Broschüre Industrieland Deutschland stärken - BDI
Broschüre Industrieland Deutschland stärken - BDI
Broschüre Industrieland Deutschland stärken - BDI
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>Industrieland</strong><br />
<strong>Deutschland</strong><br />
stärken<br />
Aus der Krise in die<br />
Wachstumsoffensive
<strong>Industrieland</strong><br />
<strong>Deutschland</strong><br />
stärken<br />
Aus der Krise in die<br />
Wachstumsoffensive
<strong>BDI</strong> – Bundesverband der Deutschen Industrie<br />
<strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> stärken<br />
Vorwort<br />
3<br />
Vorwort<br />
<strong>BDI</strong>-Präsident Prof. Dr.-Ing. Hans-Peter Keitel und<br />
<strong>BDI</strong>-Hauptgeschäftsführer Dr. Werner Schnappauf<br />
In der Jahresmitte 2009 steckt die deutsche Volkswirtschaft<br />
immer noch mitten in der schwersten Rezession<br />
der Nachkriegsgeschichte. Zwar gibt es erste Anzeichen<br />
einer beginnenden Stabilisierung, die Bodenbildung der<br />
wirtschaftlichen Talfahrt ist jedoch noch nicht erreicht. Es<br />
herrscht weiterhin große Unsicherheit, wie lange die Krise<br />
dauern wird. Sicher ist jedoch: Auch diese Finanz- und<br />
Wirtschaftskrise wird überwunden werden. Die Weltwirtschaft<br />
wird wieder Fahrt aufnehmen, neue Wachstumschancen<br />
werden sich auftun.<br />
Die deutschen Unternehmen sind von ihren Kostenstrukturen,<br />
von ihren Produktportfolios und von ihrer globalen<br />
Orientierung her für die Wahrnehmung dieser Chancen<br />
gerüstet. So wie sie im zurück liegenden Aufschwung von<br />
der boomenden Weltwirtschaft profitiert haben, so werden<br />
sie auch nach der Krise wieder zu den Globalisierungsgewinnern<br />
zählen. Das größte Risiko hierfür besteht derzeit<br />
darin, dass aufgrund unzureichender Liquiditätsversorgung<br />
im Kern gesunde Unternehmen aus der industriellen Wertschöpfungskette<br />
herausbrechen, die dann für einen erfolgreichen<br />
Weg aus der Krise nicht mehr zur Verfügung stehen.<br />
Für die deutsche Volkswirtschaft kommt es darauf an,<br />
im Verlauf des wirtschaftlichen Einbruchs, nicht wieder<br />
in ihre altbekannte strukturelle Wachstumsschwäche<br />
zurückzufallen. Der Weg aus der Krise muss das<br />
<strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> auf einen nachhaltig höheren<br />
Wachstumspfad führen. <strong>Deutschland</strong> ist eine Industriegesellschaft<br />
und muss auch nach der Krise im Kern eine<br />
Industriegesellschaft bleiben. <strong>Deutschland</strong> kann mehr<br />
leisten, als es in einem Wachstumspotenzial von etwa<br />
1 bis 1,5 Prozent zum Ausdruck kommt. Der Grundstein<br />
des Wachstums wird letztlich in den Unternehmen der<br />
Wirtschaft gelegt. Um ihre Wachstumsbeiträge leisten zu<br />
können, brauchen die Unternehmen jedoch wirtschaftspolitische<br />
Rahmenbedingungen, die auf Wertschöpfungsprozesse<br />
am Standort <strong>Deutschland</strong> hin orientiert sind. In<br />
der vorliegenden Broschüre werden zehn Wachstumsfelder<br />
beschrieben, in denen die Wirtschaftspolitik durch entschlossenes<br />
Handeln Wachstumsimpulse auslösen kann,<br />
die unser <strong>Industrieland</strong> auf einen nachhaltig höheren<br />
Wachstumspfad führen.<br />
Prof. Dr.-Ing. Hans-Peter Keitel<br />
Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie<br />
(<strong>BDI</strong>)<br />
Dr. Werner Schnappauf<br />
Hauptgeschäftsführer und Mitglied des Präsidiums<br />
des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (<strong>BDI</strong>)
<strong>BDI</strong> – Bundesverband der Deutschen Industrie<br />
<strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> stärken<br />
Inhalt<br />
5<br />
Inhalt<br />
Vorwort<br />
<strong>BDI</strong>-Präsident Prof. Dr.-Ing. Hans-Peter Keitel und <strong>BDI</strong>-Hauptgeschäftsführer Dr. Werner Schnappauf ...........................03<br />
Executive Summary ..................................................................................................................................................................................06<br />
Aus der Krise in die Wachstumsoffensive<br />
Ein höherer Wachstumspfad ist möglich ............................................................................................................................................... 11<br />
Wachstum durch Strukturwandel ..........................................................................................................................................................13<br />
Höheres Wachstum meint besseres und nachhaltigeres Wachstum ...............................................................................................14<br />
Industrie und industrienahe Dienstleistungen als Wachstumskern ...............................................................................................16<br />
Wirtschaft und Politik als Wachstumspartner ....................................................................................................................................18<br />
Politische Rahmenbedingungen<br />
Soziale Marktwirtschaft und Leitbild der Nachhaltigkeit stärken .................................................................................................22<br />
Europa konsequent auf Wettbewerbsfähigkeit ausrichten ................................................................................................................24<br />
Innovationsfähigkeit stärken, Bildung verbessern ..............................................................................................................................26<br />
Finanzmärkte stabilisieren, Unternehmens finanzierung sichern ...................................................................................................28<br />
Freien Welthandel intensivieren – Protektionismus stoppen ...........................................................................................................30<br />
Unternehmensteuerreform modernisieren, Leistungsträger entlasten ..........................................................................................32<br />
Infrastruktur ausbauen, nachhaltige Mobilität verwirklichen ........................................................................................................34<br />
Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Klimaschutz verbinden ......................................................................................................36<br />
Ganzheitliches Energiekonzept realisieren ..........................................................................................................................................38<br />
Digitale Informationsgesellschaft verwirklichen, schnelles Netz für alle .....................................................................................40<br />
Impressum...................................................................................................................................................................................................44
6 <strong>BDI</strong> – Bundesverband der Deutschen Industrie<br />
<strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> stärken<br />
Executive Summary<br />
Executive Summary<br />
60 Jahre Bundesrepublik <strong>Deutschland</strong> stehen für die erfolgreiche Entwicklung<br />
einer lebendigen und prosperierenden Demokratie und auch<br />
für die Geschichte eines beispiellosen wirtschaftlichen Erfolges mit steigendem<br />
Wohlstand für die Menschen im <strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong>.<br />
Ausgerechnet im Jubiläumsjahr 2009 trifft die globale<br />
Finanz- und Wirtschaftskrise die deutsche Wirtschaft<br />
mit voller Wucht. Die globale Rezession droht den Industriestandort<br />
über den konjunkturellen Zyklus hinaus in<br />
seiner Stärke und Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig zu<br />
beeinträchtigen und deckt zugleich schonungslos strukturelle<br />
Schwächen und Wettbewerbsnachteile am Standort<br />
<strong>Deutschland</strong> auf.<br />
Seit der Mitte der neunziger Jahre leidet <strong>Deutschland</strong> an<br />
einer strukturellen Wachstumsschwäche. Leider wurden<br />
auch wirtschaftlich starke Jahre vor der Krise nicht<br />
ausreichend für eine entschlossene Reformpolitik zur<br />
Wachstumsvorsorge für die Zukunft genutzt. Im Gegensatz<br />
hierzu haben die deutschen Industrieunternehmen<br />
ihre Hausaufgaben erledigt und kontinuierlich ihre<br />
internationale Wettbewerbsfähigkeit durch intensive<br />
Restrukturierungen verbessert. Nicht nur der Lohnkostendruck<br />
aus anderen Ländern, sondern auch der Innovations-<br />
und Qualitätswettbewerb stellen die deutsche<br />
Industrie – quer durch alle Branchen – permanent vor<br />
neue Herausforderungen. Die beachtlichen Exporterfolge,<br />
die zahlreichen Technologieführerschaften deutscher Unternehmen<br />
auf globalen Märkten und auch die im internationalen<br />
Vergleich hohen Wertschöpfungsanteile und<br />
Beschäftigungszuwächse belegen, dass die deutschen Industrieunternehmen<br />
diese Herausforderungen erfolgreich<br />
angenommen haben. Dauerhafter Unternehmenserfolg an<br />
einem Standort setzt jedoch voraus, dass die politischen<br />
Rahmenbedingungen stimmen.<br />
Die in den letzten Monaten durchgeführten Maßnahmen<br />
des Staates zur Stabilisierung der Finanz- und Realwirtschaft<br />
waren im Großen und Ganzen notwendig.<br />
Sie haben jedoch einen drastischen Anstieg der Staatsverschuldung<br />
zur Folge. Die Grenzen einer vertretbaren<br />
Verschuldung sind erreicht, wenn man die Maastricht-<br />
Kriterien zugrunde legt, sogar überschritten. Es besteht<br />
die Gefahr, dass die politischen Handlungsspielräume<br />
derart eingeschränkt werden, dass notwendige Investitionen<br />
in Bildung, Forschung, Innovation und Infrastruktur<br />
unterbleiben. Dies wiederum gefährdet die Wettbewerbsfähigkeit<br />
unserer Industrie und damit Arbeitsplätze und<br />
Wohlstand der Menschen.<br />
Der <strong>BDI</strong> tritt dafür ein, den Kurs der Wirtschaftspolitik<br />
konsequent auf Wertschöpfung am Standort <strong>Deutschland</strong><br />
auszurichten. Ziel muss ein nachhaltig höherer Wachstumspfad<br />
für unsere Volkswirtschaft sein. <strong>Deutschland</strong> ist<br />
ein <strong>Industrieland</strong> und soll es auch bleiben. Nur die Industrie<br />
und die mit ihr verknüpften industrienahen Dienstleistungen<br />
können die deutsche Volkswirtschaft wieder auf<br />
Wohlstandskurs bringen. Mit seinem Konzept »<strong>Industrieland</strong><br />
<strong>Deutschland</strong> stärken« fordert der <strong>BDI</strong> entschlossenes<br />
Handeln für ein höheres und nachhaltiges Wirtschaftswachstum<br />
in <strong>Deutschland</strong>.
<strong>BDI</strong> – Bundesverband der Deutschen Industrie<br />
<strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> stärken<br />
Executive Summary<br />
7<br />
Soziale Marktwirtschaft und Leitbild der Nachhaltigkeit<br />
stärken<br />
In der gegenwärtigen wirtschaftlichen Situation ist es<br />
wichtiger denn je, das Vertrauen der Menschen in unsere<br />
Wirtschaftsordnung zu stärken. Die deutsche Industrie<br />
bekennt sich ausdrücklich zur Sozialen Marktwirtschaft.<br />
Ihre Grundprinzipien Freiheit, Wettbewerb, Leistung,<br />
Verantwortung und auch Nachhaltigkeit müssen gerade<br />
in der Krise bewahrt und gestärkt werden. Der Staat muss<br />
sich wieder auf seine ureigenen Aufgaben zurückziehen.<br />
Staatsbeteiligungen an Finanzinstituten und Staatseingriffe<br />
in Märkte müssen nach einem klaren Zeitplan zurückgeführt<br />
werden. Die Bedeutung der Industrie für<br />
Wohlstand und Beschäftigung und die verantwortungsvolle<br />
Rolle des Unternehmers müssen wieder stärker im<br />
Bewusstsein der Bevölkerung verankert werden.<br />
Europa konsequent auf Wettbewerbsfähigkeit ausrichten<br />
Das <strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> ist das geografische Herz<br />
und der wirtschaftliche Kern Europas. Von einer starken<br />
und wettbewerbsfähigen deutschen Industrie profitiert der<br />
gesamte europäische Wirtschaftsraum. Die europäische<br />
Politik muss konsequent auf industrielle Wettbewerbsfähigkeit<br />
und leistungsfähige Wertschöpfungsstrukturen<br />
ausgerichtet werden. Die Lissabon-Strategie muss viel<br />
stärker als bisher auf klare Ziele fokussiert, mit wirksamen<br />
Instrumenten ausgestattet sowie mit konkreten und verbindlichen<br />
Maßnahmen unterlegt werden. Alle für die<br />
industrielle Wettbewerbsfähigkeit relevanten EU-Politikbereiche<br />
müssen dabei vernetzt und koordiniert werden.<br />
Innovationsfähigkeit stärken, Bildung verbessern<br />
Auf einen nachhaltig höheren Wachstumspfad kommt das<br />
<strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> nur mit einer umfassenden<br />
Innovations- und Bildungsoffensive. Bildung und Innovation<br />
sind die Schlüssel zum Erfolg auf den globalen Märkten.<br />
<strong>Deutschland</strong> muss im Innovations- und vor allem im<br />
Bildungswettbewerb an die Spitze streben. Mehr Mittel<br />
für Forschung, Entwicklung, Innovation und Bildung,<br />
aber auch ein effizienterer Einsatz dieser Mittel sind unerlässliche<br />
Investitionen in die Zukunft des <strong>Industrieland</strong>es<br />
<strong>Deutschland</strong>. Die steuerliche Forschungsförderung erfüllt<br />
beide Kriterien und muss daher so schnell wie möglich eingeführt<br />
werden.<br />
Finanzmärkte stabilisieren, Unternehmensfinanzierung<br />
sichern<br />
Die globale Finanzkrise und ihre realwirtschaftlichen<br />
Auswirkungen verdeutlichen äußerst schmerzlich, wie<br />
wichtig ein funktionsfähiges Finanzsystem für Wachstum<br />
und Beschäftigung ist. Die Lösung der akuten Liquiditätsprobleme<br />
im Finanzsektor und in der Industrie hat<br />
beim Weg aus der Krise absoluten Vorrang. Im Kern gesunde<br />
Teile der industriellen Wertschöpfungskette dürfen<br />
nicht aus Liquiditätsgründen wegbrechen. Für einen<br />
höheren Wachstumspfad sind diese Wertschöpfungsbeiträge<br />
unverzichtbar. Mittelfristig kommt es darauf an, dem<br />
Weltfinanzsystem einen stabileren und krisenfesteren<br />
Ordnungsrahmen zu geben. Die Beschlüsse des G-20-<br />
Gipfels von London sind daher zügig umzusetzen.<br />
Protektionismus stoppen, freien Welthandel intensivieren<br />
Der zurück liegende Aufschwung und die beachtlichen<br />
Exporterfolge belegen, wie stark die deutsche Volkswirtschaft<br />
Nutzen und Wohlstand aus der Globalisierung<br />
zieht. Basis dieser Erfolge sind die Leistungen von Arbeitnehmern<br />
und Unternehmern in den Betrieben am<br />
Standort <strong>Deutschland</strong>. Auch nach Überwindung der aktuellen<br />
Wirtschafts- und Finanzkrise hat das <strong>Industrieland</strong><br />
<strong>Deutschland</strong> allerbeste Chancen, Globalisierungsgewinne<br />
aus dem internationalen Austausch von Gütern<br />
und Leistungen zu erzielen. Die Fortsetzung der Welthandelsliberalisierung<br />
durch raschen Abschluss der WTO-<br />
Doha-Runde, ein konsequentes Eindämmen aufkeimender<br />
protektionistischer Tendenzen und die Sicherstellung der<br />
globalen Investitionsfreiheit sind hierfür unabdingbare<br />
Voraussetzungen.<br />
Unternehmensteuerreform modernisieren,<br />
Leistungsträger entlasten<br />
Das Steuerecht muss stärker in den Dienst von Wachstum<br />
und Beschäftigung gestellt werden. Das <strong>Industrieland</strong><br />
<strong>Deutschland</strong> braucht ein Steuersystem, das Leistungsträger<br />
zur Leistung anspornt, etwa durch einen leistungsfreundlicheren<br />
Einkommensteuertarif. Mehr Netto vom<br />
Brutto muss das Ziel sein. Dies fördert Wachstum und<br />
Wohlstand genauso wie eine Unternehmensbesteuerung,<br />
die auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen<br />
Rücksicht nimmt. Strukturelle Webfehler der<br />
Unternehmensteuerreform 2008, die gerade jetzt krisenverschärfend<br />
wirken, müssen dringend beseitigt werden.<br />
Dies gilt etwa für die Zinsschranke, die gewerbesteuerlichen<br />
Hinzurechnungen, die steuerliche Behandlung von<br />
Funktionsverlagerungen und den so genannten Mantelkauf.
8 <strong>BDI</strong> – Bundesverband der Deutschen Industrie<br />
<strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> stärken<br />
Executive Summary<br />
Infrastruktur ausbauen, nachhaltige Mobilität<br />
verwirklichen<br />
Leistungsfähige Infrastrukturen sind ein entscheidender<br />
Standortfaktor im globalen Wettbewerb. Das <strong>Industrieland</strong><br />
<strong>Deutschland</strong> verdankt seinen Wohlstand auch seinen<br />
modernen und vernetzten Verkehrssystemen. Gut ausgebaute<br />
Straßen, Schienen und Wasserstraßen, effiziente<br />
Flug-, See- und Binnenhäfen bilden das Rückgrat unserer<br />
Volkswirtschaft. Doch viele Jahre investierte <strong>Deutschland</strong><br />
hier zu wenig. Wir leben von der Substanz. Deshalb muss<br />
die Politik für die bedarfsgerechte Erhaltung, Modernisierung<br />
und den Ausbau der Verkehrswege Sorge tragen.<br />
Dabei sind auch die Potenziale innovativer Öffentlich-<br />
Privater Partnerschaften (PPP) besser auszuschöpfen.<br />
Intelligente Verkehrssysteme bieten enorme Potenziale für<br />
nachhaltige Mobilität von morgen.<br />
Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Klimaschutz<br />
verbinden<br />
Technologien und Produkte für den Klimaschutz aus deutschen<br />
Unternehmen sind führend auf den Weltmärkten.<br />
Die Lösungskompetenz der deutschen Industrie im Klimaschutz<br />
ist unbestritten. Eine nachhaltige Klimapolitik<br />
mit eindeutigen und verbindlichen Zielen und Standards<br />
kann das <strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> auch ökonomisch<br />
nach vorn bringen. Denn sie eröffnet neue Märkte und damit<br />
neue Chancen für Wachstum und Beschäftigung am<br />
Standort <strong>Deutschland</strong>. Angesichts dieser enormen Potenziale<br />
ist es erforderlich, die Wettbewerbsfähigkeit bei den<br />
»grünen« Technologien konsequent zu erhalten und Technologievorsprünge<br />
zu sichern. Dies ist im strategischen Interesse<br />
einer wachstums- und beschäftigungsorientierten<br />
Innovations- und Wirtschaftspolitik.<br />
Ganzheitliches Energiekonzept realisieren<br />
Eine sichere und umweltfreundliche Energieversorgung zu<br />
wettbewerbsfähigen Preisen ist unverzichtbare Voraussetzung<br />
für alle industriellen Wertschöpfungsprozesse. Die<br />
Energiekosten am Standort <strong>Deutschland</strong> sind im internationalen<br />
Vergleich deutlich zu hoch. Zum großen Teil ist<br />
dies politisch und ideologisch motiviert. Die Attraktivität<br />
<strong>Deutschland</strong>s als Industriestandort wird dadurch massiv<br />
beeinträchtigt. Insbesondere stromintensive Unternehmen<br />
haben hier erhebliche Wettbewerbsnachteile. Eine erfolgreiche<br />
Wachstumsstrategie benötigt ein nachhaltiges und<br />
konsistentes energiepolitisches Gesamtkonzept. Umfangreiche<br />
Investitionen in die Energieinfrastruktur sind dabei<br />
genauso notwendig wie die Erhöhung der gesellschaftlichen<br />
Akzeptanz für diese Investitionsvorhaben und für<br />
einen ausgewogenen Energiemix.<br />
Digitale Informationsgesellschaft verwirklichen,<br />
schnelles Netz für alle<br />
Die Informationswirtschaft ist eine der wichtigsten<br />
Wachstumsbranchen. Informations- und Kommunikationstechnologien<br />
(IKT) sind Motor für Innovationen. Die<br />
Wettbewerbsfähigkeit der gesamten deutschen Industrie<br />
im 21. Jahrhundert wird davon abhängen, dass Unternehmen<br />
ihre Produkte durch IT-gestützte Prozesse effizienter<br />
und hochwertiger herstellen als in anderen Teilen der Welt.<br />
Voraussetzung dafür ist ein ehrgeiziger Ausbau der IKT-Infrastrukturen<br />
und die konsequente Stärkung intelligenter,<br />
vernetzter Anwendungen. Insgesamt bietet der konsequente,<br />
rasche Ausbau und Einsatz von IKT eine große<br />
Chance, gestärkt aus der Krise hervorzugehen. <strong>Deutschland</strong><br />
hat das Potenzial, sich zum Leitmarkt für vernetzte Anwendungen<br />
und innovative Spitzenprodukte zu entwickeln.<br />
Das wirtschaftspolitische Programm der nächsten Legislaturperiode<br />
muss im Kern eine Wachstumsagenda werden.<br />
Nach der Bundestagswahl muss die neue Bundesregierung<br />
ihre ganze Energie darauf richten, dass die deutsche Wirtschaft<br />
wieder besser und auch nachhaltiger wächst. Nur<br />
mit wirtschaftlichem Wachstum lassen sich die Lasten aus<br />
der Bewältigung der größten Finanzmarktkrise der Nachkriegsgeschichte<br />
zügig bewältigen und ein Wiederaufleben<br />
der Massenarbeitslosigkeit abwenden. Ein zielgerichteter<br />
und kontinuierlicher industriepolitischer Dialog zwischen<br />
Politik und Wirtschaft ist hierfür unerlässlich. In diesem<br />
Dialog müssen vor allem drei Fragen beantwortet werden:<br />
• Was können die Unternehmen tun, um ihre starke Wettbewerbsposition<br />
auszubauen und sich weltweit eine<br />
Spitzenstellung bei Forschung und Innovation zu verschaffen?<br />
• Was kann die Politik tun, um der Bedeutung der Industrie<br />
für <strong>Deutschland</strong> auf nationaler und EU-Ebene besser<br />
gerecht zu werden?<br />
• Was erwartet die Gesellschaft von Industrie und Politik?<br />
Was können Industrie und Politik tun, um mehr<br />
Akzeptanz für industrielle Projekte und neue Technologien<br />
in <strong>Deutschland</strong> zu schaffen?<br />
Industrie und Politik müssen gemeinsam auf die Bevölkerung<br />
zugehen und ihnen zuhören, und wir müssen die<br />
Bedeutung der Industrie für die Menschen darlegen. Denn<br />
nur wenn die Menschen den Aktivitäten der Industrie –<br />
Produktion, Investitionen, Forschung, neue Produkte –<br />
positiv gegenüber stehen, entwickeln sie auch das nötige<br />
Verständnis für die erforderlichen Reformen.
