidung bis auf die<br />
Unterwäsche aus und nahm dessen Wertsachen an sich. (vgl. BGHSt. 4, 210)<br />
2. A betrat ein Drogeriegeschäft, nahm einen Lippenpflegestift der Marke „Labello“ aus<br />
ihrer Handtasche und näherte sich von hinten der Kassiererin. Sie ihr drückte den Stift<br />
in den Rücken und forderte sie auf, die Entnahme des Kasseninhaltes zu dulden.<br />
Nachdem A so etwa 150 Euro an sich gebracht hatte, verließ sie das Geschäft.<br />
3. Auf einer öffentlichen Straße fasste A die 18jährige M von hinten an ihrer Jacke, um sie<br />
zu sich hinzuziehen und sie zu küssen. Die M wehrte sich gegen den Zugriff, indem sie<br />
versuchte, den A von sich abzudrängen. Wegen der Gegenwehr gelang es dem A nicht,<br />
wie beabsichtigt, seinen Arm um M zu legen, er bekam jedoch ihren linken Arm zu<br />
fassen. In diesem Moment bemerkte er, dass sie eine Armbanduhr trug und kam<br />
dadurch auf den Gedanken, ihr diese vom Arm zu streifen. Dies geschah in einer Weise,<br />
dass die sich wehrende M es gar nicht sofort bemerkte. Als sie ihn endlich abgedrängt<br />
hatte und ihre Uhr zurückforderte, lief A davon. (BGHSt. 20, 32)<br />
4. A verschaffte sich mit einem gefundenen Nachschlüssel Zutritt zur Wohnung des C.<br />
Dort hatte er Schmuck an sich genommen und in der Absicht, ihn zu Geld zu machen, in<br />
eine mitgeführte Aktentasche gesteckt. Als er hörte, dass der C in seine Wohnung<br />
zurückkehrte, versteckte er sich hinter einer Zimmertür. Nachdem der C das Zimmer, in<br />
dem sich der A aufhielt, betreten hatte, versetzte er diesem mit einem Holzknüppel von<br />
hinten mehrere Schläge auf den Kopf. Daraufhin floh er. (BGHSt. 26, 95)<br />
5. A trat mit einer geladenen und entsicherten Pistole in ein Geschäft und forderte den<br />
Ladeninhaber L auf, den Weg zur Kasse freizugeben. L tat, wie ihm geheißen. Bevor A in<br />
die Kasse greifen konnte, löste sich ein Schuss, der L tödlich traf. Bestürzt verließ A das<br />
Geschäft. (BGHSt. 42, 158)<br />
6. A wollte sich durch einen Banküberfall Geld verschaffen. Als er in dieser Absicht mit<br />
einer geladenen Gaspistole in der Hand die Schalterhalle einer Sparkasse betrat, befand<br />
sich dort zu seiner Überraschung niemand. Weder der schusssicher verglaste<br />
Kassenschalter noch der teilverglaste Service-Schalter waren besetzt. In der Annahme,<br />
ein Kunde habe die Schalterhalle betreten, begab sich die Angestellte K aus dem<br />
Frühstücksraum in den Kassenschalterbereich. A richtete die Waffe auf sie und forderte<br />
sie auf, sofort Geld herauszugeben, sonst würde er auf einen Kunden warten. K, die sich<br />
bereits im Bereich des schusssicher verglasten Kassenbereichs befand, hatte keine<br />
Angst um sich selbst, fürchtete jedoch eine mögliche Geiselnahme und kam daher der<br />
Forderung des A nach. (BGHSt. 45, 92 m. krit. Anm. Mitsch, NStZ 1999, S. 617, zust. Anm.<br />
Zopfs, JZ 1999, S. 1062.)<br />
7. A war Ende der 70er Jahre Mitglied der RAF. In diesem Zeitraum hat er zusammen mit<br />
K, W und B einen Überfall mit geladenen Schusswaffen auf die Schweizerische<br />
Volksbank in Zürich verübt, bei dem sie über 548000 Schweizer Franken erbeuteten.<br />
Bei der anschließenden Flucht wurden sie verfolgt. Die Täter gaben auf die Verfolger<br />
mehrere, zumindest teilweise gezielte Schüsse ab. Nachdem die Tätergruppe in das<br />
31
unter dem Bahnhofsplatz gelegene Einkaufszentrum geflohen war, kam es zu einem<br />
Schusswechsel zwischen ihnen und dem sie verfolgenden Polizeibeamten P. Ein von<br />
einem der Täter auf den Beamten gerichteter Schuss verfehlte diesen und traf die<br />
Passantin K tödlich. (BGHSt. 38, 295)<br />
(7) Prüfungsschemata<br />
1. Raub - § 249 StGB<br />
I. Tatbestand (Tb.)<br />
A. Objektiver Tatbestand<br />
1. fremde, bewegliche Sache<br />
2. Wegnahme<br />
3. mittels<br />
a) Gewalt gegen die Person o.<br />
b) Drohung mit gegenwärtiger Gefahr<br />
B. Subjektiver Tatbestand<br />
1. Vorsatz bezügliche A.<br />
2. Zueignungsabsicht<br />
II. Rechtswidrigkeit<br />
III. Schuld<br />
2. Räuberischer Diebstahl - § 252 StGB<br />
I. Diebstahl, § 242 StGB<br />
II. Räuberischer Diebstahl, § 252 StGB<br />
A. Tb.<br />
1. Objektiver Tatbestand<br />
a) Diebstahl: s. o. I.<br />
b) auf frischer Tat betroffen<br />
c) Gewalt gegen Person o.<br />
Drohung mit gegenwärtiger Gefahr<br />
2. Subjektiver Tatbestand<br />
a) Vorsatz bezüglich 1.<br />
b) Absicht der Besitzerhaltung<br />
B. Rechtswidrigkeit<br />
C. Schuld<br />
3. Raub mit Todesfolge - § 251 StGB<br />
I. Einfacher Raub, § 249 I StGB<br />
II. Raub mit Todesfolge, § 251 StGB<br />
A. Grunddelikt: s. o. I.<br />
B. Todesfolge<br />
1. Tod<br />
2. Kausalität<br />
3. Spezifischer Gefahrzusammenhang<br />
4. Leichtfertigkeit<br />
32
(8) Fallsammlung zum Betrug<br />
1. Die Autofirma M, bei der der G als Angestellter tätig war, nahm einen gebrauchten Pkw<br />
Marke VW-Export für 4.800 DM in Zahlung. In der Werkstatt wurde der<br />
Tachometerstand des Fahrzeuges von rund 38.000 km auf 18.600 km zurückgestellt.<br />
Über den Ankauf dieses Fahrzeuges verhandelte bald darauf die S mit dem G. Auf ihre<br />
gleich zu Beginn gestellte Frage wurde ihr erklärt, der Wagen sei 18.600 km gefahren.<br />
Die S ließ sich vor allem durch diese Angaben bestimmen, das Fahrzeug zum Preis von<br />
4.750 DM zu erwerben. (BayObLG MDR 1962, S. 70)<br />
2. Der Zahnarzt Dr. H war mit seiner für 6000 DM gekauften Zuchtstute Rondinella<br />
wegen ihrer Eigenwilligkeit nicht zufrieden und bat daraufhin den Viehkaufmann G, ihm<br />
im Tausch ein ruhiges Reitpferd zu verschaffen. Dabei wurde weder über den Wert<br />
noch über die sonstigen Eigenschaften des Pferdes gesprochen. Bald darauf bot der G<br />
dem Dr. H ein Pferd namens Fleury an, das dem G als ausgesprochen ruhig bekannt war<br />
und was er kurz zuvor für DM 850,-- gekauft hatte. Dr. H zeigte sich zufrieden. Die<br />
beiden einigten sich darauf, dass Dr. H eine Überlegungsfrist von drei Wochen<br />
eingeräumt werde. In dieser Zeit zog Dr. H keinen Sachverständigen zur Rate, sondern<br />
teilte dem G bereits einige Tage nach dem Tausch mit, dass er mit Fleury zufrieden sei.<br />
Erst im Laufe der Zeit merkte er, dass Fleury bockig wurde und sich nicht gut reiten<br />
ließ. (OLG Stuttgart, NJW 1966, S. 990)<br />
3. A gewann den DFB-Schiedsrichter H dafür, Spiele zu manipulieren. Er setzte bei Oddset<br />
auf den verabredeten Spielausgang. Daraufhin gewährte H den zum Sieg bestimmten<br />
Mannschaften unberechtigte Freistöße und Elfmeter, bis der verabredete Spielausgang<br />
sicher gestellt war. A zog die Wettquote ein und gab einen <strong>Teil</strong> an H ab. (BGHSt. 51, 165)<br />
4. K begab sich zur Filiale einer Bank, um dort einen Barscheck über 1.300 DM einzulösen.<br />
Nachdem K den Scheck unterschrieben hatte, nahm ihn die Kassiererin zur Auszahlung<br />
entgegen. Dabei verlas sie sich und meinte, sie müsse einen Betrag von 13.000 DM<br />
auszahlen. Diesen Betrag gab sie auch in die Buchungsmaschine ein. Die Frage der<br />
Kassiererin, ob es große Scheine sein könnten, bejahte K. Sie nahm sodann das Geld und<br />
zählte es ihm laut vor. K bemerkte sofort den Fehler, sagte jedoch nichts und verließ<br />
sodann mit 13.000 DM die Bank. (OLG Köln NJW 1980, S. 2366)<br />
