Download als PDF (8,9 MB) - Sana Kliniken AG
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Heiko Reichel / Friederike Lattig / Yorck-Bernhard Kalke Aufstreben 35<br />
Querschnittlähmung<br />
Das Leben geht weiter<br />
In Ulm werden Patienten mit Rücken markverletzungen<br />
körper lich und seelisch auf ein Leben vorbe reitet, das<br />
sie wieder weit gehend selbständig meistern können.<br />
« Fridolin » gehört zum festen Inventar des Ulmer Querschnittgelähmtenzentrums.<br />
Die Schaufensterpuppe steht im Aufenthaltsbereich und steckt<br />
in einer Art Raumanzug, der mit zwei Kompressoren aufgepumpt wird.<br />
Die NASA hatte das Therapiegerät in den 1970er-Jahren <strong>als</strong> Gehhilfe für<br />
Querschnittgelähmte entwickelt, in der Praxis hat es sich aber nicht bewährt.<br />
Durchgesetzt hingegen hat sich der dam<strong>als</strong> noch junge Behandlungsansatz,<br />
akut Querschnittgelähmte möglichst schnell in ein Spezialzentrum für<br />
Rückenmarkverletzte zu bringen. 26 solcher Zentren gibt es mittlerweile<br />
in Deutschland, und das RKU ist eine der wenigen <strong>Kliniken</strong>, die höchstgelähmte<br />
Patienten jeden Alters versorgen kann — auch solche, die dauerhaft<br />
beatmet werden müssen oder komplexe zusätzliche Erkrankungen haben.<br />
« Durch die enge Einbindung in die Universitäts- und Rehabilitationsklinik<br />
ist jedweder medizinische Fachbereich bei der Behandlung sofort verfügbar<br />
— von der Wirbelsäulenchirurgie über die Urologie, Neurologie oder<br />
Kardiologie bis hin zur Psychiatrie oder zur technischen Orthopädie », sagt<br />
Dr. med. Yorck-Bernhard Kalke, Sektionsleiter des Querschnittgelähmtenzentrums<br />
am RKU.<br />
Die Querschnittlähmung ist eine der folgenschwersten Erkrankungen,<br />
die ein Mensch erleiden kann. Die Verletzung des Rückenmarks führt nicht<br />
nur zur Lähmung der Gliedmaßen, sondern stört oft auch die Funktionen<br />
vieler anderer Organsysteme. Bei den meisten Patienten kommt es zu Darmund<br />
Blasenlähmungen, oft treten Herzrhythmus- oder Kreislaufstörungen<br />
auf, ebenso eine erhöhte Anfälligkeit für Infektionen, Thrombosen, Infarkte<br />
und Druckgeschwüre. Bei unfallbedingten Querschnittlähmungen müssen<br />
in mehr <strong>als</strong> der Hälfte aller Fälle schwere Begleitverletzungen, etwa des<br />
Schädels, des Brustkorbs, des Beckens oder des Bauchraums, versorgt<br />
werden. Breite ärztliche Expertise ist auch bei krankheitsbedingten Querschnittlähmungen<br />
nötig, die bei Patienten mit Tumoren, Bandscheibenvorfällen,<br />
Multipler Sklerose oder Wirbelsäuleninfektionen auftreten können. « Das<br />
Krankheitsbild der Querschnittlähmung ist so komplex wie kaum ein anderes<br />
— eine immense medizinische Herausforderung, die nur mit speziell<br />
geschulten Behandlungsteams und bester medizinischer Infrastruktur gemeistert<br />
werden kann », so Kalke. Hinzu kommt, dass Querschnittgelähmte<br />
die vielfachen Folgekomplikationen aufgrund ihrer gestörten Gefühlsempfindung<br />
oft gar nicht wahrnehmen.<br />
Für die Akuttherapie verfügt das Querschnittgelähmtenzentrum des RKU<br />
über 35 stationäre Behandlungsplätze. Sie dauert zwischen zwei und sechs<br />
Monaten und umfasst neben der Versorgung von Neuverletzten ein für jeden<br />
Patienten maßgeschneidertes medizinisches und soziales Rehabilitationskonzept.<br />
Querschnittgelähmte werden oft von einem Moment zum anderen<br />
mit dem Zusammenbruch aller Lebenspfeiler konfrontiert. Nicht nur die<br />
« Die Querschnittlähmung<br />
ist so<br />
komplex wie<br />
kaum ein anderes<br />
Krankheitsbild. »<br />
Dr. med. Yorck-Bernhard Kalke<br />
Sektionsleiter Querschnittgelähmtenzentrum,<br />
Orthopädische Universitätsklinik<br />
RKU - Universitäts- und Rehabilitations -<br />
kliniken Ulm<br />
Exoskelett statt<br />
Rollstuhl<br />
Eine Art Geh-Anzug<br />
für Querschnittgelähmte<br />
könnte den<br />
Rollstuhl künftig<br />
ablösen. Das Gerät<br />
besteht aus verschiedenen<br />
Bändern und<br />
einem Metallskelett,<br />
die außen am Körper<br />
angebracht werden.<br />
Damit die Patienten<br />
gehen können, ist<br />
das Gerät mit vier<br />
Elektromotoren<br />
ausgerüstet, die<br />
jeweils an Ober- und<br />
Unterschenkeln<br />
sitzen. 15 Sensoren<br />
erfassen, in welche<br />
Richtung sich der<br />
Patient bewegen will.<br />
fig.: Derzeit<br />
wird das Lauftraining<br />
mit Roboteranzügen<br />
in Rehaeinrichtungen<br />
getestet.<br />
Zwei Krücken, in<br />
denen ebenfalls<br />
Sensoren stecken,<br />
dienen zusätzlich der<br />
Stabilität. Ein Computer<br />
bildet das Rückenteil<br />
des Gerätes und<br />
steuert die Elektromotoren<br />
entsprechend<br />
den Sensoreninformationen.