Die Industrie ist der Kern eines gesunden Wirtschaftswachstums.<br />
Foto: <strong>BDI</strong>/fotolia (Matthias Krüttgen)
<strong>BDI</strong> – Bundesverband der Deutschen Industrie<br />
<strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> stärken<br />
Wachstumsoffensive<br />
11<br />
Aus der Krise in die Wachstumsoffensive<br />
Ein höherer Wachstumspfad ist möglich<br />
Wirtschaftliches Wachstum ist nicht alles, aber ohne Wachstum ist fast<br />
alles nichts. Der Weg aus der aktuellen Wirtschafts- und Finanzkrise<br />
muss die deutsche Volkswirtschaft auf einen nachhaltig höheren Wachstumspfad<br />
führen.<br />
Wachstum, hier verstanden als realer trendmäßiger Zuwachs<br />
des Produktionspotenzials, geht einher mit vielfältigen<br />
gesamtwirtschaftlichen Vorteilen: zusätzliche<br />
Arbeitsplätze werden geschaffen, die sozialen Sicherungssysteme<br />
können stabilisiert werden, reichlich sprudelnde<br />
Steuereinnahmen ermöglichen eine raschere Haushaltskonsolidierung,<br />
notwendige Investitionen in die Zukunft<br />
lassen sich leichter finanzieren. Zudem entstehen Spielräume<br />
für höhere Einkommen. Der durch die globale<br />
Wirtschafts- und Finanzkrise abrupt gestoppte konjunkturelle<br />
Höhenflug der Jahre 2005 bis 2008 mit für deutsche<br />
Verhältnisse ansehnlichen Wachstumsraten hat gezeigt,<br />
wie wichtig auskömmliches Wirtschaftswachstum ist.<br />
Immerhin drei Jahre kräftigen industriegetriebenen Wirtschaftswachstums,<br />
davon zwei deutlich über dem Potenzialwachstum,<br />
waren auf der einen Seite Grund zur Freude,<br />
auf der anderen Seite markieren sie aber auch das Kernproblem<br />
der deutschen Volkswirtschaft: Das Potenzialwachstum<br />
ist zu gering, der Wachstumspfad verläuft auf<br />
zu niedrigem Niveau – und dies nicht erst seit Kurzem. Ein<br />
Zeit- und Ländervergleich zeigt: Die deutsche Wachstumsschwäche<br />
ist kein kurzfristiges Phänomen. Sie reicht deutlich<br />
über die Dauer eines normalen Konjunkturzyklus`<br />
Wachstumsoffensive: Beim Wachstumspfad ist<br />
<strong>Deutschland</strong> Schlusslicht<br />
Potenzialwachstum, Veränderung ggü. Vorjahr in %<br />
4<br />
3,5<br />
3<br />
2,5<br />
2<br />
1,5<br />
1<br />
0,5<br />
0<br />
Quelle: OECD<br />
Kanada <strong>Deutschland</strong> Frankreich UK USA<br />
1992<br />
1993<br />
1994<br />
1995<br />
1996<br />
1997<br />
1998<br />
1999<br />
2000<br />
2001<br />
2002<br />
2003<br />
2004<br />
2005<br />
2006<br />
2007<br />
2008<br />
hinaus, ihre Ursachen reichen weit zurück. Betrachtet<br />
man den Zeitraum seit 1970, so lag über das gesamte Zeitintervall<br />
hinweg das deutsche Wirtschaftswachstum im<br />
Durchschnitt unter dem Niveau anderer hochentwickelter<br />
Länder. Die Vereinigten Staaten und auch Japan erreichten<br />
deutlich höhere Zuwachsraten von im Durchschnitt<br />
über drei Prozent. Auch vergleichbare europäische Länder<br />
lagen im durchschnittlichen Wachstum über dem deutschen<br />
Level.<br />
Seit Mitte der neunziger Jahre fiel <strong>Deutschland</strong> im Wachstum<br />
im europäischen Vergleich deutlich ab. Das Land<br />
erreichte im Durchschnitt nur etwa halb so hohe Wachstumsraten<br />
wie Frankreich, Großbritannien, Niederlande<br />
oder der gesamte Euro-Raum ohne <strong>Deutschland</strong>. Die USA<br />
zogen als Wachstumslokomotive in der zweiten Hälfte der<br />
neunziger Jahre allen davon. Das deutsche Wachstumspotenzial<br />
pendelte sich auf einem Niveau etwas oberhalb<br />
der Ein-Prozent-Marke ein. Auch der dynamische Wirtschaftsaufschwung<br />
der vergangenen Jahre wurde nicht<br />
hinreichend zur Stärkung der Wachstumsbasis der Volkswirtschaft<br />
genutzt. Wenn Bundesbank und Sachverständigenrat<br />
schätzen, dass sich im Zuge des zurückliegenden<br />
Aufschwungs das Wachstumspotenzial in <strong>Deutschland</strong><br />
lediglich von 1,2 Prozent auf etwa 1,6 Prozent erhöht hat,<br />
dann ist dies deutlich zu wenig.<br />
Eine der Hauptursachen für diese schlechte Wachstumsperformance<br />
lag in der unzureichenden Investitionstätigkeit.<br />
»In <strong>Deutschland</strong> haben vor allem die geringen<br />
Anteile wichtiger Zielr<br />
Investitionen einen merklich dämpfenden Effekt ausgeübt,<br />
wichtiger und zwar Zielr nicht nur im Bereich der Kapitalbildung<br />
Anteile<br />
der Unternehmen, sondern noch mehr bei den öffentlichen<br />
Haushalten«, formulierte der Sachverständigenrat<br />
in seinem Jahresgutachten 2002/2003. Hieran hat auch<br />
der jüngste Konjunkturaufschwung mit durchaus ansehnlichen<br />
Investitionszuwächsen nichts Grundlegendes<br />
geändert. Denn angesichts der niedrigsten Nettoinvestitionsquote<br />
unter den OECD-Ländern sind Zuwächse zwischen<br />
vier und acht Prozent über drei Jahre nicht genug,<br />
um den Kapitalstock und damit das Wachstumspotenzial<br />
substanziell anzuheben. Im Zuge der aktuellen Finanzund<br />
Wirtschaftskrise brechen nun die Investitionen ein,
12 <strong>BDI</strong> – Bundesverband der Deutschen Industrie<br />
<strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> stärken<br />
Wachstumsoffensive<br />
das Wachstumspotenzial schmilzt wieder ab. Das Frühjahrsgutachten<br />
2009 der wirtschaftswissenschaftlichen<br />
Forschungsinstitute geht für die Jahre bis 2013 von einem<br />
Potenzialwachstum von nur noch 0,9 Prozent aus.<br />
Kehrt <strong>Deutschland</strong> damit zu seiner altbekannten Wachstumsschwäche<br />
zurück? Zwangsläufig ist das nicht. Auf<br />
Dauer sind eine unterdurchschnittliche und auch eine<br />
mittelmäßige Wachstumsperspektive für ein <strong>Industrieland</strong><br />
wie <strong>Deutschland</strong> nicht akzeptabel. Wir können uns<br />
mit einem Pfad der Mittelmäßigkeit nicht zufrieden geben.<br />
Potenziale für einen höheren Wachstumspfad sind nach<br />
wie vor reichlich vorhanden. Das <strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong><br />
kann mehr leisten, als es seit einiger Zeit leistet. Ein<br />
Wachstumspfad deutlich über zwei Prozent ist möglich.<br />
<strong>Deutschland</strong> kann strukturell genauso stark wachsen wie<br />
andere hoch entwickelte Volkswirtschaften. Bei näherer<br />
Betrachtung gibt es keinen überzeugenden Grund, warum<br />
dies nicht möglich sein sollte. Die USA sind hierfür das<br />
beste Beispiel, aber auch europäische Länder, etwa Finnland<br />
und die Niederlande, haben bewiesen, dass auch hoch<br />
entwickelte Ökonomien auf einem hohen Pfad wachsen<br />
können.<br />
<strong>Deutschland</strong> kann mehr, als ein Wachstumspfad von<br />
1 bis 1,5 Prozent zum Ausdruck bringt. Und das <strong>Industrieland</strong><br />
<strong>Deutschland</strong> braucht auch ein höheres Wachstum,<br />
um seine Strukturprobleme, die im Gefolge der<br />
Wirtschafts- und Finanzkrise wieder eine deutliche Zuspitzung<br />
erfahren, zu lösen. Eine kürzlich vom Institut<br />
der deutschen Wirtschaft (IW) vorgestellte Analyse von<br />
zehn Megatrends der globalen Wirtschaftsentwicklung<br />
hat ergeben, dass sich gerade für die deutsche Wirtschaft<br />
exzellente Wachstumsperspektiven ergeben. Alle untersuchten<br />
Trends induzieren Märkte und fordern Problemlösungsangebote,<br />
für die die deutsche Wirtschaft<br />
komparative Vorteile hat oder haben könnte. Die ausgeprägte<br />
Exportorientierung, die tief gestaffelte industrielle<br />
Wertschöpfungskette, die Fokussierung auf technologisch<br />
anspruchsvolle Investitionsgüter, die hoch entwickelte<br />
Fähigkeit, industrielle Produkte und industrienahe Servicekomponenten<br />
zu maßgeschneiderten Leistungsangeboten<br />
zu kombinieren, die Konzentration auf höherwertige<br />
Glieder der Wertschöpfungskette und andere Wettbewerbsfaktoren<br />
mehr lassen die deutsche Wirtschaft als<br />
gut aufgestellt erscheinen für die Herausforderungen des<br />
beschleunigten globalen Wandels. <strong>Deutschland</strong> hat alle<br />
Chancen, auch weiterhin zu den Globalisierungsgewinnern<br />
zu zählen.
<strong>BDI</strong> – Bundesverband der Deutschen Industrie<br />
<strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> stärken<br />
Wachstumsoffensive<br />
13<br />
Wachstum durch Strukturwandel<br />
Der Prozess der Wertschöpfung, d. h. die Schaffung von Werten durch Investieren<br />
und Produzieren, unterliegt in jedem Land einem permanenten<br />
Wandel. Für diesen Strukturwandel gibt es langfristige Tendenzen und<br />
Wirkungszusammenhänge, die zwar im Detail politisch gestaltbar sind,<br />
nicht jedoch in ihrer grundsätzlichen Ausrichtung.<br />
Dass der Strukturwandel in seiner grundsätzlichen Ausrichtung<br />
nicht politisch gestaltbar ist, gilt zum Beispiel für<br />
die sich beschleunigende Verflechtung der Weltwirtschaft,<br />
für das Vordringen der modernen Informations- und Kommunikationstechniken<br />
in fast alle Lebensbereiche oder für<br />
die demografische Entwicklung, die durch eine alternde<br />
und schrumpfende Bevölkerung gekennzeichnet ist. Die<br />
Taktfrequenz des Wandels nimmt zu und der Schaltplan<br />
der Volkswirtschaft ändert sich immer schneller. Kommen<br />
dann noch, wie in der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise,<br />
tief greifende Strukturbrüche hinzu, entsteht ein<br />
enormer Anpassungsdruck. Gleichzeitig eröffnen sich aber<br />
auch Wachstumschancen, die es zu ergreifen gilt.<br />
Wie eine Volkswirtschaft auf so große Veränderungen<br />
reagiert, wie sie mit den damit verbundenen Chancen<br />
und Risiken umgeht, das hat sie selbst in der Hand. Im<br />
Wettbewerb der Länder um knappe und mobile Produktionsfaktoren<br />
wie Arbeitsplätze schaffendes Investitionskapital<br />
oder hochproduktive Fachkräfte setzen sich die<br />
Volkswirtschaften durch, die den strukturellen Wandel<br />
offensiv annehmen und seine Chancen in Wertschöpfung<br />
umsetzen. Die Volkswirtschaften, die sich vornehmlich<br />
mit den Risiken des Wandels beschäftigen und sich gegen<br />
ihn stemmen, werden zu Verlierern im globalen Standortwettbewerb.<br />
Wachstums- und Beschäftigungspotenziale<br />
bleiben dann ungenutzt. Damit wird die Bewältigung des<br />
strukturellen Wandels zum ökonomischen Imperativ.<br />
Gelingt die Anpassung an den Strukturwandel nicht, bildet<br />
sich ein Rückstau. Strukturell verfestigte Arbeitslosigkeit<br />
und unzureichendes Wirtschaftswachstum sind<br />
die Folgen. Unbewältigter Strukturwandel ist eine der<br />
Haupt ursachen der schlechten deutschen Wirtschaftsperformance.<br />
Das Problem im strukturellen Wandel ist nicht<br />
in erster Linie, dass in manchen Sektoren und/oder Regionen<br />
Wertschöpfungspotenziale und Arbeitsplätze wegfallen.<br />
Das Problem ist, dass nicht in ausreichendem Umfang<br />
neue Beschäftigungsmöglichkeiten hinzukommen. Auch<br />
eine steigende Insolvenzzahl von Unternehmen, wie sie<br />
sich jetzt im Zuge der Krise abzeichnet, ist für sich genommen<br />
noch kein Alarmzeichen. Erst die Verbindung mit<br />
einer unzureichenden Gründungsdynamik gibt Grund zur<br />
Sorge.<br />
Veränderungsbereitschaft wird zum Schlüssel der Zukunftssicherung.<br />
Veränderungsmanagement heißt der<br />
zentrale Handlungsansatz für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.<br />
Hierzu gehört auch zu verdeutlichen, warum<br />
Wandel und nicht Stillstand die attraktivere Zukunftsperspektive<br />
ist. Nur wenn den Menschen der Wandel als<br />
lohnend erscheint, werden sie die notwendige Veränderungsbereitschaft<br />
aufbringen. In der Vergangenheit haben<br />
der Strukturwandel und der mit ihm einhergehende<br />
Wachstumsprozess den Menschen in den hoch entwickelten<br />
Ländern eine rasante Steigerung ihres Lebensstandards<br />
gebracht. Nach Überwindung der aktuellen<br />
Wirtschafts- und Finanzkrise kann dies auch in Zukunft<br />
möglich sein. Der Strukturwandel war nie ein Nullsummenspiel<br />
und er wird auch in Zukunft kein Nullsummenspiel<br />
sein.<br />
Chancen für eine erfolgreiche Behauptung der industriegeprägten<br />
deutschen Volkswirtschaft im Globalisierungswettbewerb<br />
der Standorte sind reichlich vorhanden. Sie<br />
erschließen sich jedoch nicht von selbst. So wie die Unternehmen<br />
sich aktiv ihre Wettbewerbsvorteile erarbeiten,<br />
ja erkämpfen müssen, so muss auch die Wirtschaftspolitik<br />
entschlossen handeln und eine konsequente Wachstumspolitik<br />
mit einer klaren Wertschöpfungsorientierung<br />
betreiben. Der Weg aus der Krise auf einen nachhaltig<br />
höheren Wachstumspfad unserer Volkswirtschaft führt<br />
nur über eine offensive Bewältigung des weltwirtschaftlichen<br />
Strukturwandels. Die Industrie und die mit ihr verknüpften<br />
industrienahen Dienstleistungen spielen dabei<br />
eine Schlüsselrolle.
14 <strong>BDI</strong> – Bundesverband der Deutschen Industrie<br />
<strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> stärken<br />
Wachstumsoffensive<br />
Höheres Wachstum meint besseres und nachhaltigeres Wachstum<br />
Mehr Wachstum ist möglich. <strong>Deutschland</strong> kann dem Beispiel anderer<br />
Industrienationen folgen. Höheres, besseres und nachhaltigeres Wachstum<br />
heißt mehr Arbeitsplätze, bessere Ressourceneffizienz und nachhaltiges<br />
Wirtschaften – und verbessert die Lebensqualität der Menschen.<br />
Die von Dennis Meadows und anderen vor nunmehr über<br />
30 Jahren postulierten »Grenzen des Wachstums« wurden<br />
wohl von keinem Volk auf der Erde derart tief verinnerlicht<br />
wie von den Deutschen. Kernaussage dieses Klassikers<br />
der Wirtschaftsliteratur ist, dass exponentielles,<br />
d.h. sich mit gleich bleibenden Raten fortsetzendes Wirtschaftswachstum<br />
die Ausstattung des Lebensraums Erde<br />
mit natürlichen Ressourcen binnen kurzer Frist überfordern<br />
und den ökologischen Zustand dieses Lebensraums<br />
bis zur Unwirtlichkeit zerstören würde. Mit Hinweis auf<br />
die Begrenztheit aller natürlichen Wachstumsprozesse<br />
– sei es bezogen auf Organismen oder auf Ökosysteme –<br />
wurde der Schluss gezogen, auch ökonomische Systeme<br />
könnten nicht unbegrenzt wachsen. Noch immer finden<br />
sich im gesellschaftspolitischen Diskurs in <strong>Deutschland</strong><br />
Relikte und Fragmente einer tief verwurzelten Wachstumsskepsis.<br />
Nicht nur erwecken Teile der deutschen<br />
Gesellschaft den Eindruck, dass sie sich einen höheren<br />
Wachstumspfad nicht mehr zutrauen, auch scheinen Teilbereiche<br />
unserer Gesellschaft diesen Wachstumspfad<br />
nicht mehr wirklich anzustreben.<br />
Volkswirtschaften sind keine natürlichen Systeme. Sie<br />
sind von Menschen geschaffen und gestaltet. Zwar nutzen<br />
Volkswirtschaften die begrenzten Ressourcen der Natur<br />
und haben vielfältigste Rückwirkungen auf die Natur, sie<br />
unterliegen jedoch anderen Gesetzmäßigkeiten als die<br />
Natur selbst. Würde man Wachstum rein quantitativ begreifen<br />
in dem Sinne, dass der materielle Output und damit<br />
auch der materielle Input immer größer werden, so könnte<br />
man die erwähnte Wachstumsskepsis verstehen. Natürlich<br />
braucht das einzelne Individuum nicht immer mehr Kraftfahrzeuge,<br />
um sein Mobilitätsbedürfnis zu stillen, oder immer<br />
mehr Fernsehgeräte, um unterhalten zu werden. Der<br />
Grenznutzen zusätzlicher Gerätschaften tendiert ziemlich<br />
schnell gegen Null. Immer mehr von dem Gleichen markiert<br />
nicht den Inhalt dessen, was hier unter Wachstum<br />
verstanden werden soll. Besser und nachhaltiger wachsen,<br />
lautet die Devise.<br />
<strong>Deutschland</strong><br />
in diesem Sinne auf einen deutlich höheren Wachstumspfad zu<br />
hieven, heißt quantitatives und qualitatives Wachstum in höherer<br />
Dimension anzustreben. Ein solcher Wachstumspfad geht einher<br />
mit höherer Lebensqualität für die Menschen, besseren und<br />
sicheren Arbeitsplätzen für die Arbeitnehmer, einer gesteigerten<br />
Energie- und Ressourceneffizienz sowie einer symbiotischen<br />
Allianz zwischen Ökonomie und Technologie einerseits sowie<br />
Ökologie und Klimawandel andererseits. Angesichts der globalen<br />
Herausforderungen des Klimawandels, des Bevölkerungswachstums,<br />
der Unterentwicklung sowie der aktuell die Weltwirtschaft<br />
erschütternden Wirtschafts- und Finanzkrise muss eine Wachstumsoffensive<br />
darauf abzielen, dem Leitbild der Nachhaltigkeit<br />
auch global Geltung zu verschaffen und das faktische Handeln<br />
energisch daran zu orientieren.<br />
Wirtschaftswachstum ist im Kern überhaupt kein quantitatives<br />
Phänomen, obwohl es gängige Praxis ist, reales,<br />
d.h. preisbereinigt gemessenes Wachstum als quantitative<br />
Veränderung zu interpretieren. Im Grunde greift dies jedoch<br />
zu kurz. Beim Wachstum geht es um die Schaffung<br />
von Werten und Werte ergeben sich als Produkt von Mengen<br />
und Preisen. Bei der Preisbereinigung geht es lediglich<br />
darum, inflationäre Preissteigerungen, denen keine Wertsteigerung<br />
entspricht, herauszurechnen. Das, was übrig<br />
bleibt, das reale Wirtschaftswachstum, ist immer noch eine<br />
qualitative Größe. Es spiegelt den Wert wider, den die Wirtschaftssubjekte<br />
aufgrund ihrer individuellen Präferenzordnungen<br />
den erzeugten Gütern und Leistungen beimessen.<br />
Diese Präferenzordnungen manifestieren sich in einem<br />
System relativer Preise, mit dessen Hilfe die unterschiedlichen<br />
Bestandteile der volkswirtschaftlichen Leistung zu<br />
einer Größe – dem Bruttoinlandsprodukt (BIP) oder dem<br />
Bruttonationaleinkommen – aggregiert werden. Dahinter<br />
verbirgt sich viel mehr, als nur immer mehr von demselben.<br />
Dahinter stehen der Wandel der Wertvorstellungen und<br />
Wünsche der Menschen sowie der sich in Qualitätsverbesserungen<br />
manifestierende technische Fortschritt.
<strong>BDI</strong> – Bundesverband der Deutschen Industrie<br />
<strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> stärken<br />
15<br />
Neueste Technologien, wie Breitband, sind das Fundament internetbasierter Informationsdienstleistungen.<br />
Foto: <strong>BDI</strong>/fotolia (Thierry Burot)<br />
Gleichwohl soll hier keine totale Abkehr von der quantitativen<br />
Komponente des Wachstums vollzogen werden.<br />
Denn genauso wenig, wie es natürliche Grenzen des<br />
Wachstums von Volkswirtschaften gibt, existieren allgemein<br />
gültige Sättigungsgrenzen. Im Grundsatz sind die<br />
menschlichen Bedürfnisse unbegrenzt. Allen, die meinen,<br />
das erreichte Ausstattungsniveau sei ausreichend, fehlt<br />
entweder einfach die Phantasie sich vorzustellen, was die<br />
technologische Entwicklung an Neuerungen noch alles<br />
hervorbringen wird, oder sie lassen sich von einem missionarischen<br />
Eifer treiben, der die selbst gewählte Askese<br />
zum für alle maßgeblichen Leitsatz erhöht. Wer hätte sich<br />
vor deren Erfindung ausdenken können, welche Nachfrage<br />
Mobiltelefone, Spielkonsolen, Digitalkameras oder DVD-<br />
Geräte entfalten würden. Von den neuen internetbasierten<br />
Informationsdienstleistungen, die aus dem heutigen Leben<br />
gar nicht mehr weg zu denken sind, ganz zu schweigen. Ob<br />
all diese Neuerungen von Nutzen sind, ist keine politikrelevante<br />
Frage. Dies kann man getrost den Menschen und<br />
den Märkten überlassen.<br />
Arbeitsplätzen für die Arbeitnehmer, einer gesteigerten<br />
Energie- und Ressourceneffizienz sowie einer symbiotischen<br />
Allianz zwischen Ökonomie und Technologie<br />
einerseits sowie Ökologie und Klimawandel andererseits.<br />
Angesichts der globalen Herausforderungen des Klimawandels,<br />
des Bevölkerungswachstums, der Unterentwicklung<br />
sowie der aktuell die Weltwirtschaft erschütternden<br />
Wirtschafts- und Finanzkrise muss eine Wachstumsoffensive<br />
darauf abzielen, dem Leitbild der Nachhaltigkeit auch<br />
global Geltung zu verschaffen und das faktische Handeln<br />
energisch daran zu orientieren.<br />
<strong>Deutschland</strong> in diesem Sinne auf einen deutlich höheren<br />
Wachstumspfad zu hieven, heißt quantitatives und qualitatives<br />
Wachstum in höherer Dimension anzustreben.<br />
Ein solcher Wachstumspfad geht einher mit höherer Lebensqualität<br />
für die Menschen, besseren und sicheren
16 <strong>BDI</strong> – Bundesverband der Deutschen Industrie<br />
<strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> stärken<br />
Wachstumsoffensive<br />
Industrie und industrienahe Dienstleistungen als Wachstumskern<br />
Über Dekaden hinweg kannte der Industrieanteil an Wertschöpfung und<br />
Beschäftigung in <strong>Deutschland</strong> wie in allen anderen hochindustrialisierten<br />
Volkswirtschaften nur eine Richtung: nach unten.<br />
Die gemeinhin als Tertiarisierung bezeichnete Grundtendenz<br />
des strukturellen Wandels verlief in <strong>Deutschland</strong><br />
zwar schwächer als in vergleichbaren Ländern, war aber<br />
auch hierzulande Struktur prägend. Im Ergebnis hat sich<br />
die Industriegesellschaft <strong>Deutschland</strong> seit den siebziger<br />
Jahren des vorherigen Jahrhunderts deindustrialisiert,<br />
eine Entwicklung, die Mitte der neunziger Jahre mit einem<br />
Wertschöpfungsanteil der Industrie von nur noch 22 Prozent<br />
ihren vorläufigen Tiefpunkt erreichte. Seither hat sich<br />
die Abwärtstendenz jedoch nicht weiter fortgesetzt, vielmehr<br />
setzte zunächst eine Stabilisierung auf niedrigem<br />
Niveau ein. Am aktuellen Rand des zurückliegenden dreijährigen<br />
Konjunkturaufschwungs hat die Industrie in<br />
<strong>Deutschland</strong> sogar wieder Wertschöpfungsanteile hinzugewonnen<br />
und erstmals auch wieder Beschäftigung aufgebaut.<br />
einem Prozent an der Weltbevölkerung mehr als zehn Prozent<br />
des Welthandels bestreitet, der starken industriellen<br />
Basis des Landes geschuldet.<br />
Am aktuellen Rand des zurückliegenden<br />
dreijährigen Konjunkturaufschwungs<br />
hat die Industrie in<br />
<strong>Deutschland</strong> sogar wieder Wertschöpfungsanteile<br />
hinzugewonnen und<br />
erstmals auch wieder Beschäftigung<br />
aufgebaut. Der gesamte Bereich der unternehmensnahen<br />
Dienstleitungen dürfte<br />
auch in den nächsten Jahrzehnten zu<br />
den wichtigsten Wachstumsbereichen<br />
in <strong>Deutschland</strong> gehören.<br />
Im internationalen Vergleich markiert dies eine Sonderentwicklung<br />
der deutschen Volkswirtschaft. Dabei ist<br />
nicht nur die jüngste Konjunkturdynamik mit ihren bemerkenswerten<br />
Wachstumsraten, Beschäftigungszuwächsen<br />
und sprudelnden Steuereinnahmen, sondern auch die<br />
für 2008 zum sechsten Mal in Folge erreichte Exportweltmeisterschaft<br />
im Warenverkehr sowie das Faktum, dass<br />
die deutsche Volkswirtschaft mit einem Anteil von gut<br />
Industrie und industrienahe Dienstleistungen bilden gemeinsam das Rückgrat<br />
der deutschen Volkswirtschaft. Foto: <strong>BDI</strong>/fotolia (Denise Betak)<br />
Diese Betrachtung gewinnt noch an Schärfe, wenn man<br />
die so genannten industrienahen Dienstleistungen mit<br />
in den Blick nimmt. Der gesamte Bereich der unternehmensnahen<br />
Dienstleitungen dürfte auch in den nächsten<br />
Jahrzehnten zu den wichtigsten Wachstumsbereichen<br />
in <strong>Deutschland</strong> gehören. Offshoring- und Outsourcing-<br />
Prozesse begünstigen die Entstehung zusätzlicher innovativer<br />
Dienstleistungen. So erfordern die Organisation<br />
grenzüberschreitender Wertschöpfungsprozesse in der<br />
Industrie und deren zeitliche und sachliche Abstimmung<br />
mit komplexen Produktionsverfahren anspruchvolle Lösungen<br />
und Dienstleistungen. Darüber hinaus birgt die Internationalisierung<br />
erhebliche Potenziale in der Logistik.<br />
Auch der Begriff der Basar-Ökonomie kann, selbst wenn<br />
er die Situation am Standort <strong>Deutschland</strong> überspitzt darstellt,<br />
gleichermaßen für zusätzliche und zukunftsfähige
<strong>BDI</strong> – Bundesverband der Deutschen Industrie<br />
<strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> stärken<br />
Wachstumsoffensive<br />
17<br />
Formen der Wertschöpfung und Beschäftigung stehen.<br />
Bereits heute finden zwei Drittel aller wichtigen internationalen<br />
Industriemessen in <strong>Deutschland</strong> statt. Wer seine<br />
Produkte international absetzen will, muss sie in <strong>Deutschland</strong><br />
zeigen. Diese Spitzenposition gilt es auszubauen. Das<br />
<strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> als geografisches Herz der EU<br />
und als Mittler und Drehscheibe zwischen Ost und West<br />
hat hier enorme komparative Vorteile.<br />
Industrienahe Dienstleistungen bilden zusammen mit<br />
der industriellen Gütererzeugung den produktiven und<br />
innovativen Kern der Ökonomie. Industrielle Hardware<br />
und serviceorientierte Software wachsen zu komplexen<br />
Problemlösungsangeboten zusammen, die auf den Weltmärkten<br />
zunehmend nachgefragt werden. Gleichwohl<br />
bleibt die Industrie auch in diesem neuen Kernsektor,<br />
diesem Konglomerat aus Gütererzeugung und komplementären<br />
Dienstleistungen, prägend. Denn erst die breit<br />
aufgestellte und tief gestaffelte industrielle Wertschöpfungskette<br />
bietet die Kondensationskerne, an denen sich<br />
das Wachstum der industrienahen Dienstleistungen festmachen<br />
kann. Industrieprodukte können auch ohne begleitende<br />
Serviceleistungen – wenngleich schwerer – ihren<br />
Markt finden, industrienahe Dienste hingegen brauchen<br />
zwingend ein Industriegut als Anknüpfungspunkt. Insofern<br />
bleibt es gerechtfertigt, von <strong>Deutschland</strong> als einer Industriegesellschaft<br />
zu sprechen. Auch nach Überwindung<br />
der aktuellen Krise muss und wird <strong>Deutschland</strong> im Kern<br />
eine Industriegesellschaft bleiben.<br />
Auch nach<br />
Überwindung der aktuellen Krise muss und wird <strong>Deutschland</strong> im<br />
Kern eine Industriegesellschaft bleiben.<br />
vom Himmel, sondern müssen erarbeitet werden – von den<br />
Unternehmen wie von der Volkswirtschaft als Ganzes.<br />
Der Standort <strong>Deutschland</strong> muss für<br />
die Informations-, Wissens- und<br />
Dienstleistungsgesellschaft attraktiv<br />
gemacht werden, und für die Industriegesellschaft<br />
attraktiv bleiben.<br />
Im Kern geht es darum, soviel Wertschöpfung wie möglich<br />
am Standort <strong>Deutschland</strong> (wieder) rentabel zu machen.<br />
In welchen Sektoren diese Wertschöpfung erfolgt,<br />
ist zunächst einmal zweitrangig. Jede wirtschaftliche Aktivität,<br />
mit der sich am Markt Einkommen erzielen lässt,<br />
sollte willkommen sein. Das Spektrum wird von einfachen<br />
Dienstleistungen mit geringen Qualifikationsanforderungen<br />
bis hin zu integrierten Problemlösungskonzepten,<br />
kombiniert aus technologieintensiven Industriegütern<br />
und komplementären industrienahen Dienstleistungen<br />
reichen, ja reichen müssen. Standortpolitik, die in diesem<br />
Sinne erfolgreich sein will, darf keinen sektoralen Blickwinkel<br />
haben, sie muss wertschöpfungsorientiert sein.<br />
Standortpolitik darf auch keinem verengten Leitbild anhängen,<br />
wie es Begriffe wie Informations-, Wissens- oder<br />
Dienstleistungsgesellschaft suggerieren. Ein hochkomplexes<br />
und bevölkerungsreiches Land wie <strong>Deutschland</strong><br />
kann nicht wie kleinere Länder seine Wirtschaftsstruktur<br />
auf einige wenige Bereiche konzentrieren. Nischenstrategien<br />
sind für die drittgrößte Industrienation und die größte<br />
Exportnation der Welt nicht Erfolg versprechend. Der<br />
Standort <strong>Deutschland</strong> muss für die Informations-, Wissens-<br />
und Dienstleistungsgesellschaft attraktiv gemacht<br />
werden, und für die Industriegesellschaft attraktiv bleiben.<br />
Nimmt man die langfristigen Entwicklungsperspektiven<br />
der globalen Wirtschaft ins Visier, so spricht viel für<br />
die These, dass gerade <strong>Deutschland</strong> nach Überwindung<br />
der aktuellen Wirtschafts- und Finanzkrise aufgrund seiner<br />
differenzierten und leistungsfähigen Struktur aus<br />
Industrie und industrienahen Dienstleistungen und seiner<br />
darauf aufbauenden Problemlösungskompetenz<br />
enorme Chancen im sich beschleunigenden Globalisierungswettbewerb<br />
hat. Viele der Trends, die die weitere<br />
weltwirtschaftliche Entwicklung antreiben, bieten ausgezeichnete<br />
Anknüpfungspunkte und Perspektiven gerade<br />
für die deutsche Industrie. Zuversicht ist angebracht, dass<br />
<strong>Deutschland</strong> auch zukünftig zu den Globalisierungsgewinnern<br />
zählen kann. Diese Gewinne fallen jedoch nicht
18 <strong>BDI</strong> – Bundesverband der Deutschen Industrie<br />
<strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> stärken<br />
Wachstumsoffensive<br />
Wirtschaft und Politik als Wachstumspartner<br />
Der zurückliegende konjunkturelle Höhenflug mit drei Jahren ansehnlichen<br />
Wirtschaftswachstums – zwei davon deutlich über dem Potenzialwachstum<br />
– sind auf der einen Seite Grund zur Freude, auf der anderen<br />
Seite markieren sie aber auch das Kernproblem der deutschen Volkswirtschaft:<br />
Der Wachstumspfad verläuft auf zu niedrigem Niveau.<br />
Hier ist das <strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> in den vergangenen<br />
guten Jahren nicht weit genug voran gekommen, der dynamische<br />
Aufschwung wurde nicht hinreichend zur Stärkung<br />
der Wachstumsbasis der Volkswirtschaft genutzt.<br />
Wenn Bundesbank und Sachverständigenrat schätzen,<br />
dass sich im Zuge des jüngsten Aufschwungs das Wachstumspotenzial<br />
in <strong>Deutschland</strong> lediglich von 1,2 Prozent<br />
auf etwa 1,4 bis 1,6 Prozent erhöht hat, dann ist dies deutlich<br />
zu wenig. Jetzt, wo sich nicht nur der Konjunkturabschwung<br />
überdeutlich abzeichnet, sondern von den<br />
realwirtschaftlichen Auswirkungen der globalen Finanzkrise<br />
überlagert und verstärkt wird, steht das Land an<br />
einem Scheideweg: Kehrt <strong>Deutschland</strong> zu alter Wachstumsschwäche<br />
zurück oder gelingt es, an den erfolgreichen<br />
Reformprozess der Agenda 2010 anzuknüpfen und die<br />
politischen Weichen für einen signifikant höheren Wachstumspfad<br />
zu stellen? Anders formuliert: Fällt der Standort<br />
auf seine langjährige Statik zurück, oder gelingt es, ihn zu<br />
einem dynamischen Bewegungsraum fortzuentwickeln?<br />
Ein höherer Wachstumspfad ist dabei nicht allein abhängig<br />
von politischen Weichenstellungen. Letztlich wird das<br />
Wachstum in den Unternehmen auf den Märkten unter<br />
Einsatz der Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital generiert.<br />
Die deutschen Unternehmen können sich nach Überwindung<br />
der Krise den globalen Strukturwandel zu nutze<br />
Die Politik muss wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen für einen höheren<br />
Wachstumspfad schaffen. Foto: <strong>BDI</strong>/fotolia (Bernd Kröger)
<strong>BDI</strong> – Bundesverband der Deutschen Industrie<br />
<strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> stärken<br />
Wachstumsoffensive<br />
19<br />
Wirtschaftspolitisch<br />
kommt es darauf an, den global agierenden Unternehmen am<br />
heimischen Standort so attraktive Rahmenbedingungen zu bieten,<br />
dass sie wesentliche Teile ihrer Wertschöpfungsprozesse hierzulande<br />
realisieren. So würden nicht nur die deutschen Unternehmen,<br />
sondern auch die deutsche Volkswirtschaft und ihre Menschen<br />
von den Megatrends der globalen Entwicklung profitieren.<br />
machen und sich entsprechend aufstellen. Wirtschaftspolitisch<br />
kommt es darauf an, den global agierenden<br />
Unternehmen am heimischen Standort so attraktive Rahmenbedingungen<br />
zu bieten, dass sie wesentliche Teile ihrer<br />
Wertschöpfungsprozesse hierzulande realisieren. So würden<br />
nicht nur die deutschen Unternehmen, sondern auch<br />
die deutsche Volkswirtschaft und ihre Menschen von den<br />
Megatrends der globalen Entwicklung profitieren. Chancen<br />
für eine erfolgreiche Behauptung der deutschen Volkswirtschaft<br />
im Globalisierungswettbewerb der Standorte<br />
sind reichlich vorhanden. Sie erschließen sich jedoch nicht<br />
von selbst. So wie die Unternehmen sich aktiv ihre Wettbewerbsvorteile<br />
erarbeiten, ja erkämpfen müssen, so muss<br />
auch die Wirtschaftspolitik entschlossen handeln und eine<br />
konsequente Wachstumspolitik mit einer klaren Wertschöpfungsorientierung<br />
betreiben.<br />
Wirtschaftspolitische Rahmensetzungen und unternehmerische<br />
Strategien bilden demnach die beiden tragenden<br />
Säulen einer nachhaltigen Wachstumsoffensive. Erst ihr<br />
effizientes Zusammenspiel setzt die notwendigen Wachstumskräfte<br />
frei. Wirtschaft und Politik sind in diesem<br />
Sinne Wachstumspartner. Um dieser Partnerschaft eine<br />
Struktur zu geben, wäre ein kontinuierlicher industriepolitischer<br />
Dialog zwischen Wirtschaft und Politik zielführend.<br />
Ein solcher industriepolitischer Schulterschluss<br />
könnte auch die Bedeutung der Industrie und das Verständnis<br />
für industrielle Prozesse im Bewusstsein der<br />
deutschen Bevölkerung wieder stärker verankern. Im Folgenden<br />
werden zehn Wachstumsfelder beschrieben, in denen<br />
die Wirtschaftspolitik durch entschlossenes Handeln<br />
Wachstumsimpulse auslösen kann. Im Zusammenwirken<br />
dieser wirtschaftspolitisch notwendigen Weichenstellungen<br />
mit in die Zukunft gerichteten unternehmerischen<br />
Strategien kann ein Wachstumspfad von deutlich über<br />
zwei Prozent für die deutsche Volkswirtschaft zur Wirklichkeit<br />
werden.