5. A ist Provisionsvertreter. Am 26.05. stieg er im „Hotel E“ ab, in dem der A ein<br />
Doppelzimmer bis zum 31.05.1963 bestellt hatte. Am Abend des folgenden Tages, als er<br />
bereits einige Ausgaben gemacht hatte, merkte A, dass sein Geld nur noch für die<br />
bevorstehenden Mahlzeiten reichte. Trotzdem nahm er noch weitere Hotelleistungen<br />
(Zimmer mit Frühstück) bis zum 31. 05. in Anspruch. Die ihm dann präsentierte<br />
Hotelrechnung konnte er nicht bezahlen. (Vgl. HansOLG Hamburg, NJW 1969, S. 335)<br />
6. K hatte in einem Selbstbedienungsladen von einer Flasche Sekt das aufgeklebte<br />
Preisetikett über 9,89 DM entfernt, dies sodann nahezu deckungsgleich auf ein über<br />
33,98 DM lautendes Preisetikett einer Flasche Champagner geklebt und diese Flasche<br />
sodann an der Kasse vorgelegt. Die Kassiererin, die sich keine Gedanken über den Preis<br />
machte, hatte ihm sodann die Flasche Champagner gegen Zahlung von 9,89 DM<br />
ausgehändigt. (OLG Düsseldorf, NJW 1982, S. 2268)<br />
33
7. Der A reichte einen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides gegen O ein. Der<br />
Rechtspfleger R stellte ohne Schlüssigkeitsprüfung den Mahnbescheid antragsgemäß<br />
aus und dem O zu. (vgl. NStZ 1991, S. 586)<br />
8. M kaufte sich fünf Brötchen bei der Bäckerin V. Er legte eine 50-DM-Note scheinbar zur<br />
Bezahlung auf den Ladentisch. Nachdem V dem M das Wechselgeld herausgegeben<br />
hatte, steckte sich der M unauffällig den 50-DM-Schein, die gekauften Brötchen sowie<br />
das Wechselgeld ein und verließ den Laden. Der M war schon mit der Absicht in den<br />
Bäckerladen gekommen, der V den 50-DM-Schein nicht zukommen zu lassen und die<br />
Brötchen unbezahlt mitzunehmen. (OLG Celle, NJW 1959, S. 1981)<br />
9. Der Obdachlose A zeigte sich selbst zu Beginn der Frostperiode wegen vermeintlich von<br />
ihm begangenen Einbrüchen in Autos an. Der Ermittlungsrichter E erließ Haftbefehl.<br />
Darauf wies man dem A eine beheizte Zelle zu und verköstigte ihn. Darum war es dem A<br />
gegangen. (BGHSt. 14, 170)<br />
10. Der Textilunternehmer U kündigte in der Zeitung den Verkauf von rein wollenen Hosen<br />
für einen sehr guten Preis an. Aufgrund dessen meldete sich der F, der selbst<br />
Textilfachmann war. U verkaufte ihm eine solche Hose unter der mündlichen<br />
Zusicherung, sie sei aus reiner Wolle. Tatsächlich bestand die Hose, wie er wusste, aus<br />
Zellwolle. Der F erkannte dies zwar, erwarb sie aber dennoch, um den U des unlauteren<br />
Wettbewerbs zu überführen. (BGHSt. 16, 220)<br />
11. Der A verkaufte als Provisionsvertreter der Firma F Zigarettenautomaten. Der Frau W.<br />
spiegelte er vor, es handele sich nicht um einen Kauf-, sondern nur um einen<br />
Automaten-Aufstellvertrag. Sie unterschrieb das Bestellformular. Das reichte A bei der<br />
Firma F ein und bekam die Provision ausgezahlt. Die W nahm den Automaten nicht ab,<br />
da sie den Zigarettenautomaten nicht verwenden konnte. Die Bemühungen der Firma F,<br />
von Frau W Zahlung zu erlangen, blieben erfolglos. (BGHSt. 21, 384)<br />
12. Der A war Zeitschriftenwerber des Verlages V. Mutter M überredete er, für ihren<br />
14jährigen Sohn eine Fachzeitschrift der Chemie zu abonnieren, indem er<br />
wahrheitswidrig behauptete, die Zeitschrift sei gerade für Jugendliche gemacht.<br />
Nachdem die M das erste Heft zu Gesicht bekam, das wie üblich überwiegend aus<br />
chemischen Formeln bestand, focht sie das Abonnement sofort an. V akzeptierte dies<br />
sofort. (Vgl. BGHSt. 23, 300)<br />
13. A betätigte sich als Verkaufsvertreter für Melkmaschinen. Als Entgelt für die von ihm<br />
vermittelten Vertragsabschlüsse erhielt er von der Lieferfirma Provision. Den von ihm<br />
aufgesuchten Landwirten spiegelte er vor, er könne ihnen im Rahmen einer<br />
Sonderaktion zu Werbezwecken die benötigte Anlage weit unter dem normalen Preis<br />
verschaffen. Tatsächlich war der von ihm geforderte und vereinbarte Preis der<br />
gewöhnliche Listenpreis. So ging A gegenüber dem Landwirt K vor, dem er eine<br />
Melkanlage für 1885 DM verkaufte, obgleich er wusste, dass dieser Käufer dadurch in<br />
finanzielle Schwierigkeiten geraten könnte. K musste, um die Raten zahlen zu können,<br />
sich monatelang in seiner Lebensführung auf das Nötigste einschränken. Bauer B hatte<br />
kurz zuvor seine Wirtschaftsgebäude neu errichtet, war dadurch finanziell stark<br />
geschwächt und wollte, als der A ihn besuchte, nicht auch noch die Anschaffung einer<br />
Melkmaschine auf sich nehmen. Der A erkannte dies. Durch die Vorspiegelung, B könne<br />
durch eine sofortige Bestellung rund 900 DM einsparen, gelang es ihm gleichwohl,<br />
diesen zur Bestellung einer Melkmaschine zum Preis von 1130 DM zu veranlassen. B<br />
musste, um die daraus entstandene Verpflichtung erfüllen zu können, einen<br />
verzinslichen Kredit aufnehmen. (BGHSt. 16, 321)<br />
34
14. F mietete sich eine Wohnung beim Vermieter V ab dem 01.01.1925. Auf die Frage des F<br />
hin, ob er nicht schon im Dezember des Vorjahres einziehen könne, entgegnete der V, er<br />
müsse dann jedoch auch die Miete für Dezember bezahlen. Daraufhin erklärte der F<br />
dem V wahrheitswidrig, dass er dazu nicht imstande sei, weil er bereits für den Monat<br />
Dezember an seinen bisherigen Vermieter Miete zahlen musste. Der V ließ sich<br />
erweichen und ließ den F schon im Dezember einziehen, ohne Miete zahlen zu müssen.<br />
(RGSt 53, 225)<br />
(9) Prüfungsschemata<br />
1. Betrug - § 263 StGB<br />
I. Grunddelikt, § 263 I StGB<br />
A. Tatbestand<br />
1. Objektiver Tatbestand<br />
a) Täuschung<br />
b) Irrtum<br />
c) Verfügung<br />
d) Schaden<br />
2. Subjektiver Tatbestand<br />
a) Vorsatz bezogen auf 1.<br />
b) Bereicherungsabsicht<br />
B. Rechtswidrigkeit<br />
C. Schuld<br />
D. Strafzumessungsregel, § 263 III StGB<br />
E. Antragserfordernis, §§ 263 IV, 247, 248a StGB<br />
II. Qualifikation, § 263 V StGB<br />
2. Besonders schwerer Fall des Betrugs - § 263 III 2 Nr. 1-5 StGB<br />
I. Grunddelikt, § 263 I StGB<br />
A. Tatbestand<br />
B. Rechtswidrigkeit<br />
C. Schuld<br />
D. Strafzumessungsregel, § 263 III StGB<br />
1. Benannte Fälle, § 263 III 2<br />
a) Regelbeispiel<br />
b) Gegenindizien<br />
2. Unbenannte Fälle, § 263 III 1 (h. M.)<br />
E. Antragserfordernis, §§ 263 IV, 247 StGB<br />
35
(10) Fallsammlung zur Untreue<br />
1. A arbeitete allein an einem Fahrkartenschalter der Deutschen Bahn. Er war beauftragt,<br />
Fahrkarten zu verkaufen. Zweimal monatlich musste er mit einer Sammelkasse<br />
abrechnen. Dabei ging es um sechsstellige Summen. Er änderte das Ablieferungsbuch<br />
und verwendete das nicht abgeführte Geld zur Begleichung von persönlichen Schulden.<br />
(vgl. BGHSt. 13, 315)<br />
2. Der A löste entsprechend eines zuvor gefassten Planes bei einer Bank in der<br />
Bundesrepublik einen auf die Bremer Sparkasse gezogenen Scheck über 200 DM unter<br />
Vorlage einer Scheckkarte ein. Er wusste, dass die ihm von der Sparkasse gesetzte<br />
Grenze für eine Kontoüberziehung überschritten war. (BGHSt. 24, 386)<br />
3. Der A hatte von O Waren unter verlängertem Eigentumsvorbehalt bezogen. A war nach<br />
den Lieferbedingungen verpflichtet, die Erlöse, die er aus dem Weiterkauf der Waren<br />
