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Die neuen Fälle von Marlowe

Ein Polizist, der sich Marlowe nennt. Rätselhafte Morde, die auf einen Serienmord hindeuten.

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achen das Verhältnis ab. So hatte sie keine Chance ihren kleinen Erpressungshebel anzusetzen.<br />

Ohne den kam sie nicht weiter.<br />

Der Artikel in der Unizeitschrift über Austauschstudienplätze in Dublin ließ sie aufhorchen und<br />

löste mit einem Mal all ihre Probleme. Wer wollte schon nach London oder Paris! Nein, als<br />

anglophiler Mensch mit Interesse am Mittelalter musste man nach Dublin! Irland, Wiege des<br />

Guinness und des Whiskeys und Wiege der Christianisierung. Da musste sie hin.<br />

Steven hatte damals kopfschüttelnd vor ihr gesessen. „Als ob es in Dublin keine verheirateten<br />

Männer gibt! Was willst du da? Geh lieber nach London, Oxford oder direkt nach Cambridge. Da<br />

sitzt das Geld! Dublin. Pah! <strong>Die</strong> sind erst seit ein paar Jahren überhaupt wieder auf dem<br />

aufsteigenden Ast. Seit der Einführung des Euro, um genau zu sein!“<br />

Das war ihr egal. Sie wollte nach Dublin und bekam den Platz am Trinity College. Das mitten in<br />

der Stadt gelegene Universitätsgelände war <strong>von</strong> einer Mauer umgeben und strahlte auf den ersten<br />

Blick den Glanz vergangener Tage aus. Auf den zweiten, kritischeren Blick sah man hier wie in der<br />

gesamten Innenstadt zerfallene Mauern, kaputte Pflaster und natürlich über Putz verlegte Kabel.<br />

Das Flair jedoch war einfach umwerfend. Andy war vom ersten Moment an begeistert und<br />

fasziniert und als sie das Book of Kells mitsamt dem Long Room gesehen hatte, gab es für sie kein<br />

Zurück. Das Book of Kells, also das Buch der Kelten, eines der bedeutendsten mittelalterlichen<br />

Bücher der Welt und das am besten erhaltene Zeugnis der irischen Buchmalerei, stammte aus dem<br />

8. Jahrhundert. Im Long Room, der Bibliothek des Colleges, verstummten meistens auch die<br />

Teenies. Weil es ein beeindruckender Anblick ist, in einem fast 65 Meter langen Raum zu stehen<br />

und auf die hohen Regale mit 200.000 Büchern zu blicken, alte, ehrwürdige Relikte vergangener<br />

Zeiten, die nur <strong>von</strong> eigens dafür ausgebildeten Restauratoren angefasst werden durften. Hier! Hier<br />

und nirgendwo sonst würde sie weiter studieren und es wäre doch gelacht, wenn sie hier keinen<br />

reichen, charmanten jungen oder alten Mann ergattern konnte. Lediglich die Touristenmassen, die<br />

sich sommers wie winters plaudernd durch die Anlage des Colleges schoben, um das Buch und die<br />

Bibliothek zu sehen, störten sie immens. Anfangs war Andy euphorisch <strong>von</strong> der Idee befallen,<br />

ebenfalls dort zu arbeiten. Aber der Gedanke ihre gesunde Hautfarbe in den abgedunkelten<br />

Räumen, in denen die Bücher bearbeitet wurden, zu verlieren, hielt sie <strong>von</strong> den Bemühungen ab,<br />

sich in diesen heiligen Hallen um einen Job zu bewerben. Dort würde sie sicher nie einen<br />

schnuckeligen Kerl kennenlernen! Also beschränkte Andy sich darauf, an ausgesuchten<br />

Vorlesungen teilzunehmen, hin und wieder ein ärztliches Attest anzubringen, damit sie eine<br />

Entschuldigung hatte, nicht an der Klausur teilnehmen zu müssen und genoss das ausschweifende<br />

Leben in dieser Stadt.<br />

Ja, sie hatte diese Stadt geliebt, diese moderne, lebendige, multikulturelle, mittelalterlich<br />

anmutende Perle am Fluss Liffey. Auch die Menschen waren hier so freundlich. Begrüßten jeden

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