Echte Werte. Die deutsche Industrie<br />
Eine Karte – zehn Punkte<br />
für den Weg aus der Krise.<br />
Die Karte finden Sie hier im Heft und<br />
unter www.bdi.eu/echtewerte/
22 <strong>BDI</strong> – Bundesverband der Deutschen Industrie<br />
<strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> stärken<br />
Politische Rahmenbedingungen<br />
Politische Rahmenbedingungen<br />
Soziale Marktwirtschaft und Leitbild der Nachhaltigkeit stärken<br />
Die Wirtschaftsordnung bildet mit ihrem Bündel aus wirtschaftsrelevanter<br />
Gesetzgebung und informellen Regeln die Geschäftsgrundlage für<br />
das Wirtschaftsleben in unserer Volkswirtschaft.<br />
Eine verlässliche Wirtschaftsordnung fördert die Investitionstätigkeit,<br />
schafft langfristiges Konsumentenvertrauen<br />
in die Zukunft und sichert so Wachstum und Beschäftigung<br />
auf hohem Niveau. Die Wirtschaftsordnung für das<br />
<strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> ist die soziale Marktwirtschaft.<br />
Sie war in den frühen Jahren der Bundesrepublik Garant<br />
für Wachstum, Beschäftigung und Wohlstand. Heute wird<br />
dieses Konzept mehr denn je in Frage gestellt: Im Juni<br />
2008 hatten 38 Prozent der Deutschen keine gute Meinung<br />
von der sozialen Marktwirtschaft. Die Akzeptanz sinkt.<br />
Offenbar fühlt sich die Mehrheit der Bevölkerung von den<br />
Prozessen und Ergebnissen unserer Wirtschaftsordnung<br />
benachteiligt. Auch die Tatsache, dass die Menschen ihren<br />
Wohlstand zu einem erheblichen Teil der industriellen<br />
Basis unseres Landes verdanken, ist nicht mehr sehr<br />
tief verwurzelt. Damit bröckelt die Geschäftsgrundlage<br />
des Wirtschaftens am Standort <strong>Deutschland</strong>. Die aktuelle<br />
Krise spitzt diesen Befund nochmals zu.<br />
Hinzu kommt, dass das Bild des Unternehmers in<br />
<strong>Deutschland</strong> gelitten hat. Zwar liefern Berichte von Managerprämien<br />
und Massenentlassungen lediglich anekdotische<br />
Evidenz, gleichwohl zeichnet die öffentliche<br />
Meinung ein pauschales Bild von Unternehmenslenkern,<br />
das geprägt ist von Kurzfristorientierung und Profitsucht.<br />
Dass Manager, und in besonderem Maße Familienunternehmer,<br />
eine hohe Verantwortung für ihre Mitarbeiter, für<br />
den Standort und die Region tragen, gerät dabei zu oft in<br />
den Hintergrund. Die Unternehmenslenker in <strong>Deutschland</strong><br />
müssen das Problem selbst in die Hand nehmen: Mit<br />
dem Corporate-Governance-Kodex haben sie sich selbst<br />
Regeln auferlegt – ein erster Schritt zu mehr Transparenz<br />
und mehr Vertrauen in die deutschen Unternehmen.<br />
Überzogene staatliche Eingriffe in die unternehmerische<br />
Handlungsfreiheit, wie etwa die Versuche, die Managervergütung<br />
staatlicherseits zu regeln, weisen dagegen den<br />
falschen Weg.<br />
Der globale Strukturwandel hat den Wohlstand auf der<br />
ganzen Welt gesteigert. Dies ist immer wieder ins Bewusstsein<br />
zu rufen. Die globale Finanzmarktkrise allerdings<br />
hat die Marktwirtschaft schwer geschädigt. Nicht<br />
nur in <strong>Deutschland</strong>, nahezu rund um den Globus nimmt<br />
die Tendenz zu, wieder stärker auf den Staat zu bauen.<br />
Corporate Governance<br />
Corporate Governance bezeichnet den Ordnungsrahmen<br />
für die Leitung und Überwachung eines Unternehmens unter<br />
Berücksichtigung der unterschiedlichen Interessen von<br />
Eignern und Unternehmensleitung. Während die interne<br />
Corporate Governance auf das Beziehungsgeflecht und<br />
Zusammenwirken von Vorstand und Aufsichtsrat gerichtet<br />
ist, versteht man unter externer Corporate Governance die<br />
rechtlichen und faktischen Verknüpfungen des Unternehmens<br />
mit seinem Umfeld. Aufgrund ihrer wirtschaftlichen<br />
Bedeutung konzentrieren sich gesetzliche Entwicklungen<br />
häufig auf Unternehmen mit Börsenbezug. Seit Anfang<br />
dieses Jahrhunderts etablierte sich parallel zu gesetzlichen<br />
Reaktionen auf Unternehmenszusammenbrüche der Deutsche<br />
Corporate Governance Kodex. Er enthält Verhaltensempfehlungen<br />
für eine gute Unternehmensführung und<br />
-kontrolle, zu deren Einhaltung sich börsennotierte Unternehmen<br />
jährlich erklären. Der Kodex unterliegt einer regelmäßigen<br />
Weiterentwicklung und wird in hohem Maße von<br />
den Unternehmen anerkannt.<br />
Dies gilt nicht nur für die globalen Finanzmärkte, auch in<br />
der Realwirtschaft wird der Ruf nach dem Staat lauter. So<br />
sehr das rasche und umfassende Handeln des Staates zur<br />
Bewältigung der globalen Krise notwendig war, so wenig<br />
dürfen aber die Vorzüge des Ordnungsrahmens der<br />
sozialen Marktwirtschaft als maßgebliches Leitbild unserer<br />
Wirtschaftsordnung aus dem Blick geraten. Staatseingriffe,<br />
auch unter dem Rubrum der Industriepolitik,<br />
unterliegen in einer Marktwirtschaft stets einem strikten<br />
Begründungszwang. Falls in Interventionen für unverzichtbar<br />
gehalten werden, muss eine Einzelfallbetrachtung<br />
mit nachvollziehbaren Prüfkriterien erfolgen, die auch die<br />
direkten und indirekten Kosten der Maßnahmen berücksichtigt.<br />
Eine globale Interventions- und Subventionsspirale<br />
wäre gerade in der gegenwärtigen Krise das letzte, was<br />
die Weltwirtschaft gebrauchen kann. Dort wo der Staat<br />
sich zur Krisenbewältigung vorübergehend engagieren<br />
muss, sind präzise Ausstiegsszenarien vonnöten.<br />
Das Verhältnis von Staat und Markt darf nicht aus dem<br />
Ruder laufen. Im Leitbild der Sozialen Markt wirtschaft<br />
kommt dem Staat die Aufgabe zu, sich um die Gestaltung<br />
von Rahmenbedingun gen zu kümmern und sich nicht<br />
als Unternehmer zu betätigen. Grundlagen erfolgreichen
<strong>BDI</strong> – Bundesverband der Deutschen Industrie<br />
<strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> stärken<br />
Politische Rahmenbedingungen<br />
23<br />
Wirtschaftens, wie die Rolle des Privateigentums, die Bedeutung<br />
der Vertragsfreiheit sowie die Einheit von Handeln<br />
und Haftung, müssen in den Fokus gerückt werden.<br />
Das Prinzip der Wettbewerbsfreiheit muss als zentrales<br />
auch moralisch wertvolles Element der Marktwirtschaft<br />
gestärkt werden. Die ethischen Grundlagen, Normen<br />
und Werte müssen erneuert werden, um Entgleisungen<br />
des Systems zu vermeiden und die Akzeptanz der Wirtschaftsordnung<br />
zu fördern. Hierzu gehört auch und in<br />
wachsendem Maße das Leitbild der Nachhaltigkeit.<br />
Handlungsempfehlungen:<br />
• Die Funktion und den Nutzen von Markt und Wettbewerb als zentrale Elemente der sozialen Marktwirt schaft verständlich<br />
machen, angefangen in der Bildungspolitik.<br />
• Die Bedeutung von Ethik und Moral der Marktteilnehmer herausstellen: Ehrlichkeit unter Vertragspartnern, Einsicht in das<br />
Funktionieren des Gesamtsystems, Abstinenz von System gefährdender »Grenzmoral«.<br />
• Erfolgsbeispiele von Corporate Social Responsibility und Selbstverpflichtungen der In dustrie ausbauen und in den Blickpunkt<br />
des öffentlichen Interesses rücken.<br />
• Die zahlreichen existierenden Initiativen zur Stärkung der Sozialen Marktwirtschaft bündeln und so ihre Schlagkraft erhöhen.<br />
• Den ökonomischen und gesellschaftlichen Wert eines leistungsfähigen Mittelstands, verantwortungsbewusster Familienunternehmer<br />
und nachhaltig wirtschaftender Manager herausstellen.<br />
• Grenzen staatlicher Eingriffe und zentraler Steuerung deutlich machen: Intervention in Märkte darf nicht zum Alltagsgeschäft<br />
der Wirtschaftspolitik werden, Einschränkungen der Informationsfreiheit und Werbeverbote vermeiden.<br />
• Eine praktikable Charta nachhaltigen Wirtschaftens entwickeln und global umsetzen.
24 <strong>BDI</strong> – Bundesverband der Deutschen Industrie<br />
<strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> stärken<br />
Politische Rahmenbedingungen<br />
Europa konsequent auf Wettbewerbsfähigkeit ausrichten<br />
Wachstum und Beschäftigung in <strong>Deutschland</strong> sind in hohem Maße von<br />
unserem europäischen Umfeld abhängig. Die deutsche Wirtschaft ist mit<br />
dem EU-Binnenmarkt auf das Engste verflochten.<br />
58,7 Prozent seiner Importe sowie 63,8 Prozent seiner<br />
Exporte wickelte <strong>Deutschland</strong> im Jahr 2008 mit seinen<br />
EU-Partnerländern ab. In der EU sind mit etwa 443,2 Milliarden<br />
Euro rund 55 Prozent aller deutschen Auslandsinvestitionen<br />
investiert. Bis zu 80 Prozent der für die<br />
deutsche Industrie relevanten gesetzlichen Regelungen<br />
beruhen auf Impulsen aus Brüssel. Gleichzeitig besitzt die<br />
deutsche Industrie eine enorme Bedeutung für Europa mit<br />
einem Anteil von 26,8 Prozent der Bruttowertschöpfung<br />
der gesamten EU. Es ist daher von höchstem Interesse für<br />
<strong>Deutschland</strong> sowie für ganz Europa, dass die Europäische<br />
Union ihre Legislativvorschläge und sonstigen Initiativen<br />
konsequent auf eine Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit<br />
der Industrie ausrichtet und so Wachstum und Beschäftigung<br />
nachhaltig fördert.<br />
Eine auf einen höheren Wachstumspfad zielende Industriepolitik<br />
darf nicht darin bestehen, dass der Staat selbst<br />
unternehmerisch aktiv wird oder wettbewerbsschwache<br />
Branchen subventioniert. Um Wachstum und Beschäftigung<br />
dauerhaft und nachhaltig zu fördern, müssen auf der<br />
europäischen Ebene vielmehr gute Rahmenbedingungen<br />
für eine leistungsfähige, innovative und international<br />
erfolgreiche Industrie geschaffen werden. Dazu müssen<br />
alle für die Industrie relevanten EU-Politikbereiche<br />
noch besser vernetzt und integriert werden, damit eine<br />
EU- Industriepolitik aus einem Guss entsteht. Zu oft sind<br />
immer noch widersprüchliche Initiativen aus den unterschiedlichen<br />
Generaldirektionen der Europäischen Kommission<br />
zu beobachten.<br />
Die Kommission hat unter enger Beteiligung der Industrie<br />
vielversprechende branchenspezifische Initiativen entwi-<br />
Die europäische Union muss eine leistungsfähige, innovative<br />
und international erfolgreiche Industrie fördern.
<strong>BDI</strong> – Bundesverband der Deutschen Industrie<br />
<strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> stärken<br />
Politische Rahmenbedingungen<br />
25<br />
<strong>Deutschland</strong> prägt industrielle Wertschöpfung in Europa<br />
Quelle: Eurostat<br />
Anteil an industrieller Bruttowertschöpfung der EU in % (2006)<br />
12,7<br />
7,7<br />
12,8<br />
27,3<br />
12,6<br />
26,8 %<br />
<strong>Deutschland</strong><br />
Frankreich<br />
Italien<br />
Spanien<br />
Großbritannien<br />
Rest EU<br />
ckelt wie zum Beispiel Electra (Elektrotechnik- und Elektronikindustrie),<br />
EnginEurope (Maschinenbau), Cars 21<br />
(Automobilindustrie) oder die Hochrangige Gruppe für die<br />
Wettbewerbsfähigkeit der chemischen Industrie. Diese Initiativen<br />
haben wertvolle Empfehlungen für eine wachstums-<br />
und beschäftigungsfreundliche Politik erarbeitet. Leider<br />
wurden die Ergebnisse der branchenspezifischen Initiativen<br />
– ebenso wie jene der Hochrangigen Gruppe für Wettbewerbsfähigkeit,<br />
Energie und Umwelt – bisher nur eingeschränkt<br />
in konkreten Gesetzgebungsverfahren umgesetzt.<br />
Trotz des Bekenntnisses zur Steigerung der europäischen<br />
Wettbewerbsfähigkeit im Rahmen der Lissabon-Strategie<br />
für mehr Wachstum und Beschäftigung in Europa hat die<br />
Barroso-Kommission in ihrer Amtszeit zahlreiche legislative<br />
Initiativen entwickelt, die dazu im Widerspruch stehen.<br />
Die Novellierung der EU-Emissionshandelsrichtlinie,<br />
die Verordnung über CO 2<br />
und Autos, die Novellierung der<br />
EU-Altgeräteverordnung, die jüngste Antidiskriminierungsrichtlinie<br />
sowie die Initiativen der Kommission zur<br />
Einführung von Sammelklagen sind nur einige Beispiele<br />
für Aktivitäten mit unnötigen bzw. unverhältnismäßigen<br />
Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie<br />
und somit negativen Auswirkungen auf Wachstum und<br />
Beschäftigung.<br />
Handlungsempfehlungen:<br />
• Klares politisches Bekenntnis und stärkere Anstrengung in EU-Kommission und Europäischem Parlament zugunsten einer<br />
integrierten und wettbewerbsorientierten EU-Industriepolitik.<br />
• Lissabon-Strategie, die Initiative zur »Besseren Rechtsetzung« sowie Ergebnisse von Brancheninitiativen müssen stärkere<br />
Berücksichtigung bei konkreten Legislativvorschlägen der Kommission finden.<br />
• EU-Regulierung, insbesondere in den Bereichen Umwelt-, Klima- und Verbraucherschutz sowie Soziales, darf keine neuen<br />
unnötigen oder unverhältnismäßigen Belastungen der Wirtschaft schaffen.<br />
• Rigoroses und unabhängiges System der Gesetzesfolgenabschätzung schaffen.<br />
• Schutz geistigen Eigentums stärken: Europäisches Gemeinschaftspatent schaffen.<br />
• EU und <strong>Deutschland</strong> müssen am Barcelona-Ziel von drei Prozent des BIP für Forschung und Entwicklung festhalten.<br />
• Harmonisierung des Verbraucherrechts auf wirtschaftsverträglichem Niveau, keine Einführung von Sammelklagen auf europäischer<br />
Ebene.<br />
• IVU-Richtlinie: EU-weit einheitliche Mindestanforderungen für Emissionen von Industrieanlagen.<br />
• Rohstoffversorgungssicherheit: Einsatz der Handels- und Entwicklungspolitik, um den Staaten der EU den globalen Zugang<br />
zu Rohstoffen zu gewährleisten, Stimulierung der europäischen Rohstoffgewinnung aus heimischen Lagerstätten, Vereinbarkeit<br />
von Rohstoffgewinnung und Natura-2000-Gebieten ermöglichen.<br />
• Energiepolitik: Energieeffizienz nach ökonomischen Kriterien fördern.<br />
• Liberalisierung der Infrastrukturmärkte, der Dienstleistungen und der Arbeitsmärkte sind entscheidende Treiber, um das<br />
volle Wachstumspotenzial des Binnenmarktes zu nutzen.<br />
• EU-Haushalt stärker auf Wettbewerbsfähigkeit ausrichten, eine EU-Steuer ist weder erforderlich noch sachgerecht.<br />
• Vertrag von Lissabon möglichst rasch ratifizieren, denn er erhöht die Handlungsfähigkeit der EU-Institutionen und stärkt das<br />
Subsidiaritätsprinzip.