erzielte, in Höhe des Kaufpreises an den O abzuführen. Gleichwohl vermischte er die<br />
Geldscheine aus dem Verkauf der Waren in der eigenen Kasse mit eigenem Geld, um sie<br />
für sich zu behalten. (vgl. BGHSt. 22, 190)<br />
4. A war FDJ-Sekretär in der DDR und erhielt den Auftrag, seiner in Westdeutschland<br />
verbotenen Organisation 160.000 DM zu überbringen. In der damaligen Bundesrepublik<br />
entschied sich der A, dort zu bleiben und das Geld für private Zwecke zu verwenden.<br />
(BGHSt. 8, 254)<br />
5. Rechtsanwalt A wurde im Sommer 1988 von R, deren Interessen er bereits mehrfach<br />
vertreten hatte, mit der Ausarbeitung einer Altersteilregelung für den damals<br />
84jährigen B beauftragt. Dieser war alleinstehend und vermögend; in juristischen und<br />
finanziell schwierigen Dingen war er unkundig. Er hatte sich an Frau R mit der Bitte<br />
gewandt, seine Altersversorgung zu übernehmen; hierfür wollte er ihr sein Vermögen<br />
übertragen. Der A ließ den B schriftlich erklären, obwohl er nicht Mandant des A sei, die<br />
Kosten der rechtlichen Regelung der Vermögensveräußerung an R zu tragen. A fasste<br />
einen Vertrag ab, der als Gegenleistung der R nur vorsah, dass sie dem B ein Wohnrecht<br />
einräume und ihn unentgeltlich versorgen werde. Diesen Vertrag schloss die R sodann<br />
mit dem B ab. Er wurde notariell beurkundet. (BGH, NStZ 1997, S. 124)<br />
6. A beaufsichtigte als Dienstvorgesetzter das umfangreiche Metalllager seines<br />
Arbeitsgebers. Er ließ es geschehen, dass seine Untergebenen Metallteile in großen<br />
Mengen entwendeten und zu Geld machten.<br />
36
(11) Prüfungsschemata<br />
1. Untreue - § 266 StGB<br />
a. Missbrauchstatbestand<br />
I. Tatbestand<br />
A. Objektiver Tatbestand<br />
1. Vermögensbetreuungspflicht<br />
2. Missbrauch der Verfügungsbefugnis<br />
a) Handeln im Rahmen des rechtlichen Könnens<br />
b) Überschreiten des rechtlichen Dürfens<br />
3. Vermögensschaden<br />
B. Subjektiver Tatbestand [(Bedingter) Vorsatz]<br />
II. Rechtswidrigkeit<br />
III. Schuld<br />
IV. Besonders schwerer Fall, §§ 266 II, 263 III, 243 II StGB<br />
V. Strafantrag, §§ 266 II, 247, 248a StGB<br />
b. Treuebruchtatbestand<br />
I. Tatbestand<br />
A. Objektiver Tatbestand<br />
1. Vermögensbetreuungspflicht<br />
2. Pflichtverletzung (Treubruch)<br />
3. Vermögensschaden<br />
B. Bedingter Vorsatz<br />
II. Rechtswidrigkeit<br />
III. Schuld<br />
IV. Besonders schwerer Fall, §§ 266 II, 263 III, 243 II StGB<br />
V. Strafantrag, §§ 266 II, 247, 248a StGB<br />
37
2. Fallsammlung zu Straftaten gegen sonstige spezialisierte Vermögenswerte<br />
1. A lieh sich von P einen PKW in der Auffassung, dass er diesem gehöre. Unterwegs<br />
bemerkte er, dass sich im Handschuhfach des PKW eine größere Anzahl<br />
verschiedenartiger Zündschlüssel befand. Daraus schloss der A, dass der P<br />
möglicherweise nicht der rechtmäßige Besitzer des PKW sei. (BGHSt. 11, 47)<br />
2. A hatte den Abend zusammen mit G in einer Gastwirtschaft verbracht. Er hatte sich in<br />
den Besitz des Schlüssels für den PKW von O gebracht. Da er selbst nicht mehr fahren<br />
wollte, forderte er den G auf, ihn im PKW des O nach Hause zu bringen. Daraufhin fuhr<br />
der G den A nach Hause. Er wusste nicht, dass es sich um den PKW des O handelte. (vgl.<br />
RGSt. 76, 176)<br />
3. Der A war bei den städtischen Elektrizitätswerken als Monteur angestellt und hatte in<br />
dieser seiner Funktion Leitungen auch in der Straße verlegt, in der er wohnte. Nach<br />
Dienstschluss durchbohrte er das Fensterholz seiner Wohnung, schob Drähte in den<br />
Straßenleitungsdraht und nutzte die so gewonnene elektrische Energie zur Beleuchtung<br />
seiner Wohnung. (vgl. RGSt. 32, 165)<br />
4. A und B betraten während der für den Publikumsverkehr vorgesehenen Zeiten die<br />
Amtsräume des Stadtplanungsamtes in W, ohne hereingebeten worden zu sein. Sie<br />
trugen zwei mit Bauschutt gefüllte Zinkbadewannen hinein, deren Inhalt sie in den<br />
Diensträumen des für die Wahrung des Hausfriedens zuständigen Amtsleiters L<br />
entleerten. Der Oberstadtdirektor von W stellte Strafantrag. (OLG Stuttgart, NJW 1982,<br />
S. 2678)<br />
5. Der Vorstandsvorsitzende V des Vereins „Haus e. V.“ nutzte kraft seines Amtes das von<br />
ihm angemietete Haus der O auch nach der Kündigung weiter. Er erklärte das Haus für<br />
besetzt, hielt sich demonstrativ in ihm auf und wurde im Rahmen einer<br />
Räumungsaktion festgenommen. (vgl. OLG Düsseldorf, NJW 1991, S. 186)<br />
6. Der A arbeitete als Zeitschriftenwerber. Er klingelte an der Wohnung der M, die jedoch<br />
nicht zu Hause war. Es öffnete ihre 14,5jährige Tochter S, die ihn zunächst einließ.<br />
Nachdem der A die S gefragt hatte, ob sie mit ihm schlafen wolle, forderte diese ihn<br />
dazu auf, die Wohnung zu verlassen. Er verließ die Wohnung jedoch erst, nachdem die S<br />
ihre Aufforderung mehrfach wiederholt hatte. (vgl. BGHSt. 21, 224)<br />
38
3. Prüfungsschemata<br />
1. Entziehung elektrischer Energie - § 248c StGB<br />
I. Tatbestand<br />
A. Objektiver Tatbestand<br />
1. Elektrische Anlage<br />
2. Entziehen von elektrischer Energie<br />
3. mittels Leiters<br />
4. der zur ordnungsgemäßen Entnahme nicht bestimmt ist<br />
B. Subjektiver Tatbestand<br />
1. Vorsatz bezüglich A.<br />
2. Zueignungsabsicht<br />
II. Rechtswidrigkeit<br />
III. Schuld<br />
IV. Strafantrag, §§ 248c III, 247, 248a StGB<br />
2. Hausfriedensbruch - § 123 StGB<br />
I. Tatbestand<br />
A. Objektiver Tatbestand<br />
1. Wohnung etc.<br />
2. Eindringen o.<br />
Verweilen trotz Aufforderung zum Verlassen<br />
B. Bedingter Vorsatz<br />
II. Rechtswidrigkeit<br />
III. Schuld<br />
IV. Strafantrag, §§ 123 II StGB<br />
39
(12) Fallsammlung zu betrugs- und untreueähnlichen Delikten<br />
1. Der A reichte einen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides gegen O im maschinellen<br />
Verfahren (§ 689 I 2 ZPO) ein, ohne gegen diesen einen Anspruch zu haben. Der ausgefüllte<br />
Vordruck wurde in einen Computer eingelesen, der einen entsprechenden Mahnbescheid<br />
ausfertigte. Dieser wurde dem O zugestellt.<br />
2. Ein EDV-Sachbearbeiter manipulierte die Zinsberechnungen des Computers seiner<br />
Bank zu deren Lasten und ließ die Differenzbeträge auf sein Konto buchen. (angelehnt<br />
an Rengier, BT I, § 14 Rn. 7)<br />
3. A hatte von einem unbekannt gebliebenen ehemaligen Mitarbeiter eines<br />
Geldspielautomatenaufstellers erfahren, wie man durch das Drücken einer Risikotaste<br />
in bestimmten Intervallen die chipgesteuerten Automaten so beeinflussen konnte, dass<br />
er jedes Spiel gewinnen konnte. Er bewirkte damit, dass ein Automat insgesamt 105 DM<br />
in den Gewinnschacht ausgab. Das Münzgeld nahm A an sich. (BGHSt. 40, 331)<br />
4. A entwendete ihrem Bruder B die codierte EC-Karte. Da sie die PIN kannte, konnte sie<br />
mit der EC-Karte 1.000 DM abheben. Sodann legte sie diese zurück. Die Bank belastete<br />
das Konto des B. (BGHSt. 35, 152)<br />
5. Die A war Inhaber einer codierten EC-Karte. Obwohl sie wusste, dass sie das Konto<br />
überzogen hatte, hob sie mit der Karte an einem Geldautomaten 100 DM in dem Willen<br />
ab, das so entstehende Soll nicht ausgleichen zu wollen. (Vgl. BGHSt. 47, 160)<br />
6. Die Deutsche Lufthansa AG hatte der A eine „AIR-Plus-Kreditkarte“ überlassen, mit der<br />
sie Leistungen dieses Unternehmens auf Kredit in Anspruch nehmen konnte. A nahm<br />
eine solche Leistung unter Vorlage der Karte in Anspruch, obwohl sie wusste, dass sie<br />
mittlerweile zahlungsunfähig geworden war. (BGHSt. 38, 281)<br />
7. A ging mit seiner 2jährigen Tochter ins Schwimmbad. Er stellte zu seiner Freude fest,<br />
dass man sich Schwimmflügel an einem Automaten gegen eine Gebühr von 1 EUR<br />
mieten konnte. Er warf eine türkische Münze, die in Form und Gewicht der Ein-Euro-<br />
Münze gleicht, aber lediglich 10 Cent wert ist, ein und entnahm die Schwimmflügel.<br />
Nach der Nutzung im Bad gab er sie beim Bademeister ab.<br />
8. Die A bestieg in Halle eine Straßenbahn der H. V. AG, ohne über einen gültigen Fahrausweis<br />
zu verfügen. Sie bemühte sich, durch ihr Verhalten keine Aufmerksamkeit zu erregen, um<br />
den Eindruck zu erwecken, als nutzte sie die Straßenbahn mit einem gültigen Fahrausweis.<br />
Sie fuhr einige Stationen und wurde dann von einem Kontrolleur entdeckt (BGHSt. 53, 122)<br />
9. A war Inhaberin eines Schuhgeschäftes, dessen Verkaufs- und Lagerräume sich in ihrem<br />
eigenen Haus befanden. Das Schuhgeschäft hatte sie samt Warenbestand gegen Feuer bei<br />
der Versicherung V versichert. Soweit die A abwesend war, beaufsichtigte ihr Ehemann E<br />
das Geschäft und nahm auch selbst Käufe und Verkäufe vor. Da die Geschäfte schlecht<br />
liefen, kam der E auf die Idee, das Geschäft anzuzünden, damit die A die<br />
Versicherungssumme kassieren könne. Ohne die A zu unterrichten, setzte er seinen Plan an<br />
einem Wochenende, an dem sie verreist war, um. Auf Bitten der ahnungslosen A übernahm<br />
es E, die Versicherung zu informieren und Schadensersatz zu fordern. Nach Prüfung des<br />
Falles überwies die V 100.000 DM an die A (vgl. BGH, NJW 1976, S. 2271).<br />
40
10. A schenkte dem Pensionswirt P an seinem Urlaubsort seine Kamera. A. Dabei ging es dem A<br />
zum einen darum, dem P eine Freude zu machen, zum anderen darum, die Kamera nach<br />
Rückkehr aus dem Urlaub seiner Versicherung als gestohlen zu melden. Während der<br />
Rückfahrt überdachte er seinen Plan und nahm von ihm Abstand.<br />
(13) Prüfungsschemata<br />
1. Computerbetrug - § 263a StGB<br />
I. Tatbestand<br />
A. Objektiver Tatbestand<br />
1. Einwirken auf den Ablauf einer EDV<br />
2. Beeinflussung des Ergebnisses einer EDV<br />
3. Unmittelbar vermögensmindernde Relevanz des Ergebnisses der EDV<br />
4. Vermögensschaden<br />
B. Subjektiver Tatbestand<br />
1. Vorsatz bezüglich I. A.<br />
2. Bereicherungsabsicht<br />
II. Rechtswidrigkeit<br />
III. Schuld<br />
IV. Besonders schwerer Fall, § 263a II i. V. m. § 263 III StGB<br />
V. Strafantragserfordernis gem. § 263a II i. V. m. § 263 IV StGB<br />
2. Missbrauch von Scheck- und Kreditkarten - § 266b StGB<br />
I. Tatbestand<br />
A. Objektiver Tatbestand<br />
1. Überlassung einer Scheck-/Kreditkarte<br />
2. Möglichkeit, den Aussteller zu einer Zahlung zu veranlassen<br />
3. Missbrauch dieser Möglichkeit<br />
4. Vermögensschaden<br />
B. Bedingter Vorsatz<br />
II. Rechtswidrigkeit<br />
III. Schuld<br />
IV. Strafantragserfordernis, §§ 266b II, 248a StGB<br />
41
3. Erschleichen von Leistungen, § 265a StGB<br />
I. Tatbestand<br />
A. Objektiver Tatbestand<br />
1. Erlangen einer (entgeltpflichtigen) Leistung<br />
a) eines Automaten,<br />
b) öffentliche Telekommunikation o.<br />
c) Beförderung<br />
oder<br />
2. Zutritt zu<br />
a) Veranstaltung o.<br />
b) Einrichtung<br />
3. Erschleichen<br />
B. Subjektiver Tatbestand<br />
1. Vorsatz bezüglich A.<br />
2. Absicht, das Entgelt nicht zu entrichten<br />
II. Rechtswidrigkeit<br />
III. Schuld<br />
IV. Strafantrag, gem. §§ 265a III, 247, 248a StGB<br />
4. Versicherungsbetrug - § 263 III 2 Nr. 5 StGB<br />
I. Tatbestand des § 263 I<br />
(Aufbau siehe oben: § 9 II. A. 4.)<br />
II. Rechtswidrigkeit<br />
III. Schuld<br />
IV. Strafzumessungsregel<br />
A. § 263 III 2 Nr. 5 StGB<br />
1. Sache von bedeutendem Wert<br />
2. In-Brand-setzen / Brandlegung<br />
3. Vorsatz<br />
4. Absicht, Versicherungsfall vorzutäuschen<br />
B. Keine Gegenindizien<br />
5. Versicherungsmissbrauch - § 265 StGB<br />
I. Tatbestand (Tb.)<br />
A. Objektiver Tb.<br />
1. Tatobjekt<br />
a) Sache<br />
b) versichert<br />
2. Ausführungshandlung<br />
a) Beschädigen,<br />
b) Beeinträchtigen der Brauchbarkeit,<br />
c) Beiseiteschaffen oder<br />
d) Überlassen an einen Dritten<br />
3. Täter = Versicherter o. Repräsentant (str.)<br />
B. Subjektiver Tb.<br />
1. Vorsatz bezüglich A.<br />
2. Absicht, Versicherungsleistung zu verschaffen<br />
3. Kein Anspruch auf die Versicherungssumme (str.)<br />
II. Rechtswidrigkeit<br />
III. Schuld<br />
IV.Tätige Reue, §§ 264 V, 264a III, 265b II StGB (str.)<br />
42
(14) Fallsammlung zur Erpressung und zum erpresserischen Menschenraub<br />
1. A bedrohte den Taxifahrer T mit einer Gaspistole, forderte ihn auf das Taxi zu verlassen<br />
und ihm die Autoschlüssel zu geben. T tat wie ihm geheißen. A fuhr davon und stellte das<br />
Taxi auf dem Innenhof einer Polizeidienststelle ab als das Benzin zur Neige ging.<br />
2. Wie 1., nur sagte er dem T, er solle den Schlüssel stecken lassen. Nachdem der T<br />
ausgestiegen war, fuhr der A mit seinem Taxi davon.<br />
3. Wie 2., nur schoss er dem T sogleich ins Gesicht und zerrte ihn sodann aus dem Taxi.<br />
4. Wie 3., nur schoss er ihm ins Gesicht und zwang diesen dadurch das Taxi zu verlassen, um<br />
seine Auge auszuwaschen. Dies nutzte A, um mit dem Taxi davon zu fahren. (BGHSt. 14,<br />
386 m. Bespr. Schnellenbach NJW 1960, S. 2154)<br />
5. A stellte dem O in Aussicht, er werde seiner Freundin seinem Seitensprung verraten, wenn<br />
er ihm nicht die ec-Karte herausgebe und ihm die PIN verrate. O tat wie ihm geheißen. Auf<br />
dem Weg zum Bankautomaten wurde der A von der Polizei gestellt. (Fall entworfen nach<br />
BGH, NStZ-RR 2004, S. 333)<br />
6. Die S betrat eine Drogerie in der Absicht, die Kassiererin K zu überfallen. Sie drückte ihr<br />
einen Labellostift in den Rücken und forderte sie auf, den Kasseninhalt herauszugeben. K<br />
dachte, sie werde durch ein Messer o. ä. bedroht und händigte der S 450 DM aus (Vgl. BGH,<br />
NJW 1996, S. 2663 m. Anm. Hohmann, NStZ 1997, S. 185).<br />
7. Der A betrat gegen 10.30 Uhr die Filiale einer Bank, in der sich zu dieser Zeit nur die<br />
Kassiererin K in ihrem durch Panzerglas rundum geschützten Kassenhäuschen befand. A<br />
richtete eine Pistole auf sie und verlangte das Geld heraus. K gab ihr 10.000 DM Sie tat dies<br />
aus der Furcht heraus, es könne jederzeit ein Kunde erscheinen. (BGH, NStZ 1999, S. 615 m.<br />
krit. Anm. v. Mitsch u. zust. Anm. v. Zopfs, JZ 1999, S. 1062)<br />
8. A stach den O in Anwesenheit von dessen Lebensgefährtin R mit einem Stilett in den Bauch.<br />
O fiel zu Boden. A erkannte, dass die R sichtlich geschockt war und forderte sie auf, dem O<br />
die Armbanduhr vom Handgelenk zu streifen und ihm zu übergeben. Die O tat wie ihr<br />
geheißen. (Vgl. BGHSt. 41, 123)<br />
9. A ließ die Prostituierte P in seinen PKW steigen und fuhr mit ihr an einen einsamen Ort.<br />
Dort angekommen, zog er eine Pistole und verlangte von ihr ihre gesamten<br />