26 <strong>BDI</strong> – Bundesverband der Deutschen Industrie<br />
<strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> stärken<br />
Politische Rahmenbedingungen<br />
Innovationsfähigkeit stärken, Bildung verbessern<br />
Nur mit innovativen Produkten und Dienstleistungen werden unsere Unternehmen<br />
auf den Weltmärkten Marktchancen ausschöpfen können, nur<br />
mit modernen, ressourceneffizienten Produktionsverfahren werden die<br />
Betriebe im internationalen Kostenwettbewerb bestehen können.<br />
Rentable, wettbewerbsfähige Arbeitsplätze werden vor<br />
allem in innovativen Bereichen angesiedelt sein, bei denen<br />
die hohen Produktionskosten durch hohe Produktivität,<br />
Qualität und Innovationsgehalt gedeckt sind. Auf einen<br />
nachhaltig höheren Wachstumspfad kommt <strong>Deutschland</strong><br />
nur mit Erfolgen im Innovationswettbewerb. Zum Beispiel<br />
in der Gesundheitswirtschaft, die bereits mehr als vier Millionen<br />
Menschen beschäftigt. Mit einem Anteil von über<br />
zwölf Prozent am Bruttoinlandsprodukt ist der Gesundheitssektor<br />
einer der wichtigsten und wachstumsstärksten<br />
Sektoren der Volkswirtschaft – und wächst weiter.<br />
<strong>Deutschland</strong> muss im internationalen Innovationswettbewerb<br />
zulegen. Es müssen mehr Mittel für Forschung und<br />
Innovation eingesetzt werden und aus den eingesetzten<br />
Mitteln muss mehr an Forschung und Innovation generiert<br />
werden. Neben dem Einsatz von mehr Ressourcen kommt<br />
es vor allem auch darauf an, mehr aus den Ressourcen herauszuholen.<br />
Die Produktivität des Forschungs- und Innovationssystems<br />
muss erhöht werden. Gerade bei dem für<br />
die Innovationskraft wichtigen Anteil des Staates an der<br />
Finanzierung von FuE in den Unternehmen befindet sich<br />
<strong>Deutschland</strong> jedoch in einer vergleichsweise schlechten<br />
Position. Während dieser Anteil in <strong>Deutschland</strong> 5,8 Prozent<br />
beträgt, liegt er in vielen Konkurrenznationen über<br />
Steuerliche Forschungsförderung erhöht die Innovationsfähigkeit der Unternehmen.<br />
Foto: <strong>BDI</strong>/fotolia (pmphoto)<br />
MINT-Berufe<br />
Mitte letzten Jahres fehlten in allen MINT-Berufen mehr als<br />
140.000 Fachkräfte. Der daraus resultierende Wertschöpfungsverlust<br />
für die deutsche Wirtschaft betrug mehr als 28<br />
Milliarden Euro. Zurzeit sind allein 44.000 Ingenieurstellen<br />
in <strong>Deutschland</strong> unbesetzt. Die angespannte wirtschaftliche<br />
Lage ändert nichts an der Tatsache, dass den deutschen<br />
Unternehmen Fachkräfte in naturwissenschaftlichen und<br />
technischen Berufen fehlen. Im Gegenteil, der Mangel ist<br />
struktureller Natur und gerade jetzt ein Handicap, weil dieses<br />
Know-how fehlt, um aus der Krise gestärkt herauszukommen.<br />
Wir müssen antizyklisch handeln und jetzt die Fachkräftebasis<br />
für den nächsten Aufschwung legen. Darum steht die<br />
deutsche Wirtschaft uneingeschränkt zu ihrem Engagement<br />
für den Nachwuchs in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften<br />
und Technik (MINT) und wirbt bei jungen Menschen<br />
verstärkt für eine Ausbildung oder ein Studium im MINT-Bereich.<br />
Es sind Fächer mit Zukunft und voller Perspektiven.<br />
oder nahe 15 Prozent (Kanada 21,7 Prozent; Österreich<br />
17,4 Prozent). Diese Lücke muss geschlossen werden.<br />
Die meisten OECD-Länder setzen eine steuerliche Forschungsförderung<br />
zur Steigerung ihrer Wettbewerbsfähigkeit<br />
ein. Einige Länder können hier bereits auf eine lange Erfahrung<br />
zurückblicken. Eine steuerliche FuE-Förderung muss<br />
vermehrte FuE-Aktivitäten der Unternehmen zur Folge haben.<br />
Dazu muss sie eine spürbare Minderung der FuE-Kosten<br />
bewirken, damit dieses Geld dort reinvestiert werden kann.<br />
Die steuerliche Forschungsförderung sollte als Ergänzung der<br />
Projektförderung auch in <strong>Deutschland</strong> eingeführt werden.<br />
Dies ist für alle Unternehmen schon aus standortpolitischen<br />
Gründen erforderlich. Dem Mittelstand käme darüber hinaus<br />
die einfache Handhabbarkeit entgegen. Darüber hinaus<br />
ist eine nachprüfbar wertschöpfungsorientierte Ausrichtung<br />
von wirtschaftsrelevanten Forschungsförderprogrammen<br />
notwendig, die es erlauben, auf besonders zukunftsträchtigen<br />
Sektoren die nötige Schubkraft für innovative Technologien<br />
im Wettbewerb der Nationen zu entwickeln.<br />
Bildung und die Generierung verwertbaren Wissens sind<br />
Schlüsselelemente einer wachstumsorientierten Wirt-
<strong>BDI</strong> – Bundesverband der Deutschen Industrie<br />
<strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> stärken<br />
Politische Rahmenbedingungen<br />
27<br />
Innovationsfähigkeit der führenden Industrienationen<br />
Gesamtergebnis (Punktwert) für 2007<br />
Schweden<br />
7,00<br />
USA<br />
6,92<br />
Schweiz<br />
6,81<br />
Finnland<br />
6,65<br />
Dänemark<br />
6,00<br />
Japan<br />
5,64<br />
UK<br />
5,38<br />
<strong>Deutschland</strong><br />
5,18<br />
Niederlande<br />
5,00<br />
Kanada<br />
4,90<br />
Frankreich<br />
4,56<br />
Irland<br />
4,36<br />
Belgien<br />
4,35<br />
Österreich<br />
4,14<br />
Südkorea<br />
3,87<br />
Spanien<br />
1,38<br />
Italien<br />
1,00<br />
Quelle: DIW<br />
schaftspolitik. Wissen steigert die Produktivität des Faktors<br />
Arbeit und ist damit eine wesentliche Grundlage für<br />
die Wertschöpfung in modernen Wissensgesellschaften. Je<br />
Anteile wichtiger Zielr<br />
wertvoller das ökonomisch verwertbare Wissen ist, desto<br />
Anteile wichtiger Zielr<br />
höher können Löhne und Gehälter sein, ohne dass es zu<br />
Arbeitslosigkeit kommt. Wohlstand und Beschäftigung<br />
hängen in hohem Maße davon ab, wie effizient die Entstehung,<br />
Verbreitung und Anwendung von Wissen in der Gesellschaft<br />
organisiert ist.<br />
Von einer wettbewerbsfähigen Wissensgesellschaft ist<br />
<strong>Deutschland</strong> allerdings noch sehr weit entfernt. Das allgemeine<br />
Bildungsniveau in <strong>Deutschland</strong> hält mit konkurrierenden<br />
Ländern nicht Schritt. Ingenieurs- und<br />
Fachkräftemangel bei gleichzeitig steigender Arbeitslosigkeit<br />
dokumentiert die geringe Neigung der Schüler und<br />
Studenten, sich den technologisch wichtigen Disziplinen<br />
der Natur- und Ingenieurwissenschaften zuzuwenden.<br />
Hohe Studienabbrecherquoten und für eine duale Berufsausbildung<br />
unzureichende Bildungsergebnisse der Hauptschulen<br />
beschreiben gravierende Ineffizienzen.<br />
Handlungsempfehlungen:<br />
• Steuerliche Forschungsförderung einführen – durch Steuergutschrift in Höhe von 10 Prozent des FuE-Aufwandes der Unternehmen<br />
die Förderlücke schließen.<br />
• Wertschöpfungspotenziale in Wachstumssektoren durch gezielte Projektförderung ausschöpfen.<br />
• Rahmenbedingungen in Wachstumssektoren innovationsfreundlich gestalten.<br />
• In der Gesundheitswirtschaft Informationsfreiheit gewähren und Zuzahlungen generell ermöglichen.<br />
• Marktpreisbildung unterstreichen.<br />
• Abkoppelung Gesundheitskosten von den Arbeitskosten vorantreiben.<br />
• Grüne Biotechnologie zur Sicherung und Verbesserung der Ernährung einsetzen.<br />
• Das Wissensdreieck von Bildung, Forschung und Innovation durch die Beseitigung von Barrieren voll funktionsfähig machen.<br />
• Autonomie und Wettbewerb im gesamten Wissenssektor fördern, die Reaktionsfähigkeit auf technologische und wissenschaftliche<br />
Entwicklungen erhöhen.<br />
• Grundlagenforschung mit Anwendungsorientierung verknüpfen (Ausbau der industriellen Gemeinschaftsforschung, Zielsetzung<br />
der Forschungsprämie etc.).<br />
• Mobilität der Forscher durch Mitnahme von Sozialversicherungsansprüchen erhöhen.<br />
• Durch Bildungsgutscheine und Studienbeiträge die Hochschulfinanzierung wettbewerblich ausrichten, die Studenten zu aktivem<br />
Einfordern guter Ausbildung befähigen.<br />
• Durch differenzierte Lehrerbesoldung die Attraktivität der MINT-Fächer für Lehrer erhöhen.<br />
• Den »Spirit of Innovation and Competition« nicht nur lehren, sondern leben.<br />
• Hochqualifizierten aus der ganzen Welt und ihren Familien die deutschen Arbeitsmärkte öffnen.
28 <strong>BDI</strong> – Bundesverband der Deutschen Industrie<br />
<strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> stärken<br />
Politische Rahmenbedingungen<br />
Finanzmärkte stabilisieren, Unternehmensfinanzierung sichern<br />
Funktionierende Kapitalmärkte sind eine zentrale Voraussetzung für<br />
realwirtschaftliche Wertschöpfungsprozesse und damit für Wachstum<br />
und Beschäftigung. Ist die Funktionsfähigkeit dieser Märkte eingeschränkt,<br />
kann es zu Engpässen in der Wachstumsfinanzierung und<br />
damit zu Wachstumsverlusten kommen.<br />
Eine reibungslose und kostengünstige Finanzierung ist<br />
damit eine unverzichtbare Voraussetzung für ein erfolgreiches<br />
Agieren der Unternehmen auf den Weltmärkten.<br />
Die globale Finanzmarktkrise und ihre realwirtschaftlichen<br />
Auswirkungen haben die Bedeutung der Finanzinfrastruktur<br />
auf den Punkt gebracht: die Ausstattung mit<br />
Finanzmitteln ist zum limitierenden Faktor für die Expansion<br />
und die Innovationsfähigkeit der Unternehmen und<br />
damit zu einem zentralen Wettbewerbsfaktor geworden.<br />
Schon vor Ausbruch der aktuellen Finanzmarktkrise<br />
war seit einigen Jahren ein regelrechter Umbruch in der<br />
Unternehmensfinanzierung festzustellen. Vor allem die<br />
Dominanz der in <strong>Deutschland</strong> vorherrschenden bankbasierten<br />
Finanzierungsstrukturen hat gravierende Veränderungen<br />
erfahren. Die Rolle der Kreditwirtschaft im<br />
Finanzierungsprozess hat sich gewandelt, vielfältige neue<br />
Finanzierungsmodelle haben sich neben dem klassischen<br />
Bankkredit etabliert. Die Banken stehen vor neuen Herausforderungen<br />
hinsichtlich ihrer eigenen Refinanzierung<br />
und Eigenkapitalsteuerung. Dies gilt umso mehr im<br />
Umfeld der gegenwärtigen Finanzmarktkrise, die die Geschäftsmodelle<br />
der Banken hart auf die Probe stellt und<br />
Finanzmarktkrise: Unternehmensliquidität unter Druck<br />
Quelle: <strong>BDI</strong><br />
Private Equity<br />
Zahlungsmoral<br />
Mezzanine<br />
Umsatzerlöse<br />
Liquidität<br />
Export-<br />
Finanzierung<br />
Zinsschranke<br />
Kredite<br />
Unternehmensanleihen<br />
Kredit-<br />
Versicherung<br />
Börsen<br />
Exportfinanzierung<br />
Wirtschaftliches Engagement auf Auslandsmärkten ist immer<br />
auch mit Risiken verbunden. Daher müssen die Unternehmen<br />
die Möglichkeit haben, ihre Risiken durch eine<br />
verlässliche Exportkreditversicherung abzusichern. Die<br />
Instrumente müssen an die aktuelle Situation angepasst<br />
und so flexibel gestaltet werden, dass die Exporte auch in<br />
einem zunehmend schwierigen Umfeld abgesichert werden<br />
können. Wenn der private Versicherungsmarkt in der<br />
Finanzkrise keine ausreichenden Deckungen zur Verfügung<br />
stellt, sind die Unternehmen auch im Kurzfristbereich auf<br />
die staatlichen Hermesdeckungen angewiesen. Darüber<br />
hinaus ist für die deutsche Exportwirtschaft in der aktuellen<br />
Liquiditätsklemme gerade im Mittel- und Langfristbereich<br />
eine staatlich flankierte Exportfinanzierung unentbehrlich.<br />
eine reibungslose Finanzierung der Unternehmen über<br />
Kredite und den Kapitalmarkt zunehmend erschwert.<br />
Immer mehr Unternehmen sehen sich mit zum Teil gravierenden<br />
Finanzierungsproblemen konfrontiert. Dabei geht<br />
es nicht allein um Kredite, auch die Finanzierung an den<br />
Kapitalmärkten ist nur noch erschwert möglich. Die extrem<br />
expansive Liquiditätspolitik der Notenbanken und<br />
umfassende staatliche Maßnahmen zur Rekapitalisierung<br />
von Banken sowie zur Bereitstellung von Emissionsgarantien<br />
haben noch immer nicht die gewünschte Wirkung<br />
Anteile entfaltet. wichtiger Das Zielr Vertrauen zwischen den Banken – eine wesentliche<br />
wichtiger Voraussetzung Zielr<br />
für einen reibungslosen Kredit-<br />
Anteile<br />
fluss – ist noch nicht wieder zurückgekehrt. Hierunter hat<br />
auch der deutsche Export zu leiden. Engpässe bei der Exportfinanzierung<br />
und bei der privaten Absicherung von<br />
Exportfinanzierungen nehmen zu. Der Finanzkreislauf<br />
ist systemrelevant für das Funktionieren der Wirtschaft.<br />
Politik und Kreditwirtschaft stehen gleichermaßen in der<br />
Verantwortung, die Voraussetzungen für eine nachhaltige<br />
Sicherung der Unternehmensfinanzierung zu schaffen.<br />
Die langfristige Sicherung eines bedarfsgerechten Finanzdienstleistungsangebots<br />
erfordert stabile Finanzmarkt-
<strong>BDI</strong> – Bundesverband der Deutschen Industrie<br />
<strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> stärken<br />
29<br />
Ein geregelter Finanzkreislauf ist Voraussetzung für eine gesunde Exportwirtschaft. Foto: <strong>BDI</strong>/plainpicture/Fancy @ Veer Inc.<br />
strukturen. Die Weltwirtschaft und damit auch die deutsche<br />
Volkswirtschaft werden nur dann gestärkt aus der Krise<br />
hervorgehen und auf einen wieder höheren Wachstumspfad<br />
einschwenken können, wenn das globale Finanzsystem auf<br />
eine stabilere Grundlage gestellt wird. Zur Wiederherstellung<br />
und nachhaltigen Sicherung dieser Systemstabilität<br />
bedarf es einer ausgewogeneren Balance von Markteffizienz,<br />
Wettbewerbs fähigkeit und Risikoprävention. Ein neuer<br />
Ordnungsrahmen muss das Anreiz system an den Finanzmärkten<br />
soweit verändern, dass dadurch Fehlentwicklungen<br />
korrigiert und künftig möglichst vermieden werden.<br />
Die Anpassung der Finanzmarktregeln muss mit Augenmaß<br />
erfolgen, Überregulierung muss unbedingt vermieden werden.<br />
Politisch motivierte Alleingänge schaden. Die Maßnahmen<br />
sollten sich in einen internationalen Rahmen einfügen.<br />
Angesichts der weltweit vernetzten Finanzstrukturen sollten<br />
die Maßnahmen für eine neue Finanzmarktordnung – wo<br />
immer möglich – auf globaler Ebene koordiniert werden.<br />
Handlungsempfehlungen:<br />
• Sicherung der Kreditfinanzierung durch angemessene staatliche Flankierung über Förderkredite und Bürgschaften.<br />
• Etablierung einer tragfähigen Risikoauffanglösung für private Kreditversicherer.<br />
• Direkter Ankauf von Industrieschuldverschreibungen durch die EZB.<br />
• Ausweitung der staatlich gedeckten Exportfinanzierung und Wiedereinführung der staatlichen Exportkreditversicherung für<br />
das kurzfristige Geschäft.<br />
• Nachbesserung von Basel II: Kein Markt, kein Marktteilnehmer, kein Finanzprodukt ohne angemessene Aufsicht und Regulierung;<br />
gleichzeitig Abmilderung der Prozyklizität des Aufsichtsregimes durch flexiblere Eigenkapitalregeln für Banken.<br />
• Globale Finanzaufsichtsstrukturen auf Basis enger Koordination und Kooperation der nationalen Aufsichtsbehörden.<br />
• Stärkere Rolle des IWF bei der Überwachung der Finanzmärkte; Schaffung eines »Frühwarnsystems« zur Risikoprävention<br />
an den Finanzmärkten.<br />
• Formelle Registrierung und Beaufsichtigung der Ratingagenturen; Gewährleistung ihrer Integrität, Unabhängigkeit und<br />
Transparenz.<br />
• Neuausrichtung der Anreiz- und Vergütungsstrukturen im Finanzsektor.<br />
• Weltweite Vereinheitlichung der Bilanzierungsregeln; Anpassungsbedarf bei der Fair Value-Bewertung in »inaktiven Märkten«.
30 <strong>BDI</strong> – Bundesverband der Deutschen Industrie<br />
<strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> stärken<br />
Politische Rahmenbedingungen<br />
Freien Welthandel intensivieren – Protektionismus stoppen<br />
Die internationale Finanzmarktkrise und ihre unmittelbaren Auswirkungen<br />
auf die weltweite Konjunktur scheinen die Kritiker von Globalisierung<br />
und freiem Welthandel zu bestätigen. Tatsache ist allerdings auch,<br />
dass die weltwirtschaftliche Verflechtung in sehr vielen Ländern Wohlstand<br />
geschaffen und gerade <strong>Deutschland</strong> davon profitiert hat.<br />
Während sich die Welt globalisierte, in besonderer Intensität<br />
in den letzten 100 Jahren, hat sich der Austausch<br />
von Gütern und Kapital weltweit beschleunigt, und das<br />
trotz der Rückschläge durch die Weltkriege. Die Anzahl<br />
der Menschen auf der Erde hat sich in diesem Zeitraum<br />
von einer Milliarde auf sechs Milliarden mehr als versechsfacht.<br />
Die Lebensverhältnisse und der Wohlstand<br />
der Menschen verbesserte sich trotzdem im gleichen Zeitraum<br />
entscheidend: die Lebenserwartung erhöhte sich in<br />
den Entwicklungsländern von 30 auf 65 Jahre. Der Anteil<br />
der unterernährten Menschen in den Entwicklungsländern<br />
hat sich in den letzten 30 Jahren von 37 Prozent auf<br />
18 Prozent halbiert. Sogar die weltweite Ungleichheit hat<br />
sich – gemessen unabhängig von Ländergrenzen – zwischen<br />
1980 und 2000 deutlich reduziert. Tatsache ist auch,<br />
dass der Wohlstand gerade in den Ländern größer ist, die<br />
dem Freihandel und somit der Globalisierung der Märkte<br />
offener gegenüberstehen. Das gilt für das Einkommen pro<br />
Kopf, für das Wirtschaftswachstum und für die Lebenserwartung.<br />
Wie von Adam Smith vorausgesagt, hat sich im<br />
Zuge der weltweiten Ausdehnung der Märkte die Lebenssituation<br />
der meisten Menschen tatsächlich verbessert.<br />
Von der Globalisierung können alle Menschen profitieren.<br />
Einer der Hauptprofiteure der Globalisierung ist allerdings<br />
der Exportweltmeister <strong>Deutschland</strong>. In den vergangenen<br />
zehn Jahren haben sich die deutschen Warenexporte verdoppelt<br />
– diese grundsätzliche Entwicklung wird sich<br />
Exportquoten der 10 wirtschaftlich stärksten Länder<br />
Vereinigte Staaten<br />
China<br />
Japan<br />
Indien<br />
<strong>Deutschland</strong><br />
Vereinigtes Königreich<br />
Russische Föderation<br />
Frankreich<br />
Brasilien<br />
Italien<br />
Spanien<br />
Mexiko<br />
Kanada<br />
Republik Korea<br />
Iran<br />
5<br />
8<br />
9<br />
9<br />
Anteil der Exporte am BIP (%)<br />
15<br />
17<br />
18<br />
18<br />
19<br />
20<br />
0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50<br />
27<br />
26<br />
31<br />
35<br />
48<br />
Anteile wichtiger Zie<br />
Anteile wichtiger Z<br />
Quelle: Indexmundi<br />
Der Austausch von Gütern und Kapital hat sich weltweit beschleunigt – ebenso<br />
wie Wohlstand und Wirtschaftswachstum. Foto: <strong>BDI</strong>/fotolia (Günter Menzl)<br />
trotz der Finanzmarktkrise fortsetzen. 2008 hat der Wert<br />
des deutschen Exports die 1-Billion-Euro-Grenze überschritten.<br />
Der Exportanteil am deutschen BIP hat sich seit<br />
1993 verdoppelt, die Exportquote beträgt nun 47 Prozent.<br />
Mit einem Anteil von 1,2 Prozent an der Weltbevölkerung<br />
haben wir einen Anteil von rund 12 Prozent auf den Weltmärkten.<br />
Viele deutsche Unternehmen haben den Weltmarkt<br />
längst für sich erobert: die DAX-30-Unternehmen<br />
machen drei Viertel ihres Umsatzes im Ausland. Und gerade<br />
der deutsche Mittelstand ist zunehmend auf den Weltmärkten<br />
aktiv. So weist etwa der mittelständisch geprägte<br />
Maschinenbau Exportquoten von über 70 Prozent auf.<br />
Einzelne Unternehmen erreichen sogar einen Exportanteil<br />
von über 90 Prozent, etwa die Hersteller von Maschinen<br />
zur Verarbeitung von Textilien.
<strong>BDI</strong> – Bundesverband der Deutschen Industrie<br />
<strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> stärken<br />
Politische Rahmenbedingungen<br />
31<br />
Allerdings wirken sich die mit der weltweiten Finanzkrise<br />
nachlassende Nachfrage, Finanzierungsprobleme und<br />
Unsicherheit an den Märkten negativ auf unsere Exporte<br />
aus. Ein besonderes Problem sind die zunehmenden protektionistischen<br />
Tendenzen: in zahlreichen Ländern hat<br />
die Bekämpfung der Krise zu Zollerhöhungen und Unterstützungsmaßnahmen<br />
für die heimische Wirtschaft<br />
enthalten. Russland erhöhte zu Jahresbeginn drastisch die<br />
Einfuhrzölle auf Neu- und Gebrauchtwagen, führte eine<br />
Maut für LKW aus der EU und Einfuhrzölle für Landmaschinen<br />
ein. Die Ukraine hat Importzölle um 13 Prozent<br />
angehoben. Die OECD veröffentlichte eine lange Liste mit<br />
ähnlichen Maßnahmen anderer Länder. Es droht eine Spirale<br />
der Abschottung, die das offene <strong>Deutschland</strong> und den<br />
weltweiten Wohlstand bedroht.<br />
Als Exportweltmeister ist <strong>Deutschland</strong> mehr als andere<br />
Länder vom Freihandel abhängig. Daher muss die weltweite<br />
Handels- und Investitionsfreiheit im Einklang mit<br />
den G-20-Vereinbarungen gesichert werden. Ein Durchbruch<br />
in der Doha-Runde noch in diesem Jahr wäre ein<br />
starkes Signal für den Freihandel und gegen Protektionismus.<br />
Offene Grenzen steigern den Warenaustausch zwischen Nachbarländern.<br />
Foto: <strong>BDI</strong>/fotolia (Ulrich Müller)<br />
geführt, die den Welthandel – und damit unsere Wertschöpfung<br />
– beeinträchtigen. So sind in dem amerikanischen<br />
Konjunkturprogramm in Höhe von knapp 800<br />
Milliarden US-Dollar »Buy-American«-Bestimmungen<br />
Handlungsempfehlungen:<br />
• G8/G-20-Prozess der globalen Zusammenarbeit in Wirtschaftsfragen vorantreiben.<br />
• In multilateralen Organisationen globale Recht- und Regelsetzung z.B. bei Standards und Normen intensivieren und einheitliche<br />
Anwendung sicherstellen.<br />
• WTO-Doha-Runde erfolgreich abschließen, künftig Verhandlungen beschleunigen, neue Themen (Verbot double pricing<br />
und Exportzölle) aufnehmen, Streitschlichtungsverfahren stärken.<br />
• In bilateralen EU-Freihandels- und Assoziierungsabkommen hohe Standards für Ursprungsregeln verankern, Zollrückvergütungen<br />
verbieten sowie Abbau nicht-tarifärer Handelshemmnisse vereinbaren.<br />
• Handelspolitische Schutzinstrumente der EU zum Schutz gegen unfaire Praktiken stärken.<br />
• Regulatorische Zusammenarbeit im Transatlantic Economic Council ausbauen.<br />
• Mittelstandsgerechte Ausrichtung des außenwirtschaftlichen Förderinstrumentariums bei gleichzeitig angemessener Ausstattung<br />
der entsprechenden Etatansätze.<br />
• WTO-Beitritt Russlands beschleunigen, EU-Partnerschaftsabkommen mit wichtigen Nachbarn und Schwellenländern gezielt<br />
abschließen.
32 <strong>BDI</strong> – Bundesverband der Deutschen Industrie<br />
<strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> stärken<br />
Politische Rahmenbedingungen<br />
Unternehmensteuerreform modernisieren, Leistungsträger entlasten<br />
Das Steuerecht muss in den Dienst von Wachstum und Beschäftigung<br />
gestellt werden. Ein Steuersystem, das Leistungsträger nicht durch überzogenen<br />
Zugriff entmutigt, ist dabei genauso wachstumsfördernd wie eine<br />
Unternehmensbesteuerung, die auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit<br />
der Unternehmen Rücksicht nimmt.<br />
Die Besteuerung ist zu einem wesentlichen Wettbewerbsparameter<br />
in der globalen Standortkonkurrenz um anlagebereites<br />
Investitionskapital und mobiles, leistungsbereites<br />
Humankapital geworden. Das betrifft auch die Erbschaftsteuer,<br />
die den Familienunternehmen hohe Lasten aufbürden<br />
kann.<br />
Mit der Unternehmensteuerreform 2008 wurden zwar auf<br />
der einen Seite die Steuersätze deutlich abgesenkt. Auf<br />
der anderen Seite wird die derzeit für viele Unternehmen<br />
Exis tenz bedrohende Liquiditätsklemme durch eine Reihe<br />
steuerrechtlicher Vorschriften noch verstärkt. Dazu zählen<br />
insbesondere die neu eingeführten Regelungen zur<br />
Zinsschranke, die Ausweitung der gewerbesteuerlichen<br />
Hinzurechnungen, die steuerliche Behandlung von Funktionsverlagerungen<br />
und die Verschärfungen des Mantelkaufs.<br />
Wachstum und Beschäftigung müssen Leitziele der Unternehmensbesteuerung<br />
sein.<br />
Zinsschranke<br />
Die Zinsschranke wurde im Rahmen der Unternehmensteuerreform<br />
2008 eingeführt. Sie begrenzt den steuerlichen<br />
Abzug von unternehmerischen Finanzierungskosten.<br />
Die Regelung soll verhindern, dass in <strong>Deutschland</strong> erwirtschaftete<br />
Erträge durch Zinszahlungen an ausländische<br />
Konzerngesellschaften ins Ausland transferiert werden.<br />
Deshalb können Zinsen nur noch dann von der steuerlichen<br />
Bemessungsgrundlage abgezogen werden, wenn sie im<br />
Saldo 30 Prozent des nach den steuerlichen Vorschriften<br />
ermittelten Gewinns vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen<br />
(sog. steuerliches EBITDA) nicht überschreiten.<br />
Entgegen der Zielsetzung greift die Zinsschranke jedoch<br />
unabhängig davon, ob die Zinsen an einen Gesellschafter<br />
oder an fremde Dritte (z. B. eine Bank) gezahlt werden. Sie<br />
belastet deshalb auch notwendige Unternehmensfinanzierungen.<br />
Im Fokus der Regelung stehen aufgrund der Freigrenze<br />
von 3 Millionen € vor allem größere Unternehmen.<br />
Die drastischen Gewinneinbrüche, von denen zahlreiche<br />
Unternehmen im Zuge der andauernden Wirtschafts- und<br />
Finanzkrise betroffen sind, mindern derzeit die Abzugsfähigkeit<br />
von Finanzierungsaufwendungen im Rahmen<br />
der Zinsschranke. Gleichzeitig haben sich die Finanzierungsaufwendungen<br />
aufgrund von Risikoaufschlägen und<br />
einem gestiegenen Fremdfinanzierungsbedarf erheblich<br />
erhöht. Ein Vielfaches der ursprünglich vorgesehenen<br />
Unternehmen ist durch diesen Zangengriff von der Zinsschranke<br />
betroffen. Sie belastet die ohnehin angespannte<br />
Liquiditätslage, beschleunigt die Krise und erschwert ihre<br />
Bewältigung. Kleine Korrekturen wie eine Erhöhung der<br />
Freigrenze reichen nicht aus, um die Krisenverschärfung<br />
abzumildern – viele Unternehmen trifft die Zinsabzugsbegrenzung<br />
weiterhin unvermindert.<br />
Darüber hinaus bringt auch die Besteuerung von Kosten<br />
bei der Gewerbesteuer wirtschaftlich angeschlagene Unternehmen<br />
in eine zusätzliche Schieflage. Die vom Ertrag<br />
des Unternehmens unabhängigen Hinzurechnungen<br />
gezahlter Mieten, Pachten, Leasingraten und Zinsen<br />
erfordern Steuerzahlungen aus der Substanz. Die Wachstumsbasis<br />
der Unternehmen und damit letztlich der gesamten<br />
Volkswirtschaft wird auf diese Weise ausgehöhlt.<br />
Die Aussicht, durch den Mantelkauf Verlustvorträge nicht<br />
mehr oder nur noch eingeschränkt ansetzen zu können,<br />
macht es zudem ausgerechnet in der Krise unattraktiver,
<strong>BDI</strong> – Bundesverband der Deutschen Industrie<br />
<strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> stärken<br />
Politische Rahmenbedingungen<br />
33<br />
notleidende Unternehmen zu kaufen und zu sanieren.<br />
Der Gesetzgeber hat mit einer temporären Sanierungsausnahme,<br />
die Ihre Praxistauglichkeit erst noch beweisen<br />
muss, auf diese Kritik reagiert. Doch auch zukunftsgerechte<br />
Umstrukturierungen innerhalb eines Konzerns<br />
werden durch den Mantelkauf massiv behindert. Insbesondere<br />
hochinnovative Unternehmen leiden unter der<br />
Regelung. Hinzu kommen die allgemeinen Verlustverrechnungsbeschränkungen<br />
(Mindestbesteuerung), die ebenfalls<br />
eine Hypothek für zukünftiges Wachstum darstellen.<br />
Mehr Netto vom Brutto muss das<br />
leistungs- und wachstumsorientierte<br />
Ziel einer Einkommensteuerreform<br />
sein.<br />
steile Progression infolge des bestehenden »Tarifknicks«<br />
im linear-progressiven Einkommensteuertarif. Der aktuelle<br />
Tarifverlauf zeigt einen sogenannten Mittelstandsbauch,<br />
da der Grenzsteuersatz zu Beginn steil ansteigt, um<br />
dann immer flacher werdend in den Spitzensteuersatz zu<br />
münden. Mehr Netto vom Brutto muss das leistungs- und<br />
wachstumsorientierte Ziel einer Einkommensteuerreform<br />
sein. Gesunde Staatsfinanzen sind die Basis für eine zukunftsorientierte<br />
Steuer- und Wirtschaftspolitik. Die expansive<br />
Finanzpolitik darf nicht fortgesetzt werden. Die<br />
Staatsquote muss wieder zurückgeführt werden.<br />
Längst überfällig in <strong>Deutschland</strong> ist eine strukturelle<br />
Reform des Einkommensteuertarifs. Ein leistungsfreundlicher<br />
Einkommensteuertarif setzt Anreize zur<br />
Leistungserbringung und bietet so eine wichtige Voraussetzung<br />
für einen höheren Wachstumspfad. Durch<br />
die »kalte Progression« werden Einkommenszuwächse,<br />
selbst wenn sie nur die Kaufkraft erhalten und keinen<br />
realen Einkommenszuwachs mit sich bringen, von höheren<br />
Steuersätzen aufgezehrt. Die Tarifstufen werden<br />
nicht regelmäßig angepasst und in Relation zur Verbraucherpreisentwicklung<br />
überprüft. So entstehen »versteckte<br />
Steuererhöhungen«. Einer stärkeren Leistungsbereitschaft<br />
wird die Grundlage entzogen. Hinzu kommt die überproportionale<br />
Belastung mittlerer Einkommen durch die<br />
Handlungsempfehlungen:<br />
• Zinsabzugsbegrenzung von 30 auf 50 Prozent des EBITDA erhöhen.<br />
• Ergebnisschwankungen durch den Vortrag von ungenutzten EBITDA-Potenzials nach italienischem Vorbild ausgleichen.<br />
• Zinsschranke nur in Gewinnsituationen anwenden (Verlustsperre).<br />
• Mantelkaufregelung durch Sanierungsausnahme und Konzern-Klausel ergänzen.<br />
• Doppelbesteuerung durch Besteuerung von Funktionsverlagerungen verhindern.<br />
• Leistungsbereitschaft durch regelmäßige inflationsbedingte Anpassung des Einkommensteuertarifs stärken.<br />
• Leistungsträger durch Abflachung des Tarifs und Beseitigung des »Mittelstandsbauchs« entlasten.<br />
• Familienunternehmen durch Nachbesserungen bei der Erbschaftsteuer entlasten.<br />
• Abbau der öffentlichen Verschuldung durch Ausgabenkonsolidierung und zügige Umsetzung der Schuldenbremse voranbringen.
34 <strong>BDI</strong> – Bundesverband der Deutschen Industrie<br />
<strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> stärken<br />
Politische Rahmenbedingungen<br />
Infrastruktur ausbauen, nachhaltige Mobilität verwirklichen<br />
Leistungsfähige Infrastrukturen sind ein entscheidender Standortfaktor<br />
im globalen Wettbewerb. <strong>Deutschland</strong> verdankt einen wesentlichen Teil<br />
seines Wohlstands modernen, national wie international vernetzten Verkehrssystemen.<br />
Denn mit seiner exportorientierten Wirtschaft ist unser<br />
Land auf exzellente, erschwingliche und umweltverträgliche<br />
Mobilität und Logistik angewiesen. Gut ausgebaute<br />
Straßen, Schienen und Wasserstraßen, effiziente Flug-,<br />
See- und Binnenhäfen bilden das Rückgrat unserer Volkswirtschaft.<br />
Doch viele Jahre investierte <strong>Deutschland</strong><br />
deutlich zu wenig in die Verkehrswege: Wir leben von der<br />
Substanz. Engpässe in der Infrastrukturausstattung führen<br />
unweigerlich zu Wachstumseinbußen. Eine dauerhafte<br />
Stärkung staatlicher und privater Infrastrukturinvestitionen<br />
sichert Wohlstand.<br />
Deshalb muss eine auf langfristigen Wohlstand ausgerichtete<br />
Politik für die bedarfsgerechte Erhaltung, Modernisierung<br />
und den Ausbau der Verkehrswege Sorge<br />
tragen. Öffentliche Investitionen müssen streng nach<br />
Nutzen- Kosten-Kriterien, zum Beispiel in die Hinterlandanbindung<br />
der Seehäfen, und nicht nach politischem<br />
Proporz erfolgen. Und Investitionen müssen unabhängig<br />
von Schwankungen der öffentlichen Haushalte gesichert<br />
werden, etwa durch Weiterentwicklung der Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft<br />
(VIFG). Auch<br />
private Investitionen bilden eine wichtige Säule moderner<br />
Verkehrspolitik. Im internationalen Vergleich hinkt<br />
<strong>Deutschland</strong> hinterher. Die Potenziale innovativer Öffentlich-Privater<br />
Partnerschaften (PPP) müssen besser<br />
ausgeschöpft werden. PPP-Lösungen sollten konsequent<br />
eingesetzt werden, wenn ihre Vorteile in Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen<br />
nachgewiesen wurden.<br />
Trotz der Erfolge der Beschleunigungs- und Vereinfachungsgesetze<br />
dauern Planung und Genehmigung von<br />
Verkehrsprojekten zu lang. Die Verfahren müssen weiter<br />
beschleunigt werden, damit Wachstum stärkende<br />
Investitionen rasch umgesetzt werden können. Investitionshemmnisse,<br />
wie zum Beispiel die Rechts- und<br />
Planungsunsicherheit aufgrund der unvollständigen Umsetzung<br />
der Fluglärmnovelle, müssen unverzüglich beseitigt<br />
werden.<br />
Intelligente Verkehrssysteme bieten enorme Potenziale<br />
für unsere Mobilität von morgen. Für eine effizientere<br />
International vernetzte Verkehrssysteme sichern Wohlstand und Wachstum in <strong>Deutschland</strong>. Foto: <strong>BDI</strong>/plainpicture/Fancy @ Veer Inc.
<strong>BDI</strong> – Bundesverband der Deutschen Industrie<br />
<strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> stärken<br />
Politische Rahmenbedingungen<br />
35<br />
Nutzung unserer Infrastruktur, für optimale Transportprozesse,<br />
für eine denkbar saubere, sichere und staufreie<br />
Mobilität. Deshalb kommt es heute darauf an, intelligente<br />
Verkehrssysteme konsequent einzuführen. <strong>Deutschland</strong><br />
kann doppelt profitieren. Denn moderne Telematikdienste<br />
und Verkehrs managementlösungen optimieren Logistik<br />
und Verkehr. Zugleich gehören deutsche Unternehmen<br />
dank innovativer Technologien zu den Vorreitern auf diesem<br />
wichtigen Zu kunftsmarkt. Das stärkt Wachstum und<br />
Beschäftigung am Standort <strong>Deutschland</strong>. Europaweit interoperable<br />
Anwendungen rasch und flächen deckend einführen:<br />
Das ist der Schlüssel für den Erfolg intelligenter<br />
Verkehrssysteme.<br />
Eine innovative Antriebstechnologie von morgen wird<br />
Elektromobilität sein. Sie steht in Ergänzung zur weiteren<br />
Optimierung der Verbrennungsmotoren, zur Entwicklung<br />
alternativer Kraftstoffe und zu Hybrid- und Brennstoffzellenfahrzeugen.<br />
Die Politik ist gefordert, die Anstrengungen der Wirtschaft<br />
für die Entwicklung und Anwendung innovativer<br />
Technologien zu unterstützen. Dabei kommt es auf wirksame,<br />
kosteneffiziente Instrumente an, wie zum Beispiel<br />
lärm- und emissionsabhängige Flughafenentgelte oder<br />
die emissionsabhängige Spreizung der Lkw-Mautsätze.<br />
Forschungsprogramme für nachhaltige Mobilität müssen<br />
stärker koordiniert und verlässlich fortgeführt werden.<br />
Handlungsempfehlungen:<br />
• Bedarfsgerechte Investitionen in die Verkehrswege auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene durch dauerhaft ausreichende<br />
Mittelausstattung der Investitionshaushalte sicherstellen und private Verkehrsinvestitionen durch Öffentlich-Private<br />
Partnerschaften stärken (Weiterentwicklung der Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft VIFG durch direkte Zuweisung<br />
der Lkw-Maut-Einnahmen und begrenzte Kreditermächtigung).<br />
• Investitionen streng nach Nutzen-Kosten-Kriterien realisieren, Effizienzanreize in der Bewirtschaftung der Infrastrukturen<br />
setzen.<br />
• Planungs- und Genehmigungsverfahren im Verkehrswegebau weiter beschleunigen.<br />
• Die Bundesregierung sollte ein vollwertiges Flughafenkonzept für eine strategisch geplante, leistungs- und wettbewerbsfähige<br />
Flughafeninfrastruktur beschließen. Die ineffiziente, kostenträchtige Fragmentierung des europäischen Luftraums ist<br />
durch Schaffung des Single European Sky zu überwinden.<br />
• Nationales Hafenkonzept für einen koordinierten Ausbau der seewärtigen Zufahrten und Hinterlandanbindungen sowie für<br />
die Beseitigung von Kapazitätsengpässen in den Häfen verabschieden und umsetzen.<br />
• Sinnvolle und kosteneffiziente Anreize für verantwortungsvolle Mobilität – statt einseitiger Belastungen und weiterer Verteuerungen<br />
wie etwa durch die von der EU-Kommission vorgeschlagene »Internalisierung externer Kosten«.<br />
• Technologieoffene Förderung und Entwicklung von innovativen Antriebskonzepten und Kraftstoffen, insbesondere von<br />
Elektromobilität sowie stärker koordinierende Rolle der Bundesregierung beim 500-Millionen-Euro-Förderprogramm für<br />
Mobilität im Rahmen des Maßnahmenpakets II.<br />
• Intelligente Verkehrssysteme europaweit flächendeckend einführen, dazu auf nationaler Ebene insbesondere Rechtssicherheit<br />
für Mehrwertdienste-Plattform auf Basis von Informationen aus dem deutschen Lkw-Mautsystem schaffen, Frequenzvergabe<br />
für Car2x-Kommunikation zügig und diskriminierungsfrei regulieren und IKT-Lösungen bei Erhalt, Aus- und Neubau<br />
von Infrastrukturen berücksichtigen.
36 <strong>BDI</strong> – Bundesverband der Deutschen Industrie<br />
<strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> stärken<br />
Politische Rahmenbedingungen<br />
Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Klimaschutz verbinden<br />
<strong>Deutschland</strong> ist Vorreiter im Klimaschutz. Klimaschutz-Technologien<br />
und -Produkte aus deutschen Unternehmen sind mit einem Anteil von<br />
16 Prozent führend auf den Weltmärkten.<br />
Unser Land hat seine Treibhausgasemissionen seit 1990<br />
um mehr als 21 Prozent gesenkt und damit schon heute<br />
sein äußerst ehrgeiziges Kyoto-Ziel erreicht. Den größten<br />
Anteil daran hat die deutsche Industrie. Sie bekennt sich<br />
zu ihrem Teil der Verantwortung im Klimaschutz. Dieser<br />
erscheint nicht deswegen in einem anderen Licht, weil wir<br />
in einer tiefgreifenden Krise der Finanzmärkte und der<br />
Weltwirtschaft stecken. Den Weg in eine »low carbon economy«<br />
müssen und wollen wir fortsetzen – und das nicht<br />
nur aus ökologischen Gründen. Eine nachhaltige Klimapolitik<br />
kann uns auch ökonomisch nach vorn bringen.<br />
Denn sie eröffnet neue Chancen für Wachstum und Beschäftigung<br />
am Standort <strong>Deutschland</strong>.<br />
Die Lösungskompetenz der deutschen Wirtschaft im Klimaschutz<br />
ist bereits 2007 mit der <strong>BDI</strong>-Studie »Kosten und<br />
Potentiale der Vermeidung von Treibhausgasemissionen<br />
in <strong>Deutschland</strong>« eindrucksvoll bestätigt worden. Ihr zentrales<br />
Ergebnis: Die Klimaschutzziele bis 2020 können<br />
mit heute bereits vorhandenen Technologien erreicht werden:<br />
Eine Reduzierung von Treibhausgasen um 30 Prozent<br />
bis zum Jahr 2020 ist für <strong>Deutschland</strong> machbar. Dies gilt<br />
selbst bei extremen Energiepreisschwankungen, wie eine<br />
gerade vorgenommene Aktualisierung dieser Studie bestätigt<br />
hat.<br />
Kostenbelastung durch Auktionierung:<br />
Beispiel der Stahlindustrie<br />
in Mio. Euro *<br />
2.500<br />
2.000<br />
1.500<br />
1.000<br />
500<br />
0<br />
Bis 2020 sollen 100 % der Zertifikate versteigert werden. Das ergibt Zusatzkosten<br />
in Höhe von 2,275 Mrd. €.<br />
Kosten bei einem linearen Anstieg des Versteigerungsanteils<br />
von 20 % = 2013 und 100 % = 2020<br />
2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020<br />
* 2 t CO 2 /t Rohstahl, 35 Euro/t CO 2<br />
Quelle: Wirtschaftsvereinigung Stahl<br />
Klimastudie<br />
Kosten und Potenziale der Vermeidung von Treibhausgasemissionen<br />
in <strong>Deutschland</strong><br />
Stand: März 2009<br />
Die Aktualisierung der <strong>BDI</strong>-<br />
Klimastudie »Kosten und<br />
Potenziale der Vermeidung<br />
von Treibhausgasemissionen«<br />
bestätigt die Ergebnisse<br />
der Untersuchung<br />
aus dem Jahr 2007. Die<br />
neuen Berechnungen berücksichtigen<br />
die im Laufe<br />
des Jahres 2008 schwankenden<br />
Energiepreise. Das<br />
Ergebnis: Eine Reduzierung<br />
von Treibhausgasen um 30<br />
Prozent bis zum Jahr 2020<br />
ist für <strong>Deutschland</strong> mit bereits<br />
vorhandenen Technologien machbar. Investitionen in<br />
klimaschonende Technologien rechnen sich dabei unabhängig<br />
von möglichen Preisschwankungen auf den Energiemärkten.<br />
Die Studie finden Sie unter: www.bdi.eu/publikationen/<br />
Die starke Position der deutschen Unternehmen bei den<br />
Klimaschutztechnologien ist aber schon länger nicht unangefochten.<br />
Vor allem Schwellenländer werden zu Wettbewerbern<br />
auf den internationalen Märkten. Zunehmend<br />
konkurrieren deutsche Unternehmen auch auf dem inländischen<br />
Markt mit ausländischen Anbietern, die verstärkt<br />
nach <strong>Deutschland</strong> exportieren. Auch die Innovationsdynamik<br />
deutscher Unternehmen bei den grünen Technologien<br />
ist nicht unangefochten, wie die Entwicklung des deutschen<br />
Anteils an den einschlägigen Patentanmeldungen<br />
zeigt. Hinzu kommt aktuell, dass die weltweit aufgelegten<br />
Konjunkturpakete zum Teil beträchtliche »grüne« Anteile<br />
haben, was mit hoher Wahrscheinlichkeit eine weitere Intensivierung<br />
des Wettbewerbs auch mit Industrieländern,<br />
allen voran den USA, nach sich ziehen wird.<br />
Die Erhaltung der Wettbewerbsposition der deutschen Unternehmen<br />
bei den »grünen« Technologien ist daher kein<br />
Selbstläufer, sondern sie muss konsequent gesichert werden.<br />
Dies ist in erster Linie eine Aufgabe der Unternehmen<br />
selbst. Aber wegen der hohen Bedeutung grüner Techno-
<strong>BDI</strong> – Bundesverband der Deutschen Industrie<br />
<strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> stärken<br />
Politische Rahmenbedingungen<br />
37<br />
logien für Wertschöpfung und Beschäftigung in <strong>Deutschland</strong><br />
ist die Sicherung der starken Position <strong>Deutschland</strong>s<br />
auch im strategischen Interesse einer wachstums- und<br />
beschäftigungsorientierten Innovations- und Wirtschaftspolitik.<br />
Dies umso mehr, als sich abzeichnet, dass unsere<br />
Wettbewerber ihre Position zunehmend mit gezielten<br />
staatlichen Programmen und Industriepolitiken zu verbessern<br />
trachten.<br />
Handlungsempfehlungen:<br />
• Anreize müssen Investitionszyklen berücksichtigen. Die Politik in Berlin und Brüssel kann die Innovationskraft und Lösungskompetenz<br />
der deutschen Industrie viel besser im Interesse des Klimaschutzes nutzen, wenn sie ihre Hebel richtig ansetzt<br />
und nicht durch falsche Anreize Investitionszyklen künstlich verkürzt.<br />
• Auch energieintensive Industrien tragen viel zum Klimaschutz bei. Die Politik muss die Rahmenbedingungen so setzen,<br />
dass sie weiterhin in <strong>Deutschland</strong> produzieren können. Eine Verpflichtung, zusätzlich zu extrem anspruchsvollen Minderungszielen<br />
beim Emissionshandel CO 2<br />
-Zertifikate zu ersteigern, darf es nicht geben, so lange kein internationales Abkommen<br />
mit vergleichbaren Verpflichtungen für die Wettbewerber existiert.<br />
• Die Politik in Berlin und Brüssel muss die bei der Änderungsrichtlinie zum Emissionshandel noch offenen Fragen zu den<br />
Ausnahmeregelungen zügig klären, um schnellstmöglich Investitionssicherheit zu schaffen.<br />
• Wir brauchen ein level playing field im Klimaschutz. Die Bundesregierung muss sich dafür stark machen, dass ein internationales<br />
Klimaabkommen zustande kommt, welches internationale einheitliche Wettbewerbsbedingungen schafft. Das<br />
Post-Kyoto-Abkommen muss langfristige absolute Emissionsminderungsziele für die Industrieländer und Emissionsbegrenzungsziele<br />
für die Schwellenländer sowie klare Regelungen für den Technologietransfer enthalten. Zudem muss es Anreize<br />
für die Entwicklung und Verbreitung Klima schonender Technologien geben und den Clean Development Mechanism (CDM)<br />
weiterentwickeln.
38 <strong>BDI</strong> – Bundesverband der Deutschen Industrie<br />
<strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> stärken<br />
Politische Rahmenbedingungen<br />
Ganzheitliches Energiekonzept realisieren<br />
Eine sichere Energieversorgung zu wettbewerbsfähigen Preisen ist einerseits<br />
unverzichtbare Voraussetzung für alle industriellen Wertschöpfungsprozesse,<br />
andererseits definieren die modernen Energietechnologien<br />
globale Märkte mit enormen Wachstumschancen.<br />
<strong>Deutschland</strong> nimmt die globalen energie- und klimapolitischen<br />
Herausforderungen aktiv an, wobei die deutsche<br />
Industrie eine Schlüsselrolle spielt. Sie bringt sich in langfristige<br />
Strategien ein, um den wachsenden Energiebedarf<br />
wirtschaftlich decken zu können und den Klimawandel<br />
wirksam begrenzen und bewältigen zu helfen. Mit der Erarbeitung<br />
innovativer Lösungen sind bedeutende Chancen<br />
für unser Land verbunden. Deutsche Unternehmen sind<br />
entlang der gesamten Wertschöpfungskette Weltmarktund<br />
Innovationsführer in Energie- und Umwelttechnologien.<br />
Die Industrie hat schon in der Vergangenheit entscheidend<br />
dazu beigetragen, dass <strong>Deutschland</strong> große Fortschritte<br />
bei der Verbesserung der Energieeffizienz und<br />
die größten CO 2<br />
-Minderungen im Vergleich mit anderen<br />
Ländern erzielt hat. Aus einer Energieeinheit wird eine<br />
höhere Wertschöpfung als im EU-Durchschnitt oder in<br />
den USA erzeugt. Auch der spezifische Energieverbrauch<br />
Anteile der Energieträger an Kraftwerkskapazität und<br />
Bruttostromerzeugung 2007 (in Prozent)<br />
Kernenergie<br />
Braunkohle<br />
Steinkohle<br />
14<br />
14<br />
19<br />
22<br />
22<br />
24<br />
Erdgas<br />
Heizöl, Pumpspeicher<br />
und<br />
Sonstige<br />
Wasserkaraft,<br />
Biomasse<br />
und sonstige EE<br />
6<br />
7<br />
9<br />
12<br />
12<br />
16<br />
Anteil an der Kraftwerkskapazität<br />
von 142.800 MW<br />
Anteil an der Bruttostromerzeugung<br />
Windkraft<br />
7<br />
16<br />
0 5 10 15 20 25<br />
Quelle: bdew<br />
Ein breiter Energiemix sichert die Energieversorgung.<br />
Foto: <strong>BDI</strong>/fotolia (Gabriele Rohde)<br />
der deutschen Industrie sinkt seit Jahren. Dieser Pfad muss<br />
fortgesetzt werden. Dabei sind die Ziele der Versorgungssicherheit,<br />
der Wirtschaftlichkeit und des Klimaschutzes<br />
endlich in einen angemessenen Ausgleich zu bringen.<br />
Insgesamt muss das Ziel der globalen Wettbewerbsfähigkeit<br />
der gesamten deutschen Industrie stärker berücksichtigt<br />
werden. Die Höhe der Energiekosten und die<br />
politisch induzierten Belastungen auf dem Produktionsfaktor<br />
Elektrizität beeinträchtigen massiv die Attraktivität<br />
<strong>Deutschland</strong>s als Industriestandort. Im europäischen Vergleich<br />
liegt <strong>Deutschland</strong> beim Energiepreisniveau in der<br />
Spitzengruppe. Insbesondere stromintensive Unternehmen<br />
aus <strong>Deutschland</strong> haben erhebliche Wettbewerbsnachteile<br />
hinzunehmen, da ihren Konkurrenten in anderen<br />
europäischen Ländern häufig sehr viel niedrigere Strompreise<br />
eingeräumt werden.
<strong>BDI</strong> – Bundesverband der Deutschen Industrie<br />
<strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> stärken<br />
Politische Rahmenbedingungen<br />
39<br />
Eine erfolgreiche Wachstumsstrategie für <strong>Deutschland</strong><br />
benötigt ein nachhaltiges und konsistentes energiepolitisches<br />
Gesamtkonzept. Obwohl mehrfach politisch angekündigt,<br />
fehlt ein solches Konzept bislang. Es soll nicht<br />
verkannt werden, dass die europäische und die deutsche<br />
Energie- und Klimapolitik einige entscheidende Weichenstellungen<br />
eingeleitet hat. Im Interesse der produzierenden<br />
Unternehmen und einer nachhaltigen Wachstumsstrategie<br />
in <strong>Deutschland</strong> muss die weitere Ausgestaltung dieser Politik<br />
jedoch wirtschaftspolitisch ausgewogener sein. Dass<br />
dies dringend notwendig ist, unterstreicht nicht zuletzt die<br />
sich in <strong>Deutschland</strong> abzeichnende Stromlücke sowie die<br />
unzureichende Modernisierung der Energieinfrastruktur.<br />
Hinzu kommt das Festhalten am Kernenergieausstieg, der<br />
Versorgungssicherheit, Wettbewerbsfähigkeit und Klimaverträglichkeit<br />
verschlechtert und wertvolles Technologie-<br />
Know-how austrocknen lässt.<br />
Ein höherer Wachstumspfad der deutschen Volkswirtschaft<br />
erfordert umfangreiche Investitionen in die Energieinfrastruktur.<br />
Damit diese Investitionen tatsächlich<br />
auch getätigt werden, bedarf es zum einen langfristig verlässlicher<br />
politischer Rahmenbedingungen. Zum anderen<br />
müssen Staat und Wirtschaft gemeinsam um die notwendige<br />
gesellschaftliche Akzeptanz für diese Investitionsvorhaben<br />
werben.<br />
Handlungsempfehlungen:<br />
• Wettbewerbsfähigkeit, Versorgungssicherheit und Umweltaspekte als gleichrangige energiepolitische Ziele in ein ganzheitliches<br />
Energie- und Klimakonzept einbringen.<br />
• Durch Kompetenzbündelung Energie- und Klimapolitik als Wirtschaftspolitik aus einer Hand gestalten.<br />
• Energieeffiziente Technologien als Schlüssel für Versorgungssicherheit, Klimaschutz und Wettbewerbsfähigkeit identifizieren,<br />
ihre Umsetzung und Exportchancen unterstützen.<br />
• Staatlich induzierte Belastungen der Energiekosten der im internationalen Wettbewerb stehenden deutschen Industrie stärker<br />
begrenzen.<br />
• Voraussetzungen für einen breiten Energiemix schaffen: Energiebezugsquellen diversifizieren, strategische außenpolitische<br />
Flankierung der Bezugsquellen und Transportwege auf nationaler und europäischer Ebene vereinbaren, Kernenergieausstieg<br />
überdenken, Laufzeiten verlängern. Versorgungssicherheit durch Nutzung heimischer Energierohstoffe verbessern.<br />
• Energie- und klimapolitische Instrumente besser aufeinander abstimmen, insbesondere das Verhältnis von Erneuerbare Energien<br />
Gesetz und Emissionshandelssystem.<br />
• Kosteneffizienz und Technologieoffenheit zum Maßstab für energiepolitische Entscheidungen machen: Die <strong>BDI</strong>-Klimastudie<br />
von McKinsey unterstreicht, dass die CO 2<br />
-Vermeidungskosten das entscheidende Kriterium einer erfolgreichen Energieund<br />
Klimapolitik sind; die Politik sollte das Vermeidungskostenkriterium zur zentralen Grundlage ihrer Entscheidungen machen.<br />
• Europäischen Energiebinnenmarkt ausbauen, um Wettbewerbsintensität zu steigern; dabei insbesondere die Kapazitäten<br />
der grenzüberschreitenden Kuppelstellen erweitern.<br />
• Politische und gesellschaftliche Akzeptanz für energieeffiziente Technologien und notwendigen Netzausbau stärken.<br />
• Rahmenbedingungen für den Erhalt und Ausbau der Infrastrukturinvestitionen verbessern, u.a. Planungs- und Genehmigungsverfahren<br />
verkürzen.<br />
• Energieforschung intensivieren: Energieforschung muss technologieoffen angelegt und verstetigt werden; die Finanzierung<br />
der Forschung muss sowohl aus privaten als auch aus steuerlichen Mitteln erfolgen. Die staatlichen Forschungsmittel müssen<br />
dabei an das Niveau in konkurrierenden Wirtschaftsräumen angepasst werden.<br />
• CCS Technologien fördern und einen geeigneten rechtlichen Handlungsrahmen für die Fortleitung und Speicherung von<br />
CO 2<br />
kurzfristig schaffen, um den Energieunternehmen Planungs- und Investitionssicherheit zu ermöglichen.