Tageseinnahmen. Aus Angst um ihr Leben, gab P dem A ihr gesamtes Geld. (Abwandlung<br />
und Vereinfachung von BGH, NStZ 1997, S. 39)<br />
43
(15) Prüfungsschemata<br />
1. Erpressung - § 253 StGB<br />
I. Tatbestand<br />
A. Objektiver Tatbestand<br />
1. Nötigen<br />
2. mittels Gewalt o.<br />
Drohung<br />
3. vermögensminderndes Verhalten (str.)<br />
4. Vermögensschaden<br />
B. Subjektiver Tatbestand<br />
1. Vorsatz bezüglich A.<br />
2. Bereicherungsabsicht<br />
II.<br />
Rechtswidrigkeit<br />
A. Allgemeine Rechtfertigungsgründe<br />
B. Besondere Verwerflichkeitsprüfung, § 253 III StGB<br />
III. Schuld<br />
IV. Bes. schwerer Fall, § 253 IV StGB<br />
2. Erpresserischer Menschenraub - § 239a StGB<br />
I. Tatbestand von § 239a I 1. Hs. StGB<br />
A. Objektiver Tatbestand<br />
1. Entführen o.<br />
2. Sichbemächtigen des Opfers<br />
B. Subjektiver Tb.<br />
1. Vorsatz bezüglich A.<br />
2. Absicht<br />
a) Erpressung zu begehen u.<br />
b) Sorge um das Wohl des Opfers<br />
hierzu auszunutzen<br />
II. Rechtswidrigkeit<br />
III. Schuld<br />
IV. Erfolgsqualifizierung, § 239a III StGB<br />
V. Tätige Reue, § 239a IV StGB<br />
44
(16) Fallsammlung zur Abgrenzung der Vermögensdelikte untereinander<br />
1. A fuhr mit leerem Tank an die Zapfsäule der SB-Tankstelle des Pächters T, der gerade in<br />
der Werkstatt etwas zu tun hatte. A hatte vor, zu tanken, und dann, ohne zu bezahlen,<br />
davon zu fahren. So geschah es auch.<br />
2. Wie 1., nur war T im Kassenraum anwesend, hörte ein KfZ kommen und machte sich im<br />
Übrigen keine Gedanken. A fasste den Entschluss, ohne zu bezahlen, wegzufahren erst, als<br />
er die Zapfpistole wieder einhängte.<br />
3. Wie 2., nur beobachtete T den A und ging davon aus, dass es sich um einen<br />
zahlungswilligen Kunden handelte. A hatte von Anfang an den Willen, ohne zu bezahlen,<br />
davon zu fahren. (vgl. BGH, NJW 1983, S. 2827 m. Bespr. Schroeder, JuS 1984, S. 845)<br />
4. A hatte während seines Aufenthaltes in M ein Verhältnis mit der W. Diese besaß einen<br />
PKW, den sie in einer Sammelgarage untergestellt hatte. In der Garage wurde für jeden<br />
Wagen ein Zündschlüssel beim Pförtner P hinterlegt. Den zweiten Schlüssel behielten die<br />
Fahrzeughalter. Auf Verlangen händigte der Pförtner ihnen aber auch den Zweitschlüssel<br />
aus. A holte einmal den Wagen der W nach deren telefonischer Genehmigung aus der<br />
Garage zu einer Fahrt ab. Dies wiederholte er sieben Mal allein und war der Annahme, dass<br />
die W wegen der Beziehung auch damit einverstanden war. Am Morgen des 20. Mai sprach<br />
der A wieder in der Garage vor und holte sich in der Absicht, nicht zurückzukehren, ohne<br />
Wissen und Genehmigung der W deren Wagen ab. P händigte ihm wieder den Schlüssel<br />
aus. A fuhr mit dem PKW davon, um ihn für sich dauerhaft zu nutzen (BGHSt. 18, 221).<br />
5. S ist als Verkäuferin tätig. Für den Fall, dass ein Kunde Waren zur Auswahl mit nach Hause<br />
nehmen wollte, wurde seine Anschrift sowie der betreffende Artikel in ein<br />
„Kundenauswahlbuch“ eingetragen. Auch die S ließ sich von dem kaufmännischen<br />
Angestellten Z drei Kittel zur Auswahl aushändigen und auf den Namen ihrer Mutter in das<br />
Kundenauswahlbuch eintragen. Die Kittel nahm sie mit nach Hause. Als sie in das Kaufhaus<br />
zurückkam, sah sie in der Nähe der Kasse zwei Kittel liegen, hob sie hoch und zeigte sie aus<br />
einiger Entfernung der Verkäuferin L mit der Aufforderung, die beiden Kittel aus dem<br />
Kundenauswahlbuch zu streichen. Die Verkäuferin kam diesem Wunsche nach, da sie<br />
annahm, dass die Angeklagte diese beiden Kittel wieder zurückgebracht habe. Tatsächlich<br />
hatte sie die beiden Kittel noch zu Hause, da sie diese behalten wollte, ohne zu bezahlen.<br />
(OLG Hamm NJW 1974, 1957)<br />
6. M hatte in einem Supermarkt ihre Geldbörse an der Kasse liegen gelassen und war aus dem<br />
Geschäft gegangen. Kurz darauf bezahlte K ihren Einkauf und packte die eingekauften<br />
Waren in ihre Tasche. Währenddessen bemerkte die neben der K stehende Z die Geldbörse<br />
der M. Sie nahm diese in die Hand und fragte die K, ob dies ihre Geldbörse sei. Die K bejahte<br />
diese Frage und Z legte sie wieder auf den alten Platz. Die K nahm die Geldbörse an sich<br />
und verließ das Geschäft. Die Kassiererin hatte den Vorgang aus unmittelbarer Nähe<br />
miterlebt. Sie war berechtigt, die im Geschäft zurückgebliebenen Fundsachen an sich zu<br />
nehmen und dem Berechtigten wieder auszuhändigen. (OLG Hamm NJW 1969, 620)<br />
7. A warf Falschgeld in den Zigarettenautomaten des O und wählte die Zigarettensorte. Es fiel<br />
eine Schachtel Zigaretten in das Ausgabefach. A nahm es an sich und rauchte es auf. (BGH,<br />
MDR 1953, S. 562)<br />
45
(17) Fallsammlung zu vermögensbezogenen Anschlussdelikten<br />
1. W war Betriebsleiter einer Ölfabrik der Ö-AG. Er hatte durch Verkauf von Öl seiner<br />
Arbeitgeberin Ö-AG auf eigene Rechnung einen 40.000 DM in Geldscheinen erlöst. Seiner<br />
Bekannten A lieh er das Geld zinslos. Er hatte ihr erzählt, dass es sich um Einkünfte aus<br />
Nebenverdiensten handele, die er in seiner Steuererklärung nicht angegeben habe. (BGHSt.<br />
4, 221)<br />
2. E hatte als Betriebsleiter Waren seiner Arbeitgeberin auf eigene Rechnung verkauft und<br />
sich den Kaufpreis auf ein privates Konto zahlen lassen. Als seine Überführung drohte,<br />
schenkte er der A das Geld. Der A hatte er dabei erzählt, er habe das Geld im Lotto<br />
gewonnen. Die A glaubte ihm zunächst und ließ sich das Geld auf eines ihrer Konten<br />
überweisen. Ein paar Tage später trat die Arbeitgeberin des E an A heran und klärte die A<br />
auf. A versprach ihr, das Geld zurück zu überweisen. Stattdessen überwies sie es dem E<br />
zurück, der es auf der Spielbank verlor. (Vgl. BGHSt. 24, 166 m. Anm. Maurach, JR 1972, S.<br />
1972, S. 70)<br />
3. B wurde von A angerufen, er möge mit seinem LKW in die Nähe eines Schrottlagers fahren.<br />
Noch bevor B dort angekommen war, erkannte er, dass der A in das Schrottlager<br />
gewaltsam eingedrungen sein musste und 100kg Schrott aus dem Lager herausgeschafft<br />
und 100m weiter transportiert hatte. Gleichwohl lud er zusammen mit diesem den Schrott<br />
auf seinen LKW und fuhr mit ihm davon. (Vgl. BGHSt. 4, 132)<br />
4. A hatte dem O die Geldbörse aus der Gesäßtasche entwendet, ging in die Kneipe „Zur<br />
Schmiede“, rühmte sich vor den Gästen G, H und I seiner Tat. Dann ging er zur Theke,<br />
entnahm der Geldbörse einen Hundertmarkschein, klebte diesen dem ahnungslosen Wirt<br />
W an die Stirn und hielt die Gäste frei. (vgl. BGHSt. 9, 137)<br />
5. A hatte das Zündschloss des Motorrad von O aufgebrochen und es zum Stall des H<br />
gefahren. H, vom Berufe Autoschlosser, sollte es für A zu einer Rennmaschine umbauen. Als<br />
H erkannte, dass das Zündschloss beschädigt war, wurde ihm klar, wie der A in den Besitz<br />
der Maschine gekommen war. Spontan entschloss er sich, dass Motorrad umzuspritzen und<br />
auf eigene Rechnung an einen ahnungslosen Dritten zu verkaufen. Diese Sache flog auf,<br />
kurz nachdem der H das Motorrad umgespritzt hatte. (vgl. BGHSt. 10, 151)<br />
6. L schuldete dem A Geld. Wie A wusste hatte L eine Drogerie überfallen, indem er der<br />