40 <strong>BDI</strong> – Bundesverband der Deutschen Industrie<br />
<strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> stärken<br />
Politische Rahmenbedingungen<br />
Digitale Informationsgesellschaft verwirklichen, schnelles Netz für alle<br />
Die Informationswirtschaft hat sich zu einer der wichtigsten Wachstumsbranchen<br />
weltweit entwickelt. Informations- und Kommunikationstechnologien<br />
(IKT) sind Motor für Innovationen.<br />
IKT sind Querschnittstechnologien, die mittlerweile in<br />
nahezu allen Lebensbereichen Einzug gehalten haben und<br />
die zu einem wesentlichen Teil auch das Wachstum anderer<br />
Branchen treiben. Über 30 Prozent des BIP-Wachstums<br />
der vergangenen Jahre sind dem Einsatz hochmoderner<br />
IKT zu verdanken. Die Wettbewerbsfähigkeit der gesamten<br />
deutschen Industrie im 21. Jahrhundert wird davon<br />
abhängen, dass Unternehmen ihre Produkte durch ITgestützte<br />
Prozesse effizienter und hochwertiger herstellen<br />
als in anderen Teilen der Welt. Voraussetzung dafür ist ein<br />
ehrgeiziger Ausbau der IKT-Infrastrukturen und die konsequente<br />
Stärkung intelligenter, vernetzter Anwendungen.<br />
Ein flächendeckender Ausbau der Breitbandnetze erfordert<br />
Investitionen von bis zu 50 Milliarden Euro. Schon<br />
durch Breitbandinvestitionen von 20 Milliarden werden<br />
volkswirtschaftliche Wertschöpfungseffekte von mehr als<br />
60 Milliarden Euro ausgelöst. Die Industrie ist bereit, diese<br />
Mittel zu investieren, wenn die politischen Rahmenbedingungen<br />
stimmen. Dadurch können bis 2014 über 400.000<br />
zusätzliche Arbeitsplätze entstehen. Allein in den Jahren<br />
2010 bis 2011 würde ein zusätzliches BIP-Wachstum von<br />
0,6 Prozent-Punkten ermöglicht. Gerade in ländlichen Regionen<br />
führt der Breitbandausbau zu kraftvollen Impulsen<br />
für Wachstum und Beschäftigung.<br />
Vernetzte IKT-Anwendungen der Informationsgesellschaft<br />
bieten auch Lösungen für wichtige gesellschaftspolitische<br />
Herausforderungen. Im Gesundheitswesen können vernetzte<br />
Systeme die medizinische Versorgung erheblich<br />
Informations- und Kommunikationstechnologien sind Motor für Innovationen.<br />
Foto: <strong>BDI</strong>/photocase.de
<strong>BDI</strong> – Bundesverband der Deutschen Industrie<br />
<strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> stärken<br />
Politische Rahmenbedingungen<br />
41<br />
verbessern und zugleich mittelfristig Kosteneinsparungen<br />
von fünf Milliarden Euro bewirken. Auch im Bereich des<br />
Verkehrswesens und der Energieversorgung ermöglichen<br />
intelligente Vernetzungen deutliche Effizienzgewinne mit<br />
Internationale Breitbandverbreitungsgrade 2008<br />
(Breitbandanschlüsse pro 100 Haushalte)<br />
40 %<br />
35 %<br />
30 %<br />
25 %<br />
20 %<br />
15 %<br />
10 %<br />
5 %<br />
18,9 %<br />
19,1 %<br />
19,4 %<br />
20,4 %<br />
20,4 %<br />
20,8 %<br />
21,6 %<br />
23,0 %<br />
23,5 %<br />
23,6 %<br />
25,0 %<br />
26,1 %<br />
26,3 %<br />
26,4 %<br />
26,9 %<br />
27,3 %<br />
27,9 %<br />
30,5 %<br />
31,0 %<br />
31,2 %<br />
32,3 %<br />
32,7 %<br />
33,4 %<br />
35,7 %<br />
37,0 %<br />
nachhaltigen Effekten für die Umwelt. Elektronische Abläufe<br />
in der öffentlichen Verwaltung beschleunigen die<br />
Verwaltungsprozesse mit erheblichem Einsparpotenzial<br />
Anteile wichtiger Zielr<br />
für die Wirtschaft. Auch das Bildungswesen kann von interaktiven<br />
wichtiger Zielr und vernetzten Inhalten Anteile profitieren.<br />
Insgesamt bietet der konsequente, rasche Ausbau und Einsatz<br />
von IKT eine große Chance, gestärkt aus der Krise<br />
hervorzugehen. Es geht darum, den strukturellen Wandel<br />
jetzt voranzutreiben. Eine erfolgreiche, wertschöpfungsorientierte<br />
Wirtschaftspolitik muss darauf zielen, dass in<br />
<strong>Deutschland</strong> die politischen Rahmenbedingungen für die<br />
ITK-Branche sowie für den Einsatz von ITK optimiert werden.<br />
<strong>Deutschland</strong> kann sich zum Leitmarkt für vernetzte<br />
Anwendungen und innovative Spitzenprodukte entwickeln<br />
und damit den Wohlstand von morgen sichern.<br />
0 %<br />
Slowenien<br />
Irland<br />
Spanien<br />
Neuseeland<br />
Malta<br />
Österreich<br />
EU 27<br />
Japan<br />
Australien<br />
Estland<br />
USA<br />
Frankreich<br />
<strong>Deutschland</strong><br />
Belgien<br />
Luxemburg<br />
UK<br />
Kanada<br />
Finnland<br />
Schweden<br />
Südkorea<br />
Island<br />
Schweiz<br />
Norwegen<br />
Niederlande<br />
Dänemark<br />
Quelle: COCOM; OECD<br />
Handlungsempfehlungen:<br />
• Der zügige Ausbau einer breitbandigen Vernetzung soll auf nationaler und europäischer Ebene höchste politische Priorität<br />
genießen.<br />
• Von Seiten der Bundesländer sind Frequenzen, die durch die Umschaltung auf digitale Übertragungstechnik frei werden<br />
(»Digitale Dividende«), umfänglich für breitbandige Dienste bereit zu stellen. Das Frequenzvergabeverfahren ist unter Mitwirkung<br />
aller Beteiligten schnellstmöglich durchzuführen.<br />
• Auf europäischer Ebene müssen Modelle einer fairen Risikoteilung beim Glasfaserausbau greifen können. Anreize für<br />
private Investitionen sollten in der EU-Regulierung stärkere Beachtung finden. Tendenzen einer Verlagerung von TK-<br />
Regulierungskompetenzen auf die EU sind nicht zielführend.<br />
• Die Bundesregierung und die Industrie halten an den Zielen einer flächendeckenden Breitbandversorgung von einem Megabyte<br />
pro Sekunde bis zum Jahre 2010 (50 Megabyte bis 2018) fest.<br />
• Die Politik muss das Ziel einer Rückführung der sektorspezifischen Regulierung in das allgemeine Wettbewerbsrecht im<br />
Blick halten. Staatliche Eingriffe in die Mobilfunkregulierung müssen überprüft und mittelfristig aus der Regulierung entlassen<br />
werden.<br />
• Für IKT-Anwendungen soll der Staat eine Vorreiterrolle einnehmen. Die öffentliche Verwaltung muss durch multimediale Vernetzung<br />
auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene für Wirtschaft und Bürger einfacher, schneller und kostengünstiger<br />
werden. In der Bildung sollen staatliche Investitionen in die Infrastruktur auch die Ausstattung mit zeitgemäßer IT umfassen.<br />
• Staat und Wirtschaft müssen gemeinsam Strategien für eine Kultur des Vertrauens und der Sicherheit in die Informationsund<br />
Kommunikationstechnologien entwickeln, um die Akzeptanz von neuen Technologien grundsätzlich zu verbessern.<br />
• Die Konvergenz von Medien, Rundfunk und Endgeräten durch die Digitalisierung muss durch grundlegende Reformen der<br />
Medienordnung nachvollzogen werden. Hier sind insbesondere die Bundesländer aufgerufen, das Regulierungsniveau unter<br />
Bündelung der Medienaufsicht zurückzuführen und Rechtsklarheit zu schaffen.
www.land-der-ideen.de<br />
<strong>Deutschland</strong> –
Land der Ideen
44 <strong>BDI</strong> – Bundesverband der Deutschen Industrie<br />
<strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> stärken<br />
Impressum<br />
Impressum<br />
<strong>BDI</strong>-Drucksache Nr. 426<br />
ISSN: 0407-8977<br />
Herausgeber:<br />
Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (<strong>BDI</strong>)<br />
Breite Straße 29<br />
D-10178 Berlin<br />
T: 030 2028-0<br />
www.bdi.eu<br />
Gesamtredaktion:<br />
Dr. Hans-Joachim Haß,<br />
Abteilungsleiter Wirtschafts- und Industriepolitik<br />
Telefon: 030 2028-1591<br />
E-Mail: h.hass@bdi.eu<br />
Dr. Juri Schudrowitz,<br />
Abteilung Wirtschafts- und Industriepolitik<br />
Telefon: 030 2028-1592<br />
E-Mail: j.schudrowitz@bdi.eu<br />
Verlag:<br />
Industrie-Förderung GmbH, Berlin<br />
Fotos:<br />
Cover: links – <strong>BDI</strong>/fotolia (anbk)<br />
mitte – <strong>BDI</strong>/plainpicture/Fancy @ Veer Inc.<br />
rechts – <strong>BDI</strong>/Haß<br />
S. 3: <strong>BDI</strong>/Kruppa<br />
Graphik und Layout:<br />
Konzept: Factor Design<br />
Umsetzung: DCM – Druck Center Meckenheim<br />
Druck:<br />
DCM Druck Center Meckenheim GmbH<br />
www.druckcenter.de<br />
Stand:<br />
Juni 2009
Der <strong>BDI</strong> und seine 36 Mitgliedsverbände<br />
stehen für rund 100.000 Unternehmen<br />
und acht Millionen Beschäftigte.<br />
Gemeinsam erwirtschaften Unternehmer,<br />
Manager und Mitarbeiter mehr als ein<br />
Viertel des deutschen Bruttoinlandsproduktes.
<strong>Industrieland</strong><br />
<strong>Deutschland</strong><br />
stärken<br />
Unternehmerische Strategien
<strong>Industrieland</strong><br />
<strong>Deutschland</strong><br />
stärken<br />
Unternehmerische Strategien
<strong>BDI</strong> – Bundesverband der Deutschen Industrie<br />
Deloitte<br />
<strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> stärken<br />
Vorwort<br />
3<br />
Vorwort<br />
Aus der Krise in die Wachstumsoffensive –<br />
Wirtschaft und Politik als Wachstumspartner<br />
Die Finanzkrise hat die Strukturen der Weltwirtschaft<br />
grundlegend verändert. Nach dem Einbruch der Konjunktur<br />
stehen volkswirtschaftliche Paradigmen und<br />
Geschäftsmodelle auf dem Prüfstand. Strukturelle Schwächen,<br />
die durch den Höhenflug der letzten Jahre verdeckt<br />
wurden, kommen voll zum Tragen. Umso wichtiger ist<br />
es mit Blick auf den nächsten Aufschwung, nicht in alte<br />
Bahnen zurückzufallen. Wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen<br />
und unternehmerische Strategien sind neu<br />
zu überdenken. Die Wirtschaft steht vor einem Scheideweg<br />
zwischen langjähriger Statik und einem neuen, dynamischen<br />
Bewegungsraum.<br />
Wirtschaft und Politik sind in diesem Sinne Wachstumspartner.<br />
Im Folgenden werden fünf unternehmerische<br />
Strategien vorgestellt, mit denen sich Wachstumsprozesse<br />
auf der Unternehmensebene stimulieren lassen. Im Zusammenwirken<br />
mit den richtigen wirtschaftspolitischen<br />
Rahmensetzungen kann ein höherer Wachstumspfad für<br />
die deutsche Volkswirtschaft zur Wirklichkeit werden.<br />
Innovation spielt dabei eine besondere Rolle. Gegenwärtig<br />
stehen zahlreiche Technologien auf dem Prüfstand der<br />
Wissenschaft und Praxis, die das Marktumfeld grundlegend<br />
verändern werden. Eine flexible und offene Unternehmenskultur<br />
schafft die Voraussetzung für Innovation<br />
und kommerziellen Erfolg. Gleichzeitig müssen Unternehmen<br />
nicht zuletzt vor dem Hintergrund des demografischen<br />
Wandels Talent-Management zur Priorität<br />
machen: Nur hochqualifizierte und motivierte Mitarbeiter<br />
können ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit sichern.<br />
Immer wichtiger werden deshalb Themen wie Mitarbeiterführung,<br />
Weiterbildung innerhalb und außerhalb des Unternehmens<br />
sowie die Nutzung des Erfahrungspotenzials<br />
älterer Mitarbeiter.<br />
Auch weltweites Agieren bleibt ein grundlegender Bestandteil<br />
unternehmerischen Erfolgs. Jedoch werden<br />
internationale Beziehungsnetze immer komplexer. Insbesondere<br />
Fragen zu Nachhaltigkeit und sozialer Verantwortung<br />
prägen das Bild. Um die sich bietenden Chancen<br />
erfolgreich zu nutzen, sollten Unternehmen das Thema<br />
Risikomanagement grundlegend in ihre Strukturen und<br />
Prozesse einbinden und mit verantwortungsbewusster<br />
Führung, gelebter Transparenz und nachhaltiger Kontrolle<br />
sicher in die Zukunft steuern.<br />
Prof. Dr. Wolfgang Grewe<br />
Sprecher der Geschäftsführung Deloitte <strong>Deutschland</strong>
<strong>BDI</strong> – Bundesverband der Deutschen Industrie<br />
Deloitte<br />
<strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> stärken<br />
Inhalt<br />
5<br />
Inhalt<br />
Vorwort<br />
Aus der Krise in die Wachstumsoffensive – Wirtschaft und Politik als Wachstumspartner .....................................................03<br />
Deloitte in <strong>Deutschland</strong> ...........................................................................................................................................................................07<br />
Unternehmerische Strategien<br />
Innovation fördern und erfolgreich umsetzen .....................................................................................................................................10<br />
Mit neuen Strategien auf neuen Märkten erfolgreich sein.................................................................................................................12<br />
Talente gewinnen, binden und weiterbilden .........................................................................................................................................14<br />
Chancen der Globalisierung nutzen .......................................................................................................................................................17<br />
Verantwortung in Führung und Kontrolle gewährleisten .................................................................................................................20<br />
Impressum...................................................................................................................................................................................................24
Als Folge der Krise stehen<br />
volkswirtschaftliche Paradigmen<br />
und Geschäftsmodelle auf dem<br />
Prüfstand.<br />
Unternehmen müssen sich neu<br />
orientieren, um vom nächsten<br />
Aufschwung profitieren zu<br />
können. Besser und nachhaltiger<br />
wachsen lautet die Devise.
<strong>BDI</strong> – Bundesverband der Deutschen Industrie<br />
Deloitte<br />
<strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> stärken<br />
Deloitte in <strong>Deutschland</strong><br />
7<br />
Deloitte in <strong>Deutschland</strong><br />
Deloitte erbringt Dienstleistungen aus den Bereichen<br />
Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung, Consulting und Corporate<br />
Finance. Mit einem Netzwerk von Mitgliedsgesellschaften<br />
in 140 Ländern verbindet Deloitte erstklassige<br />
Leistungen mit umfassender regionaler Marktkompetenz<br />
und verhilft so Kunden in aller Welt zum Erfolg. »To be the<br />
Standard of Excellence« – für die 165.000 Mitarbeiter von<br />
Deloitte ist dies gemeinsame Vision und individueller Anspruch<br />
zugleich. In <strong>Deutschland</strong> betreut Deloitte mit 4.200<br />
Mitarbeitern in 18 Niederlassungen seit mehr als 100 Jahren<br />
Unternehmen und Institutionen jederRechtsform und<br />
Größe aus allen Wirtschaftszweigen.<br />
Die Mitarbeiter von Deloitte haben sich einer Unternehmenskultur<br />
verpflichtet, die auf vier Grundwerten basiert:<br />
erstklassige Leistung, gegenseitige Unterstützung, absolute<br />
Integrität und kreatives Zusammenwirken. Sie arbeiten in<br />
einem Umfeld, das herausfordernde Aufgaben und umfassende<br />
Entwicklungsmöglichkeiten bietet und in dem jeder<br />
Mitarbeiter aktiv und verantwortungsvoll dazu beiträgt,<br />
dem Vertrauen von Kunden und Öffentlichkeit gerecht zu<br />
werden.
10 <strong>BDI</strong> – Bundesverband der Deutschen Industrie<br />
Deloitte<br />
<strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> stärken<br />
Unternehmerische Strategien<br />
Unternehmerische Strategien<br />
Innovation fördern und erfolgreich umsetzen<br />
Innovation ist die Keimzelle für Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit.<br />
Das gilt auch – und gerade – in Zeiten der Krise. Jetzt müssen Zukunftsperspektiven<br />
identifiziert und Megatrends genutzt werden.<br />
Doch ist das Hervorbringen und Realisieren durchschlagender<br />
Innovation kein Zufall – es bedarf einer flexiblen<br />
und offenen Unternehmenskultur, damit neue Ideen auch<br />
kommerziellen Markterfolg nach sich ziehen. Dabei geht<br />
es nicht nur um Produkt- und Prozessneuentwicklungen.<br />
Die Erfolge der Zukunft werden zunehmend auf institutioneller<br />
Innovation basieren.<br />
Marktorientierte Produktinnovation – Entwicklungen<br />
erfolgreich umsetzen<br />
Die Innovationsgeschwindigkeit grundlegender Neuentwicklungen<br />
ist in den vergangenen 250 Jahren stetig gestiegen.<br />
Produktlebenszyklen – die Zeitspanne von der<br />
Produktidee über Produktentwicklung und serielle Fertigung<br />
bis zum Verschwinden des Produktes vom Markt<br />
– haben sich, nicht zuletzt aufgrund des zunehmenden<br />
Einzugs der Elektronik in nahezu alle Produkte, drastisch<br />
verkürzt. Für Unternehmen ist es daher essenziell, Produktinnovationen<br />
nicht nur voranzutreiben, sondern diese<br />
auch schnell in marktfähige Produkte umzusetzen.<br />
Doch wie wird sichergestellt, dass Innovationen auch<br />
kommerzielle Erfolge nach sich ziehen? Die Wahrscheinlichkeit,<br />
bahnbrechende neue Konzepte zu generieren,<br />
steigt erheblich, wenn nicht nur das gesamte Unternehmen<br />
in die Ideenfindung eingebunden wird, sondern auch Kunden,<br />
Lieferanten und die externe Forschung. Ein effektiver<br />
Innovationsprozess betrachtet äußere Faktoren und analysiert<br />
deren wirtschaftlichen Wert gegenüber den Markterwartungen,<br />
um dann vielversprechende Ideen schnell zu<br />
entwickeln und umzusetzen. Denn Innovation an sich<br />
reicht nicht aus, um Unternehmen erfolgreich zu machen.<br />
Entscheidend ist, dass sich das neue Produkt oder die neue<br />
Dienstleistung im Konkurrenzkampf durchsetzen kann<br />
und kommerzielle Erfolge erzielt. Unternehmen legen die<br />
Basis für profitable Innovationen durch eine Unternehmenskultur,<br />
die sich auszeichnet durch:<br />
• Durchblick: Gute Übersicht über die gesamte Wertschöpfungskette,<br />
unterstützt durch Informationen über<br />
Produktrentabilität, Produktions- und Distributionskosten<br />
sowie die Fähigkeit, Zukunftsszenarien zu<br />
modellieren.<br />
• Flexibilität im Bereich Produktdesign und -plattformen,<br />
die eine schnelle Modifizierung des Produktangebots<br />
zulässt, um Marktnachfragen zu befriedigen, sowie Flexibilität<br />
im Supply Chain Management, um Produktionslasten<br />
und -volumina sowie den Produktmix schnell<br />
anzupassen.<br />
• Offenheit: Aufgeschlossenheit gegenüber Kunden und<br />
Lieferanten, um Produktanforderungen festzustellen<br />
und neue Komponenten und Materialien zu entwerfen.<br />
• Technologieeinsatz: Nutzung hochentwickelter Technologien<br />
für das Product Lifecycle Management (PLM),<br />
Produktdatenmanagement (PDM), Customer Relationship<br />
Management (CRM) sowie Advanced Planning<br />
and Scheduling (APS).<br />
Innovationsprozess: Verknüpfung der Einzelteile<br />
2<br />
3<br />
4<br />
Intellektuelles<br />
Kapital<br />
Ideengenerierung<br />
Marktuntersuchung<br />
Quelle: Deloitte<br />
Anpassung an mögliche Marktveränderungen<br />
basierend auf dem Innovator´s Solution Framework<br />
5 6 7<br />
Integration,<br />
Projektentwicklung<br />
& Implemen-<br />
oder<br />
Finanzierung<br />
Abspaltung<br />
tierung<br />
Aufgabe<br />
Gewinn/Produktivitätsverbesserungen<br />
Führung/Kultur<br />
Darüber hinaus haben erfolgreiche Unternehmen formalisierte<br />
Prozesse und Systeme, die die Entwicklung und<br />
Umsetzung von Ideen fördern und unterstützen. Sich das<br />
Ziel zu setzen, Produktinnovation als Wachstumsmotor<br />
zu nutzen, ist einfach. Es gewinnbringend zu erreichen,<br />
jedoch nicht. Denn dazu braucht es ein tiefes Verständnis<br />
der Herausforderungen und Chancen sowie die nötigen<br />
Ressourcen. Betriebliche Prioritäten und Kapazitäten<br />
müssen an der Wachstumsstrategie ausgerichtet sein.<br />
1<br />
Anteile wichtiger Zie<br />
Anteile wichtiger Z
<strong>BDI</strong> – Bundesverband der Deutschen Industrie<br />
Deloitte<br />
<strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> stärken<br />
Unternehmerische Strategien<br />
11<br />
Institutionelle Innovation – Keimzelle von Wachstum und<br />
Wettbewerbsfähigkeit<br />
Wir leben heute in einer Welt, in der sich Infrastruktur, Institutionen,<br />
Identitäten, Methoden und Beziehungen kontinuierlich<br />
neu gestalten. Um in dieser Umwelt erfolgreich<br />
zu sein, müssen Unternehmen schnell agieren. Das bedeutet,<br />
dass sie den Ideenfindungsprozess über das zu eng<br />
gefasste Konzept der Produktinnovation hinaus ausweiten<br />
müssen. Vor dem Hintergrund kürzerer Produktlebenszyklen<br />
und Märkte, die in eine endlose Reihe kleiner Nischen<br />
zerfallen, verläuft ausschließliches Wachstum durch<br />
neue Produkteinführungen sehr schnell im Sande.<br />
Prozessinnovation kann längerfristige Gewinne abwerfen.<br />
Dennoch werden auch hier die Prozesslebenszyklen<br />
kürzer angesichts der sich rapide verändernden wirtschaftlichen<br />
Rahmenbedingungen. In der heutigen hoch<br />
vernetzten Welt können Prozesse leicht kopiert werden.<br />
Die Fähigkeit, mehr Wert durch Prozesslernen zu generieren,<br />
endet schnell in der Realität rückläufiger Erträge, die<br />
aus dem Erfahrungskurvenkonzept bekannt ist: Immer<br />
mehr Aufwand muss betrieben werden, um den gleichen<br />
Grad an Leistungsverbesserung hervorzubringen.<br />
Innovationen entstehen nicht von allein. Unverzichtbar<br />
sind institutionelle Strukturen und Prozesse, die Entwicklungen<br />
überhaupt erst ermöglichen. In diese Strukturen<br />
und Prozesse müssen neben den eigenen Mitarbeitern<br />
auch externe, außerhalb des Unternehmens stehende Wissensträger<br />
eingebunden werden, die ein eng verwobenes<br />
Netzwerk bilden. Dieses Netzwerk bildet die Grundlage<br />
der institutionellen Innovation. Der Nährboden für Innovation<br />
wird dabei zunehmend durch skalierbares, institutionsübergreifendes<br />
Lernen geschaffen, das sich mit der<br />
Zahl der partizipierenden Wissensträger verstärkt. Dies<br />
wiederum führt zu ergiebigerer und stabilerer Produktund<br />
Prozessinnovation und letztendlich zu der Flexibilität<br />
und Agilität, die Unternehmen brauchen, um sich in einer<br />
Welt schnell verändernder Präferenzen zu behaupten. Dabei<br />
kommt es darauf an, produktivere Wege zu suchen, um<br />
Talente aufzuspüren und Beziehungen aufzubauen, die effektives<br />
Lernen über das Unternehmen hinaus fördern. Es<br />
gibt einige organisatorische Prinzipien, die Unternehmen<br />
helfen können, Lernprozesse zu beschleunigen und institutionelle<br />
Innovation zu fördern:<br />
• Wissensnetze: Neue Erkenntnisse und neues Wissen<br />
steigen mit dem Grad der kognitiven Diversität. Das bedeutet,<br />
institutionelle Maßnahmen so zu steuern, dass<br />
sie über das eigene Unternehmens hinausgehen. Notwendig<br />
ist der Zugang zu einem vielfältigen Fundus an<br />
Expertenwissen und Erfahrungen. Dabei müssen langfristige,<br />
auf Vertrauen basierende Beziehungen wachsen<br />
– ein nicht einfaches Unterfangen, denn Diversität führt<br />
oft zu Missverständnissen und Misstrauen. Innovative<br />
institutionelle Maßnahmen können diesen Prozess unterstützen.<br />
• Modulare und kollektive Entscheidungsfindung:<br />
Starre Aktionspläne schränken die Möglichkeit des Experimentierens<br />
stark ein. Ein modulares Konzept unterschiedlicher<br />
Unternehmensbereiche mit gut definierten<br />
Schnittstellen schafft mehr Raum für dezentralisierte<br />
Innovation und Lernen. Wenn jedoch der Entscheidungsfindungsprozess<br />
in selbstverwaltete Einheiten<br />
verteilt wird, ist es zugleich wichtig, Konfliktlösungsund<br />
Eskalationspläne abzuklären. So kann sichergestellt<br />
werden, dass erforderliche Maßnahmen über die<br />
Geschäftseinheiten hinweg zeitnah ergriffen werden<br />
können.<br />
• Reputationsmechanismen und Feedbackschleifen:<br />
Je weitreichender das interne und externe Beziehungsnetz<br />
eines Unternehmens ist, desto schwieriger ist es,<br />
das komplette Angebot verfügbarer Erfahrung und<br />
Know-how zu überschauen. Reputationsmechanismen<br />
verbessern den Überblick und stellen gleichzeitg auch<br />
einen Anreiz zur Mitarbeit dar. Performance-Measurement-Systeme<br />
und Feedbackschleifen helfen allen Beteiligten<br />
im Innovationsnetz, ihre Arbeit zu reflektieren<br />
und ihre Leistung zu steigern.<br />
• Anreizstrukturen: Zu starke Fokussierung auf kurzfristige<br />
finanzielle Anreize untergräbt die Fähigkeit,<br />
Vertrauen zu fassen und langfristig zu denken. Entlohnungskonzepte<br />
sollten deshalb ausgeweitet und mit<br />
nicht-finanziellen Aspekten – zum Beispiel mit Konzepten<br />
zu Talententwicklung – angereichert werden. Das<br />
ermutigt Mitarbeiter, mehr in Gemeinschaftsprojekte<br />
zu investieren.<br />
Die Perspektive der institutionellen Innovation geht über<br />
die Idee der sogenannten Open Innovation hinaus, die<br />
hauptsächlich darauf abzielt, durch Inanspruchnahme<br />
von Dritt-Ressourcen Produktentwicklungen zu unterstützen.<br />
Institutionelle Innovation umfasst alle wichtigen<br />
Betriebsprozesse des Unternehmens von Supply Chain<br />
Management und Produktinnovation bis zu Customer<br />
Relationship Management. Sie beruht auf dem Aufbau<br />
skalierbarer und langfristiger, vertrauensbasierter Beziehungen,<br />
die das Lernen auf allen Seiten beschleunigen<br />
kann. Unternehmen, die diese Herausforderung meistern,<br />
werden die nächste Welle des Wachstums anführen.