Kassiererin eine Pistole vorgehalten, den Kassenbestand heraus verlangt und ausgehändigt<br />
bekommen hatte. A stellte dem L nun in Aussicht, er werde ihn anzeigen, wenn er mit<br />
diesem Gelde nicht seine Schuld begleichen würde. So geschah es. (vgl. BGHSt. 42, 196)<br />
7. A hatte ein Gemälde aus dem Bungalow des O entwendet. Der H bot es dem K an, der es<br />
aber nicht erwerben wollte. Stattdessen nannte er dem H den Interessenten I und gab dem<br />
H dessen Telefonnummer. Dieser versuchte, den H zu erreichen, was ihm aber nicht gelang.<br />
(vgl. BGHSt. 27, 45)<br />
8. A und B sind miteinander verheiratetet und als Rechtsanwälte in einer von ihnen 1986<br />
gegründeten Sozietät in F tätig. 1994 vertraten sie D und deren Ehemann, H. Gegen beide<br />
Mandanten wurde wegen fortgesetzten gemeinschaftlichen Betruges im Zusammenhang<br />
mit so genannten Letter-Geschäften der E-Gesellschaft ermittelt. Die Eheleute D und H<br />
waren Führungsmitglieder der E. Sie vertrieben seit 1992 Broschüren, in denen<br />
46
Geldanlegern für Letter-Käufe sichere Gewinne von mindestens 71 % jährlich versprochen<br />
wurden, obwohl sie als Verantwortliche der E wussten, dass die dafür erforderlichen<br />
Renditen nicht zu erzielen und die versprochenen Gewinnauszahlungen nur im Rahmen<br />
eines betrügerischen Schneeballsystems durch Einzahlungen neuer Letter-Käufer möglich<br />
waren. Die E erlangte dadurch – bis zum Zusammenbruch des Systems Anfang 1995 –<br />
insgesamt knapp zwei Milliarden DM, von denen an die Anleger nur etwa 1,5 Milliarden DM<br />
zurückflossen. Im Rahmen ihrer Tätigkeit als Wahlverteidiger nahmen A und B im<br />
Dezember 1994 Bargeld in Höhe von 200.000 DM als Honorarvorschuss entgegen. Das<br />
Bargeld stammte aus den Geschäften der E, was den Angeklagten bekannt war. (Vgl. BGHSt.<br />
47, 68, BVerfGE 101, 226)<br />
47
(18) Fallsammlung zur Hehlerei<br />
1. A hatte ein Gemälde aus dem Bungalow des O entwendet. Dieses übergab er dem Z,<br />
damit er es zu Geld mache. Der Z bot es dem K an, der es erwarb. Das Geld teilte Z mit A.<br />
2. A hatte ein Gemälde aus dem Bungalow des O entwendet. Dieses übergab er dem Z,<br />
damit er es zu Geld mache. Der Z fragte den M, wem er das Gemälde anbieten könne. M<br />
nannte ihm den I und gab ihm dessen Telefonnummer. Z bemühte sich darum, es an den<br />
I zu verkaufen, was misslang. (Vereinfachung von BGHSt. 27, 45)<br />
3. A hatte ein Gemälde aus dem Bungalow des O entwendet. A fragte den M, wem er das<br />
Gemälde anbieten könne. M forderte einen <strong>Teil</strong> des zu erwartenden Erlöses, nannte dem<br />
A dann den I und gab ihm dessen Telefonnummer. A verkaufte das Gemälde an den I<br />
und gab einen <strong>Teil</strong> des Kaufpreises dem M.<br />
4. A hatte ein Gemälde aus dem Bungalow des O entwendet. A fragte den M, wem er das<br />
Gemälde anbieten könne. M forderte einen <strong>Teil</strong> des zu erwartenden Erlöses, nannte dem<br />
A dann den I und gab ihm dessen Telefonnummer. Bevor der A bei I anrufen konnte,<br />
wurde das Gemälde bei ihm sichergestellt.<br />
5. Der Bruder B des A hatte im Herbst 1990 den Pkw des O gestohlen. Um das Fahrzeug<br />
ungestört Kaufinteressenten anbieten zu können, gestattete der A dem B, den PKW<br />
kostenlos in seiner Garage unterzustellen. Dort veräußerte B den Wagen an den H.<br />
6. Wie Fall 1., nur überredete A den Z mit der Aussicht auf Erlösteilung.<br />
7. Wie Fall 1., nur hatte der Z dem A vor dem Einbruch einen Dietrich überreicht.<br />
9. Wie Fall 1., nur hatte der C dem A vor der Tat einen Dietrich überreicht und den Z durch<br />
Erlösteilung überredet.<br />
10. Wie Fall 1., nur fuhr der C den Z zum A.<br />
11. Wie Fall 1., nur fuhr der C den Z zum A. Er selbst hatte strebte keine Vermögensvorteil<br />
an und es ging ihm auch nicht darum, den Z zu bereichern.<br />
48
(19) Fallsammlung zur Geldwäsche<br />
1. A hatte dem O die Geldbörse aus der Gesäßtasche entwendet, ging in die Kneipe „Zur<br />
Schmiede“, rühmte sich vor den Gästen G, H und I seiner Tat. Dann ging er zur Theke,<br />
entnahm der Geldbörse einen Hundertmarkschein, klebte diesen dem ahnungslosen<br />
Wirt W an die Stirn und hielt die Gäste frei. (vgl. BGHSt. 9, 137)<br />
2. A hatte dem O die Geldbörse aus der Gesäßtasche geraubt, ging in den Juwelierladen<br />
des J und kaufte dort vom gutgläubigen J mit dem Geld einen goldenen Ring. Diesen<br />
Ring schenkte der seiner Frau F, die er zuvor in die Herkunft des Geldes eingeweiht<br />
hatte<br />
3. Wie 2., nur war der J bösgläubig. Das erhaltene Geld zahlte er am Abend bei seiner Bank<br />
auf das Konto ein.<br />
4. Wie 2. Die F erzählte ihrer Freundin B, wie sie an den neuen Ring gekommen ist.<br />
Daraufhin forderte die B den Ring heraus. Andernfalls würde sie zur Polizei gehen. Aus<br />
Angst übergab der F der B den Ring.<br />
5. Wie 4. Die F war gutgläubig. Die B hatte aber über ihren Freund erfahren, wie der A an<br />
das Geld gekommen war.<br />
6. Z hatte im Jahre 1976 durch Entführung von Ö 21 Mio. DM erpresst. Anfang 1997 hatte<br />
er noch 12,5 Mio. DM des von ihm versteckten Geldes zur Verfügung, die er umtauschen<br />
wollte. Er knüpfte Kontakt zu dem angeblichen Interessenten K bei dem es sich aber um<br />
einen Scheinaufkäufer der englischen Polizei handelte. Z vereinbarte mit K, dass dieser<br />
das Geld in London zu einer Umtauschrate von 73% abnehmen werde. Am 25. und 26. 5.<br />
1997 mietete K in London einen Pkw und einen Kleintransporter an und übergab beide<br />
Fahrzeuge an Z. Der N half dem Z beim Verstecken des Geldes. Er rechnete damit, dass<br />
dies dem Absatz des Lösegeldes dienen sollte. Kurz darauf wurden Z und N<br />
festgenommen; das restliche Lösegeld wurde beschlagnahmt und dem Geschädigten<br />
zurückgegeben. (BGH, NJW 1999, S. 436)<br />
7. A und B sind miteinander verheiratet und als Rechtsanwälte in einer von ihnen 1986<br />
gegründeten Sozietät in F. tätig. 1994 vertraten sie D und deren Ehemann H. Gegen beide<br />
Mandanten wurde wegen fortgesetzten gemeinschaftlichen Betruges im Zusammenhang<br />
mit sog. Letter-Geschäften der E-Gesellschaft ermittelt. Die Eheleute D und H waren<br />
Führungsmitglieder der E. Sie vertrieben seit 1992 Broschüren, in denen Geldanlegern für<br />
Letter-Käufe sichere Gewinne von mindestens 71 % jährlich versprochen wurden, obwohl<br />
sie als Verantwortliche der E wussten, dass die dafür erforderlichen Renditen nicht zu<br />
erzielen und die versprochenen Gewinnauszahlungen nur im Rahmen eines betrügerischen<br />
Schneeballsystems durch Einzahlungen neuer Letter-Käufer möglich waren. Die E erlangte<br />
dadurch – bis zum Zusammenbruch des Systems Anfang 1995 – insgesamt knapp zwei<br />
Milliarden DM, von denen an die Anleger nur etwa 1,5 Milliarden DM zurückflossen. Im<br />
Rahmen ihrer Tätigkeit als Wahlverteidiger nahmen A und B im Dezember 1994 Bargeld in<br />
Höhe von 200.000 DM als Honorarvorschuss entgegen. Das Bargeld stammte aus den<br />
Geschäften der E, was den Angeklagten bekannt war. (Vgl. BGHSt. 47, 68, BVerfGE 101,<br />
226)<br />
49
(20) Prüfungsschemata<br />
1. Begünstigung - § 257 StGB<br />
I. Tatbestand<br />
A. Objektiver Tatbestand<br />
1. fremde Vortat<br />
2. Hilfe leisten (zur Vorteilssicherung)<br />
B. Subjektiver Tatbestand<br />
1. Vorsatz bezüglich A.<br />
2. Vorteilssicherungsabsicht<br />
II. Rechtswidrigkeit<br />
III. Schuld<br />
IV. Strafantrag, § 257 IV StGB<br />
2. Hehlerei - § 259 StGB<br />
I. Tatbestand<br />
A. Objektiver Tatbestand<br />
1. Tatobjekt<br />
a) Sache<br />
b) aus fremder, gegen fremdes Vermögen gerichteter Tat erlangt<br />
2. Ausführungshandlungen<br />
a) Verschaffen,<br />
b) Absetzen o.<br />
c) Absatzhilfe<br />
B. Subjektiver Tatbestand<br />
1. Vorsatz bezüglich A.<br />
2. Bereicherungsabsicht<br />
II. Rechtswidrigkeit<br />
III. Schuld<br />
IV. Strafantrag, § 259 II StGB<br />
3. Geldwäsche<br />
I. Tatbestand<br />
A. Objektiver Tatbestand<br />
1. Tatobjekt<br />
a) Gegenstand<br />
b) aus Katalogtat<br />
c) Herrühren<br />
aa) identischer Gegenstand o.<br />
bb)<br />
2. Ausführungshandlung<br />
a) Verbergen<br />
b) Herkunft verschleiern<br />
c) Gefährden<br />
Surrogation,<br />
Grenze: makelloser Zwischenerwerb<br />
aa) der Ermittlungen,<br />
bb) des Auffindens o.<br />
cc) der amtlichen Ingewahrsamnahme<br />
50
d) Verschaffen<br />
e) Verwenden<br />
f) Verwahren<br />
3. Pflichtwidrigkeitszusammenhang<br />
B. Subjektiver Tatbestand<br />
II. Rechtswidrigkeit<br />
III. Schuld<br />
IV. Strafausschließungsgrund<br />
A. Strafbare Vortatbeteiligung, § 261 IX 2 StGB:<br />
B. Tätige Reue, § 261 IX 1 Nr. 1 StGB:<br />
VI. Besonders schwerer Fall, § 261 IV StGB<br />
51
(21) Fallsammlung zur Abgrenzung Begünstigung - Beihilfe zur Vortat<br />
1. B fertigte dem A eine Dietrich an und händigte ihn dem A aus. A benutzte den Dietrich, um<br />
in das Warenlager von O einzudringen. Dort nahm er Güter im Wert von 1.000 Euro an sich<br />
und brachte sie zu sich nach Haus.<br />
2. A brach die Tür zu dem Warenlager des O auf und nahm dort Güter im Wert von 1.000 Euro<br />
an sich. A fuhr mit seinem PKW nach Hause. Auf der Hälfte der Strecke ging ihm das Benzin<br />
aus. Er rief B an, der ihm einen Kanister Benzin vorbeibrachte, so dass A die Fahrt nach<br />
Hause fortsetzen konnte. B wusste von den Tatplänen des A.<br />
3. Wie 2., nur hatte der A zunächst vor, in ein Versteck zu fahren. Der B wusste davon, dass<br />
der PKW des A zu wenig Benzin getankt hatte. Er stellte vor Beginn des Einbruchs ein<br />
Kanister Benzin in das Versteck. Dieses füllte dann A nach dem Eintreffen im Versteck in<br />
sein PKW.<br />
4. Wie 3., nur wusste der A von dem Auftanken durch B.<br />
5. B wusste von dem Plan des A, in das Warenlager des O einzubrechen. Damit A schneller<br />
vom Tatort fliehen konnte, stellte er kurz vor Tatbeginn ein Fahrrad unverschlossen vor<br />
das Warenlager ab und teilte dies dem A mit. A fuhr nach dem Einbruch damit davon.<br />
6. Wie 5. nur wusste der A nichts davon, dass jemand ihm das Fahrrad dort hingestellt hatte.<br />
7. Wie 5., nur stellte B das Fahrrad erst in dem Zeitpunkt ab, in dem der A das Warenlager<br />
verließ.<br />
8. Wie 7., nur wusste der A nichts da davon, dass jemand ihm das Fahrrad dort hingestellt<br />
hatte.<br />
9. Wie 3., nur stellte B das Benzin im Versteck erst ab, nachdem der A das Warenlager<br />
verlassen hatte.<br />
52
(22) Fallsammlung zu Versuchsproblemen bei Vermögensdelikten<br />
1. B hatte sich nachts Zugang zu einem Laden verschafft und von dort einen großen, 300kg<br />
schweren Tresor unter großen Anstrengungen auf die Straße vor dem Ladengeschäft<br />
geschafft. Als er dabei war, den Tresor auf einen Gabelstapler zu laden, wurde er von der<br />
Polizei überrascht. (vgl. BGH, NStZ 1981, S. 435)<br />
2. B stieg in den späten Abendstunden durch ein Fenster in eine im Erdgeschoss eines<br />
Reihenmietshauses gelegene Wohnung ein, deren Inhaber I bereits schlief. B steckte eine<br />
Geldbörse ein. Als er dann im Schlafzimmer ein Radio ergreifen wollte, wurde I wach,<br />
sprang aus dem Bett und schlug B nieder. Dieser konnte zwar noch das Haus verlassen,<br />
wurde dann aber im Hof wieder gestellt. Die Geldbörse hatte B noch bei sich. (vgl. BGH; JR<br />
1963, S. 466)<br />
3. A zerstörte das Schloss einer Kasse des O mit einem Schraubenzieher und öffnete sie, um<br />
den Kassenbestand an sich zu nehmen. Er musste freilich feststellen, dass die Kasse leer<br />
war. Daraufhin zog er enttäuscht von dannen.<br />
4. A begab sich in der Tatnacht an die Rückseite eines Hauses, in dem sich ein Radio- und<br />
Fernsehgeschäft befand. Er hatte vor, aus dem Geschäft ihn interessierende Sachen zu<br />
entwenden. Er brach mit einem Hebelwerkzeug gewaltsam das Vorhängeschloß einer<br />
Holztür auf, die in den Anbau jenes Hauses führte. In dem Anbau befanden sich nur<br />
wertlose Sachen; er hatte keinen Zugang zu einem anderen Raum des Gebäudes. A gab sein<br />
Vorhaben auf. (BGH, NStZ 1985, S. 217 m. abl. An. v. Arzt, StV 1985, S.104)<br />
5. A hatte sich entschlossen, mittels eines Dietrichs in den Schankraum einer Gaststätte zu<br />
gelangen. Als er den Dietrich im Türschloss umdrehen wollte, stellte er zu seiner<br />
Überraschung fest, dass die Tür unverschlossen war. Erfreut ging er in den Schankraum,<br />
verstaute 10 Flaschen Korn in einem mitgeführten Sack und lief davon.<br />
6. A bemühte sich, die Einfassung eines Glasstücks eines Butzenscheibenfensters einer<br />
Gaststätte mit einem Schraubenzieher abzulösen. Ihm ging es darum, das Fenster zu öffnen,<br />
in den Schankraum zu gelangen und dort Stehlenswertes an sich zu nehmen. Als es ihm<br />
gelungen war, eine Scheibe herauszulösen, wurde er von der Polizei verhaftet (BGHSt. 33,<br />
370 m. zust. Anm. Schäfer, JR 1986, S. 522)<br />
7. A betrat das Ladengeschäft des O, um ihn zu überfallen. Er richtete eine geladene und<br />
entsicherte Pistole auf den O und bedeutete ihm, von der offen stehenden Kasse<br />
wegzutreten und zu dulden, dass A den Kassenbestand an sich nehme. Plötzlich löste sich<br />
ein Schuss und traf den O tödlich. Erschrocken über das, was er angerichtet hatte, verließ A<br />
das Ladengeschäft, ohne etwas mitzunehmen. (BGHSt. 42, 158 m. Anm. Küper, JZ 1997, S.<br />
229; abl. Bespr. Jäger, NStZ 1998, S. 161)<br />
8. Die A war zahlungsunfähig. Trotzdem antwortete sie auf ein Inserat der Maklerfirma S., in<br />
dem es um den Verkauf einer Dachterrassenwohnung ging. Sie verpflichtete sich zur<br />
Zahlung eines Maklerlohns von 5 258,40 DM bei Abschluß des notariellen Kaufvertrags<br />
über die in Aussicht genommene Eigentumswohnung. Sodann besichtigte sie die Wohnung<br />
und vereinbarte mit dem Eigentümer E, den Kauf notariell beurkunden zu lassen. E ließ<br />
sich vom Notar N einen Termin geben, den die A bestätigte. Zum Termin selbst erschien sie<br />
nicht. (BGHSt. 31, 178 [181 f.])<br />
53
9. A hatte ein Gemälde aus dem Bungalow des O entwendet. Dieses übergab er dem Z, damit<br />
er es zu Geld mache. Der Z fragte den M, wem er das Gemälde anbieten könne. M nannte<br />
ihm den I und gab ihm dessen Telefonnummer. Z bemühte sich darum, es an den I zu<br />
verkaufen, was misslang. (Vereinfachung von BGHSt. 27, 45)<br />
54
(23) Fallsammlung zu besonderen Fragen der Beteiligung bei Vermögensdelikten<br />
1. A und B vereinbarten, Steine auf einer Baustelle zu entwenden. Eines nachts begaben sie<br />
sich zur Baustelle, packten Steine in einen Sack und trugen diesen dann gemeinsam zu A<br />
nach Hause.<br />
2. A und B hatten sich gemeinsam entschlossen, Wertsachen aus dem PKW des O zu<br />
entwenden. B öffnete mit einem Schraubenschlüssel das Seitenfenster auf der Fahrerseite,<br />
A setzte sich in den Wagen, durchsuchte das Handschuhfach und fand dort 500 Euro. Diese<br />
Geldscheine nahm er an sich. Beide entfernten sich und teilten später das Geld.<br />
3. A schlug die Scheibe eines Kiosks ein, um die dort aufbewahrten Spirituosen zu entwenden.<br />
Als er wider Erwarten feststellte, dass der Kiosk ganz frisch bestückt war, holte er den B<br />
zur Hilfe. Während er diesem die einzelnen Flaschen herausreichte, packte dieser sie in<br />
einen Kartoffelsack. Ihn schleppten sie sodann gemeinsam nach Hause. (BGHSt. 2, 344)<br />
4. A und B vereinbarten, fortlaufend Steine von Baustellen zu entwenden. Eines nachts<br />
begaben sie sich zur Baustelle in X, packten Steine in einen Sack und trugen diesen dann<br />
gemeinsam zu A nach Hause.<br />
5. Wie 4., nur fassten A und B ihren Plan gemeinsam mit dem C und führten ihn dann auch mit<br />
ihm aus.<br />
6. Der T, B und A waren sich einig, Diebstähle zu begehen. B und A drangen zu diesem Zweck<br />
gewaltsam in eine Wohnung ein und nahmen Sachen an sich, während T<br />
verabredungsgemäß nur Schmiere stand. Als Entdeckung drohte, mahnte er B und A zur<br />
Eile. Beide beschleunigten ihr Tun, so dass alle drei unentdeckt entkamen. (vgl. BGHSt. 47,<br />
214)<br />
7. Wie 6., nur drang der A allein ein, während der T Schmiere stand. Der B erhielt einen <strong>Teil</strong><br />
der Beute.<br />
8. B vereinbarte mit A und M, Kraftfahrzeuge zu entwenden, sie in einem sicheren Versteck<br />
mit neuen Schließsystemen, Steuergeräten und Fahrzeugidentifikationsnummern (FIN) zu<br />
versehen und die so umgebauten KfZ weiterzuverkaufen. Für jedes KfZ sollte der B von A<br />
5000 Dollar erhalten. Gemäß der Absprache oblag die unmittelbare Ausführung der<br />
Diebstähle ausschließlich dem B, während A im Vorfeld der Taten die zur Überwindung der<br />
Sicherungssysteme notwendigen Motor- und Getriebesteuergeräte beschaffen und nach<br />
den Taten die Weiterveräußerung besorgen sollte. Die Umarbeitung der FIN sollte M<br />
vornehmen. So geschah es: B öffnete mit den ihm von A zur Verfügung gestellten Geräten<br />
den PKW des O und fuhr ihn ins Versteck. Dort baute er die neuen Schließsysteme und<br />
Steuergeräte ein, während M die FIN umarbeitete. Sodann fuhr der A den PKW zu dem K<br />
und veräußerte ihn an diesen. Den Erlös teilte er sich vereinbarungsgemäß mit B und M.<br />
(vgl. BGH, NStZ 2007, S. 33)<br />
9. A und B kamen im Mai 1998 überein, gemeinsam Gebrauchtwagen zu entwenden. In<br />
Ausführung ihres Vorhabens suchten sie das Autohaus V auf und nahmen die dort im<br />
Freien aufgestellten Fahrzeuge in Augenschein. Entsprechend ihrem Tatplan lenkte der<br />
B das Verkaufspersonal ab, damit der A den echten Fahrzeugschlüssel durch einen<br />
ähnlich aussehenden unechten austauschen konnte. Am folgenden Wochenende fuhr A<br />
im Beisein von B den PKW unter Verwendung des Originalschlüssels davon. In gleicher<br />
55
Weise entwendeten sie dann einen PKW beim Autohaus W. (BGHSt. [GS] 46, 321 m.<br />
Bespr. v. Erb, NStZ 2001, S. 561)<br />
10. W und sein älterer Bruder A sahen in einem mit einem Lattenzaun eingefriedeten Garten<br />
des O einen Fußball liegen. Während A ein großer Anhänger des SC Paderborn ist, verspürt<br />
A große Abneigung für den Fußballsport. A drohte dem W Schläge an, wenn er sich weigern<br />
würde, den Fußball aus dem Garten zu holen. Aus Angst vor Prügel tat W wie ihm geheißen.<br />
Er überstieg den Zaun, lief über den Rasen zum Ball, ergriff ihn, kehrte zu A zurück und<br />
übergab diesem den Ball (Abwandlung von RGSt. 39, 37)<br />
11. H löste, wie zuvor mit B abgesprochen, einen gefälschten Scheck bei der Bayerischen<br />
Landesbank ein. Den Scheck hatte er von B bekommen, der ihn gefälscht hatte. Dafür<br />
bekam er von H 3 % des Erlöses. (Vgl. BGH, NStZ 2002, 145).<br />
56
(24) Fallsammlung zur Abgrenzung Diebstahl - Betrug<br />
1. M hatte in einem Selbstbedienungsgeschäft des S ihre Geldbörse mit etwa 95 DM auf<br />
einer Ablage am Kassentisch liegen gelassen und war aus dem Geschäft gegangen. Kurz<br />
darauf bezahlte die A ihren Einkauf und packte die eingekauften Waren in ihre Tasche.<br />
Währenddessen bemerkte die neben der A stehende G die Geldbörse auf der Ablage. Sie<br />
nahm diese in die Hand und fragte die A, ob dies ihre Geldbörse sei. Die A bejahte die<br />
Frage, und die G legte daraufhin die Geldbörse wieder auf den alten Platz. A nahm die<br />
Geldbörse an sich und verließ das Geschäft. Die Kassiererin K hatte den Vorgang, wie es<br />
auch der A nicht entgangen war, aus unmittelbarer Nähe miterlebt. Sie war berechtigt,<br />
die im Geschäft zurückgebliebenen Fundsachen an sich zu nehmen und den<br />
Berechtigten wieder auszuhändigen. (OLG Hamm NJW 1969, S. 620)<br />
2. Wie 1., nur hatte die G die Geldbörse zunächst an sich genommen, um sie dem<br />
Filialleiter als Fundsache zu übergeben. Sie wurde daraufhin von der A angesprochen,<br />
welche das Portemonnaie als eigenes reklamierte. Daraufhin gab G es an A heraus.<br />
3. Die A bat die P, mit der sie flüchtig bekannt war, deren VW für eine Fahrt nach<br />
Esslingen benutzen zu dürfen. Als die P dies nicht gestattete, suchte die A die E auf, bei<br />
der die P zur Untermiete wohnte. Sie ließ sich die Schlüssel zu deren VW aus dem<br />
Zimmer der P bringen. Dies erreichte sie dadurch, dass sie gegenüber Frau E<br />
wahrheitswidrig angab, zum Empfang der Schlüssel ermächtigt zu sein. Nach Erhalt der<br />
Schlüssel fuhr die Angeklagte mit dem vor dem Hause abgestellten VW, den sie erst am<br />
Abend des darauf folgenden Tages zurückbrachte. (OLG Stuttgart, NJW 1965, S. 1930)<br />
3. A hatte während seines Aufenthaltes in M ein Verhältnis mit der W. Diese besaß einen<br />
PKW, den sie in einer Sammelgarage untergestellt hatte. In der Garage wurde für jeden<br />
Wagen ein Zündschlüssel beim Pförtner P hinterlegt. Den zweiten Schlüssel behielten<br />
die Fahrzeughalter. Auf Verlangen händigte der Pförtner ihnen aber auch den<br />
Zweitschlüssel aus. A holte einmal den Wagen der W nach deren telephonischer<br />
Genehmigung aus der Garage zu einer Fahrt ab. Dies wiederholte er sieben Mal allein<br />
und war der Annahme, dass die W wegen der Beziehung auch damit einverstanden war.<br />
Am Morgen des 20 Mai sprach der A wieder in der Garage vor und holte sich in der<br />
Absicht, nicht zurückzukehren, ohne Wissen und Genehmigung der W deren Wagen ab.<br />
P händigte ihm wieder den Schlüssel aus. A fuhr mit dem PKW davon, um ihn für sich<br />
dauerhaft zu nutzen. (BGHSt. 18, 221)<br />
57
(25) Sonstige Prüfungsschemata<br />
1. Unbefugter Gebrauch eines Kraftfahrzeuges - § 248b StGB<br />
I. Tatbestand (Tb.)<br />
A. Objektiver Tb.<br />
1. Kfz (§ 248b IV) oder Fahrrad<br />
2. Ingebrauchnahme<br />
3. gegen den Willen des Berechtigten<br />
4. Täter<br />
a) unstrittig.: Nichteigentümer<br />
b) strittig: Eigentümer<br />
B. Subjektiver Tb.<br />
Bedingter Vorsatz (h.M.)<br />
II. Rechtswidrigkeit<br />
III. Schuld<br />
IV. Strafantrag, § 248b IV StGB<br />
58