12 <strong>BDI</strong> – Bundesverband der Deutschen Industrie<br />
Deloitte<br />
<strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> stärken<br />
Unternehmerische Strategien<br />
Mit neuen Strategien auf neuen Märkten erfolgreich sein<br />
Die Errungenschaften des letzten Jahrhunderts waren stark auf Produktivitätssteigerungen<br />
ausgerichtet und beruhten vor allem auf Produktund<br />
Prozessinnovationen. Mit einem Fokus auf Nachhaltigkeit zeichnet<br />
sich ab, dass die nächste Innovationswelle in eine andere Richtung gehen<br />
muss: neben Produkten und effizienteren Prozessen sind Ideen für neue<br />
Geschäftsmodelle gefragt.<br />
Die wegweisenden Unternehmen gestalten dabei selbst<br />
neue Märkte und unterstützen den Prozess der Innovation<br />
durch das gezielte Vernetzen mit externen Ideenträgern aus<br />
Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft. Zunehmend<br />
verschwimmen auch die Grenzen zwischen Industrien.<br />
Shaping Strategy – Aktive Gestaltung des Marktumfelds<br />
In einer Welt, die gravierenden und immer schnelleren<br />
Veränderungen unterworfen ist, können Unternehmen,<br />
die diese Veränderungen mit gestalten, enorme Wettbewerbsvorteile<br />
erzielen. Eine sogenannte Shaping Strategy<br />
oder Gestaltungsstrategie ist nichts weniger als der Versuch,<br />
die Wettbewerbsbedingungen für einen Marktsektor<br />
neu zu definieren. Ist der Versuch erfolgreich, verschafft er<br />
allen, die die neuen Bedingungen rechtzeitig annehmen,<br />
Vorteile. Einige Unternehmen reformieren Märkte und<br />
Branchen durch M&A-Strategien und erreichen so neue<br />
Skalen- und Synergieeffekte. Disruptive Innovationen<br />
(»zerstörerisch« werden sie deshalb genannt, weil sie neue<br />
Regeln im Wettbewerb einer Branche aufstellen) verändern<br />
Märkte ebenfalls. Diese Strategien erfordern hohen<br />
Kapitaleinsatz und bergen große Risiken – wobei Erfolg<br />
vorerst nur für das gestaltende Unternehmen zu ernten ist.<br />
Eine erfolgreiche Shaping Strategy bedarf neben dem gestaltenden<br />
Unternehmen weiterer Marktteilnehmer, die<br />
sich aktiv, insbesondere durch Investitionen, an der Umgestaltung<br />
der Marktbedingungen beteiligen. Zu den Beispielen<br />
erfolgreicher Shaping Strategies zählt Malcolm<br />
McLeans Einführung des Standardcontainers in der<br />
Schifffahrt, die ohne eine Adaption durch weitere Netzwerkteilnehmer<br />
(Häfen, Bahn, LKW) nicht erfolgreich<br />
gewesen wäre. Auch Microsoft und Intels Revolutionierung<br />
des PC-Marktes oder jüngst der Einfluss von Google<br />
auf das Anzeigengeschäft, von Facebook auf soziale Netzwerke<br />
und Salesforce.com auf Unternehmenssoftware sind<br />
Beispiele für erfolgreiche Shaping Strategies. Sie haben<br />
globale Ökosysteme geprägt und dadurch Branchen und<br />
Märkte grundlegend verändert.<br />
Eine erfolgreiche Shaping Strategy involviert drei in<br />
Wechselbeziehung stehende Elemente: eine gestaltende<br />
Sichtweise (»View«), die bei der Ausrichtung der Teilnehmer<br />
hilft; eine Gestaltungsplattform (»Platform«), die<br />
Hebelkraft bereitstellt; und spezifische Gestaltungshandlungen<br />
(»Action«), die die Teilnehmer davon überzeugen,<br />
dass das gestaltende Unternehmen es ernst meint und die<br />
Gestaltungsmaßnahmen zuwege bringen kann. Diese drei<br />
Elemente wirken zusammen in Unterstützungs- und Feedback-Schleifen<br />
und helfen Gestaltern, schnell die entscheidende<br />
Menge von Teilnehmern zu mobilisieren.<br />
Eine Shaping Strategy erfordert hohe Risikobereitschaft<br />
und ein einzigartiges Verständnis des Unternehmensumfelds,<br />
sowohl auf Mikro- als auch auf Makroebene. Gestaltende<br />
Unternehmen benötigen außerdem Manager,<br />
die diese Sichtweisen intern und extern überzeugend vertreten,<br />
stabile Gestaltungsplattformen aufbauen und Beziehungen<br />
mit einer großen Anzahl externer Teilnehmer<br />
koordinieren können.<br />
Netzwerke – Neue Wege der Zusammenarbeit<br />
Mit wachsenden Anforderungen und dem Anspruch auf<br />
immer spezifischeres Expertenwissen passieren viele Innovation<br />
heute nicht mehr ausschließlich innerhalb eines<br />
Unternehmens, sondern verstärkt zwischen verschiedenen<br />
Unternehmen und in weiten Netzwerke. Der Zugang zu<br />
externen Fertigkeiten ist unabkömmlich. Netzwerke beinhalten<br />
Geschäftsbeziehungen mit Dritten, die sich durch<br />
Zusammenarbeit und Interdependenz auszeichnen. Risiko<br />
und Gewinn werden geteilt. Der Schwerpunkt der Definition<br />
liegt dabei auf dem Inhalt der Beziehung, nicht deren<br />
Form. Was wie eine klassische Kunden- oder Lieferantenbeziehung<br />
erscheint, könnte inhaltlich einer Allianz oder<br />
Kooperation gleichkommen. Die Treiber für Wertschöpfung<br />
in Netzwerken sind mannigfach:
<strong>BDI</strong> – Bundesverband der Deutschen Industrie<br />
Deloitte<br />
<strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> stärken<br />
Unternehmerische Strategien<br />
13<br />
Vom traditionellen Geschäftsmodell zum Unternehmensnetzwerk<br />
Traditionelles Geschäftsmodell – das Unternehmen steht im<br />
Zentrum des Geschäftsumfelds<br />
Erweitertes Geschäftsmodell – das Unternehmen ist Teil eines<br />
weiten Netzwerks<br />
Anteile w<br />
Anteile<br />
Andere Drittbeziehung<br />
Company<br />
Company<br />
Allianzen und<br />
Partnerschaften<br />
Erweitertes Geschäftsmodell<br />
Quelle: Deloitte<br />
• Zugang zu knappen Fähigkeiten und Ressourcen (auch<br />
Finanzkapital)<br />
• Wege zu neuen Märkten und Erschließung neuer Technologien<br />
• Skaleneffekte, Kostenreduktion und Risikominimierung<br />
• Plattformen zur Problemlösung und Ideenfindung<br />
Wenn Netzwerke richtig organisiert werden, können sie<br />
eine Plattform für Wachstumssteigerung und Innovation<br />
darstellen. Die Kernfrage ist, wie gut das Unternehmen die<br />
Strategie umsetzen kann. Um das erweiterte Unternehmensmodell<br />
effektiv zu managen, muss der traditionelle<br />
Ansatz von Wertschöpfung und Risikomanagement modifiziert<br />
werden. Es sind externe Parteien involviert, für die<br />
andere kulturelle Werte und Normen gelten können.<br />
• Strategie und Organisation: Kooperationen muss das<br />
gleiche Maß an Unterstützung durch die Unternehmensführung<br />
zukommen wie beispielsweise Akquisitionen.<br />
Eine effektive Kooperation wird von oben geführt<br />
und ergänzt die Geschäftsstrategie. Es muss Klarheit<br />
darüber herrschen, welche Kernkompetenzen durch die<br />
Allianz freigesetzt oder zugänglich gemacht werden.<br />
• Geschäftsprozess: Um Probleme zu vermeiden, sollte es<br />
einen klaren internen Abstimmungsprozess geben, bevor<br />
eine Allianz- oder Kooperationsbeziehung überhaupt<br />
in Erwägung gezogen wird. Wenn eindeutig festgestellt<br />
wurde, dass eine Kooperation der richtige Weg ist, sollte<br />
ein nahtloser »End to End«-Prozess zwischen den beiden<br />
Parteien in Gang gesetzt werden, in Folge dessen die Rollen<br />
und Verantwortungsbereiche der Partner festgelegt<br />
werden. Solche Prozesse müssen durch die passende Technologie<br />
und eine einheitliche Kommunikation unterstützt<br />
werden – vor allem da, wo Berührungspunkte zu Dritten<br />
(zum Beispiel Kunden oder Lieferanten) bestehen.<br />
• Führung und Kontrolle: Im Hinblick auf Kontrolle von<br />
Kooperationen müssen zwei Extreme vermieden werden<br />
– beide können den Ruf der Unternehmen gefährden und<br />
finanzielles Risiko bedeuten. Im einen Fall geben Unternehmen<br />
zu viel Kontrolle und Vertrauen an die andere<br />
Partei ab. Sie teilen beispielsweise vertrauliche Informationen<br />
ohne effektive Kontrollmechanismen, übersehen<br />
opportunistisches, konkurrenzbetontes Verhalten der<br />
anderen Seite oder missachten verfrühte Meldungen an<br />
die externe Gemeinschaft über zukünftige Erwartungen.<br />
Im anderen Extrem könnte das Vertrauen eines Unternehmens<br />
in die Allianz- oder Kooperationsbeziehung<br />
sehr gering sein. Vertragsverhandlungen verzögern sich,<br />
wenn das Gefühl entsteht, dass einer der Kooperationspartner<br />
bevorzugt wird. Zu geringes Vertrauen gefährdet<br />
die Ziele der Kooperation und die langfristige Beziehung.<br />
• Performance Management: Oft sind der Führungsebene<br />
jedoch gar nicht alle Allianzen und Kooperationen bekannt,<br />
an denen ihre Organisation beteiligt ist – sie werden<br />
dementsprechend auch nicht zentral gesteuert oder<br />
evaluiert. Organisationen sollten die Effektivität von Allianzen<br />
und Kooperationen messen. Dabei sind nicht nur<br />
Kennzahlen und Finanzdetails wichtig. Die regelmäßige<br />
Evaluierung einer Kooperation ist eine pro-aktive Maßnahme<br />
für die langfristige Stabilität der Beziehung.
14 <strong>BDI</strong> – Bundesverband der Deutschen Industrie<br />
Deloitte<br />
<strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> stärken<br />
Unternehmerische Strategien<br />
Talente gewinnen, binden und weiterbilden<br />
Die Investition in Humankapital ist für Unternehmen einer der wichtigsten<br />
Faktoren für nachhaltiges Wachstum. Laut einer Untersuchung<br />
des Institutes der deutschen Wirtschaft wird die Innovationsfähigkeit<br />
deutscher Unternehmen in den kommenden Jahren unter dem Rückgang<br />
des Anteils jüngerer und häufig risikofreudigerer Arbeitskräfte leiden.<br />
Der im internationalen Vergleich niedrige Akademikeranteil<br />
stellt die Wirtschaft vor zusätzliche Herausforderungen<br />
– es fehlen vor allem Mathematiker, Ingenieure<br />
und Naturwissenschaftler. Unternehmen müssen vor dem<br />
Hintergrund dieses demografischen Trends schon jetzt<br />
gegensteuern: Nur hochqualifizierte und motivierte Mitarbeiter<br />
können ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit<br />
sichern. Immer wichtiger werden deshalb Themen wie<br />
Mitarbeiterführung, Weiterbildung innerhalb und auch<br />
außerhalb des Unternehmens sowie die Nutzung des Erfahrungspotenzials<br />
älterer Mitarbeiter.<br />
Talent Management – Neue strategische Herausforderungen<br />
Ein nachhaltiger Wachstumskurs lässt sich nur mit hochqualifizierten<br />
und motivierten Mitarbeitern realisieren.<br />
Das Bekenntnis zu Innovationen im Talent Management<br />
kann grundlegende Verbesserungen vorantreiben.<br />
Für Talent Management gibt es keine einheitliche Formel<br />
– nicht einmal innerhalb einer Branche. Wie einzelne<br />
Elemente sich zu einer Talent-Management-Strategie<br />
zusammenfügen, hängt von der jeweiligen Unternehmensstrategie<br />
ab und sollte diese widerspiegeln.<br />
• Strategische Personalplanung: Ein unverzichtbares<br />
Grundelement jeder Talent-Management-Strategie ist<br />
eine strategische Mitarbeiteranalyse und Bedarfsplanung.<br />
Welche Mitarbeitergruppen sind für die Sicherung<br />
des Unternehmenswerts besonders wichtig und<br />
nur schwer ersetzbar? Wie wird sich die interne Nachfrage<br />
nach diesen Talenten entwickeln? Strategische<br />
Mitarbeiteranalysen auf Basis der für das nachhaltige<br />
Wachstum des Unternehmens benötigten Kompetenzen<br />
und Talente verhindern, dass erfolgskritische Talente in<br />
der Krise »aus Versehen« freigesetzt werden oder aufgrund<br />
von Unsicherheit das Unternehmen verlassen.<br />
Unternehmen müssen ihr Wissen über externe Talentmärkte<br />
schärfen, die ein Reservoir zur Deckung des<br />
internen Bedarfs darstellen. Dabei sollten alle Verfahren<br />
und Modelle zur Anwendung kommen, die zur Auswertung<br />
von Datenbanken, statistischen Analysen und<br />
Trendberechnungen für die Suche, Bindung und den<br />
Einsatz von Mitarbeitern zur Verfügung stehen. Eine<br />
Unternehmensplanung ist nur so gut wie die Erkenntnis,<br />
woher die Mitarbeiter und Kompetenzen, die für<br />
das langfristige Wachstum erforderlich sind, kommen<br />
sollen.<br />
• Mitarbeiterbindung: Eine der wichtigsten Quellen zur<br />
Deckung zukünftigen Personalbedarfs ist die bestehende<br />
Belegschaft. Vor dem Hintergrund, dass sich die<br />
Diskrepanz zwischen Personalbedarf und verfügbaren<br />
Talenten in den nächsten Jahren weiter zuspitzen wird,<br />
gewinnen strategische Instrumente zur Mitarbeiterbindung<br />
immer mehr an Bedeutung. Der Schlüssel zu zufriedenen<br />
Mitarbeitern ist der Dialog. Dieser kann ganz<br />
unterschiedlich ablaufen: Über Umfragen, Coaching,<br />
Fokusgruppen, Mitarbeitergespräche oder Online-Foren.<br />
Der Dialog mit Mitarbeitern muss zu einem festen<br />
Welche Mitarbeiter zählen am meisten?<br />
Schwierigkeit, die Fähigkeiten/Kompetenzen zu ersetzen<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
Quelle: Deloitte<br />
Spezialisten<br />
Sie besitzen Fähigkeiten, die im<br />
Unternehmen nicht ausreichend<br />
verfügbar sind und intern nicht<br />
kosteneffizient ausgebildet<br />
werden können.<br />
Flexible Arbeitskräfte<br />
Diese Mitarbeiter kann ein<br />
Unternehmen nutzen, wenn es<br />
zeitweise einen hohen Bedarf<br />
decken oder Kosten senken muss.<br />
Ein Beispiel sind Leiharbeiter.<br />
Erfolgskritische<br />
Mitarbeitersegmente<br />
Dies sind hoch qualifizierte und<br />
gut ausgebildete Mitarbeiter,<br />
die einen überproportionalen Anteil<br />
zum Ergebniswachstum beitragen.<br />
Kernbelegschaft<br />
Sie sind das operative Rückgrat<br />
des Unternehmens – Mitarbeiter,<br />
die die Prozesse beherrschen,<br />
deren Wissen und Fähigkeiten<br />
aber vergleichsweise einfach<br />
ersetzbar sind.<br />
1 2 3 4 5<br />
Einfluss auf die Wertschöpfungskette<br />
Anteile wichtiger Zie<br />
Anteile wichtiger Z
<strong>BDI</strong> – Bundesverband der Deutschen Industrie<br />
Deloitte<br />
<strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> stärken<br />
Unternehmerische Strategien<br />
15<br />
Bestandteil des Unternehmensalltags avancieren. In<br />
den meisten Unternehmen haben Mitarbeiter ähnliche<br />
Bedürfnisse: Anerkennung und Respekt, Flexibilität<br />
und Wahlmöglichkeiten, Verantwortung und Eigenständigkeit,<br />
sinnvolle Aufgaben und Work-Life-Balance.<br />
Unternehmen, die neue, innovative Wege gehen,<br />
um den Bedürfnissen ihrer Mitarbeiter gerecht zu werden,<br />
können am Talentemarkt erhebliche Wettbewerbsvorteile<br />
erzielen.<br />
• Individualisierte Karriereentwicklung: Ein flexibles<br />
Karrieremodell wie Mass Career Customization (MCC)<br />
gewährleistet ein großes Maß an Individualität im Rahmen<br />
der Karriereplanung und Talententwicklung. Das<br />
Modell nutzt eine definierte Anzahl von Wahlmöglichkeiten<br />
innerhalb von vier Karrieredimensionen:<br />
Geschwindigkeit, Arbeitspensum, Arbeitsort/Arbeitszeiteinteilung<br />
und Position. Mit MCC-Prozessen lassen<br />
sich diese Optionen ganz nach den Bedürfnissen des<br />
Einzelnen als Teil einer Karriere steuern. So können<br />
Unternehmen beispielsweise auch die Partizipation von<br />
Frauen entlang des gesamten Karrierepfads erhöhen<br />
und das Potenzial weiblicher Führungskräfte voll nutzen.<br />
Weitere Vorteile für den Arbeitgeber liegen in der<br />
Erleichterung langfristiger Personalbedarfsplanung und<br />
-prognose und generell höherer Mitarbeiterzufriedenheit.<br />
Außerdem erzeugen flexible Karrieremodelle größere<br />
Loyalität und unterstützen Mitarbeiter dabei, sich<br />
auf das Erreichen der für die Organisation wichtigsten<br />
Aufgaben und Ziele zu konzentrieren. Von effektiven<br />
Personalbindungsprogrammen profitiert das Unternehmen<br />
gleich doppelt: Zum einen spart das Unternehmen<br />
die Kosten einer Neubesetzung – die erheblich sein können<br />
–, zum anderen erhöhen motivierte Mitarbeiter die<br />
Produktivität und das Wertschöpfungspotenzial.<br />
Die inverse Pyramide – Ältere Mitarbeiter als Erfolgsfaktor<br />
Neben einer schwindenden Zahl an Nachwuchskräften<br />
birgt der demografische Wandel eine weitere Herausforderung<br />
für Unternehmen: Die nachhaltige Integration älterer<br />
Mitarbeiter. Innovative Personalstrategien zielen deshalb<br />
nicht nur auf die Gewinnung junger Talente ab, sondern<br />
legen auch besonderes Augenmerk auf ältere Arbeitnehmer<br />
– sowohl bei der Mitarbeiterbindung als auch beim<br />
Recruiting.<br />
Erfahrene Mitarbeiter tragen maßgeblich zur unternehmerischen<br />
Wissensbilanz bei. Zur speziellen Nutzung dieses<br />
Kapitals sind jedoch zunächst Vorurteile abzubauen.<br />
So nimmt zum Beispiel die Entwicklung von Weiterbildungskonzepten<br />
bisher kaum Rücksicht auf die speziellen<br />
Bedürfnisse von Älteren. Neben Versäumnissen bei der<br />
altersgerechten Didaktik gehen sinkende Lern- und Weiterbildungsbereitschaft<br />
aber auch einher mit mangelnden<br />
beruflichen Zukunftsperspektiven und Unterforderung bei<br />
den Aufgabenstellungen. Dem kann das Angebot flexibler<br />
Karrieremodelle entgegenwirken. Außerdem lässt sich<br />
die Motivation älterer Mitarbeiter durch die aktive Einbindung<br />
in Know-how-Transfer-Projekte, Patenschaften<br />
oder Mentoring für jüngere Kollegen steigern. Auch bei der<br />
Schulung und Einarbeitung neuer Mitarbeiter, bei Weiterbildung<br />
und der Zusammensetzung von Projektteams bietet<br />
sich die Nutzung ihres Wissens an.<br />
Optimiertes Talent Management erfüllt die Bedürfnisse<br />
verschiedenster Mitarbeiter und aller Generationen, lässt<br />
aber gleichzeitig die Unterschiede nicht außer Acht. Ist<br />
ein Unternehmen ein guter Ort, um eine Karriere zu starten,<br />
eine Familie zu gründen und seine Laufbahn in einem<br />
interessanten Umfeld zu beenden? Eine Organisation, die<br />
alle drei Punkte bejahen kann, ist in einer hervorragenden<br />
Position, um die besten Talente anzuziehen und zu halten.<br />
Erfolgsfaktor Fortbildung –<br />
Zielgerichtete Maßnahmen führen zum Ziel<br />
Der Mangel an Nachwuchskräften betrifft fast alle Sektoren.<br />
Gleichzeitig ändern sich Arbeitsinhalte und<br />
Arbeitsumgebung heute so schnell wie nie zuvor. Anforderungen<br />
an die Belegschaft wachsen – Mitarbeiter<br />
benötigen Spezialwissen, aber auch multifunktionale Fähigkeiten.<br />
Vor dem Hintergrund dieser wirtschaftlichen,<br />
demografischen und sozialen Trends wird das Thema der<br />
Mitarbeiterentwicklung eine immer wichtigere strategische<br />
Rolle einnehmen. Erfolgreiche Unternehmen setzen<br />
innovative Lernangebote und Entwicklungsprogramme<br />
schon jetzt systematisch ein und bedienen sich dabei aller<br />
zur Verfügung stehenden modernen Instrumente. Dazu<br />
gehören insbesondere Angebote des E-Learning. Jedoch<br />
können diese nur modular und in Verbindung mit anderen<br />
wichtigen Elementen der betrieblichen Weiterbildung –<br />
insbesondere Coaching, Mentoring und praktischem Training<br />
– ihre maximale Wirkung entfalten. Unternehmen,<br />
die diese Elemente erfolgreich zu einem zeit- und kosteneffizienten<br />
Entwicklungsprogramm verbinden, bieten ihren<br />
aufstrebenden Führungskräften ein motivierendes Angebot<br />
der betrieblichen Weiterbildung.<br />
Eine lernende Organisation muss Weiterbildungslösungen<br />
anbieten, die sowohl das individuelle Lernen als auch das<br />
Lernen der Organisation fördern. Hierzu gehört eine überzeugende<br />
Vision, wie Bildung und der Einsatz neuer und<br />
kreativer Lernmethoden den strategischen Erfolg des Unternehmens<br />
beeinflussen können. Das Instrumentarium
16 <strong>BDI</strong> – Bundesverband der Deutschen Industrie<br />
Deloitte<br />
<strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> stärken<br />
Unternehmerische Strategien<br />
Das »Learning Capability Framework«<br />
Klassischer Unterricht<br />
Online & Mobile Learning<br />
Kompetenzbeurteilung & Feedback<br />
Literatur<br />
Betriebliche Fortbildung<br />
Geleitetes Lernen<br />
Anteile wichtiger<br />
Anteile wichtige<br />
Arbeitsbegleitendes Lernen<br />
Coaching von Führungskräften<br />
Mentoring & Feedback<br />
Informationsquellen<br />
Communities of Practice<br />
Expertennetze<br />
Selbstgesteuertes Lernen<br />
Performance-Support-Systeme<br />
Suche & Hilfe<br />
Quelle: Deloitte<br />
eines kompletten »Learning Capability Framework« umfasst<br />
sowohl geleitetes als auch selbstgesteuertes Lernen.<br />
Zur Dimension des geleiteten Lernens gehören Schulungsprogramme,<br />
die dazu dienen, bestimmte Lernziele anzugehen<br />
und üblicherweise Ansätze des Didaktischen Designs<br />
beinhalten. Selbstgesteuertes oder informelles Lernen hingegen<br />
benötigt kein bestimmtes Lehrkonzept.<br />
Idealerweise sind beide Dimensionen des Learning Capability<br />
Framework in den Lernprozess am Arbeitsplatz<br />
eingebunden. Wichtig dabei ist die Erkenntnis, dass Unternehmen,<br />
die diese Herausforderungen nicht alleine<br />
meistern können, die Hilfe qualifizierter Experten und die<br />
Infrastruktur hochwertiger unternehmensexterner Weiterbildungsstätten<br />
nutzen können. Gerade an Letzterem<br />
scheint es in <strong>Deutschland</strong> allerdings zu mangeln. Laut einer<br />
aktuellen Studie des Stifterverbandes wünschen sich<br />
deutsche Unternehmen bessere Angebote seitens der Universitäten,<br />
um die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter zu fördern.<br />
Neben dem Wissens- und Erfahrungsgewinn für das Unternehmen<br />
hilft ein nachhaltiges Konzept zur Mitarbeiterentwicklung<br />
auch, die Zufriedenheit der Belegschaft zu<br />
erhöhen. Menschen wollen lernen, sich entwickeln und<br />
entfalten. Angebote seitens des Arbeitgebers, die Mitarbeiter<br />
dabei unterstützen, diese Ambitionen zu erreichen,<br />
erhöhen deren Motivation und Produktivität und tragen<br />
entscheidend zum Erfolg jedes Unternehmens bei. Mitarbeiter<br />
sind der Dreh- und Angelpunkt des Unternehmenserfolges.<br />
Nie zuvor war der Bedarf an Talent Management<br />
größer als heute. Unternehmen brauchen dabei durchdachte<br />
Gesamtlösungen über aller Altersstufen hinweg –<br />
von Recruiting über Fort- und Weiterbildungsangebote bis<br />
hin zu neuen, innovativen Karrieremodellen.
<strong>BDI</strong> – Bundesverband der Deutschen Industrie<br />
Deloitte<br />
<strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> stärken<br />
Unternehmerische Strategien<br />
17<br />
Chancen der Globalisierung nutzen<br />
Globales Denken ist ein entscheidender langfristiger Wettbewerbsfaktor.<br />
Dabei verschieben sich im Wandel zur wissensbasierten Gesellschaft die<br />
Prioritäten von Produkten zu Technologien und Dienstleistungen. Eine<br />
optimierte globale Wertschöpfungsstrategie verbindet Überlegungen auf<br />
Markt- und Produktionsseite.<br />
Auch neue Finanzierungsmöglichkeiten eröffnen sich.<br />
Internationale Beziehungsnetze werden – nicht zuletzt<br />
aufgrund zunehmender Regulierung – immer komplexer.<br />
Fragen zu Nachhaltigkeit und sozialer Verantwortung prägen<br />
das Bild. Um die sich bietenden Chancen erfolgreich<br />
zu nutzen, müssen Unternehmen das Thema Risikomanagement<br />
grundlegend in ihre Strukturen und Prozesse<br />
einbinden.<br />
Globalization revisited – Globale Märkte im Wandel<br />
Weltweit zu agieren ist keine freie Wahl, sie ist und bleibt<br />
ein grundlegender Bestandteil für unternehmerischen Erfolg.<br />
Die größte Herausforderung besteht darin, die wichtigsten<br />
Trends und Chancen zu erkennen und mit den<br />
richtigen Strategien die Märkte der Zukunft zu erobern.<br />
Damit verbunden sind sowohl Entscheidungen zu Markteintritt<br />
und Investitionen als auch Überlegungen zur Optimierung<br />
der globalen Wertschöpfung.<br />
Die Entwicklung einer weltweiten Strategie und die Optimierung<br />
des »Global Footprints« – die Verteilung der<br />
Wertschöpfungsstufen über die weltweiten Standorte –<br />
sind komplexe, aber notwendige Aufgaben am heutigen<br />
zunehmend hart umkämpften Markt. Eine erfolgreiche<br />
Expansionsstrategie spricht wichtige Fragen an:<br />
• Wie sieht das Geschäftsszenario für die globale Expansion<br />
aus?<br />
• Welche Funktionen sind Globalisierungskandidaten?<br />
Produktion? Lieferkette? Vertrieb? Administration?<br />
• Wie sollte das Unternehmen sein Geschäft globalisieren?<br />
Auftragsfertigung? Joint Venture? Akquisition?<br />
Neugründung?<br />
• Welche Länder eignen sich am besten und wie kann ein<br />
optimales Gleichgewicht zwischen Kosten, Qualität,<br />
Marktchancen und kontrollierbarem Risiko hergestellt<br />
werden?<br />
Die Optimierung der globalen Wertschöpfungskette sollte<br />
genau analysiert werden, inklusive Offshoring und Outsourcing.<br />
Als Teil einer umfassenden Globalisierungsstrategie<br />
liefern sie einen wertvollen Beitrag zur Innovation<br />
und zur Fähigkeit, neue Märkte zu erschließen. Besonders<br />
in Industrien mit hohem Innovationsanteil werden<br />
neue Märkte nicht mit der Lieferung von Produkten erobert,<br />
sondern mit der Ansiedlung großer Teile der Wertschöpfung<br />
im Endmarkt. In Ländern, die als potenzielle<br />
zukünftige Absatzmärkte identifiziert wurden, bietet<br />
sich sogar die Zusammenarbeit bei Forschung und Entwicklung<br />
neuer Produkte an: So wird lokales Wissen mit<br />
ausländischer Technologie vereint, um Produkte auf die<br />
jeweiligen Marktgegebenheiten anzupassen. Dabei muss<br />
natürlich genau überlegt werden, welche Technologien reif<br />
für den Transfer sind. Neuentwicklungen und wichtiges<br />
intellektuelles Eigentum müssen ausreichend geschützt<br />
werden.<br />
Neue Konzepte der Unternehmensfinanzierung –<br />
Langfristige Kapitalpartner<br />
Die Globalisierung eröffnet auch neue Möglichkeiten auf<br />
dem Gebiet der Unternehmensfinanzierung. Derzeit sind<br />
Unternehmen in <strong>Deutschland</strong> immer noch sehr stark abhängig<br />
von Bankdarlehen und individuellen Kreditlinien.<br />
Aus gegebenem Anlass sind diese Finanzierungsstrategien<br />
neu zu überdenken. Als Ergänzung zur traditionellen<br />
Bankbeziehung bieten sich langfristige Substanzinvestoren<br />
an, die im Zuge der Globalisierung zunehmend im<br />
Ausland gewonnen werden können. Sovereign Wealth<br />
Funds (SWFs) sind auf diesem Gebiet seit einigen Jahren<br />
aktiv. Aber auch nationale und internationale Private-<br />
Equity-Investoren (PEs) können zuverlässige Kapitalgeber<br />
und Partner sein. Ungeachtet aller »Heuschrecken«-Polemik<br />
finanzieren viele Investoren konservativ und verpflichten<br />
sich, Gewinne in die Standorte der Unternehmen<br />
zu investieren, an denen sie beteiligt sind.<br />
Institutionelles Beteiligungskapital ist nicht für jedes Unternehmen<br />
geeignet. Die Auswahl des passenden Partners<br />
erfordert Branchenkenntnis und gute Kontakte.
18 <strong>BDI</strong> – Bundesverband der Deutschen Industrie<br />
Deloitte<br />
<strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> stärken<br />
Unternehmerische Strategien<br />
The Risk Intelligent Enterprise<br />
Risikoinfrastruktur<br />
& -management<br />
Risikoverantwortung<br />
Risk Governance<br />
Entwicklung und Umsetzung von Strategien<br />
Governance<br />
Risikobestimmung<br />
Risikoeinschätzung<br />
&<br />
-bewertung<br />
Strategie<br />
& Planung<br />
Risikointegration<br />
Aufsicht<br />
Ton an der Spitze<br />
Einheitliche<br />
Risikoinfrastruktur<br />
Mitarbeiter Prozesse Technologie<br />
Risikoprozess<br />
Reaktion<br />
auf<br />
Risiken<br />
Überwachung,<br />
Durchsetzung<br />
& Eskalation<br />
Operatives Geschäft/<br />
Infrastruktur Compliance Berichtswesen<br />
Risikoklassen<br />
Aufsichtsrat<br />
Nachhaltigkeit und fortlaufende Verbesserung<br />
Vorstandsebene<br />
Konzeption,<br />
Implementierung<br />
& Test von Kontrollmaßnahmen<br />
Geschäftsbereiche<br />
&<br />
Support-<br />
Funktionen<br />
Anteile wic<br />
Anteile wic<br />
Quelle: Deloitte<br />
Besonders der Einfluss ausländischer Staatsfonds muss<br />
unter Umständen differenziert betrachtet werden. Mit<br />
entsprechender Unterstützung und Vorbereitung bieten<br />
Substanzinvestoren jedoch eine attraktive, langfristige<br />
Alternative zu Bankkrediten und Kapitalmarktinstrumenten,<br />
die Unternehmen neue Chancen für innovatives<br />
Wachstum in die Zukunft eröffnet.<br />
Sicherheits-, Umwelt- und Sozialstandards –<br />
Erfolg in <strong>Deutschland</strong> und der Welt<br />
In einem wirtschaftlichen Netzwerk, dessen Teilnehmer<br />
weltweit Vorleistungen beziehen und Endprodukte<br />
absetzen, erweisen sich hohe Sicherheits-, Umwelt- und<br />
Sozialstandards zunehmend als elementar. Sie sind<br />
Grundvoraussetzung erfolgreicher globaler Expansionsstrategien.<br />
Denn Konsumenten werden kritischer und<br />
staatliche Regulierungen greifen tiefer – in allen Ländern<br />
der Erde. Durch technologische Entwicklungen werden<br />
die unternehmerischen Aktivitäten zunehmend transparent,<br />
so dass Konsumenten und Behörden die Standards<br />
im gesamten Netzwerk beobachten können.<br />
Neben ökonomischen Überlegungen bei der Gestaltung<br />
der globalen Wertschöpfungskette müssen daher zunehmend<br />
soziale und ökologische Belange Beachtung finden.<br />
Um Risiken besser einschätzen zu können, sind folgende<br />
Fragen zu stellen:<br />
• Inwiefern beeinflussen Vorschriften und Kundenerwartungen<br />
im Bereich Umwelt und Soziales unser Geschäft<br />
in verschiedenen Märkten?<br />
• Haben wir effektive Prozesse eingeführt, um die Einhaltung<br />
dieser Vorschriften zu überwachen und zu berichten?<br />
• Welchen Herausforderungen stehen wir gegenüber,<br />
wenn wir unser Nachhaltigkeitsberichtswesen an lokale/globale<br />
Reporting-Auflagen ausrichten?<br />
• Arbeitet unser Unternehmen nach weltweiten<br />
Standards für Umwelt-, Gesundheits- und Sicherheitsanforderungen?<br />
Wenn ja, in welchem Maß werden sie in<br />
unserem internationalen Geschäft angewandt und auf<br />
die Lieferanten, mit denen wir zusammenarbeiten, ausgedehnt?<br />
• Wie gehen wir mit Themen wie Energie- und Treibhausgas-Management,<br />
nachhaltige Entwicklung sowie<br />
»grünere« Produkte und Lieferkette in den jeweiligen<br />
Märkten um, in denen wir agieren?<br />
• Inwieweit übernehmen wir in diesen Märkten führende<br />
Praktiken im Bereich umweltfreundliches Supply Chain<br />
Management?<br />
• Wie gut haben wir unsere Kunden und Lieferanten bei<br />
unserem globalen Geschäft in unsere Bemühungen um<br />
eine nachhaltige Lieferkette eingebunden?<br />
Nachhaltigkeit ist besonders ein Thema für Unternehmen,<br />
die sich in Schwellenländern betätigen. Dort sind häufig sie<br />
diejenigen, die die Regeln festsetzen, die sie und ihre Partner<br />
einhalten sollen. Vor dem Hintergrund fehlender offizieller<br />
Kontrollinstanzen sind Unternehmen dann selbst
<strong>BDI</strong> – Bundesverband der Deutschen Industrie<br />
Deloitte<br />
<strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> stärken<br />
Unternehmerische Strategien<br />
19<br />
gefordert, diese Regeln allen Beteiligten deutlich zu machen<br />
und für die Einhaltung zu sorgen. Global agierende<br />
Hersteller nutzen effektive Prozesse, um zu kontrollieren,<br />
ob Lieferanten Vorgaben zu Qualität, Sicherheit und Umwelt<br />
beachten, und laufend sicherzustellen, dass ihr Lieferantennetzwerk<br />
eng an diesen Themen ausgerichtet bleibt.<br />
The Risk Intelligent Enterprise – Risikomanagement für<br />
nachhaltigen Erfolg<br />
Je globaler ein Unternehmen denkt und vernetzt ist, desto<br />
größer sind die Anforderungen an sein Risikomanagement.<br />
Neue Produkte einzuführen, in ausländische<br />
Märkte einzutreten, das Wettbewerbsumfeld neu zu gestalten<br />
— all das sind große Herausforderungen. Doch nur,<br />
wenn die damit verbundenen Risiken richtig gehandhabt<br />
werden, können Unternehmen von den sich ihnen bietenden<br />
Chancen profitieren, die gerade in Krisenzeiten oft<br />
besonders groß sind.<br />
Häufig ist Risiko jedoch immer noch ein Synonym für<br />
Bedrohung und negative Ereignisse, die dem Geschäft<br />
schaden. Die mit dem Risiko verbundenen Chancen treten<br />
dabei oft in den Hintergrund. Um diese Sichtweise<br />
zu überwinden, stellt das Konzept des risikointelligenten<br />
Unternehmens oder »Risk Intelligent Enterprise« Risikomanagement-Aktivitäten<br />
in einem ganzheitlichen Rahmen<br />
dar, der drei Ebenen umfasst:<br />
• Risk Governance, einschließlich einer strategischen<br />
Entscheidungsfindung und eines gesammelten Risikoüberblicks<br />
• Risikoinfrastruktur und -management, einschließlich<br />
des Entwurfs, der Umsetzung und der Pflege eines effektiven<br />
Risikoplans<br />
• Risk Ownership, einschließlich Identifizierung, Messung,<br />
Überwachung und Berichterstattung bestimmter<br />
Risiken<br />
Wie die Finanzkrise einmal mehr sehr deutlich gemacht<br />
hat, ist gutes Risikomanagement unabdingbar für den<br />
Erfolg und den langfristigen Erhalt von Unternehmenswert.<br />
Risikointelligenz schafft eine Struktur für Führungskräfte,<br />
Wert zu schützen und zu steigern. Sie basiert auf<br />
neun Grundprinzipien:<br />
• Verwendung einer einheitlichen Definition von Risiko<br />
in der gesamten Organisation. Für einen ausgewogenen<br />
Ansatz muss diese Definition sowohl Werterhaltung als<br />
auch Wertschaffung ansprechen.<br />
• Schaffung eines einheitlichen Risikorahmenwerks und<br />
angemessener Standards. Das Rahmenwerk legt die Risiken<br />
dar, denen das Unternehmen ausgesetzt ist, wie es<br />
diese Risiken einschätzt und wie es sie handhabt.<br />
• Klare Definition von Schlüsselrollen, Verantwortlichkeiten<br />
und Kompetenzen. Dies erfordert eine klare<br />
Kommunikation, eine starke, risikofokussierte Kultur,<br />
Belohnungsprogramme, die risikobezogene Ziele einschließen,<br />
sowie Weiterbildungsprogramme, die intelligentes<br />
Risikomanagement fördern.<br />
• Eine gemeinsame Infrastruktur für das Risikomanagement<br />
sollte Geschäftseinheiten und Funktionen dabei<br />
unterstützen, ihre Risikoverantwortlichkeiten auszuführen.<br />
Ein Risikokatalog kann eine Bestandsaufnahme<br />
der kritischsten Risiken aufstellen.<br />
• Kontrollgremien müssen angemessene Klarheit über<br />
und Einsicht in die Praktiken des Risikomanagements<br />
der Organisation erhalten, um ihren Verantwortlichkeiten<br />
nachzukommen.<br />
• Die Führungsspitze trägt die Hauptverantwortung für<br />
die Konzipierung, Umsetzung und Aufrechterhaltung<br />
eines effektiven Risikoplans. Sie kann von einem auf<br />
Führungsebene angesiedelten Risiko-Komitee unterstützt<br />
werden.<br />
• Die Geschäftseinheiten sind verantwortlich für die<br />
Leistung ihres Geschäfts und das Management von Risiken,<br />
die sie innerhalb des vom Top-Management eingeführten<br />
Risikorahmenwerks tragen.<br />
• Bestimmte Funktionen (z.B. Finanzen, Recht, IT, HR<br />
etc.) haben einen tiefgreifenden Einfluss auf das Geschäft<br />
und liefern Unterstützung für die Geschäftseinheiten,<br />
soweit sie mit dem Risikoplan der Organisation<br />
zusammenhängen.<br />
• Unterstützende Funktionen (z.B. interne Rechnungsprüfung,<br />
Risikomanagement, Compliance etc.) tragen<br />
zur objektiven Absicherung bei und überwachen und<br />
berichten die Effektivität des Risikoprogramms einer<br />
Organisation an Führungsgremien und Top-Management.<br />
Die aktuelle Wirtschafts- und Finanzkrise hat auf dramatische<br />
Art und Weise bewiesen, wie wichtig Risikomanagement<br />
ist, um den Unternehmenswert langfristig zu<br />
schützen und steigern.
20 <strong>BDI</strong> – Bundesverband der Deutschen Industrie<br />
Deloitte<br />
<strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> stärken<br />
Unternehmerische Strategien<br />
Verantwortung in Führung und Kontrolle gewährleisten<br />
Die Krise hat das Thema Corporate Social Responsibility (CSR) im unternehmerischen<br />
Fokus kurzfristig in den Hintergrund gedrängt. Dabei<br />
gibt es genügend Gründe, das Thema im Auge zu behalten: Schwindende<br />
Ressourcen, verschärfte Emissionsgrenzen, anspruchsvollere Kunden,<br />
steigende Transparenz-Anforderungen, aggressiver Wettbewerb.<br />
Unternehmen, die CSR-Aspekte grundlegend in ihre Strategie<br />
einbinden, können ihr Risiko reduzieren und ihre<br />
Erfolgschancen verbessern. Dabei ist verantwortungsbewusste<br />
Unternehmensführung ein ganzheitliches Konzept,<br />
das von Produktentscheidungen und Prozessoptimierung<br />
über Talentmanagement bis zur Ausstattung des Arbeitsplatzes<br />
reicht. Effektive Kontrolle stellt sicher, dass ein<br />
Unternehmen auf langfristigen Erfolg und nachhaltige<br />
Wertschöpfung ausgerichtet ist und bleibt.<br />
Nachhaltigkeit – Eine ökonomische Notwendigkeit<br />
Krisenzeiten erfordern schwierige Entscheidungen. Während<br />
sich Unternehmen auf kritische Fragen zu Kapital<br />
und Kosten konzentrieren, werden CSR-Themen oft vertagt.<br />
Doch die Krise hat die Treiber für Nachhaltigkeit<br />
nicht verändert – im Gegenteil, sie hat manche von ihnen<br />
sogar noch verstärkt:<br />
• Begrenzte Rohstoffvorkommen: Es gibt keinen unendlichen<br />
Vorrat an Öl, Gas, Mineralien und anderen nichterneuerbaren<br />
Rohstoffen. Auch Wasser wird in vielen<br />
Teilen der Welt knapp. Der Ölmarkt hat sich vor dem<br />
Hintergrund der geschwächten Weltwirtschaft zwar<br />
entspannt, steigende Nachfrage aus Schwellenländern<br />
gekoppelt mit limitiertem Angebot wird den Preis fossiler<br />
Brennstoffe langfristig jedoch wieder nach oben<br />
treiben. Die durch die Krise bedingten rückgängigen Investitionen<br />
in neue Förderung machen dies noch wahrscheinlicher.<br />
• Umweltauflagen: Die Reduzierung der Umweltverschmutzung<br />
ist erklärtes Ziel der Regierungen weltweit.<br />
Insbesondere die Bekämpfung des Klimawandels steht<br />
– auch dank des neuen Engagements der USA – wieder<br />
ganz oben auf der internationalen Agenda. Industrienationen<br />
werden ihre Treibhausemissionen weiter reduzieren<br />
und die Schwellenländer auffordern, ebenfalls<br />
entsprechende Anstrengungen zu unternehmen.<br />
• Energieeffiziente Technologien: Die Nachfrage nach<br />
erneuerbaren Energiequellen sowie energieeffizienteren<br />
Produktionsverfahren und Produkten wird weiter steigen.<br />
Große Teile der im letzten Jahr geschnürten internationalen<br />
Fiskalstimulus-Pakete, die auf die Förderung<br />
der damit verbundenen Technologien abzielen, werden<br />
diese Entwicklung weiter fördern.<br />
• Kritische Gesellschaft: Die Regulationsdichte sowie die<br />
Erwartungen hinsichtlich Transparenz von Seiten aller<br />
Stakeholder (Staat, Anteilseigner, Kunden, Mitarbeiter)<br />
wird weiterhin zunehmen. Ein umfassendes CSR-<br />
Programm hilft Unternehmen, Risiken, die mit diesem<br />
Thema verbunden sind, vorausschauend zu steuern und<br />
langfristige Werte zu schaffen.<br />
Responsible Leadership – Ein ganzheitliches Konzept<br />
Verantwortungsbewusste Unternehmensführung ist ein<br />
ganzheitliches Konzept. Die fünf wichtigsten Bereiche, in<br />
denen durch Einbeziehen von CSR-Aspekten nachhaltige<br />
Wertsteigerung erzielt werden kann, sind:<br />
• Produkte/Services: Entscheidung für organische oder<br />
synthetische Produkte; Management von Abfall und<br />
Schadstoffen; Ressourcenerneuerung; nachhaltiges<br />
Produktdesign; Service-Strategie für den Produktlebenszyklus<br />
• Arbeitskräfte: Personalpolitik und -prozesse; Arbeitskultur;<br />
Rekrutierung und Bindung von Mitarbeitern;<br />
Aus- und Weiterbildung; Karriereförderung; Diversität;<br />
gemeinnützige Arbeit<br />
• Funktionen und Prozesse: Unternehmensweite umweltfreundliche<br />
Prozessmodulierung und Ressourcenplanung;<br />
lokalisierte/maßgeschneiderte oder<br />
dezentralisierte Produktion; ethische Beschaffung<br />
• Arbeitsplatz: Ausstattung/Ergonomie; virtuelles Arbeiten;<br />
»grüne« Gebäude; Emissionen und Abfall;<br />
Energieproduktivität und Emissionsabbau; Green IT<br />
inkl. Rechenzentren/Servern und Infrastruktur; Stand
<strong>BDI</strong> – Bundesverband der Deutschen Industrie<br />
Deloitte<br />
<strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> stärken<br />
Unternehmerische Strategien<br />
21<br />
ortentscheidungen/Pendeln/Zugang zu öffentlichen<br />
Verkehrsmitteln<br />
entsprechenden Informationen sicherstellt und so zu<br />
wettbewerbsfähigem Verhalten beiträgt.<br />
• Management und Governance-Prinzipien: Leitungsverantwortung<br />
der Unternehmensführung; Nachhaltigkeitsprüfungen;<br />
Ethik; Compliance; Anreize<br />
Die meisten Unternehmen sind in einigen dieser Bereiche<br />
aktiv geworden. Nur wenige haben jedoch eine übergreifende<br />
Strategie entwickelt und Kernmaßnahmen festgelegt,<br />
die auch messbar und nachprüfbar sind. Wichtig<br />
dabei sind auch einheitliche Berichtsstandards für die<br />
Kommunikation nach innen und außen.<br />
Good Corporate Governance – Transparenz und Unternehmenskontrolle<br />
»Good Corporate Governance« steht für eine verantwortungsbewusste<br />
und transparente Unternehmensführung<br />
und -kontrolle, die auf langfristigen Unternehmenserfolg<br />
und Wertschöpfung ausgerichtet ist. In der gegenwärtigen<br />
Finanz- und Konjunkturlage sowie vor dem Hintergrund<br />
regulatorischer Änderungen werden die damit zusammenhängenden<br />
Aufgaben der Unternehmensführung und<br />
der Aufsichtsgremien nicht einfacher. Sie muss sowohl<br />
interne als auch externe Transparenz fördern, um ihrer<br />
Führungs- und Kontrollfunktion gerecht zu werden und<br />
das Vertrauen aller Stakeholder langfristig zu sichern. Die<br />
Anzahl an zukunftsweisenden Themen ist groß und die<br />
Risiken sind weit gestreut. Umso wichtiger ist es für Führungskräfte<br />
und Aufsichtsgremien, die erfolgskritischsten<br />
zu identifizieren. Die folgende Aufstellung fasst die wichtigsten<br />
Elemente einer Good Corporate Governance zusammen,<br />
die zu einem nachhaltigen und erfolgreichen<br />
Wachstumskurs von Unternehmen beitragen können:<br />
• Strategie: Erfolgreiche Unternehmen machen jetzt vorhandene<br />
Wachstumschancen aus und nutzen sie, um<br />
als Vorreiter aus der Krise hervorzugehen. Eine umfassende<br />
Übersicht der Positionierung aller Bereiche kann<br />
dabei helfen, um sie im Hinblick auf Themen wie Cashflow,<br />
Kosten, Liquidität und Wachstumschancen zu<br />
bewerten.<br />
• Wettbewerbsfähigkeit: Um als weltweit wettbewerbsfähiges<br />
Unternehmen Erfolg zu haben, müssen viele<br />
Faktoren in Betracht gezogen werden – inklusive der<br />
Lage der weltweiten Kapitalmärkte, Auswirkungen<br />
verschiedener Steuerregeln in einzelnen Ländern, getätigte<br />
Investitionen und insbesondere die Handlungen<br />
und Strategien der globalen Wettbewerber. Hierzu bedarf<br />
es einer effektiven Unternehmensführung und<br />
-organisation, die die Sammlung und Auswertung der<br />
• Unternehmensstrukturen: Nur im harmonischen Zusammenwirken<br />
aller Führungs- und Kontrollgremien<br />
ist ein Unternehmen wettbewerbsfähig. Transparenz<br />
und effektive Arbeitsteilung schaffen die Voraussetzungen<br />
für langfristigen Erfolg.<br />
• Finanzielle Flexibilität: Nach der Krise werden die<br />
Unternehmen, die finanziell flexibel sind, besser für<br />
Wachstum positioniert sein. Zum Teil ist finanzielle<br />
Flexibilität abhängig von der Größe des Unternehmens<br />
und der Branche, in der es tätig ist. Doch sie resultiert<br />
vor allem aus den strategischen Entscheidungen, die das<br />
Management hinsichtlich Kapitalstruktur, Liquidität<br />
und Investitionen fällt. Diese Entscheidungen müssen<br />
vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeit hinterfragt<br />
und überprüft werden.<br />
• Risiko-Management: Eine ganzheitlichere Sicht gegenüber<br />
Risiken, risikointelligentes Handeln und eine<br />
systematische Risikoüberwachung sind unter Risikoaspekten<br />
die wesentlichen Erfolgsparameter im globalen<br />
Wettbewerb.<br />
• Vergütungssysteme: Angesichts der zunehmend<br />
strengeren Beobachtung von Vergütungssystemen gehört<br />
zu einer Good Corporate Governance auch die<br />
Einhaltung angemessener Maßstäbe bei der Vergütung<br />
und die grundsätzliche Ausrichtung an der langfristigen<br />
Unternehmensentwicklung.<br />
• Regelmäßige und klare Kommunikation: Gerade jetzt,<br />
wo viele Unternehmen neue Wege der Finanzierung und<br />
langfristige Partner suchen, ist es erforderlich, das Vertrauen<br />
von Investoren zu vertiefen. Eine klare und offene<br />
Kommunikation ist dabei Schlüssel zum Erfolg.<br />
Die Krise stellt neue Herausforderungen an die Unternehmen.<br />
Ein klares Bekenntnis zu Transparenz und Offenheit<br />
stärkt das Vertrauen aller Stakeholder. Nicht in allen Unternehmen<br />
werden sich diese Herausforderungen gleich<br />
gestalten. Gewiss gibt es auch industriespezifische Ausprägungen.<br />
Doch durch sowohl stringente als auch flexible<br />
Herangehensweise an die oben genannten Kernpunkte<br />
können sich Unternehmen heute positionieren, um sicher<br />
in die Zukunft zu steuern.
24 <strong>BDI</strong> – Bundesverband der Deutschen Industrie<br />
Deloitte<br />
<strong>Industrieland</strong> <strong>Deutschland</strong> stärken<br />
Impressum<br />
Impressum<br />
<strong>BDI</strong>-Drucksache Nr. 427<br />
ISSN: 0407-8977<br />
Herausgeber:<br />
Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (<strong>BDI</strong>)<br />
Breite Straße 29<br />
D-10178 Berlin<br />
T: 030 2028-0<br />
www.bdi.eu<br />
Deloitte & Touche GmbH<br />
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />
Rosenheimer Platz 4<br />
81669 München<br />
<strong>Deutschland</strong><br />
T: +49 (0)89 29036-0<br />
www.deloitte.com/de<br />
Redaktion:<br />
Dr. Elisabeth Denison<br />
Leiterin Deloitte Research <strong>Deutschland</strong><br />
T: +49 (0)89 29036-8533<br />
E-Mail: edenison@deloitte.de<br />
Verlag:<br />
Industrie-Förderung GmbH, Berlin<br />
Fotos:<br />
Cover: links – <strong>BDI</strong>/fotolia (anbk)<br />
mitte – <strong>BDI</strong>/plainpicture/Fancy @ Veer Inc.<br />
rechts – <strong>BDI</strong>/Haß<br />
Graphik und Layout:<br />
Konzept: Factor Design<br />
Umsetzung: DCM – Druck Center Meckenheim<br />
Druck:<br />
DCM Druck Center Meckenheim GmbH<br />
www.druckcenter.de<br />
Stand:<br />
Juni 2009
Kolumbus hatte die Sterne.<br />
SirHillaryhatteTenzing Norgay.<br />
UndSie haben uns.<br />
Wasauch immer IhrZiel ist:<br />
Wirhelfen Ihnen,eszuerreichen.<br />
Deloitte bezieht sich auf Deloitte Touche Tohmatsu, einen Verein schweizerischen Rechts, und/oder sein Netzwerk von<br />
Mitgliedsunternehmen. Jedes dieser Mitgliedsunternehmen ist rechtlich selbstständig und unabhängig. Eine detaillierte<br />
Beschreibung der rechtlichen Struktur von Deloitte Touche Tohmatsu und seinen Mitgliedsunternehmen finden Sie auf<br />
www.deloitte.com/de/UeberUns.<br />
©2009 Deloitte &Touche GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft